Rüdiger Fikentscher

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat:
„Ich will die Zustände nicht dramatisieren, aber nach den Informationen, die mir als Generalsekretär der Vereinten Nationen zugehen, haben nach meiner Schätzung die Mitglieder dieses Gremiums noch etwa ein Jahrzehnt zur Verfügung, um ihre alten Streitigkeiten zu vergessen und eine weltweite Zusammenarbeit zu beginnen,
um das Wettrüsten zu stoppen, den menschlichen Lebensraum zu verbessern, die Bevölkerungsexplosion niedrig zu halten und den notwendigen Impuls zur Entwicklung zu geben.
Wenn eine solche weltweite Partnerschaft innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zustande kommt, so werden - fürchte ich - die erwähnten Probleme derartige Ausmaße erreicht haben, dass ihre Bewältigung menschliche Fähigkeiten übersteigt.“
Das sagte der birmanische Politiker U Thant, damals Generalsekretär der Vereinten Nationen - wer kennt ihn heute noch? -, im Jahr 1969. Das Zitat ist dem berühmten Buch „Die Grenzen des Wachstums“ vorangestellt, dem ersten Bericht an den Club of Rome zur Lage der Menschheit, erschienen im Jahr 1972.
Von diesem Buch war ich, wie die meisten anderen damals auch, tief beeindruckt. Wir erwarteten die globale Katastrophe, die unsere Kinder auf jeden Fall erleben und unsere Enkelkinder vermutlich nicht mehr überleben würden. Seither ist nicht nur das eine Jahrzehnt, von dem U Thant sprach, vergangen, sondern zwei weitere. Inzwischen wissen wir, warum es nicht so kam, obgleich die beschriebenen Gefahren von Dauer sind.
Der zweite Bericht an den Club of Rome erschien im Jahr 1974 und ist überschrieben mit „Menschheit am Wendepunkt“. Dieser ging nicht mehr von einem einheitlichen Weltmodell aus, sondern von einem MehrEbenen-Modell.
Als ich dieses Buch vor einem Vierteljahrhundert las, wurde mir wie vielen anderen klar, dass diese Betrachtungsänderung nicht der letzte Schritt gewesen sein kann. Wie wir inzwischen erlebt haben, werden immer mehr Ebenen in die Betrachtung einbezogen, bis wir bei den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und Verträglichkeit des Wachstums auf unzähligen lokalen Ebenen angelangt sind.
Inzwischen haben wir uns dem Grundgedanken der Philosophie Karl Poppers weiter angenähert, der ein bescheidenes Denken in Teilwahrheiten fordert, die immer wieder überprüft werden müssen. Wenn man diese Teilbereiche erreicht hat, dann ist die Forderung zum lokalen Handeln auf der Grundlage globalen Denkens tatsächlich millionenfach zu stellen, hoffentlich immer häufiger zu erfüllen, aber auch ebenso oft wieder infrage zu stellen.
All das wussten und wissen die Mitglieder der Enquetekommission natürlich auch - das hoffe ich jedenfalls; Herr Dr. Bergner bestreitet das in gewisser Weise - und nahmen damit eine außerordentlich schwierige Aufgabe und Arbeit auf sich. Die Arbeit einer Enquetekommission unterscheidet sich ohnehin grundsätzlich von der einer üblichen parlamentarischen Entscheidungsfindung.
Üblicherweise geht es uns darum, heute zu entscheiden, was morgen gilt und übermorgen wirkt. Die Enquetekommission bereitet vor, was morgen näher bedacht werden soll, übermorgen beschlossen werden wird und folglich erst in näherer oder fernerer Zukunft wirken kann. Damit sind unsere Wünsche und Hoffnungen recht weit in die Ferne gerückt, in eine Zukunft, die wir nicht kennen und von der wir allenfalls bestimmte Umrisse ahnen. Dennoch beschäftigen wir uns ständig damit - im persönlichen, familiären und beruflichen Bereich, im Großen wie im Kleinen.
Wir kommen ohne einen versuchten Blick in die Zukunft offensichtlich nicht aus. Das ist die Grundlage aller Planungen; darauf kann man nicht verzichten. Aber auch das ist nichts Neues. Friedrich Rückert drückte das bereits vor etwa 150 Jahren in einem kleinen Vers so aus:
„Am Abend wird man klug für den vergangenen Tag, doch niemals klug genug für den, der kommen mag.“
Meine Damen und Herren! Es ist mutig, sich in Kenntnis all dessen eine Arbeit wie die der Enquetekommission mit der Überschrift „Zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt“ vorzunehmen. Der Mut zu dieser Arbeit muss noch höher bewertet werden, wenn man sich den Einsetzungsbeschluss genauer anschaut.
Ein sehr hoch gestecktes Ziel wurde verfolgt. Ein Leitbild sollte erstellt werden und es sollten Ziele formuliert werden. Theoretisch lässt sich dagegen nichts vorbringen. Das Ziel muss man früher kennen als die Wege. Neben den Kriterien sollten jedoch auch Indikatoren für die Messbarkeit einer zukunftsfähigen Entwicklung in Sachsen-Anhalt festgelegt werden, die Rahmenbedingungen waren zu beschreiben und - das macht den eigentlichen Wert der parlamentarischen Arbeit aus - es sollten auftragsgemäß Handlungsschritte aus den gewonnenen Erkenntnissen abgeleitet, Potenziale ermittelt, Instrumente überprüft, Vorschläge unterbreitet, Schlussfolgerungen gezogen und Konsequenzen abgeleitet werden. Viel umfassender und anspruchsvoller kann man den Auftrag an eine Enquetekommission vermutlich nicht fassen.
An diesem hohen Anspruch setzte auch die Kritik der CDU-Fraktion an. Herr Kollege Spotka wertete die Arbeit der vorangegangenen Enquetekommission aus und schloss daraus, dass auch die nächste Kommission nur einen sehr geringen Ertrag bringen würde. Eine Mehrheit sah das anders. Heute liegt uns das Ergebnis vor, und wir debattieren darüber, wie der Ertrag zu bewerten ist.
Meine Damen und Herren! Die Enquetekommission „Zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt“ legte ihre Arbeit in einem sehr umfangreichen Bericht dar. Beim Lesen, insbesondere beim Lesen der Handlungsempfehlungen und der Vorschläge der Kommission, fiel mir auf, dass darin vieles steht, was bereits bekannt ist, und vieles, an dessen Umsetzung bereits gearbeitet wird.
Mir persönlich kommt fast alles darin Aufgegriffene bekannt vor. Das ist auch kein Wunder, enthält der Bericht doch wesentliche Grundzüge sozialdemokratischer Programmatik und Politik. Deswegen haben wir auch keine Schwierigkeit damit, diesem Bericht zuzustimmen.
Die von uns vertretene ökologisch-soziale Marktwirtschaft bedeutet nichts anderes, als dass unser klassisches Gerechtigkeitsideal übertragen wurde von der Gerechtigkeit zwischen den jetzt lebenden Menschen auf die Gerechtigkeit zwischen den Generationen.
Herr Kollege Bergner, Sie sagten vorhin, Nachhaltigkeit sei ein konservatives Prinzip. Das trifft für die bäuerliche Wirtschaft zu; aber als das für die bäuerliche Wirtschaft noch durchgängig zutraf, gab es noch keine konservativen Parteien.
Als die konservativen Parteien aufkamen, begann genau das, was nichts mehr mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Das stand nämlich im Zusammenhang mit der Industrialisierung. Damals haben alle über ihre Verhältnisse gelebt und die Natur ausgebeutet, koste es, was es wolle. Die Folgen dessen erleben wir jetzt.
- Das hat sich dort natürlich fortgesetzt und ist noch schlimmer gewesen. Aber ich verteidige jetzt nicht den Sozialismus, Herr Kollege Bergner.
Meine Damen und Herren! In der Gesamtbetrachtung bedeutet dies nicht nur, dass in der jetzt lebenden Generation nicht ein Teil der Menschheit auf Kosten des anderen leben darf; vielmehr darf die gesamte Generation nicht auf Kosten der nachfolgenden Generationen leben.
Der Philosoph Hans Jonas hat das jenseits von allen Parteiprogrammen in einem Grundsatz, den er als neuen Imperativ bezeichnet, so formuliert:
„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen nicht zerstörerisch sind für die künftige Möglichkeit echten menschlichen Lebens auf Erden.“
Das ist der philosophische Grundsatz für die ganze Nachhaltigkeitsdebatte. Kaum jemand wagt es, diesem Grundsatz theoretisch zu widersprechen. Beim Handeln sieht es freilich ganz anders aus.
Ähnlich wird es wohl auch mit den Schlussfolgerungen sein, die aus dem Kommissionsbericht zu ziehen sind. Könnte man alle Ratschläge, die darin stehen, gleichzeitig befolgen und umsetzen und bezahlen, so würde das Land zweifellos unvergleichlich aufblühen. Aber ich füge hinzu: Wie im übrigen Leben ist es auch hierbei leichter, einen Rat zu geben als einen Rat zu befolgen. Es ist leichter, zu sagen, wie die Welt in zehn Jahren aussehen sollte, als zu entscheiden, was heute zu tun ist.
Aber die Kommission bietet nicht radikale Lösungen an, sondern sie verlangt eine Politik mit Augenmaß - und das ist richtig -, eine Politik, die grundsätzlich in allen Fragen nicht eindimensionale, sondern mehrdimensionale Betrachtungen voraussetzt.
Eine kritische Bewertung des Berichts muss jedoch zunächst - das will ich dann auch tun - von dem Beschluss des Landtages vom 11. März 1999 ausgehen. Es ist zu fragen, was in diesen drei Jahren gemessen an dem Auftrag geleistet wurde und welcher Nutzen daraus gezogen werden kann. Spätestens an dieser Frage scheiden sich die Geister. Wurde der Auftrag erfüllt? Waren die Erwartungen zu hoch? War die Aufgabenstellung so problembeladen, dass sie gar nicht voll erfüllt werden konnte? Hat die Kommission gemessen daran gute oder schlechte Arbeit geleistet?
Ich sage ganz klar: Es ist fleißig gearbeitet worden. Die Kommission hat viele Ideen zusammengetragen. Sie legt eine Sammlung von zahlreichen Anregungen vor und darin besteht der Hauptnutzen des Berichts. Der Auftrag in seiner Gesamtheit konnte offensichtlich nicht erfüllt werden. Dazu reichte weder die Zeit noch die Kraft noch das Geld.
Dies betrifft insbesondere Punkt 1. Eine vierdimensionale Sicht, zu der noch die örtliche, die regionale und die überregionale Betrachtung hinzukommen, zu einem geschlossen Leitbild mit formulierten Zielen zu verdichten, das war offenbar nicht möglich. Ebenso konnte es nicht gelingen, Indikatoren für die Messbarkeit einer zukunftsfähigen Entwicklung festzulegen.
Den größten Umfang des Berichts nehmen die Beiträge der Sachverständigen ein. Sie sind eine Fundgrube von Daten, Fakten und Meinungen und als Lektüre allen Interessierten besonders zu empfehlen.
Kernstück für die Abgeordneten, für den Landtag und die Landesregierung sind die zwölf Seiten, auf denen die Handlungsempfehlungen und Vorschläge der Kommission zusammengefasst werden. 70 Punkte in elf Kapiteln geben Anlass zu vielen weiteren Fragen, insbesondere wenn man die Querverbindungen zwischen den einzelnen Empfehlungen herzustellen versucht. Darin liegen die Hauptprobleme bei der Umsetzung der Ratschläge.
Wichtig ist, dass das zentrale Problem unseres Landes zuerst angesprochen wird. Das ist die demografische Entwicklung. Sie wird vermutlich zu den größten Verwerfungen führen, die wir kennen. Darüber ist im Landtag bereits eingehend diskutiert worden. Das ist für uns nichts Neues. Es muss aber immer wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Hoffnung, dass der Bevölkerungsrückgang nennenswert aufgehalten werden kann, wird von der Kommission nicht verbreitet. Realistischerweise wird dann auf das hingewiesen, worauf man sich infolgedessen rechtzeitig einstellen muss. Es gibt, um es an dieser Stelle gleich vorweg zu sagen, in diesem wie in anderen Kapiteln Punkte, die so allgemein gehalten sind, dass man damit praktisch nichts anfangen kann.
Wenn unter Punkt 9 ausgeführt wird, dass es die Kommission für notwendig hält, Voraussetzungen dafür zu gestalten, dass auch für niedrig Qualifizierte Beschäftigungsmöglichkeiten in dem erforderlichen Umfang erschlossen werden, dann hilft uns das nicht viel, und zwar auch dann nicht, wenn der Kritik entgegengehalten werden sollte: Wir wollten wenigstens einmal darauf hinweisen. Eines solchen Hinweises hätte es wohl kaum bedurft.
Ein weiterer Widerspruch fällt im Hinblick auf das Geld ins Auge. Während unter Punkt 10 sehr realistisch davon ausgegangen wird, dass sich die öffentlichen Haushalte mittelfristig nicht positiv verändern werden, also mit einer Verknappung zu rechnen ist, und außerdem im Kapitel „Zukunftsfähige Finanzpolitik“ die Reduzierung der Nettoneuverschuldung gefordert wird, wird dann der Vorschlag unterbreitet, die finanzielle Situation des Landes und der Kommunen durch eine weitere Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu verbessern. Dies stellt letztlich jedoch keine Geld schöpfende Maßnahme dar. Der Finanzierungsvorbehalt steht also im Raum und muss bei allen weiteren Punkten auch gelten.
Bei der Einschätzung der zukunftsfähigen Wirtschaftsentwicklung wird der offene Konflikt innerhalb der Enquetekommission klar dargelegt. Die einen sagen, wirtschaftlicher Erfolg sei die zentrale Grundlage für die Erreichung ökologischer und sozialer Ziele, während die anderen der Auffassung sind, dass übermäßiger Ressourcenverbrauch und mangelnder sozialer Ausgleich auch die Wirtschaftsentwicklung dauerhaft hemmen werden.
Dann folgt jedoch eine Kompromissformel. Diese lautet: In der besonderen Situation des Landes Sachsen-Anhalt sei für einige Zeit ein quantitatives Wirtschaftswachstum erforderlich. Wie das wiederum mit dem Grundsatz „Global denken und lokal handeln“ in Übereinstimmung zu bringen ist, lässt sich sicherlich erklären. Wenn jedoch überall auf dieser Welt solche Ausnahmetatbestände geltend gemacht werden, ist das Prinzip dennoch infrage gestellt.
Im wirtschaftspolitischen Teil erkenne ich nichts, was zumindest in den Ansätzen und in den Zielvorstellungen anders gewünscht wird, als es die Landesregierung bereits umsetzt oder anstrebt.
- Danke, Herr Bergner. - Eine deutliche und verständliche Aufforderung an die Landesregierung ergeht unter Punkt 16, indem das Image eines Standortes und der hohe Stellenwert der so genannten weichen Standortfaktoren bei der Entscheidung über eine Ansiedlung besonders hervorgehoben werden und ein Standortmarketingkonzept des Landes gefordert wird. Ich weiß sehr wohl, dass die Landesregierung bereits daran arbeitet.
Das gilt auch für die Ratschläge hinsichtlich des Wohnungsleerstandes. Mithilfe des Stadtumbauprogramms Ost sind inzwischen die entscheidenden Schritte eingeleitet worden.
Im Hinblick auf die Bereiche Landwirtschaft, Siedlungs-, Verkehrs- und Regionalentwicklung sowie Umweltpolitik wird deutlich, dass die Enquetekommission eine Vorläuferin hatte, die sich speziell auf diese Fragen konzentriert hatte. Leider wird es nicht leicht sein, die mit den Ratschlägen, Wünschen und Forderungen verbundenen Kosten mittel- oder kurzfristig zu schätzen oder aufzubringen. Ähnliches gilt erwartungsgemäß für den Komplex „Entwicklung des Sozialstaates und soziale Gerechtigkeit“.
Im Gesundheitsbereich taucht wieder die Frage der demografischen Entwicklung auf. Bemerkenswert finde ich die Forderung der Kommission nach einer stärkeren Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen auf kommunaler und auf Landesebene, um das bürgerschaftliche Engagement zu fördern und einzubinden. Zugleich wird allerdings auch - das erscheint mir wichtig - die Frage nach dem Zusammenhang von Entscheidungskompetenz und Finanzverantwortung deutlich und auch erwogen. Das ist eine sehr realistische Sichtweise, die nicht die Gefahr in sich birgt, über das Ziel hinauszuschießen.
Die SPD hat sich schon bei der Erarbeitung der Landesverfassung für eine Stärkung plebiszitärer Elemente eingesetzt. Das unterscheidet uns übrigens von der CDU, die Derartiges vor allem dann gut findet, wenn sie glaubt, es helfe ihr politisch.
Bildung und Wissenschaft werden künftig ein entscheidender Faktor für die Sozialisation sowie für den beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg eines Menschen sein. Das ist unstrittig. Die Kommission fordert eine Neuausrichtung der Bildung, mehr Chancengerechtigkeit und die Umsetzung des Prinzips des lebenslangen Lernens.
Das kennen wir bereits aus anderen Berichten und Kommissionen. Diese Forderungen sind also nicht neu. Ich bin jedoch der Ansicht, dass sie immer wieder neu gestellt, formuliert und vorangebracht werden müssen, weil sie sich noch nicht allgemein durchgesetzt haben.
Leider sind alle Vorschläge außerordentlich kostenträchtig und leider kann ich unter den 70 Vorschlägen nicht einen erkennen, der Hinweise darauf gibt, wie außer durch Personaleinsparung in anderen Bereichen Kosten gespart werden können.
Die Entwicklung der Kultur in unserem Land nimmt mit sieben Punkten einen vergleichsweise großen Raum in dem Bericht ein. Ich hoffe sehr, dass künftige Landtage eingedenk der dort vorgestellten Wünsche und Ziele wenigstens das Prinzip, 1 % der Mittel des Landeshaushalts für Kultur auszugeben, beibehalten werden.
Meine Damen und Herren! Während die Enquetekommission der vergangenen Legislaturperiode mit der Forderung schloss, eine weitere Enquetekommission einzusetzen, weil sie sich der Unzulänglichkeit ihrer Bemühungen bewusst war, wird nunmehr unter Punkt 70 das ist die letzte Empfehlung - die Bildung eines Rates für Zukunftsfähigkeit empfohlen, der in der vierten Wahlperiode seine Tätigkeit aufnehmen soll.
Es wäre schon viel geholfen, wenn der Bericht der Enquetekommission von möglichst vielen, zumindest von den Abgeordneten der vierten Legislaturperiode, gelesen und diskutiert werden würde. Vielleicht wäre dann der gesamte Landtag ein Rat für Zukunftsfähigkeit. Das wäre das Ideal.
Meine Damen und Herren! Bemerkenswert sind die abweichenden Meinungen von Mitgliedern der Kommission unter Abschnitt 5. Unter Punkt 5.1 - Stellungnahme der Mitglieder der Enquetekommission, die der Fraktion der CDU angehören - ist lediglich der Vermerk ausgebracht worden: „Wird gesondert veröffentlicht“. Man hätte auch schreiben können: „Hier wäre Ihr Plakat gewesen.“ Am gestrigen Nachmittag ist uns dann doch noch eine Stellungnahme der CDU-Fraktion auf den Tisch geflattert. Wir hatten auch genügend Zeit, darin zu lesen. Kollege Bergner ist heute bereits darauf eingegangen. Dazu noch einige Bemerkungen.
Kurz zusammengefasst stellen Sie fest: Die Regierung war der Arbeit gegenüber gleichgültig.
Sie haben sich eigentlich auch noch als Psychoanalytiker bewährt;
denn sie haben festgestellt, dass ein unbewusstes Leitbild der Landesregierung existiere. Von diesem weiß die Landesregierung gar nicht; aber Sie haben das im Unterbewussten - nach Freuds Methode - ausgegraben.
Das ist natürlich eine besondere Leistung.
Zweiter Punkt. Sie sagen, die Kommissionsmitglieder seien im Grunde überfordert gewesen.
Das Land sei fast ohne Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung. - Vielleicht verlassen Sie deswegen die Landespolitik, um Ihre eigene Nachhaltigkeit zu erreichen.
Die Skepsis der CDU sei bestätigt worden. Das ist der andere Punkt.
Dann zeigen Sie noch zwei mögliche Wege aus der Misere auf: Das Wirtschaftswachstum muss vorankommen und Wissenschaft und Forschung sowie Bildung müssen unterstützt werden.
Das alles ist richtig, aber es stellt den Zusammenhang mit allen anderen Formen dieses Lebens in der Wirtschaft nicht her. Das will aber gerade das Prinzip der Nachhaltigkeit, und das, Herr Kollege Bergner, haben Sie offenbar immer noch nicht verstanden.
- Ich habe den sehr dicken Bericht gelesen und ich habe so viele Meinungen und Berichte darüber gehört, Herr Kollege Bergner.
Ich muss eines noch sagen: Als große christliche Partei, die auch der Bewahrung der Schöpfung verbunden ist, hätten Sie unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ein klein wenig mehr einbringen können.
So weit zu dem, was die CDU zusätzlich eingebracht hat.
Das ist bei der Stellungnahme der Fraktion der PDS ganz anders. Sie hat versucht, das vermisste Leitbild aufzuzeigen. Beim Lesen dieses Textes meinte ich zunächst, eine weitere Staatsutopie vor mir zu haben, wie wir sie seit der Antike kennen. Keine konnte verwirklicht werden. Mich jedenfalls ängstigen bereits die Versuche dazu, weil wir schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.
Das ist wohl auch der Hauptgrund, warum meine Fraktion diesen - im Einzelnen noch so wünschenswerten Zielvorstellungen nicht zustimmen konnte und wollte.
Demnach ist ein zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt wie folgt gekennzeichnet: Die Wirtschaftsweise und die Verbrauchergewohnheiten - die Gewohnheiten! - werden entsprechend dem Ziel der Nachhaltigkeit gestaltet. Es geht auch um Lebensstile, die zu entwickeln sind, um die Ausrichtung der Forschung, um Arbeitsplatzangebote mit höchsten Ansprüchen und vieles andere, von dem jeder wissen muss, dass es so nicht geht und dass so etwas staatlicherseits nicht zu organisieren ist.
Meine Damen und Herren! Ein solches Land wird niemand von uns und niemand von unseren Nachkommen erleben. Es käme einem Idealstaat sehr nahe, es setzt allerdings auch den idealen, den vollkommenen neuen Menschen voraus. Wenn all das Kennzeichen für ein zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt wäre, dann müsste man zu dem Schluss kommen, dass es ein zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt in diesem Sinne nie geben wird und auch nie geben sollte.
Aber, meine Damen und Herren von der PDS, ich habe für Sie - allerdings ganz am Schluss - auch noch ein tröstendes Zitat bereit.
Es wird dann in einem weiteren Abschnitt dieses zusätzlichen Berichtsteils hinzugefügt, dass wir natürlich ein Teil des föderalen Systems seien und nur begrenzte Spielräume hätten. Dennoch wird die Illusion verfolgt ich halte es jedenfalls für eine Illusion -, dass die Handlungsspielräume, wenn wir sie voll ausschöpfen würden, einen Druck von unten auf die entwickelten Industrieländer ausüben könnten. Die erforderliche Einsicht in die Notwendigkeit müsse letztlich bei jedem einzelnen Einwohner des Landes so weit wachsen, dass diese Veränderungen demokratisch von einer breiten Mehrheit getragen würden.
Hierbei fühle ich mich ein wenig an den entscheidenden Unterschied zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus erinnert. Die Sozialdemokraten sagen: Der Mensch ist, wie er ist; die Verhältnisse müssen so eingerichtet werden, dass die Menschen trotz ihrer Unzulänglichkeiten gut miteinander auskommen und für sich und ihre Nachkommen ein erträgliches Leben organisieren können.
Die Kommunisten sind dagegen nach dem vermeintlich durchgängigen Grundsatz „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“ davon ausgegangen, ihr Ideal so weit zu treiben, dass es letztlich nur mit einem anderen Menschen zu verwirklichen wäre. Das alles, meine Damen und Herren, geht uns als Wunschvorstellung zu weit, obwohl die einzelnen Wünsche und Forderungen wie von selbst immer wiederkehren.
Meine Damen und Herren! Die entscheidende Frage bei der Bewertung der Ergebnisse der Enquetekommission schließt sich daran an: Was ist zu tun und wer sollte etwas tun? Es ist gut, Ziele und Hoffnungen zu formulieren, aber in der Politik werden wir daran gemessen, welche Antworten wir geben und welche Vorschläge wir zur Problemlösung machen. Wünsche kann jeder äußern, Zukunftsbilder entwerfen auch; aber wir müssen versuchen, uns ihnen anzunähern. Das bedeutet, sie auf ihre Realisierbarkeit hin zu überprüfen, ehe wir diesen Versuch unternehmen. Daraufhin sind die Vorschläge kritisch abzuklopfen, um festzustellen, ob sie gehaltvoll oder ob sie hohl sind.
Zunächst muss man allerdings darauf hinweisen, dass während der dreijährigen Beratungszeit viele Forderungen zu Recht bereits in Bundes- oder Landesprogramme bzw. in europäische Programme eingeflossen sind. Dennoch sollte man sich Punkt für Punkt fragen, welche der Empfehlungen umgesetzt werden können und welche lediglich fromme Wünsche sind. Letztere sollte man davon abtrennen.
Meine Damen und Herren! Die Tätigkeit der Enquetekommission war weder der Beginn noch der Abschluss, sondern vielmehr ein wichtiger Teil der Diskussion über Zukunftsfragen. Ein Bericht löst keine Probleme, lenkt jedoch die Aufmerksamkeit darauf und schafft Ansätze für Maßnahmen zur Problemlösung. In diesem Sinne stimmen wir nicht nur zu, sondern begrüßen den Bericht ausdrücklich. Wir werden immer in einem Widerspruch stehen, weil es uns nie gelingen kann, alle widerstrebenden Interessen miteinander in Ausgleich zu bringen.
Ich möchte diese beiden Gesichtspunkte, einerseits die Warnung vor einer starken Hinwendung zu Idealen, andererseits die Begründung ihrer Notwendigkeit, abschließend durch zwei gänzlich verschiedene Zitate unterstützen. Bei Macchiavelli lesen wir:
„Zwischen dem Leben, so wie es ist, und dem Leben, so wie es sein sollte, besteht ein so großer Unterschied, dass derjenige, der nicht beachtet, was geschieht, sondern nur das, was geschehen sollte, viel eher für seinen Ruin als für seine Erhaltung sorgt.“
Das ist eine Wahrung an die Träumer. Dagegen sagt Hans Jonas:
„Der Seefahrer kommt nicht bei dem Sternbild an, nach dem er navigiert. Gleichwohl wäre seine Fahrt ohne diese Orientierung unmöglich.“
Das ist eine Ermutigung für Menschen mit Idealen.
Meine Damen und Herren! Nehmen wir den Bericht der Enquetekommission als Orientierung, die uns hilft, die beiden Forderungen - global denken und lokal handeln -, soweit es in unseren Kräften steht und unsere Kräfte es uns erlauben, in Übereinstimmung zu bringen. - Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Becker, wenn Sie einen Verdacht auf gefälschte Kriminalstatistiken hegen und sehr lange darüber nachgedacht haben,
dann müssen Sie den Verdacht schon länger haben. Wären Sie dann nicht als Staatsbürger und Abgeordneter verpflichtet gewesen, dies zu äußern und nicht erst in dieser Debatte medienwirksam vorzutragen?
Sie sagten eben, Sie hätten sehr lange darüber nachgedacht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten war nach meiner Einschätzung ein richtiges Wort zur richtigen Zeit.
Es war der gelungene Versuch einer Positionsbestimmung nach einer Legislaturperiode. Ich glaube, der Landtag von Sachsen-Anhalt hat es verdient, dass er dies am Ende von vier Jahren Regierungstätigkeit dargelegt bekommt.
Über den Inhalt kann man sich sicherlich streiten. Es ist klar, dass die Oppositionsparteien das anders sehen als die Regierungsparteien und die Regierung selbst.
Aber dass zu diesem Zeitpunkt eine Regierungserklärung abgegeben wird, dürfte auch bei Ihnen unstrittig sein, obwohl ich vorhin etwas anderes gehört habe.
Selbstverständlich wird der Kollege Böhmer pflichtgemäß dagegenhalten - das war auch so vereinbart; niemand hat etwas anderes erwartet.
Ich habe mit gewisser Zufriedenheit festgestellt, dass Herr Kollege Böhmer gesagt hat, auch die politische Situation gehöre zur Standortbestimmung. Insofern ist meine Äußerung hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts unterstützt worden. Denn hierbei geht es nicht nur um die Beschreibung des Landes und seiner Situation; vielmehr geht es auch um die Zukunftsentwürfe, die die Einzelnen anzubieten haben, um die Zukunftschancen, die das Land hat, um einen Wettbewerb, in dem wir stehen, und natürlich auch um Wahlkampf in unserem Landtag.
Wer glaubt denn etwas anderes, als dass die Zusammensetzung dieses Landtages im Ergebnis der Wahlen und auch des Wahlkampfes davor zustande gekommen ist? Wer glaubt denn etwas anderes, als dass wir uns jetzt im Wahlkampf befinden und darauf hinarbeiten, dass der nächste Landtag ebenfalls im Ergebnis der Wahlen und des Wahlkampfes zustande kommt? - Also gehört doch auch eine Auseinandersetzung im Sinne des Wahlkampfes in diesen Landtag. Und davor scheuen wir uns nicht.
Aber bei der Standortbestimmung geht es auch um die Zukunft. Die Standortbestimmung erhält überhaupt erst dadurch ihren politischen Sinn, dass wir die Frage stellen, was darauf aufgebaut werden soll, wer das tun soll und wie das erfolgen soll. Alles andere wäre eine Sache von beschreibenden Wissenschaften, aber nicht von Politik.
Meine Damen und Herren! Natürlich ist allen bewusst, dass dieses Land Probleme hat. Natürlich ist klar, dass nach acht Jahren Regierungstätigkeit die Probleme insbesondere denen angelastet werden, die die Regierung gestellt haben und stellen
und weiterhin stellen wollen. Es ist normal, dass die Regierung dafür zur Verantwortung gezogen wird; ob das gerecht oder ungerecht ist, ist eine andere Frage. Aber dass dies so ist, müssen wir anerkennen.
Es ist eben so, wie wir es regelmäßig mitbekommen: Wenn ein Unternehmen irgendwo gegründet wird, dann ist es das Verdienst der Wirtschaft. Wenn ein Unternehmen irgendwo Pleite geht oder geschlossen wird, dann ist es das Verschulden der Politik, weil sie angeblich die Rahmenbedingungen nicht geschaffen hat, die Unterstützung zu spät kam und Ähnliches.
Das gibt es auch in anderen Bereichen. Diesen Vorwürfen sehen wir uns ausgesetzt. Darüber sind wir im Grunde genommen nicht erstaunt. Das müssen wir auf
uns nehmen. Das ist der Preis für eine Regierung und für das Regieren einer Partei.
Nun haben wir die Auseinandersetzungen über die einzelnen Entwürfe. Wir haben gehört, was die Einzelnen dazu sagen. Ich habe festgestellt, dass sich die Kollegin Sitte als eine Art Ringrichterin versucht, indem sie die einen bewertet und die anderen nicht.
Wir sind dabei besser weggekommen. Ein erhebliches Wohlwollen war zu spüren. Wir haben noch ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg bekommen. Das ist alles ganz ordentlich.
Von der PDS haben wir allerdings in den letzten Monaten fast nichts gehört, sie war auffällig stumm. Das Letzte, was in die Öffentlichkeit gekommen ist, war der Vorwurf des Realitätsverlustes, der etwas missglückte Vorwurf unserem Ministerpräsidenten gegenüber. Seitdem gab es das nicht mehr und heute klang es schon ganz anders.
Ich glaube, spätestens diese Regierungserklärung hat gezeigt, dass dieser Vorwurf auch damals nicht gerechtfertigt gewesen ist.
Ich zerbreche mir aber nicht den Kopf der PDS, ob diese Stille, die sie um sich verbreitet, bedeutet, dass sie Angst vor der eigenen Courage oder Probleme mit den eigenen Leuten hat.
Das alles ist nicht mein Problem. Ich kann es hier nur feststellen.
Aber nun zu dem, was Herr Kollege Böhmer heute und in den letzten Tagen und Wochen gesagt hat. Um eines - ich glaube, das hat auch etwas mit dem Stil des Wahlkampfes zu tun - bitte ich Sie, Herr Kollege Böhmer: Den Rückgriff auf Vergleiche mit DDR-Zeiten kann ich nur schwer ertragen.
Wir alle sind uns darüber im Klaren, dass es so unterschiedliche Welten sind, damals und heute, dass man einen solchen Vergleich, der immer auf eine gewisse Gleichsetzung zielt, hier bitte nicht anbringen sollte.
Dass die Statistikämter wie der Klassenfeind betrachtet werden und ähnliche Äußerungen finde ich nicht besonders gut. Das ist etwas, was ich als Schlag unter die Gürtellinie auffasse.
Das mag nur uns treffen. Auch den Ausdruck „Sanierungskoalition“ - dieses Angebot ist nicht neu; davon haben wir schon vor etwa zwei Jahren gehört - nehme ich Ihnen übel;
nicht dass Sie eine Koalition mit uns eingehen wollen.
Ein solches Bestreben ist Ihr gutes Recht. Vielleicht kommt es auch dazu. Das ist nicht das Problem. Aber dieser Ausdruck unterstellt, dass das Land SachsenAnhalt ein Sanierungsfall, ein krankes Land sei.
Genau diese Behauptung ist falsch. Dieser Ausdruck ist für das Land genauso schlecht wie Ihre Kampagne mit den roten Laternen, die Sie gemeinsam mit der SchillPartei und der FDP führen.
Diese Kampagne und das Wort von der Sanierung dienen nicht dem Wohle des Landes Sachsen-Anhalt.
Wir dagegen fühlen uns dem Wohl des Landes Sachsen-Anhalt durch und durch verpflichtet.
- Es ist sehr sentimental, wenn Sie immer wieder auf die DDR zurückkommen.
Das Wort von der Sanierungskoalition entspricht diesem Konzept. Manche mögen das wahrscheinlich als Drohung empfinden; denn an irgendeiner Stelle würden Sie mit Ihrer Sanierung ansetzen. Und das wird, wenn es dazu käme, nicht für alle besonders lustig.
Aber die Frage, was warum saniert werden soll, haben Sie natürlich nicht beantwortet. Man kann vermuten, dass sich die CDU nach acht Jahren Oppositionsarbeit selbst sanieren will.
Meine Damen und Herren! Natürlich steht unser Land nicht so gut da, wie wir alle es wollen.
Natürlich gibt es wesentliche Kennziffern,
um die niemand herumredet. Das ist ein Problem, an dessen Lösung auch Sie mitarbeiten sollten. Dazu ist eine bessere Stimmung nötig; dagegen wirken Sie allerdings.
Meine Damen und Herren! In den Jahren 1989 und 1990 haben die Menschen in diesem Land nicht nur für Freiheit, sondern auch für Wohlstand gekämpft. Sie wollten es, um es kurz auszudrücken, so haben wie im Westen. Wenn ich einige Beiträge der CDU-Fraktion so höre, in denen Sie darauf verweisen, was in den CDU-regierten Ländern Sachsen und Thüringen passiert, dann muss man den Eindruck gewinnen, dass Sie meinen, dass es dort schon fast so wie im Westen sei, bloß weil dort die CDU regiere.
Ich möchte Ihnen drei wichtige Kennziffern nennen, die im Grunde allen bekannt sind, aber in diesem Zusammenhang oft nicht so gesehen werden,
bei denen der eigentliche Unterschied deutlich wird.
Das Bruttoinlandsprodukt ist das, was die Wirtschaftskraft eines Landes insgesamt am umfassendsten beschreibt. Ich nenne die Zahlen für das Jahr 2000 in den Flächenländern. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung schwankte in den östlichen Ländern zwischen knapp 30 000 - damals noch D-Mark - bis reichlich 31 000 DM. Das ist eine kleine Differenz. In den westlichen Flächenländern schwankte es zwischen 42 000 und 57 000 DM. - Darin liegen die tatsächlichen Unterschiede und nicht in den Stellen hinter dem Komma im Vergleich der neuen Bundesländer.
Zum gleichen Ergebnis kommt man beim verfügbaren Einkommen. Das ist das Einkommen, das die Leute tatsächlich zur Verfügung haben und wovon sie leben. Im Vergleich der einzelnen Länder im Osten beträgt es im Durchschnitt rund 25 000 bis 26 000 DM. Das sind kaum 1 000 DM Unterschied. In den westlichen Ländern sind es zwischen reichlich 29 000 und fast 34 000 DM. Wenn man alles zusammenfasst, dann ergibt sich eine Differenz von 5 000 DM, die den Menschen in den neuen Bundesländern im Jahresdurchschnitt weniger zur Verfügung stehen. - Das sind die Unterschiede und nicht die Kommastellen. Darauf möchte ich Sie aufmerksam machen.
Sie sollten nicht den Eindruck erwecken, als wären wir die einzigen Zurückgebliebenen und die anderen lebten schon wie im Westen.
Selbst bei der Arbeitslosenquote muss man diesen Vergleich heranziehen. Natürlich - das muss nicht immer wiederholt werden - sind wir in Sachsen-Anhalt schlecht dran. Im Januar schwankte die Quote in den neuen Bundesländern zwischen 17,2 % und 20,8 %. Das ist eine Differenz von 3,6 Prozentpunkten. Sicherlich wäre es gut, wenn wir am unteren Ende der Skala stehen würden, aber in den westlichen Ländern beträgt die
Schwankung zwischen 5,6 % und 10 %. Das ist eine Differenz von 4,4 Prozentpunkten.
Das sind die entscheidenden Unterschiede zwischen Ost und West. Dabei geht es eben auch um die Politik insgesamt. Dazu gehören nicht nur diese Zahlen, sondern dazu gehört auch die Entwicklung der Infrastruktur.
Wenn wir von Infrastruktur sprechen, dann darf ich vielleicht die genaue Definition nennen: Die öffentliche Infrastruktur ist das, wofür die Länder und Gemeinden finanziell zuständig sind. Ein so umfassender Begriff ist das. Dazu gehören die Kindergärten, dazu gehört die Kultur, dazu gehören die Schulen, die Hochschulen und die Straßen und so weiter und so fort.
Das alles ist Infrastruktur. Innerhalb dieser Struktur wird sich wirtschaftliche Betätigung entweder gut oder nicht so gut entwickeln. Dabei sind wir keineswegs schlecht dran. Daran sollten wir denken, auch wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung geht.
Die Wirtschaft ist keineswegs Selbstzweck. Die Wirtschaft ist für die Menschen da. Die wirtschaftlichen Daten werden in ihrer Bedeutung für die Menschen oft überschätzt. Sie sind wichtig, sie sind sehr, sehr wichtig, aber sie sind nicht allein entscheidend für das Glück der Menschen. Das Leben ist zu vielfältig, als dass man allein mit den Wirtschaftsdaten das alles erfassen kann.
Trotzdem möchte ich einige Punkte anführen - auch Daten -, aber im weiteren Sinne, im Sinne der Infrastruktur, wo Sachsen-Anhalt sehr gut dasteht. Das gehört auch zur Wahrheit, meine Damen und Herren. Daran erkennen Sie auch sozialdemokratische Politikziele. Auch wenn es immer heißt: Das hat mit Politik und mit bestimmten Richtungen nicht so viel zu tun, aber an bestimmten Daten erkennt man eben, dass die Politik in eine bestimmte Richtung geht.
Das sind dann eben auch keine roten Laternen. Unser Land hat beispielsweise die beste Kinderbetreuung. Auch wenn es großen Ärger gegeben hat, weil wir an bestimmten Stellen gekürzt haben, aber wir haben immer noch die beste Kinderbetreuung. Das ist Infrastruktur! Das ist keine rote Laterne!
Das wollen und werden wir auch so beibehalten in unserem Land. Unser Land schafft die meisten Ausbildungsplätze. Das ist statistisch belegt. Das ist auch für die wirtschaftliche Entwicklung für junge Leute entscheidend. Das soll auch so bleiben.
Unser Land hat die modernsten Hochschulen. Woanders gibt es auch moderne Hochschulen, aber in unserem Land gibt es auch moderne Hochschulen. Dafür geben wir viel Geld aus. Wie attraktiv unsere Hochschulen sind, das haben wir im vergangenen Herbst gemerkt, als trotz des Ausfalls des Abiturjahrganges die Immatrikulations
zahlen gestiegen sind, da die Studentinnen und Studenten von woanders hergekommen sind.
Das soll und wird auch Spitze bleiben!
Unser Land baut auch die meisten Straßen, was statistisch zu belegen ist. Der weitere Ausbau der A 14 wird kommen und es wird weitergehen auf diesem Gebiet.
Unser Land liegt auch bei den Investitionen vorn. Da können Sie immer noch sagen: Das hat Kohl alles gemacht. Aber Kohl ist schon eine Weile nicht mehr im Amt und es läuft trotzdem mit den Investitionen weiter. Also, wir liegen hierbei vorn. Das sind keine roten Laternen, sondern das sind wichtige Kennziffern für unser Land.
Wir sagen in der Tat: Was zählt, sind Fakten. Das sind alles Fakten!
Bei Ihrer Haltung, der Leugnung solcher Fakten, fällt mir eine Zeile aus einem Brecht-Gedicht ein: „Sie glauben nicht den Fakten, sie glauben nur sich. Im Notfall müssen die Fakten dran glauben.“
So verhalten Sie sich in all diesen Punkten, indem Sie einfach leugnen, was hier getan wird.
Noch eines, was für unsere Politik spricht: Wir stehen in Sachsen-Anhalt nicht allein. Wir arbeiten auch mit anderen Bundesländern innerhalb der SPD in Deutschland zusammen. Unser Ostparteitag in Magdeburg wird Programme vorlegen, aus denen deutlich wird, dass wir im Verbund mit anderen mehr leisten können als isolierte Parteien, die diesem Verbund nicht angehören. Wir vertreten dort ganz klare ostdeutsche Interessen, aber natürlich die Interessen unseres Landes unmittelbar.
Wir können so etwas im Bund nicht an allen, aber an sehr, sehr vielen Stellen umsetzen. Daran zeigt sich, dass sich kämpfen lohnt. Dabei muss ich nicht immer wieder auf Ammendorf zeigen, sondern dafür gibt es inzwischen auch andere Beispiele, die sich noch weiter vermehren lassen.
Wir haben eben einen besseren Zugang zum Kanzleramt. Das hat auch eine Bedeutung. Wenn ich jetzt höre, dass Herr Radunski sagt, dass Sie einen Wahlkampf aus einem Guss machen wollen, weil Sie es doch so leicht hätten, da Sie weder in Berlin noch hier regierten und Sie somit erst einmal gegen alles sein könnten - das mag so sein.
Das mag für uns in bestimmter Hinsicht schwierig sein. Aber wir regieren dort und wir regieren hier. Das schafft mit dieser Verbindung für das Land mehr als andere schaffen könnten.
Ich will noch ein paar kurze Bemerkungen zu dem machen, was Sie, Herr Kollege Böhmer, vorhin zum Vergabegesetz gesagt haben. Nur zur Erinnerung, damit
keine Irrtümer weitergetragen werden: Bei dem Vergabegesetz ist es so, dass nach wie vor Tarife gelten. Bei den Tarifen gilt das Baustellenprinzip. Dabei ist es so, dass eine Firma von uns, die in Nordrhein-Westfalen einen Auftrag erhält, dort, wo die Leute arbeiten, den Tarif zahlt, weil es dort die entsprechenden Einnahmen hat. Das gilt aber nicht für die ganze Firma und für alle anderen Baustellen. Deshalb sehe ich überhaupt nicht ein, warum man gegen dieses Vergabegesetz etwas sagen sollte.
So etwas weiß man vielleicht nur, wenn man einer Regierungspartei angehört, die auch im Bund etwas zu sagen hat.
Meine Damen und Herren! Es gibt noch viele andere Punkte, nicht nur die harten und die weichen Standortfaktoren. Es gibt auch gesellschaftliche Entwicklungen. Es gibt politische Entwicklungen in diesem Land. Dabei denke ich, dass wir sehr wohl darauf hinweisen können, dass wir gerade bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in diesem Land sowohl mit politischem Einsatz als auch mit materiellem Einsatz eine Menge getan und vielleicht auch einiges erreicht haben, obwohl diese Gefahr nicht vorbei ist.
Die rechtsextremistischen Parteien in unserem Landtag hatten wir nun vier Jahre. Sie haben offensichtliche ihre Tätigkeit - von Arbeit will ich in diesem Zusammenhang nicht reden - jetzt schon eingestellt - das zeigt jedenfalls die Tagesordnung - und das ist gut so. Die CDUFraktion wird also auch keine Gelegenheit mehr haben, ihnen über parlamentarische Hürden zu helfen, was sie immer mal wieder getan hat. Diese „Zierde des Landtages“, die uns angekündigt war, ist nun bald weg.
Es ist aber eine neue so genannte Lichtgestalt am Horizont aufgetaucht. Das ist der Herr Marseille von der Schill-Partei, die Koalitionspartner der CDU und der FDP in Hamburg ist. Da liegt es nun eindeutig auf der Hand, dass persönliche, politische und wirtschaftliche Interessen miteinander verknüpft werden. Immer dann, wenn die wirtschaftlichen Interessen besonders gefördert werden sollen, wird er politisch tätig. Das haben wir in Halle erlebt, als der Prozess gegen die Stadt angestrengt wurde, den er zum Glück verloren hat, und das erleben wir jetzt im Lande, wo zahlreiche Prozesse gegen das Land geführt werden. Wir werden jedenfalls alles daransetzen, ihn nicht an die Sozialkassen des Landes zu lassen.
Was die CDU und auch Sie, Herr Kollege Böhmer, dazu sagen - auch Herr Radunski kürzlich -, das ist so etwas von windelweich: „vom Wahlergebnis abhängig machen“. - Wenn die nicht in den Landtag kommen, ist die Frage erledigt, dann brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Das klingt doch aber offenbar danach, wenn die denn im Landtag so vertreten wären, dass sie zusammen mit Ihnen wie in Hamburg koalieren könnten,
dass Sie es dann natürlich machen würden. Wie soll ich denn sonst diese ausweichende Haltung deuten?
Genauso ist es natürlich mit der FDP, die genau das Gleiche anstrebt. Wie sollte das auch sonst sein? Zur FDP kann ich Ihnen nur eines sagen: Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte die Spitzenkandidatin ein bisschen mit dem Wort „drollig“ belegt, was ich sehr gut nachempfinden kann.
Wer um 5 % kämpft und dennoch Ministerpräsidentin werden will, muss sich eine solche Bezeichnung wohl gefallen lassen. Alle Vorschläge und Wünsche, die wir von dort gehört und gelesen haben, haben x andere auch schon zu anderen Zeitpunkten aufgezählt. Die Frage, Herr Kollege Böhmer, was und vor allem mit wem Sie in diesem Lande etwas ändern wollen, bleibt also offen.
Sie haben gesagt: „Wir werden die Alternativen noch aufzeigen.“ - Darauf sind alle gespannt. Sie haben gesagt: „Wir stehen dafür, dass sich im Land endlich etwas verändert.“ - Hat sich denn nichts verändert, hat sich in diesem Land in den letzten zehn bis zwölf Jahren nicht ganz viel verändert, und zwar zum Guten?
Da muss doch jemand mit den Augen nach hinten durch das Land laufen, wenn er das nicht sieht. - Oder Sie meinen die CDU selbst. Das müssen Sie dann aber mit sich ausmachen.
Ich las kürzlich - mit einer verblüffenden Ehrlichkeit haben Sie das dargelegt - zwei Sätze von Ihnen. Sie haben gesagt: „Was wir machen können, wird weniger sein, als wir gern machen möchten.“ - Das sagen wir auch immer. Dann haben Sie noch gesagt: „Einiges ist natürlich auch geschehen, aber die Regierung ist eben zu wenig wirksam geworden.“ - Ich will nur einmal wissen, warum denn ein Wechsel zu Ihnen geschehen soll, wenn Sie doch nicht mehr erreichen können und wollen, bis auf die Ankündigung, dass sich vieles verändern soll.
Nun zu der Frage, mit wem Sie denn das alles schaffen wollen. - Sie haben eingeflogene Wahlkampfhelfer. Da fallen mir die drei Namen der Personen ein, die sich hervorgetan haben. Herr Radunski ist der eine. Den Namen Radunski kenne ich schon. Das ist ein alter Fuchs und Politstratege. Ich kenne noch seine Papiere aus den frühen 90er-Jahren. Der hat aber auch dem Herrn Steffel in Berlin nicht geholfen. Dort ist die CDU von 40 auf reichlich 20 % abgestürzt, und er war einer der Wahlkampfberater.
Sie scheinen mit seinem Wahlkampfstil wohl nicht ganz in Übereinstimmung zu sein; denn kürzlich las ich von ihm: „Kassandra wählt man nicht.“ - Das heißt, man wählt eigentlich nicht die Leute, die alles schlechtmachen und die alles miesreden, sondern man wählt eigentlich die Leute, die etwas Gutes verheißen.
- Herr Radunski hat offenbar auf die Katastrophe der CDU in Berlin hingewiesen.
Jedenfalls fügt sich dieses Konzept, das Sie von ihm geraten bekommen haben, nicht in Ihre Grundeinstellung.
Der Herr Ludewig. - Das hat eine gewisse Nostalgie; er saß ja mal im Kanzleramt, aber da ist er nun nicht mehr und kann von dort auch nichts mehr machen. Das zeigt natürlich auch, dass Sie keine eigene Kompetenz im Land auftreiben konnten. Ich habe in der „Süddeutschen Zeitung“ kürzlich gelesen, dass Sie schon vor zwei Jahren gesagt haben, es findet sich leider niemand und dieses Problem sei für sie nicht lösbar gewesen.
Schließlich ihr dritter mir bekannter prominenter Wahlhelfer, der Roland Berger. Also, zu dieser Frage, wie viele Unternehmer Herr Höppner kennt, würde ich sagen: Entweder hat Herr Berger Sachsen mit SachsenAnhalt verwechselt, wenn er Biedenkopf ins Gespräch bringt, oder er hat Herrn Böhmer mit Biedenkopf verwechselt. Irgendetwas ist doch daran faul. Sonst wären Sie doch sicherlich aufgesprungen und hätten ehrlich gesagt: Ich kenne noch weniger Unternehmer als Herr Höppner. Das hätten Sie ja nun wirklich sagen müssen.
Jedenfalls ist dieser Berater, der entweder die Personen oder die Länder verwechselt, nach allem was auch sonst in den vergangenen Jahren in diesem Land gewesen ist, nicht so toll. Es ist sehr aufschlussreich, was Sie an Kompetenz in das Land holen.
- Sicher, sicher, wer könnte das nicht mit Stolz von sich sagen?
Aber bleiben wir doch im Land: Mit wem wollen Sie denn diese Veränderungen erreichen? Gehen wir einmal der Reihe nach durch. Fangen wir einmal im Innenbereich an. Wer von Ihnen soll denn die Kriminalität mehr senken, als es bisher bei uns geschehen ist? Wer von Ihnen soll denn die Verwaltungs- und die Gebietsreform durchführen, wo Sie doch bisher noch nicht einmal wollen, dass das geschieht, und noch gar kein eigenes Konzept haben?
Wie ist es denn im Kultusbereich? - Sie haben in der Diskussion kürzlich sogar auf Herrn Bergner zurückgreifen müssen, der bekanntermaßen nicht in der Landespolitik bleiben will, sondern in den Bund geht, weil Sie sonst niemanden für eine mögliche Regierung zur Verfügung haben.
Noch schlimmer ist es im Wirtschaftsbereich. Dort haben Sie doch auch niemanden gefunden und mussten auf Herrn Ludewig zurückgreifen, damit Sie jemanden ha
ben, der auch nur annähernd unserer Wirtschaftsministerin das Wasser reichen kann.
Wo sind denn die wirtschaftspolitischen Sprecher und Koryphäen? - Nichts von all dem haben wir gesehen.
Bei den Finanzen wollen Sie jemanden finden, der vor dem Jahr 2006 die Nettoneuverschuldung gegen null bringt, wollen Sie jemanden finden, der die finanziellen Rahmenbedingungen, die ausgehandelt wurden und die weiter gelten müssen, besser absteckt als der jetzige Finanzminister.
Bei der Landwirtschaft ist es das Gleiche. Ländlicher Raum, Landwirtschaft und Umwelt - das wird wohl nicht gelingen, dass Sie jemand Besseren finden.
Beim Verkehr und dem Straßen- und Wohnungsbau wollen Sie jemanden finden, der vielleicht drei internationale Bauausstellungen organisiert, wollen Sie jemanden finden, der den Stadtumbau Ost neu erfindet und das überbieten will, was jetzt da ist.
Sie würden doch in all diesen Fällen auf das Niveau der frühen 90er-Jahre zurückgehen. - Das wollen wir jedenfalls nicht.
Allenfalls - aber das nur aus einem ganz besonderen Grund - würden Sie für den Sozialbereich vermutlich jemanden finden, nämlich jemanden, der sich nicht dagegen wehrt, dass der zweite Arbeitsmarkt gekürzt wird, der sich nicht dagegen wehrt, dass die Sozialstandards gesenkt werden, und all diese Dinge nicht aufrechterhält und verteidigt, die wir für die Entwicklung dieses Landes und für das Wohlbefinden der Menschen in diesem Land für wichtig halten.
Meine Damen und Herren! Diese Debatte erfolgt zum richtigen Zeitpunkt - das sagte ich eingangs schon -, weil das die Zeit ist, wo auch Wahlauseinandersetzungen stattfinden. Diesen Auseinandersetzungen stellen wir uns. Wir sehen das Land und die Chancen des Landes positiv. Wir gehören zu den vielen in unserem Land - da sind wir keineswegs allein -, die den Menschen Hoffnung geben wollen.
Wer alles schlechtredet, nimmt den Menschen die Hoffnung, verbreitet Hoffnungslosigkeit. Das ist nicht nur schlecht für die Menschen, sondern auch für die Wirtschaft. Selbst wer das Land nur aus der Perspektive der Wirtschaft sieht, muss an dieser Stelle sagen, dass das nicht gut ist.
Wir wollen nicht zurück zu den frühen 90er-Jahren. Wir halten diese Auseinandersetzungen für wichtig und bedeutsam, ebenso die Entscheidungen, die daraus folgen werden, weil die Politik wieder an Ansehen gewonnen hat. Das Gerede vom Ende der Politik ist vorüber. Das gilt sowohl in der ganzen Welt als auch bei uns nicht mehr. Das gilt nicht mehr im Hinblick auf die Globalisierung,
es gilt nicht mehr im Hinblick auf den Terrorismus, auf die innere Sicherheit und auch nicht mehr hinsichtlich der Wirtschaft. Die Politik gewinnt auch in den Augen der Menschen wieder an Bedeutung. Wir wollen dieser Bedeutung der Politik gerecht werden, wir stellen uns dieser Auseinandersetzung und freuen uns auf weitere Auseinandersetzungen im Wahlkampf. - Danke schön.
Herr Kollege Schomburg, Sie haben sich auch zu dem heiklen Thema Denkmalschutzgesetz geäußert. Das war in den vergangenen Jahren immer wieder umstritten. Wir haben vorhin von Herrn Gebhardt gehört, dass er sich ganz klar für die Beibehaltung der jetzigen gesetzlichen Regelungen eingesetzt hat. Sie sagten, Sie persönlich seien auch dieser Meinung. Aus Ihrer Fraktion haben wir - was hinlänglich bekannt ist - in den vergangenen Jahren andere Meinungen gehört. Haben Sie in diesem Punkt nur für sich persönlich oder auch für Ihre Fraktion gesprochen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde die Zeit wieder aufholen, weil ich die volle Redezeit nicht brauchen werde.
Der Antrag der FDVP-Fraktion ist, wie nicht anders zu erwarten war, eine wirre Sammlung von ausländerfeindlichen Allgemeinplätzen und uralten Forderungen.
Sie verdienen es nicht, dass wir uns im Einzelnen damit auseinander setzen. Es ist beispielsweise überhaupt nicht nachzuvollziehen, was unter verfassungsrechtlich zulässigen Rechtsbehelfen - wie es im ersten Absatz geschrieben steht - zu verstehen ist und worum es sich dabei handeln könnte.
Anders als im ersten Absatz behauptet wird, steht fest, dass der Bund nicht vorhat, eine real unkontrollierte Zuwanderung nach Deutschland zu ermöglichen. Ihre Behauptung ist also falsch. Vielmehr ist richtig, dass der vom Bundesinnenminister Otto Schily vorgelegte und vom Bundeskabinett am 7. November dieses Jahres beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Zuwanderungsgesetz auf eine Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung abzielt. Sachsen-Anhalt wird den Gesetzentwurf im Bundesrat unterstützen, um das klarzustellen.
Festzustellen ist bei diesem Thema außerdem, dass Deutschland faktisch seit langem ein Einwanderungsland ist. Selbst die CDU/CSU hat sich dieser Auffassung inzwischen angeschlossen. Sie sagt zwar immer noch, Deutschland sei kein klassisches Einwanderungsland, weil wir eben nicht Australien oder Kanada sind,
aber dennoch sind wir ein Einwanderungsland.
Außerdem ist längst klar, dass gesteuerte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften, die trotz aller Bemühungen im Lande nicht verfügbar sind, inländische Beschäftigte und Arbeitsuchende nicht verdrängt.
Richtig ist, dass eine vorausschauende Zuwanderungspolitik auf die Integrationsbereitschaft aller Beteiligten angewiesen ist. Gelungene Integration erhöht die Akzeptanz von Zuwanderung. Es gilt daher auch in Sachsen-Anhalt, Integration zu fördern und Diskriminierung zu überwinden.
Die FDVP-Fraktion leistet dazu nicht nur keinen Beitrag, sondern einen schlechten Beitrag. Die notwendigen Gesetzesänderungen zu alldem sind von der Bundesregierung bereits auf den Weg gebracht worden. Wir brauchen nichts Weiteres zu tun. Den Antrag lehnen wir selbstverständlich ab. Wenn die CDU-Fraktion das Thema wirklich hier hätte vorbringen wollen, dann hätte sie einen eigenen Antrag bringen können.
Wenn sie sich in diesem Punkt als Anhängsel der FDVPFraktion versteht, dann lehnen wir das gleichermaßen ab. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Kollege Böhmer: Wenn Sie zusammenfassend feststellen, dass Sie in diesem Haushalt das Ende der Gestaltungsfähigkeit in diesem Land erkennen, aber nicht erklären, was Sie anders machen könnten und welche Wege Sie vorschlagen,
dann wäre es vielleicht dennoch interessant, wenn Sie uns erklären könnten, warum Sie, wenn doch nichts mehr zu gestalten ist und Ihnen doch nichts dazu einfällt, selbst an die Gestaltung heranwollen.
Aber es ist ja noch etwas Zeit. Vielleicht fällt Ihnen das bis zum 21. April 2002 noch ein.
Nun zu unserem Haushalt. In keinem Jahr zuvor
ist während der laufenden Haushaltsberatungen im Landtag durch die aktuelle Steuerschätzung eine so drastische Verminderung der Einnahmen wie in diesem Jahr prognostiziert worden. Dieser Verlust, den niemand von uns beeinflussen konnte und kann, erreichte uns nach der Vorlage eines Haushaltsplanentwurfs, in dem wir bekanntermaßen ohnehin nur minimale Spielräume hatten.
Dennoch ist es gelungen, heute dem Landtag einen Haushaltsplan zur Verabschiedung vorzulegen, der nach wie vor die entscheidenden politischen Botschaften trägt und der nach wie vor eine sichere und kontinuierliche Entwicklung unseres Landes gewährleistet.
Wir haben unsere Ziele nicht aufgegeben. Wir gehen realistisch in die Zukunft. Wirtschaft und Arbeitsmarkt sind gesichert. Für Bildung, insbesondere für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung, wird unverändert erheblich mehr Geld ausgegeben als in den vergangenen Jahren.
- Herr Kollege Bergner, ich kenne die Verhältnisse dort ganz genau. Die Aussage, dass mehr Geld ausgegeben wird, kann auch von Studenten nicht vom Tisch gewischt werden.
Die Zusatzaufgaben für die innere Sicherheit, für mehr Ausstattung und Überstunden, werden aufgefangen und trotz aller Schwierigkeiten wird die Neuverschuldung erheblich reduziert. Das alles ist das Ergebnis einer konstruktiven Diskussion in einem schwierigen Umfeld.
Wir haben den Zeitplan eingehalten und die Eckdaten des Haushaltes streng beachtet. Wir wissen, dass manche Entscheidungen, auf die wir uns verständigt haben, dass manche Beschlüsse, die wir heute fassen werden, all denjenigen gegenüber schwer zu vertreten sind, die mit überwiegend guten Gründen mehr Geld fordern, weil sie mehr brauchen.