Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Wir haben uns deshalb bei der Abwägung zwischen den Möglichkeiten, die Nettoneuverschuldung möglichst weit abzusenken oder es zu lassen, dafür entschieden, die globale Minderausgabe noch einmal um 53 Millionen € zu erhöhen, dafür aber die Absenkung der Neuverschuldung beizubehalten und noch darüber hinauszugehen auf insgesamt 100 Millionen €.

Die Alternative dazu wäre gewesen, die Neuverschuldung nicht so stark abzusenken und die globale Minderausgabe nicht zu erhöhen. Das wäre nach innen falsch gewesen. Alle Haushälter der Fachverwaltungen hätten sich in der Vorstellung gewogen, sie hätten so viel Geld und könnten es ausgeben, und wir hätten nichts eingespart.

Wenn ich überhaupt etwas erreichen will, muss ich den Druck auf die Haushalte im Vollzug erhöhen. Das macht die Arbeit des Finanzministeriums nicht einfacher, ist aber der Weg, für den wir uns ganz bewusst entschieden haben. Wenn von vornherein die Ansätze kleiner sind, deshalb die Neuverschuldung stärker zurückgefahren wird und die Notwendigkeit größer ist, eine globale Minderausgabe zu erwirtschaften, dann komme ich eher zu dem Effekt, den ich erreichen will, als andersherum.

Wir haben nochmals die Kosten durchgeschüttelt. Wir haben am Ende in der Tat - die Vorsitzende des Finanzausschusses hat darauf hingewiesen - die Personalkosten um 1 % gesenkt. Nun sage ich ausdrücklich an die CDU, die das von vornherein in doppelter Höhe vorgeschlagen hat: Sie können sich auf die Schulter klopfen und sagen: Das haben wir immer schon gesagt. Sie haben es aber zu einem Zeitpunkt gesagt, als uns das etwas kühn erschien.

Wir, die Landesregierung, haben uns das im Januar, als wir die Eckwerte aufgestellt haben, und im Juli, als wir den Haushaltsplanentwurf verabschiedet haben, nicht zugetraut. Wir waren konservativ und haben geglaubt, mehr als eine Festschreibung auf dem Stand der Jahre 2000 und 2001 ist nicht machbar und nicht realistisch. Wir haben dann aber im Istablauf in diesem Jahr gesehen, dass wir zum Ende des Jahres 2001 die Ansätze bei den Personalkosten sogar leicht unterschreiten werden. Das heißt, wir schreiben eine schwarze Null.

Das ermutigt uns dazu, zu sagen: Es kann uns, wie im letzten Jahr auch, gelingen, den von der Regierung zunächst vorgesehenen Ansatz erneut zu unterschreiten. Ob uns das vollständig gelingt, in Höhe von 28 Millionen €, weiß ich nicht. Aber es ist richtig, an dieser Stelle Druck auszuüben. Wir wollen zumindest versuchen, das zu erreichen. Ich halte es für möglich. Deshalb haben wir diese Kürzung vorgenommen.

Zweiter Punkt - auch darauf hat die Frau Vorsitzende hingewiesen -: Wir haben den Ansatz für die Zinsausgaben gegenüber dem Regierungsansatz um 60 Millionen € gesenkt. Auch das war erst im Verlauf des Jahres möglich. Wir konnten zur Jahresmitte nicht absehen, wie sich die Zinsentwicklung darstellen wird. Wir gingen davon aus, dass die Zinsen kurzfristig eher wieder steigen. Durch die Ereignisse der letzten Zeit, durch die sich weiterhin ergebenden Entscheidungen am amerikanischen Zinsmarkt und insbesondere natürlich auch aufgrund der Effekte des 11. September müssen bzw. können wir davon ausgehen - ich will das einmal so sagen -, dass sich die Zinsen jedenfalls kurzfristig nicht erhöhen werden. Deshalb trauen wir uns nun eine Prognose zu, die auf der Basis der Fortschreibung des jetzigen Zinsniveaus fußt.

Eines sage ich jedoch ganz deutlich: Puffer für eine andere Entwicklung im nächsten Jahr haben wir nun nicht mehr. Wir sind an dieser Stelle völlig ausgereizt. Eine konjunkturelle Entwicklung, die dazu führte, dass sich das Zinsniveau kurzfristig erhöhte, brächte uns in echte Schwierigkeiten. Wir haben das aber in Kauf genommen, weil es unverantwortlich wäre, bei den ansonsten bestehenden Zwängen an dieser Stelle eine Marge zu erhalten, die man am Ende nicht braucht.

Darüber hinaus hat es eine Reihe weiterer zum Teil kleinerer Kürzungen gegeben, die die Frau Vorsitzende genannt hat. Darauf brauche ich deshalb jetzt nicht einzugehen. Ich will nur auf einen Punkt noch einmal ausdrücklich abheben, der auch in der Öffentlichkeit in den letzten Tagen wieder falsch kommuniziert worden ist, um auch das richtig zu stellen.

Bei Kapitel 05 04 - Arbeitsmarkt - sind die Mittel für die Kofinanzierung der EU-Mittel und die ESF-Mittel insgesamt um 68 Millionen € für das nächste Jahr brutto gesenkt worden. Das teilt sich in 48 Millionen € ESF-Mittel und 20 Millionen € Landesmittel zur Kofinanzierung auf.

Das heißt aber nicht, dass irgendeine Maßnahme gestoppt werden müsste. Wir haben die Bewirtschaftung lediglich etwas verändert. Es gibt noch Ausgabenreste aus dem laufenden Jahr, die wahrscheinlich ausreichen werden, um den gesamten Barbedarf des Jahres 2002 inklusive des reduzierten Ansatzes zu erhalten. Falls dies nicht der Fall sein sollte, können darüber hinaus Verpflichtungen eingegangen werden, weil wir in Höhe der Ansatzverminderung von 20 Millionen € Landesmitteln eine Verpflichtungsermächtigung für das nächste Jahr eingestellt haben.

Darüber hinaus haben wir in einem Haushaltsvermerk ausdrücklich sichergestellt, dass im Vorgriff auf das nächste Jahr diese 20 Millionen € verwendet werden können, um damit ESF-Mittel abzurufen, wenn es denn erforderlich ist. Das heißt, in einem dreigestuften Verfahren ist sichergestellt, dass notfalls ganz am Ende der Baransatz, wie er ursprünglich im Gesetzentwurf der Regierung vorgesehen war, auch wirklich umgesetzt werden kann.

Deshalb sind nun wirklich alle Tatarenmeldungen falsch, die von interessierten Lobbyisten in den letzten Tagen offenbar auch an Abgeordnete gingen, irgendetwas sei ab Januar gefährdet. Das ist definitiv nicht der Fall.

Schließlich blieben beim Durchschütteln aller Ansätze noch rund 7,5 Millionen € „übrig“. Das heißt, aus den Kostenreduzierungen, die ich schilderte, ergab sich ein Betrag von 7,4 Millionen €, den wir auch in Absprache mit den Finanzpolitikern der Fraktionen in den Einzelplan 20 - Hochbau - eingestellt haben. Wir können damit nicht nur den Rückgang gegenüber dem Jahr 2001 fast vollständig wettmachen - das sind jetzt noch 4,9 Millionen € weniger gegenüber dem Ansatz für das Jahr 2001 -, sondern wir konnten damit vor allen Dingen fünf Neuanfänge mit den Tableaus, die sich für die Folgejahre daraus ergeben, finanzieren.

Das schien uns nun besonders wichtig, um deutlich zu machen, dass wir uns unter allen Umständen bemühen wollen, keinen Abbruch eintreten zu lassen. Es ist ein wenn auch kleines Signal an die Bauwirtschaft, dass wir wissen, in welcher Verpflichtung wir stehen.

Nebenbei will ich bemerken: Der Landesbau und der von uns betreute Bundesbau erreichen im kommenden Jahr ein Rekordniveau. In diesem Jahr betragen die Ausgaben dafür etwa 1,7 Milliarden €. Das ist ein ganzer Batzen, der für die Bauwirtschaft des Landes von hohem Interesse ist.

Schließlich ist durch die Veränderung des Haushaltes die Investitionsquote am Schluss wieder auf 21 % gestiegen. Das ist begrüßenswert. Es zeigt allerdings auch, wie relativ solche Effekte sind. Beim Personal haben wir reduziert; trotzdem steigt die Personalausgabenquote, weil die Haushaltsansätze insgesamt noch stärker sinken; die Investitionsquote steigt sogar leicht an. Daran kann man erkennen, wie Statistiken das Bild manchmal auch verfälschen können.

Ganz zum Schluss: Die Sorgen und Nöte der Kommunen, ihre berechtigten Interventionen und auch die unberechtigten Klagen, die es gab, bewogen uns nicht nur zum Nachdenken, sondern veranlassten uns dazu, Lösungsvorschläge zunächst zurückzustellen, dann aber ein Paket vorzulegen,

(Herr Scharf, CDU: Kreative Buchführung!)

das die strukturellen Rückführungen der investiven Zuweisungen wenigstens zum Teil abmildert. Daraus ist dann das Kreditprogramm entstanden, dessen Elemente Sie wahrscheinlich schon kennen. Ich will es aber noch einmal kurz wiederholen.

100 Millionen € sind ab Anfang des Jahres 2002 von allen Kommunen, das heißt Gemeinden, Kreisen und kreisfreien Städten, nach ihren bisherigen Anteilen an dem jetzt auslaufenden IfG abrufbar. Diese Mittel sind für nahezu jede Art von Investition verwendbar, auch zur vollständigen Kofinanzierung anderer Programme des Bundes und der EU, was besonders wichtig ist, weil dies

einer der Hauptknackpunkte des auslaufenden IfG war. Es muss kein Eigenanteil erbracht werden. Den Zinsdienst übernimmt nun für die gesamten zehn Jahre komplett das Land.

Die Tilgung erfolgt in zehn gleichen Jahresraten. In den ersten drei Jahren übernimmt das Land die Tilgung. Über die Tilgungsleistungen ab dem Jahr 2005 - Zahlung erst ab 2006 - wird im Rahmen des ohnehin neu zu regelnden FAG entschieden. Wenn dann Kommunen, soweit sie Tilgungen leisten müssen, bedürftig werden sollten, wird das Land gegenüber den Kapitalgebern die Garantie übernehmen, dass es notfalls in die Tilgungsleistungen eintritt.

Das ist ein üppiges Programm. Es setzt da an, wo es bei den Kommunen wirklich noch kneifen kann, nämlich bei den investiven Möglichkeiten. Es beeinflusst die Schlüsselzuweisungen nicht und geht nicht an die Verwaltungshaushalte heran.

Deshalb sind manche von der kommunalen Seite vorgebrachten Äußerungen, sie könnten keine Haushalte aufstellen, jedenfalls nicht durch die Landespolitik bedingt. Die anteiligen Rückführungen der konsumtiven Zuweisungen sind bedingt durch die zurückgehenden Steuereinnahmen.

Wir haben dieses Programm erst so spät vorlegen können, weil wir die Steuerschätzung abwarten mussten. Die Frau Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass ich während der Beratungen mehrfach und bereits zu Beginn prognostiziert hatte, dass die Steuerschätzung vom November ein dreistelliges Millionenloch bringen werde. Wir haben allerdings nicht gedacht, dass es so groß sein würde.

Jedenfalls haben wir es deshalb für richtig gehalten, mit der Konzeption eines solchen Programms und insbesondere mit der Festlegung seines Volumens abzuwarten und damit erst dann in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn wir das Ergebnis der Steuerschätzung ungefähr kennen. Es hat sich als richtig erwiesen, das zu tun, weil wir in Teufels Küche gekommen wären, wenn wir vorher einen Rahmen zur Verfügung gestellt hätten und diesen dann um zwei Drittel oder in ähnlicher Höhe hätten kürzen müssen, weil die Steuerschätzung uns keine Luft gelassen hätte.

Wir sind deshalb mit diesem Programm, sobald das möglich war, sehr zügig an die Öffentlichkeit getreten und haben den Finanzausschuss des Landtages unterrichtet. Damit haben wir alles getan, was das Land überhaupt tun konnte. Dieses Programm hat, weil es Investitionen ermöglicht, auch eine belebende Wirkung für den Handel und für das Gewerbe im Land. Zu mehr ist das Land nicht imstande. Wer das jetzt noch nicht sieht, der hat die Zeichen der Zeit wirklich nicht erkannt.

Ziehen wir einen Schlussstrich unter das Ganze: Dieser Haushalt ist ausgereizt. Er ist mindestens so sehr auf Kante genäht, wie das der Kollege Eichel für den Bundeshaushalt gesagt hat; aber er hat klare Strukturen, er ist transparent, er ist für jeden nachvollziehbar.

(Zuruf von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Da ist nichts getrickst. Die so genannten Schattenhaushalte haben wir alle vorher öffentlich gemacht und über alle im Finanzausschuss beraten.

(Herr Dr. Daehre, CDU, winkt ab)

Wir haben erst gar nichts versteckt.

Dieser Entwurf hat deshalb im Finanzausschuss eine deutliche Mehrheit bekommen und ist in allen Strukturen der Landesregierung im Wesentlichen bestätigt worden. Dafür danke ich ausdrücklich. - Weil das so ist, bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf auch hier im Landtag mit der gleichen Mehrheit zuzustimmen. - Ich danke sehr.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regierungsbank)

Danke sehr. - Ich erteile nunmehr für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Professor Dr. Böhmer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um gleich dort fortzuführen, wo der Finanzminister aufgehört hat: Ich bin ziemlich sicher, Herr Minister, die zuletzt von Ihnen ausgesprochene Bitte wird in Erfüllung gehen und Sie werden damit nicht glücklich werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn wir Ihnen richtig zugehört haben, dann klang das ungefähr so: Die Lage ist schwierig, aber wir haben alles fest im Griff. Die Landesregierung wird es schon wieder packen.

(Beifall bei der SPD - Ministerpräsident Herr Dr. Höppner: Richtig! - Herr Dr. Rehhahn, SPD: Das stimmt! Und das ist gut so!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte auch diejenigen, die jetzt applaudiert haben, sich zu erinnern: Das haben wir alles schon einmal gehört. Das kommt mir alles irgendwie bekannt vor.

(Herr Bullerjahn, SPD: Seit 1990!)

Die Probleme wurden jetzt so dargestellt: Für jede Schwierigkeit gibt es eine Lösung. Eigentlich könnten alle zufrieden sein. Nur die Menschen im Land kapieren das nicht.

(Beifall bei der CDU)

Die Bürgermeister, die Landräte - egal zu welcher Partei sie gehören - regen sich auf, obwohl wir die Kommunen gut bedienen. Wir tun doch für alle das Optimale.

(Frau Bull, PDS: Das hat doch keiner gesagt! Das ist doch Schnulli!)

Trotzdem demonstrieren in Halle die Studenten, demonstrieren Bürger draußen vor dem Landtag auf dem Domplatz, weil sie nicht verstehen, wie gut wir die schwierigen Probleme lösen.

Meine Damen und Herren! Dazu fällt mir ein, was früher einmal gesagt wurde: Wenn sich schon ein Volk keine neue Regierung suchen kann, dann sollte sich die Regierung wenigstens ein neues Volk suchen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU, von Frau Spors, DVU, und von Herrn Wiechmann, FDVP)

Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Die Zeiten haben sich geändert. Jetzt stehen andere Lösungsmöglichkeiten offen. Ich denke, auch davon wird noch die Rede sein müssen.

Ich glaube, aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg stammt das geflügelte Wort: Wo nichts mehr ist, hat