Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass Löhne im Sinne eines selbstbestimmten Lebens zu gestalten sind und, um Fachkräften überdies Anreize zu bieten, hier zu bleiben, erhöht und angeglichen werden müssen. Arbeitsmarktpolitik hat - darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen und wir sagen das bei jeder Haushaltsdebatte in Bezug auf diese Fragen immer wieder angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Land eben nicht nur eine beschäftigungsmobilisierende, sondern auch eine sozialpolitische Funktion. Im Niedriglohnsektor entstehen, wie sich in den letzten Jahren im Niedriglohnland Ostdeutschland gezeigt hat, keine neuen Arbeitsplätze.
Das Verhältnis zwischen diesen beiden Funktionen kann sich aber nunmehr deutlich zugunsten des ersten Arbeitsmarktes verschieben. Das sehen auch unsere Konzepte vor. Aber auch diese Veränderungen mussten erst reifen, und zwar auf einer realen wirtschaftlichen Basis. Diese entwickelt sich, ist aber nach wie vor sehr störanfällig.
Ein stimmiger Branchenmix mit einer günstigeren Betriebsgrößenstruktur gehört zu den zukunftsfähigen Entwicklungsbedingungen. Sachsen-Anhalt wird diese Entwicklung noch intensiver begleiten und unterstützen müssen. Das Aufeinanderzugehen muss vor allem von der Landesregierung initiiert werden. Inhalte und Vorschläge muss die Landesregierung so einbringen, dass sie nachvollziehbar sind. Entscheidungen brauchen konzeptionellen Vorlauf und keine Feuerwehraktionen.
Das Beispiel Ammendorf hat letztlich gezeigt, dass es immer noch besser ist, ein Schiff vor dem Untergang zu bewahren, als es zu heben.
Meine Damen und Herren! Eine Sanierungskoalition, wie sie von der CDU beschrieben wird, kann diesem Anspruch natürlich nicht gerecht werden. Sanieren hat mithin etwas Statisches; Konditionieren dagegen hat etwas Dynamisches. Deshalb würden wir eine Konditionierungskoalition entgegensetzen wollen. Das ist es, wodurch sich die Matadoren unterscheiden, nämlich in ihrer Art, etwas auf die Hörner zu nehmen und sich einer Herausforderung zu stellen. Wenn Ihnen das als rotes Tuch erscheint, soll es mir recht sein. - Danke schön.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Für die SPDFraktion spricht jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Fikentscher. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten war nach meiner Einschätzung ein richtiges Wort zur richtigen Zeit.
Es war der gelungene Versuch einer Positionsbestimmung nach einer Legislaturperiode. Ich glaube, der Landtag von Sachsen-Anhalt hat es verdient, dass er dies am Ende von vier Jahren Regierungstätigkeit dargelegt bekommt.
Über den Inhalt kann man sich sicherlich streiten. Es ist klar, dass die Oppositionsparteien das anders sehen als die Regierungsparteien und die Regierung selbst.
Aber dass zu diesem Zeitpunkt eine Regierungserklärung abgegeben wird, dürfte auch bei Ihnen unstrittig sein, obwohl ich vorhin etwas anderes gehört habe.
Selbstverständlich wird der Kollege Böhmer pflichtgemäß dagegenhalten - das war auch so vereinbart; niemand hat etwas anderes erwartet.
Ich habe mit gewisser Zufriedenheit festgestellt, dass Herr Kollege Böhmer gesagt hat, auch die politische Situation gehöre zur Standortbestimmung. Insofern ist meine Äußerung hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts unterstützt worden. Denn hierbei geht es nicht nur um die Beschreibung des Landes und seiner Situation; vielmehr geht es auch um die Zukunftsentwürfe, die die Einzelnen anzubieten haben, um die Zukunftschancen, die das Land hat, um einen Wettbewerb, in dem wir stehen, und natürlich auch um Wahlkampf in unserem Landtag.
Wer glaubt denn etwas anderes, als dass die Zusammensetzung dieses Landtages im Ergebnis der Wahlen und auch des Wahlkampfes davor zustande gekommen ist? Wer glaubt denn etwas anderes, als dass wir uns jetzt im Wahlkampf befinden und darauf hinarbeiten, dass der nächste Landtag ebenfalls im Ergebnis der Wahlen und des Wahlkampfes zustande kommt? - Also gehört doch auch eine Auseinandersetzung im Sinne des Wahlkampfes in diesen Landtag. Und davor scheuen wir uns nicht.
Aber bei der Standortbestimmung geht es auch um die Zukunft. Die Standortbestimmung erhält überhaupt erst dadurch ihren politischen Sinn, dass wir die Frage stellen, was darauf aufgebaut werden soll, wer das tun soll und wie das erfolgen soll. Alles andere wäre eine Sache von beschreibenden Wissenschaften, aber nicht von Politik.
Meine Damen und Herren! Natürlich ist allen bewusst, dass dieses Land Probleme hat. Natürlich ist klar, dass nach acht Jahren Regierungstätigkeit die Probleme insbesondere denen angelastet werden, die die Regierung gestellt haben und stellen
und weiterhin stellen wollen. Es ist normal, dass die Regierung dafür zur Verantwortung gezogen wird; ob das gerecht oder ungerecht ist, ist eine andere Frage. Aber dass dies so ist, müssen wir anerkennen.
Es ist eben so, wie wir es regelmäßig mitbekommen: Wenn ein Unternehmen irgendwo gegründet wird, dann ist es das Verdienst der Wirtschaft. Wenn ein Unternehmen irgendwo Pleite geht oder geschlossen wird, dann ist es das Verschulden der Politik, weil sie angeblich die Rahmenbedingungen nicht geschaffen hat, die Unterstützung zu spät kam und Ähnliches.
Das gibt es auch in anderen Bereichen. Diesen Vorwürfen sehen wir uns ausgesetzt. Darüber sind wir im Grunde genommen nicht erstaunt. Das müssen wir auf
Nun haben wir die Auseinandersetzungen über die einzelnen Entwürfe. Wir haben gehört, was die Einzelnen dazu sagen. Ich habe festgestellt, dass sich die Kollegin Sitte als eine Art Ringrichterin versucht, indem sie die einen bewertet und die anderen nicht.
(Herr Dr. Bergner, CDU: Ihr seid doch gut weg- gekommen! Der Ministerpräsident hat sich die ganze Zeit gefreut!)
Wir sind dabei besser weggekommen. Ein erhebliches Wohlwollen war zu spüren. Wir haben noch ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg bekommen. Das ist alles ganz ordentlich.
Von der PDS haben wir allerdings in den letzten Monaten fast nichts gehört, sie war auffällig stumm. Das Letzte, was in die Öffentlichkeit gekommen ist, war der Vorwurf des Realitätsverlustes, der etwas missglückte Vorwurf unserem Ministerpräsidenten gegenüber. Seitdem gab es das nicht mehr und heute klang es schon ganz anders.
Ich glaube, spätestens diese Regierungserklärung hat gezeigt, dass dieser Vorwurf auch damals nicht gerechtfertigt gewesen ist.
(Beifall bei der SPD - Frau Dr. Sitte, PDS: Viel- leicht! Sie sind ja schließlich lernfähig! - Lachen und Unruhe bei der CDU)
Ich zerbreche mir aber nicht den Kopf der PDS, ob diese Stille, die sie um sich verbreitet, bedeutet, dass sie Angst vor der eigenen Courage oder Probleme mit den eigenen Leuten hat.
Aber nun zu dem, was Herr Kollege Böhmer heute und in den letzten Tagen und Wochen gesagt hat. Um eines - ich glaube, das hat auch etwas mit dem Stil des Wahlkampfes zu tun - bitte ich Sie, Herr Kollege Böhmer: Den Rückgriff auf Vergleiche mit DDR-Zeiten kann ich nur schwer ertragen.
Wir alle sind uns darüber im Klaren, dass es so unterschiedliche Welten sind, damals und heute, dass man einen solchen Vergleich, der immer auf eine gewisse Gleichsetzung zielt, hier bitte nicht anbringen sollte.
Dass die Statistikämter wie der Klassenfeind betrachtet werden und ähnliche Äußerungen finde ich nicht besonders gut. Das ist etwas, was ich als Schlag unter die Gürtellinie auffasse.
Das mag nur uns treffen. Auch den Ausdruck „Sanierungskoalition“ - dieses Angebot ist nicht neu; davon haben wir schon vor etwa zwei Jahren gehört - nehme ich Ihnen übel;
Ein solches Bestreben ist Ihr gutes Recht. Vielleicht kommt es auch dazu. Das ist nicht das Problem. Aber dieser Ausdruck unterstellt, dass das Land SachsenAnhalt ein Sanierungsfall, ein krankes Land sei.
Genau diese Behauptung ist falsch. Dieser Ausdruck ist für das Land genauso schlecht wie Ihre Kampagne mit den roten Laternen, die Sie gemeinsam mit der SchillPartei und der FDP führen.