1. Wie viele Straftäter konnten in Sachsen-Anhalt aufgrund der bis zum 1. Oktober 1998 gültigen besonderen Buchführungspflichten für den Gebrauchtwarenhandel, also für An- und Verkaufläden, ermittelt werden? Wie viele Straftäter konnten insbesondere in den Jahren 1996, 1997 und 1998 jeweils in den kreisfreien Städten Dessau, Halle und Magdeburg aufgrund der Buchführungspflichten dingfest gemacht werden? Sofern keine genauen statistischen Angaben vorliegen, bitte ich polizeiliche Schätzungen anzugeben.
2. Welche Bundesländer haben durch Landesverordnung derartige Buchführungspflichten für den Gebrauchtwarenhandel erlassen, und welche Erfahrungen sind in diesen Bundesländern bezüglich der Verfolgung von Straftaten, insbesondere Eigentumsdelikten, aufgrund der Landesverordnung gemacht worden?
Auf Frage 1 antworte ich wie folgt: Aus dem kriminalpolizeilichen Meldedienst oder der polizeilichen Kriminalstatistik ergibt sich nicht, wie viele Straftäter aufgrund von Buchführungspflichten im Gebrauchtwarenhandel ermittelt oder gefasst werden konnten. Damit kann auch nicht dargestellt werden, in welchem Umfang eine nach der Buchführungspflicht erfolgte Aufzeichnung oder eine andere bei der Überwachung bzw. Überprüfung getroffene Feststellung im jeweiligen Einzelfall zur Feststellung von abhanden gekommenen Sachen oder zur Täterermittlung beigetragen hat.
Die Landesregierung hat die Behörden gebeten, einschlägige Vorgänge der vergangenen Jahre hinsichtlich der Notwendigkeit einer so genannten Buchführungsverordnung zu analysieren und über die Ergebnisse dieser Untersuchungen zu berichten. Auf der Grundlage dieser Berichte wird anschließend zwischen den beteiligten Fachressorts die Erforderlichkeit und gegebenenfalls auch die Ausgestaltung einer solchen Verordnung erneut geprüft werden.
Unabhängig davon ist bereits jetzt vorgesehen, auch der Polizei die Befugnis nach § 29 der Gewerbeordnung, also Auskunft und Nachschau für überwachungsbedürftige Unternehmen nach § 38 Abs. 1 der Gewerbeordnung, zu übertragen. Zum Umfang dieser Befugnisse
sind jedoch noch Abstimmungen zwischen den beteiligten Ministerien erforderlich, da nicht nur An- und Verkaufläden in den Anwendungsbereich des § 38 fallen.
Auf Frage 2 antworte ich wie folgt: Im Jahr 1998 hat der Bundesgesetzgeber 28 Landesverordnungen aufgehoben, in denen die Länder Regelungen über die Auskunfts-, Nachschau- und Aufzeichnungspflicht in genehmigungspflichtigen und überwachungsbedürftigen Unternehmen geregelt hatten. Zeitgleich hat er eine bundeseinheitliche Vorschrift über die Auskunft und Nachschau geschaffen und durch eine neue Verordnungsermächtigung den Ländern erneut die Möglichkeit zur Regelung von Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten gegeben.
Von dieser Verordnungsermächtigung haben die Länder Bayern, Berlin, Brandenburg und Niedersachsen Gebrauch gemacht. Der Landesregierung liegen keine Erfahrungen aus diesen Ländern bezüglich der Verfolgung von Straftaten, insbesondere von Eigentumsdelikten, aufgrund der Landesverordnungen vor. Die Auffassungen aller Bundesländer zu diesem Thema werden in die Überlegungen der Landesregierung einfließen.
Frau Kollegin, darf ich erstens die Frage stellen, weshalb eine Kleine Anfrage, die sich zweifelsfrei mit Problemen der inneren Sicherheit beschäftigt und die auch insbesondere den Bund Deutscher Kriminalbeamter beschäftigt hat, wie der Presse zu entnehmen war, in das Ressort der Wirtschaftsministerin fällt?
Wie ist zweitens hinsichtlich dieser Frage die Abstimmung zwischen dem Wirtschafts- und dem Innenministerium zu beurteilen?
Ich habe mit einer ganz anderen Frage gerechnet. Die von Ihnen gestellte Frage kann ich sogar aus dem Stegreif beantworten.
Die Abstimmung mit dem Innenministerium hat komplett stattgefunden. Das hätte Ihnen mein Kollege, der Innenminister, ebenso vorgetragen, wie ich es getan habe. Wir haben uns zwischen den beiden beteiligten Ressorts dafür entschieden, dass ich diese Kleine Anfrage hier beantworte. Es gibt keinen tieferen Hintergrund dafür.
Die Frage 10 wird vom Abgeordneten Herrn Dr. Eckert gestellt. Sie betrifft die Verbandsklage im Entwurf eines Bundesgleichstellungsgesetzes.
Frau Präsidentin! Am 29. November 2001 wurde im Unterausschuss Recht des Bundesrates der Entwurf eines Bundesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen beraten. Er empfahl - mit Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt -, den § 12 - Verbandsklagerecht - zu streichen.
1. Welche praktischen und rechtlichen Erwägungen haben die Landesregierung bewogen, das Verbandsklagerecht im Entwurf des Bundesgleichstellungsgesetzes infrage zu stellen?
2. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die im Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein zivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz, vorgestellt am 3. Dezember 2001, enthaltenen Vorschriften für ein Verbandsklagerecht?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Bundesrat liegt derzeit der Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze vor. Dieses Gesetz ist notwendig, um die Gleichstellung behinderter Menschen bundesrechtlich umzusetzen. Gemeinsam mit dem am 20. November dieses Jahres in Kraft getretenen Gesetz zur Gleichstellung behinderter und nichtbehinderter Menschen in Sachsen-Anhalt wird damit die Chancengleichheit behinderter Menschen weiter verbessert.
Der Entwurf des § 12 des Bundesbehindertengesetzes regelt die Vertretungsbefugnis von Behindertenverbänden, Rechtsansprüche einzelner behinderter Menschen durchzusetzen. Die Vorschrift orientiert sich am Vorbild des § 63 Sozialgesetzbuch IX, der für den Bereich der Sozialleistungen bereits ein Klagerecht der Verbände in Gestalt einer gesetzlichen Prozessstandschaft eingeführt hat. Das bedeutet, dass Behindertenverbände die Rechte behinderter Menschen vor Gericht geltend machen dürfen. Diese Regelung trägt dem besonderen Interesse behinderter Menschen Rechnung, sich von Betroffenen mit ähnlichen Problemen in Prozessen unterstützten zu lassen.
Selbstverständlich hat sich Sachsen-Anhalt für die Unterstützung von behinderten Menschen durch anerkannte Behindertenverbände ausgesprochen. Daher haben wir dieser Vorschrift im Unterausschuss Recht und im Rechtsausschuss des Bundesrates zugestimmt. Diese Vorschrift entspricht übrigens inhaltlich dem § 17 Abs. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes unseres Landes. Ein Antrag, § 12 zu streichen, ist weder im Unterausschuss Recht noch im Rechtsausschuss des Bundesrates gestellt worden. Ich gehe aber davon aus, dass Sie, Herr Dr. Eckert, sich in Ihrer Anfrage auf § 13 des Entwurfs beziehen, der das Verbandsklagerecht regelt.
Obwohl ich die Zielsetzungen des Behindertengleichstellungsgesetzes unterstütze, haben wir uns im Unterausschuss Recht und im Rechtsausschuss des Bundesrates aus ressortfachlichen Gründen gegen ein umfassendes
Nach der derzeitigen bundesrechtlichen Lage kann ein Verband den Anspruch des einzelnen behinderten Menschen mit dessen Zustimmung gerichtlich geltend machen. Das Behindertengleichstellungsgesetz eröffnet anerkannten Verbänden nunmehr die Möglichkeit, direkt als Verband unabhängig von einem bestimmten Einzelfall zu klagen.
In der Unterausschusssitzung des Rechtsausschusses haben sich die Landesjustizverwaltungen überwiegend gegen dieses Verbandsklagerecht in der vorgeschlagenen Form ausgesprochen, da die Einführung des Verbandsklagerechtes für Behindertenverbände eine Ausnahme vom Grundsatz des Individualschutzes in der Rechtsordnung darstellte. Meines Erachtens sind diese zusätzlichen Klagen auch nicht nötig, da die Verbände nach § 12 des Gesetzes befugt sind, behinderte Menschen zu unterstützen und auch ohne weitere anwaltliche Hilfe für diese in deren Namen auftreten zu können.
Im Interesse aller Rechtsuchenden sollte die Dauer von Verfahren vor den Gerichten möglichst kurz sein. Die Ausweitung der Klagemöglichkeiten im Weg der Verbandsklage würde aber zu einer weiteren Belastung der Gerichte führen.
Obwohl § 13 des Entwurfs inhaltlich dem § 17 unseres Gesetzes ähnelt, gehe ich davon aus, dass durch das Bundesgesetz besondere Belastungen auf die Gerichte zukommen könnten. Insbesondere werden sich Klagen im Bereich Bau und Verkehr häufen. Das wäre § 8 des bundesgesetzlichen Entwurfes.
Im Hinblick auf unsere landesrechtliche Regelung zu § 17 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes wird im Kabinett das abschließende Stimmverhalten des Landes im Bundesrat noch festzulegen sein. Wir haben uns im Kabinett für den nächsten Dienstag vorgenommen, hierzu eine Abwägung zu treffen, weil sich nicht die gesamte Landesregierung in den Ausschüssen des Bundesrates gegen die Möglichkeit einer Verbandsklage ausgesprochen hat. Ich denke, diese Frage wird einer Abwägung im Kabinett bedürfen.
Ich bin aus juristischer Sicht folgender Meinung: Angesichts der Tatsache, dass die Behindertenverbände im Namen einzelner Behinderter, deren Rechte aufgrund irgendwelcher Maßnahmen der Behörden oder auf sonstige Weise verletzt worden sind, auftreten können, sind Verbandsklagen, ohne dass ein individuelles Recht verletzt worden ist, nicht unbedingt notwendig.
Wir kennen das im Verbraucherschutzverfahren, wo sich eine Vielzahl von Anwälten, die sonst kein ausreichendes Auskommen haben, zu so genannten Abmahnverbänden zusammengeschlossen hat. Diese machen, ohne dass irgendeine Person in ihren Rechten verletzt worden ist, auch aus Gebührentatbeständen heraus, von sich aus Klagen anhängig.
Ich denke, hierbei haben wir eine andere Sachlage, weil insbesondere Behinderte aufgrund ihrer Behinderung oft nicht in der Lage sind, ihre Rechte selbst geltend zu machen. Deswegen haben wir die Regelung in § 12 unterstützt und gesagt: Hierzu muss es eine Unterstützung geben. Aber dazu, ob diese losgelöst von der Verletzung individueller Rechte, wie in § 13 vorgesehen, gegeben sein muss, wird es zwischen Frau Dr. Kuppe und mir am
Frau Ministerin, Herr Dr. Bergner hat eine Zusatzfrage. Beantworten Sie diese? - Herr Dr. Bergner, bitte.
Frau Minister, ich habe jetzt etwas Schwierigkeiten mit dem Verständnis. Sie und die Landesregierung haben die Beschlussfassung zum Behindertengleichstellungsgesetz als Landesgesetz in vollen Tönen gelobt. Ich nehme an, in Bezug auf diese Haltung hat es eine Abstimmung im Kabinett gegeben.
Bestandteil dieses Behindertengleichstellungsgesetzes sind Regelungen, wie Sie sie jetzt aus guten Rechtsgründen mit Blick auf die Bundesratsentscheidung außer Kraft gesetzt haben. Weshalb gilt zu dem gleichen Sachverhalt im Bundesrat nicht dieselbe Kabinettsabstimmung wie beim Landesgesetz?
Es ergeht die gleiche Kabinettsabstimmung wie beim Landesgesetz, nämlich dann, wenn die Plenarsitzung ansteht. Vor den Sitzungen der einzelnen Fachausschüsse im Bundesrat findet keine Abstimmung zwischen den Ressorts statt. Das ist überall üblich. Deswegen kann es dabei zu einem unterschiedlichen Abstimmungsverhalten kommen.
Wir haben zum Landesgleichstellungsgesetz ein anderes, und zwar ein einheitliches Abstimmungsverhalten gehabt, weil wir gesagt haben: Hierbei werden im Land Tatsachen geschaffen, die Behinderte beeinträchtigen. Ich denke, hierbei sollte man weiter gehen, weil man die Verantwortung für die Situationen hat, die angegriffen werden.
Wir haben hier auch nicht einen § 12 wie im Bundesgesetz, nach dem eine direkte Vertretung der Behinderten durch die Verbände stattfinden kann.
Ich denke, das sind zwei unterschiedliche Regelungen. Man muss diesbezüglich abwägen. Man muss sehen, wie wir uns am Dienstag verhalten werden. Warten wir es doch ab. Aber im Land ist eine andere Situation gegeben.
- Ich finde das plausibel. Wie viele Situationen werden durch Bundesrecht, durch Bundesbehörden oder Sonstiges geschaffen, in denen Behinderte im Grunde genommen in ihren Rechten verletzt werden können? Ich denke beispielsweise an den Bahnverkehr, an Bundesstraßen, soweit keine Absenkungen für Rollstühle vorhanden sind, und Ähnliches.
(Herr Scharf, CDU: Warum ist es bei den Bun- desstraßen weniger dramatisch als bei Landes- straßen?)
Frau Ministerin, wenn ich Sie richtig verstanden habe, geht es Ihnen darum, bestimmte Missbräuche zu verhindern, die in dieser Frage auftreten könnten.