Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Festlegung des Landtages, diesen Gesetzentwurf federführend in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen, war zumindest mir klar, dass die Regelungen zur Kostentragung so getroffen würden, wie sie uns eben von Herrn Kollegen Sommerfeld vorgetragen wurden.

Der Innenausschuss - darauf hat der Berichterstatter hingewiesen - vertritt zu der Kostenregelung eine andere Auffassung. Genau diese Auffassung finden Sie in dem Änderungsantrag mehrerer Abgeordneter wieder. Zwei Punkte zur Begründung hierzu:

Der Innenausschuss hat bereits vor mehr als einem Jahr mit dem Landwirtschaftsministerium über dieses Thema beraten, obwohl kein Gesetzentwurf vorlag. Damals ist durch das Ministerium angekündigt worden, dass eine Gesetzesänderung erfolgen wird, und zwar mit einer Drittelregelung bei der Kostentragung.

Der Gesetzentwurf sah dann diese Drittelregelung nicht mehr vor. Und, meine Damen und Herren -

(Zuruf von Herrn Dr. Rehhahn, SPD)

- Ach, Herr Kollege Rehhahn, sehen Sie einmal in die Nachbarländer Sachsen-Anhalts. Die Drittelregelung gibt es in Thüringen, in Brandenburg, und in Sachsen haben die Tierhalter zwei Drittel der Kosten für die Tierkörperbeseitigung zu tragen. Insoweit würde sich das Land Sachsen-Anhalt mit einer Drittelregelung im normalen Maß befinden, wie es in anderen Bundesländern und in anderen europäischen Ländern üblich ist. Das heißt für mich, wenn wir fair miteinander umgehen, werden alle, die in diesem Zusammenhang beteiligt sind, die Tierhalter, das Land und die Landkreise, im angemessenen Rahmen beteiligt. Aufgrund der nunmehr vorgesehenen

Regelung haben das Land und die Tierhalter den Vorteil und die Kommunen den Nachteil.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Rehhahn, SPD: Wir haben die Kommunen um 50 % abge- senkt!)

Danke schön. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zur vereinbarten Fünfminutendebatte. Zunächst hat jedoch Herr Minister Keller das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Beratungen in den Ausschüssen, denen ich für die schnelle und konstruktive Arbeit danke, liegt Ihnen eine Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses vor. Das Ergebnis weicht zwar von dem Entwurf der Landesregierung an einigen Stellen ab, es ist aber nach meiner Auffassung ein gutes Ergebnis geworden. Deshalb bitte ich Sie heute nochmals um die Zustimmung zu diesem Gesetz.

Ich möchte nicht noch einmal alle Gründe aufführen, die für den Gesetzentwurf sprechen, sondern mich auf einen mir wesentlichen Aspekt beschränken.

Seit Dezember des vergangenen Jahres, also seit der Diskussion um BSE in Deutschland, gibt es im Land auch vermehrt Diskussionen um die Tierkörperbeseitigung, insbesondere von Vieh, und leider auch eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den im Tierkörperbeseitigungsverband zusammengeschlossenen Landkreisen und dem Entsorgungsunternehmen über die Beseitigungskosten. Die Beseitigungskosten sind, wie wir alle wissen, durch die Maßnahmen, die durch die öffentliche Hand und durch Gesetze getroffen worden sind, entscheidend gestiegen.

Die Tierkörperbeseitigung ist aber eine durch Gesetz zugewiesene öffentliche Pflichtaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte. Es ist die Absicht des Gesetzgebers gewesen, damit zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier, der Umwelt sowie zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit die Tierkörperbeseitigung unabhängig von wirtschaftlichen Belangen stets sicherzustellen. Das, Herr Jeziorsky, ist eine typische Aufgabe, die auf der kommunalen Ebene zu bewältigen ist.

Insofern ist die Zuordnung, die der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt im Jahr 1991 vorgenommen hat, unter diesem Gesichtspunkt eigentlich eine konsequente Zuordnung gewesen.

Wir haben im Laufe der Zeit die Durchführung der Tierkörperbeseitigung in Sachsen-Anhalt auf ein privates Unternehmen übertragen. Die Überwachungspflichten sind allerdings nach wie vor Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte. Von der sich am Verursacherprinzip orientierenden Kostentragung -

Einen Moment. Die Tonanlage funktioniert gleich wieder.

(Herr Becker, CDU: Zu Protokoll geben, Herr Mi- nister!)

Sie funktioniert jetzt anscheinend wieder.

Von der sich am Verursacherprinzip orientierenden Kostentragung ist lediglich die Beseitigung von Vieh bisher ausgenommen. Seit dem Jahr 1991 tragen daher die Landkreise und kreisfreien Städte diese Kosten. Dies ist eine - ich betone es noch einmal - vom Gesetzgeber gewollte, verfassungsgemäße und sinnvolle Lösung.

Aufgrund der BSE-Krise wurde das EU-Recht erheblich geändert. Ich erwähne die Stichworte Risikomaterialbeseitigung und Verfütterungsverbot von Tiermehl und Tierfett. Dies hat durch einen weitgehenden Wegfall von Erlösen und die Entstehung zusätzlicher Kosten zur Verdoppelung der Beseitigungskosten geführt, die die Landkreise und kreisfreien Städte bei uns im Land zu tragen haben.

Ausschließlich diese Situation, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung zum Handeln veranlasst. Sie hat unter meiner Federführung den heute zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht und einen konstruktiven Vorschlag zur Verteilung der seit dem Ende des Jahres 2000 entstehenden Mehrkosten gemacht.

Ich sage das deshalb noch einmal, Herr Jeziorsky, weil die zu große Belastung der Tierhalter mit diesen Kosten die Gefahr in sich birgt, dass die Tierhalter versuchen, diese Kosten durch illegale Maßnahmen zu umgehen. Dies wiederum zu kontrollieren ist auch eine schwierige Aufgabe für die Landkreise, wie wir alle wissen.

(Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU: Und kostet auch Geld!)

- Und kostet auch Geld. - Das Land hat einen Teil der Verantwortung im Zusammenhang mit den aufgrund der BSE-Krise gestiegenen Kosten übernommen. Dies kommt in der Tatsache zum Ausdruck, dass es bereit ist, die 25 % zu übernehmen. Die Lösung, die die Landesregierung vorgeschlagen hat und die vom federführenden Ausschuss bestätigt worden ist, führt dazu, dass die bisherigen Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte nicht erhöht werden und das Land und die Verursacher sich die Mehrkosten teilen.

Im Übrigen gibt es auch die Hoffnung - auch darauf weise ich die Kommunen hin -, dass mit der Entwicklung weiterer Techniken, beispielsweise mit der Möglichkeit, Methan zu erzeugen - das ist momentan alles in der Entwicklung -, die Kosten mittelfristig wieder sinken und damit indirekt eine Entlastung bei den Kosten für die Landkreise und kreisfreien Städte eintritt.

Meine Damen und Herren! Mit dem zu verabschiedenden Gesetz wird auch eine Klarstellung bezüglich der Rechtssituation für den Fall erreicht, dass die Pflicht zur Beseitigung auf einen privaten Dritten übertragen wird.

Ich hoffe, dass die heute zu beschließende Neuregelung einen Anstoß geben wird, den aktuellen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und die Entsorgungssicherheit im Land Sachsen-Anhalt nicht weiter zu gefährden.

Die Landesregierung hat die Lösung der finanziellen Probleme mit dem Gesetzentwurf auf einen guten Weg gebracht. Ich hoffe, dass der Landtag diesen guten Weg bestätigen wird, damit wir ihn gemeinsam beschreiten können. - Ich danke Ihnen.

Einen Moment, Herr Keller. Es gibt eine Frage von Herrn Jeziorsky.

Herr Minister Keller, Sie haben gesagt, dass, wenn der einzelne Tierhalter für die Kosten aufkommen muss, die relativ hoch sind, die Gefahr bestehe, dass er illegal entsorgt. Der Ursprungsentwurf Ihres Hauses - ich lasse einmal die Quotierungen weg - sah vor, die Tierseuchenkasse als zahlungspflichtigen Bereich ins Boot zu holen. Ich hätte es begrüßt, wenn die Tierhalter auf der Grundlage ihrer Tierbestände eine Umlage an die Tierseuchenkasse zu bezahlen hätten.

Meine Frage: Geben Sie mir Recht, dass in diesem Fall kein Anreiz mehr gegeben wäre, illegal zu entsorgen, weil ohnehin eine Beitragspflicht entsteht?

Herr Jeziorsky, auf der anderen Seite beinhaltet das natürlich, dass für diejenigen, die sich ordnungsgemäß verhalten - das war der Grund, warum die von der Landesregierung vorgeschlagene Regelung im federführenden Ausschuss verworfen worden ist -, eine zusätzliche Belastung entsteht. Diesbezüglich ist die Frage zu stellen, ob in diesem Zusammenhang das Solidarprinzip tatsächlich greifen muss.

(Herr Jeziorsky, CDU: Das führt aber auch zur Erziehung von „schwarzen Schafen“ im eigenen Berufsstand!)

Danke schön, Herr Minister. - Für die DVU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Brandt das Wort.

Herr Präsident! Werte Herren und Damen! Man kommt nicht umhin, bei der angedachten Einführung des Verursacherprinzips für die Kostentragungspflicht zur Tierkörperbeseitigung in diesem Rahmen auch auf die diesbezügliche Verantwortung der Bundesregierung einzugehen.

Da ist auf der einen Seite der EU-Rat in Brüssel, der im Rahmen der BSE-Bekämpfung Verordnungen erließ, die zwar die rigide Massentötung der ganzen Herde beim Auftritt eines BSE-Falles anordnen, aber die Entschädigungsfrage größtenteils und die Kostenfrage bei der Tierkörperbeseitigung gänzlich auf die einzelnen EULänder abwälzen.

Auf der anderen Seite ist eine deutsche Bundesregierung, die die EU-Maßnahmen unwidersprochen durch die Regelungen des Maßnahmengesetzes zum Schutze der Verbraucher für Deutschland umsetzte. Seitens des Bundes wurde jedoch der schwarze Peter der Erstattungspflicht und der Tierkörperbeseitigung für den Eintritt des BSE-Seuchenfalles an die jeweiligen Bundesländer weitergereicht. Doch konnten zumindest die Landesregierungen mit dieser Regelung gut leben, war es ihnen doch zuvor gelungen, dass auf ihre ausdrückliche Intervention hin ein ursprünglich im Entwurf des Maßnahmengesetzes enthaltener Passus zum Ausgleich unbilliger Härten für die Landwirte gestrichen worden ist.

Verblieb den Landwirten im Entschädigungsfall bisher zumindest der vorgenannte staatliche Anteil an Entschädigungen, sollen sie nach dem vorliegenden Gesetzentwurf auch noch bezüglich der Tierkörperbeseitigung kräftig zur Kasse gebeten werden.

Aus der Sicht der Landesregierung scheint dies nur allzu logisch, erkennen doch die Vieh haltenden Landwirte durch die Zahlung von Solidarbeiträgen zur Tierseuchenkasse quasi selbst schon zu 50 % das Verursacherprinzip für den Entschädigungsfall an. Nur folgerichtig sei es von daher, auch bei der Kostentragungspflicht in der Tierkörperbeseitigung vom bisherigen so genannten Gemeinlastprinzip auf das Verursacherprinzip - zumindest anteilmäßig - umzuschwenken.

Ob dies nun über den Umweg der Einbeziehung der Tierseuchenkasse oder über eine entsprechende Direktbelastung der betroffenen Landwirte vorgenommen wird, wie es die Beschlussempfehlung des Ausschusses besagt, bleibt im Ergebnis für die betroffenen Bauern gleich. Fest steht nämlich schon jetzt, dass den Landwirten durch die Anwendung sowohl der einen als auch der anderen Kostentragungsvariante zusätzliche finanzielle Belastungen in direkter oder indirekter Form zugemutet werden sollen.

In Anbetracht der schwierigen Lage, in welcher sich die Vieh haltende Landwirtschaft auch in unserem Lande befindet, und auch mit Blick auf die Gesamtsituation des Arbeitsmarkts in Sachsen-Anhalt kann meine Fraktion der geplanten Gesetzesänderung nur auf das Schärfste widersprechen. Nicht allein durch Seuchen wie BSE würden noch weitere landwirtschaftliche Unternehmungen hierzulande ruiniert, sondern insbesondere durch eine derart landwirtschaftsfeindliche Gesetzgebung, wie sie die Landesregierung und auch die Beschlussempfehlung anstreben.

Abschließend sei noch bemerkt, dass es aus unserer Sicht auch völlig inakzeptabel ist, die bisher praktizierte Kostentragungspflicht der Kommunen und Gemeinden auf dem Gebiet der Tierkörperbeseitigung beizubehalten. Durch die 100-prozentige Abwälzung dieser Kosten auf die Gebietskörperschaften hatte sich das Land zunächst gänzlich aus der finanziellen Verantwortung gestohlen - genauso wie zunächst die EU gegenüber dem Bund und der Bund dann den Ländern gegenüber. Anstatt vom Bund kategorisch die Übernahme finanzieller Verantwortung für die durch Tierseuchen unverschuldet in Not geratenen Landwirte im Bundesrat einzufordern, geht die Landesregierung auch in diesem Fall wieder einmal den Weg des vermeintlich geringsten Widerstandes.

Deshalb sollen nun einerseits die Landwirte zahlen und andererseits die Kommunen. Dank der 50%-Regel sollen sie die Vorjahressumme von 6 Millionen DM auch im kommenden Jahr für die Tierkörperbeseitigung aufbringen, das allerdings bei einer Kürzung ihrer Finanzzuweisungen um 360 Millionen DM.

Alles in allem bleibt zu bemerken: Man kann sehr wohl, verehrter Herr Minister Keller, zwar mit glatten Worten von einer angeblichen Stabilisierungsmaßnahme für die landwirtschaftlichen Betriebe reden, in Wirklichkeit aber die Herabwirtschaftung eines traditionell angestammten Berufsstandes hierzulande, nämlich den des Landwirts, meinen. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der DVU)

Danke schön, Frau Brandt. - Das Wort hat für die PDSFraktion Herr Czeke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das vorliegende Papier ist aus meiner Sicht ein Kompromiss, aus der Sicht des Praktikers aus der Landwirtschaft allerdings ein schlechter.

(Herr Jeziorsky, CDU: Stimmt!)

Herr Jeziorsky, ich gebe Ihnen Recht, bei sinkenden Zuweisungen des Landes müssen die Landkreise als Körperschaft sehen, wo sie bleiben.

(Herr Jeziorsky, CDU, nickt mit dem Kopf)

Sie haben aber gegenüber dem landwirtschaftlichen Berufsstand auch eine Verantwortung. Wenn das für uns in der Landwirtschaft einhergeht mit dem Wegfall des Besitzstandes, nämlich der Kostenbefreiung für diesen Teil, dann ist das schon sehr herb.