Protokoll der Sitzung vom 17.01.2002

Die Änderungen des Mediendienstestaatsvertrages nehmen den größten Umfang ein. Diese Änderungen sind notwendig, weil die Länder die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in nationales Recht umsetzen müssen. Ziel dieser Richtlinie ist es, be

stimmte für die Dienste der Informationsgesellschaft geltende innerstaatliche Regelungen anzugleichen und damit den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedsstaaten der EU sicherzustellen.

Die Richtlinie schafft die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr. Sie soll Rechtssicherheit für die Anbieter, einen effektiven Verbraucherschutz sowie einen funktionierenden Binnenmarkt in diesem Wirtschaftssektor gewährleisten. Gegenstand der Regelungen sind die auf elektronischem Weg angebotenen und erbrachten Dienstleistungen, zum Beispiel das uns allen bekannte Internet.

Aus den umfangreichen Vorschriften möchte ich nur wenige Bereiche hervorheben, die auffällige Auswirkungen im Mediendienstestaatsvertrag entfalten:

Erstens das Herkunftslandprinzip. Es besagt, dass die Diensteanbieter grundsätzlich nur die innerstaatlichen Vorschriften des Mitgliedsstaates beachten müssen, in dem sie niedergelassen sind. Damit wird es dem Dienstleistungsanbieter ermöglicht, lediglich mit der Einhaltung seiner nationalen Vorschriften auch dann Dienste in einem anderen Mitgliedsstaat zu erbringen, wenn dort andere Vorschriften gelten.

Zweitens das Haftungssystem. Für die von dem Diensteanbieter angebotenen Inhalte gilt eine abgestufte Verantwortlichkeit. Danach haftet der Anbieter für eigene Informationen schärfer als für fremde Informationen, die er lediglich durchleitet oder speichert.

Drittens der Datenschutz. Die Änderungen des Datenschutzes zielen zum einen auf eine Verbesserung der Transparenz und der Abstimmung des speziellen Mediendatenschutzes mit dem allgemeinen Datenschutzrecht ab. Zum anderen wird eine Optimierung der Vorschriften aufgrund der bisherigen Erfahrungen und Entwicklungen im Interesse der Verbraucher angestrebt.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend kann ich sagen: Die Rechtssicherheit für die Anbieter wird verbessert und der Verbraucherschutz wird effektiver. Außerdem wird ein funktionierender Binnenmarkt in dem neuen Wirtschaftssektor angestrebt. Durch ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern ist gewährleistet, dass der bisher schon vorbildliche Rechtsrahmen in Deutschland auch zukünftig und im europäischen Kontext auf dem Stand der technischen Entwicklung ist.

Über diese Änderungen des Mediendienstestaatsvertrages hatte die Landesregierung den Landtag bereits am 3. Juli 2001 informiert. Hinzugekommen sind seitdem notwendige Neuregelungen des Rundfunkrechts, über die die Landesregierung den Landtag ergänzend am 27. November 2001 in Kenntnis gesetzt hat.

Meine Damen und Herren! Die rundfunkrechtlichen Änderungen sind Teil einer Reform der Medienordnung, die von den Landesregierungen gemeinsam angestrebt wird. Dieses Reformvorhaben umfasst alle zentralen Themen des Rundfunkstaatsvertrages: den Jugendschutz, das Medienkonzentrationsrecht, die Medienaufsicht durch die Landesmedienanstalten, den Auftrag und die finanzielle Transparenz der Rundfunkanstalten, die Struktur der Rundfunkgebühr, die Digitalisierung des Rundfunks und die Breitbandkabelnetze, falls sich hierbei Änderungen als notwendig herausstellen sollten.

Entscheidungsreif und staatsvertraglich abgeschlossen sind folgende Themen, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausdruck kommen:

Erstens der Jugendschutz. Im digitalen Fernsehen wird die Regelung über die technische Vorsperrung zum Jugendschutz um einen Zeitraum von drei Jahren verlängert. Das bedeutet praktisch: Jugendgefährdende Sendungen dürfen in Deutschland im digitalen Fernsehen nach wie vor nur mit einer technischen Vorsperrung und nur zu bestimmten Sendezeiten ausgestrahlt werden.

Zweitens die Digitalisierung des Rundfunks. Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird klargestellt, dass sie ihrem Grundversorgungsauftrag auch dann entsprechen, wenn sie Analogfrequenzen abschalten und durch digitale Frequenzen ersetzen. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum digitalen Rundfunk, den Sachsen-Anhalt bereits durch das Mediengesetz vom Juli 2000 eingeschlagen hat.

(Zustimmung von Herrn Kühn, SPD)

Drittens das Medienkonzentrationsrecht. Die geltende Regelung des zulässigen Zuschauermarktanteils wird so geändert, dass es für die privaten Fernsehveranstalter zukünftig attraktiv ist, die so genannten Fensterprogramme auszustrahlen.

Viertens die Verbesserung der Information der Landtage über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Diese Neuregelung möchte ich besonders hervorheben. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass sie im Zusammenhang mit dem letzten Rundfunkänderungsstaatsvertrag diskutiert worden ist. Die Landesregierungen haben damit schnell auf die Forderungen der Landtage reagiert, die im Zusammenhang mit der Rundfunkgebührenerhöhung entstanden waren.

Zukünftig werden die Landtage neben den heute schon vorliegenden Berichten der Rechnungshöfe und der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs weitere Informationen erhalten. Diese zusätzlichen Berichte werden zum Beispiel auch Tochtergesellschaften der Anstalten und Entwicklungsplanungen betreffen, sodass für die Parlamente zukünftig ein noch genauerer Einblick in die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Rundfunkanstalten möglich wird.

Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Rundfunkanstalten hätte ich mir noch weitere Änderungen gewünscht. In der Protokollerklärung haben wir dies gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein zum Ausdruck gebracht.

Abschließend bin ich der Ansicht, dass sich die Ländergemeinschaft auf dem Gebiet des Medienrechts erneut als handlungsfähig und kompromissbereit erwiesen hat, was nicht ganz einfach ist und auch immer wieder einmal strittig; Sie wissen das.

Ich jedenfalls gehe davon aus, dass auch die weiteren Themen der Reform der Medienordnung zügig verhandelt werden können und damit die medienrechtlichen Rahmenbedingungen Deutschlands insgesamt den wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen der Medienbranche auch künftig entsprechen.

Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Kultur und Medien und bitte, die Beratung des Gesetzentwurfs zeitlich so vorzusehen, dass eine Ratifikation bis zum Ende der Legislaturperiode sichergestellt werden kann; denn es wäre schön, wenn wir nicht durch den Wechsel der Legislaturperiode den

gesamten Vorgang in Deutschland aufhalten würden. Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Zustimmung bei der SPD und von Frau Dr. Sitte, PDS)

Danke schön, Herr Ministerpräsident. - Für die Debatte liegt nur die Wortmeldung der Abgeordneten Frau Wiechmann für die FDVP-Fraktion vor. Dabei handelt es sich um eine Fünfminutendebatte. Bevor ich Frau Wiechmann das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Osterwieck

(Beifall im ganzen Hause)

und Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Alsleben, die heute dem Landtag zuhören. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause - Herr Kühn, SPD: Ich würde gern die Fragmente meiner Rede, die ich schriftlich habe, zu Protokoll geben!)

- Ich bin etwas irritiert, ob wir denn bei der Beratung in der Lage sind, Fragmente zu Protokoll zu nehmen.

(Herr Kühn, SPD: Das gelingt mir gut! - Heiter- keit)

- Ja, wenn es gute Fragmente sind.

(Zu Protokoll:)

Unser verehrter Herr Ministerpräsident hat bereits alle wesentlichen Punkte des uns vorliegenden Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vorgetragen und erläutert, sodass mir maximal die Rolle eines Ausputzers bleibt.

Die meisten Punkte im Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind meines Erachtens unstrittig; so will ich mich nur auf zwei Themen beziehen.

Als Erstes auf die E-Commerce-Richtlinie, ein Punkt im Staatsvertrag, den ich für besonders wichtig halte, weil Vorgaben für den elektronischen Handel dazu beitragen, die wirtschaftlichen Potenziale, die das Internet bietet, auszuschöpfen.

In Deutschland ist durch den Mediendienstestaatsvertrag und das Teledienstgesetz schon einiges geregelt. Trotzdem ist es vonnöten, wenigstens eine europäische einheitliche, standardisierte Richtlinie für Internetangebote zu schaffen.

Als Zweites und Letztes kurz etwas zum Rundfunkrecht. Der Ministerpräsident hat uns bereits die Themen genannt, die bei der Reform der Medienordnung bewältigt werden müssen. Der uns vorliegende Staatsvertrag bereitet mit punktuellen Änderungen die grundlegenden Reformen vor.

Dabei meine ich besonders den Jugendschutz im digitalen Fernsehen und die rechtliche Absicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beim Übergang zur Digitalisierung. Ich hoffe, dass die Anstalten nicht nur davon reden, sondern den Umstieg von analoger auf digitale Übertragung in die Tat umsetzen.

Insbesondere schaue ich dabei auf den MDR, der nach langwierigem Hin und Her angekündigt hat, am Digitalradio mit einem eigenen Programm teilzunehmen. Nun müssen endlich Taten folgen.

Begrüßenswert ist auch die Regelung zur besseren Information der Landtage über die wirtschaftliche Lage der Rundfunkanstalten. In diesem Zusammenhang sollten wir als Abgeordnete darauf achten, dass das gigantische Zahlenmaterial mit entscheidungsrelevanten Schnittstellen aufgearbeitet und lesbar gemacht wird.

So weit, so gut. Wir können diesem Vertragswerk problemlos zustimmen. Ich beantrage die Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien und hoffe, dass nach einer zügigen Beratung im Ausschuss das Vertragswerk noch im Februar ratifiziert wird.

Frau Wiechmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In gewohnter Weise und kaum überraschend wiederholen sich die Rituale und Formen zur Beratung der Rundfunkstaatsverträge. Das, meine Damen und Herren, nimmt am ehesten die Öffentlichkeit bewusst wahr, wenn es um das leidige Problem der Gebührenerhöhung geht. Das erregt Aufmerksamkeit und in der Regel natürlich auch Unwillen.

Erinnert sei an die kontroversen Diskussionen im Plenum sowie im Ausschuss für Kultur und Medien und erinnert sei auch daran, wie dünn die Decke war und ist, auf deren Grundlage diese Gebührenerhöhung dann erfolgte.

Erinnert sei aber auch an die zum Teil unliebsamen Auseinandersetzungen mit dem MDR, der erst durch die unbeugsame Haltung der Landesrechnungshöfe, aber auch durch die konsequent sachliche Argumentation des Herrn Präsidenten Schröder zu einem vertretbaren Kompromiss bewegt werden konnte. Der Anlass war, dass der MDR auf Biegen und Brechen mit billigen und weniger durchschaubaren Tricks verhindern wollte, dass die Landesrechnungshöfe auch die privatrechtlichen Tochterfirmen der ARD-Anstalten in ihre Prüfungen einbeziehen.

Diese Auseinandersetzung, meine Damen und Herren, lohnte sich, weil damit die Prüfer zugleich Zugang zu allen Unternehmen haben, bei denen der MDR als Mehrheitsgesellschafter fungiert oder an denen er gemeinsam mit anderen Anstalten die Mehrheit hält. Wenn das nunmehr sowohl in § 5 als auch in § 5 a eingeführt wird, ist das nicht nur eine formale Information der Landesparlamente, sondern stärkt zugleich auch unsere Auffassung von der demokratischen Kontrolle im Wählerauftrag.

Meine Damen und Herren! Vergessen können die Wähler natürlich auch nicht - meist als Zuschauer und Zuhörer -, wie mit Gebühren aus der Tasche der Gebührenzahler noble Projekte und der Selbstpreisung der Sender dienende Galaveranstaltungen finanziert werden oder auch Gelder der Gebührenzahler in riskanten Finanzspekulationen verspielt wurden.

Es bleibt einfach zu hoffen, dass all diese parlamentarischen Bemühungen nicht vergessen werden, sondern bei weiteren Verhandlungen auf der Tagesordnung stehen, um den Begehrlichkeiten der öffentlich-rechtlichen Anstalten begegnen zu können.

Die Fraktion der FDVP steht allerdings nach wie vor - ich betone das auch heute hier noch einmal - zu dem gege

benen Wort der erfolgten Ablehnung einer Gebührenerhöhung, die dann mit üblichen Mehrheiten - wir erinnern uns alle - und dem planmäßig gewohnten Umfallen der PDS-Fraktion dennoch den Landtag im vergangenen Jahr passierte.

Dass technische Ausrüstungen und Programme entsprechende Mittel erfordern, bleibt unzweifelhaft. Jedoch muss jeglicher Selbstbedienungsmentalität energisch widersprochen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist auch unzweifelhaft, dass die Bedeutung der Medien für Informationen und Freizeit unaufhörlich - fast in erschreckender Weise zunimmt und sich in der in der Pisa-Studie bemängelten Leseschwäche von Kindern und Jugendlichen manifestiert. Das zeigt sich natürlich nicht nur in der Shell-Studie „Jugend 2000“, sondern auch in der Studie „Massenkommunikation 2000“.