Verehrter Herr Kollege, ich bin durchaus bereit, Ihnen bei Erkenntnisgewinn den einen oder anderen Lorbeer zu gewähren. Lob sollte jedoch, denke ich, in homöopathischen Dosen verteilt werden.
Meine Frage lautet: Können Sie sich erinnern, ob es in der bereits angesprochenen qualifizierten Aussprache, der Anhörung im Innenausschuss, jemanden gab, der trotz des Sprichworts „In der Kürze liegt die Würze“ dem CDU-Gesetzentwurf seine Zustimmung gegeben oder sein Lob ausgesprochen hat?
Aber ich denke, Frau Kollegin Bull, ich habe hierbei nicht aus einem luftleeren Raum heraus entsprechend zitiert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schulze, ich hatte bei Ihrer Rede den Eindruck, der Wahlkampf lässt grüßen.
Eine jahrzehntlange Forderung nach mehr Schutz für Opfer häuslicher Gewalt wurde erhört und endlich in einen gesetzlichen Rahmen, in das Gewaltschutzgesetz, gegossen. Es ist nunmehr gesetzlich geregelt, dass der Täter geht und das Opfer in seinem häuslichen Bereich verbleiben kann. Mittels Eilantrag kann der Betroffene
vor Gericht durchsetzen, dass ihm die gemeinsame Wohnung überlassen wird, was insbesondere wichtig ist, wenn das Wohl der Kinder gefährdet ist.
Das heißt, dass bereits dann gehandelt werden muss, wenn massive Bedrohungen vorliegen, und nicht erst, wenn der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Auch bei Telefonterror und dem Nachstellen, dem so genannten Stalking, kann ein Zivilgericht dem Verfolger untersagen, sich in einem bestimmten Umkreis um Wohnung und Arbeitsstelle des Opfers aufzuhalten, wenn das Opfer dem Betreffenden ausdrücklich erklärt hat, dass es keinen Kontakt will.
Gerade diese Art von psychischer Gewalt führt bei Opfern nicht selten zu massiven gesundheitlichen Schäden bis hin zu Selbstmordgedanken, weil sie nicht mehr wissen, wie sie diesen permanenten Nachstellungen und Belästigungen entkommen können.
Nun gibt es die Meinung, dass die Gewalt zwischen Männern und Frauen gleich verteilt sei. Auf welchen statistischen und wissenschaftlichen Erhebungen diese Behauptungen basieren, kann ich nicht sagen. Demgegenüber gibt es seriöse wissenschaftliche Erkenntnisse, die eindeutig belegen, dass Frauen und Kinder noch immer um ein Vielfaches häufiger Opfer von häuslicher Gewalt sind.
Nun zum besagten Professor Bock, der heute bereits zitiert wurde. Es ist schon mehr als makaber, wenn dieser besagte Herr Professor in einem Gutachten zum Gewaltschutzgesetz Folgendes feststellt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:
„Männer fürchten den Verlust einer achtbaren männlichen Identität vor sich selbst und ihren Bezugspersonen.“
„Für Frauen hingegen gibt es eine sozial anerkannte Opferrolle. Durch das Outing können sie ihre materielle, psychische, soziale und rechtliche Lage verbessern. Und deshalb wählen sie den Weg in die Öffentlichkeit, zu den Experten und zu den Gerichten.“
Sarkastisch gesprochen bedeutet dies: Wohl den Frauen, die öfter mal verprügelt werden. Sie haben schließlich nur Vorteile davon. - Oder wie soll man dieses Zitat verstehen?
Es ist für mich unverständlich, warum gerade bei diesen Fragen diese Polarisierung erfolgt. Gewalt empfindet jeder gleich schlimm, ob Frau, Mann oder Kind. Wenn man sich darauf verständigen kann und eine Einigung darüber erzielt wird, wäre dies ein ungeheurer Gewinn und die Chance, mit dem Gewaltschutzgesetz die Gewalt im häuslichen Bereich gravierend einzudämmen.
Ausgangspunkt für Gewalt in Familie und Partnerschaft sind oftmals Konflikte, von denen einer der Beteiligten glaubt, diese nur mit Gewalt lösen zu können. Das bedeutet aber auch, dass insbesondere der Prävention ein hoher Stellenwert beigemessen werden muss. Das heißt, es ist eine Bildungsoffensive notwendig, um Gewalt auch als Gewalt zu entlarven und die Spirale der Gewalt zu durchbrechen. Kinder lernen Gewalt von Eltern, erfahren selbst Gewalt und üben dann oft selbst Gewalt aus. Eltern, Erzieherinnern und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer müssen hierbei zusammenwirken. Dabei kommt der Schule eine große Bedeutung zu.
Eine Reihe von Initiativen und Modellprojekten an Schulen in Sachsen-Anhalt ist ein erster wichtiger Schritt, ebenso wie das Programm der Landesregierung zur Bekämpfung häuslicher Gewalt. Die Einrichtung von Interventionsstellen und von Beratungsstellen, die Weiterbildung bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten bietet zusammen mit dem Gewaltschutzgesetz eine gute Grundlage.
Da dies alles bei dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion unberücksichtigt blieb und da darin nur auf eine Veränderung des SOG abgezielt wurde, werden wir der Beschlussempfehlung des Innenausschusses folgen und den Gesetzentwurf ablehnen. Das geschieht nicht aus politischem Kalkül, sondern vielmehr aus Sachgründen, da dieses Gesetz viel zu kurz greift. Änderungsanträge hätten dieses Gesetz nicht verbessert.
Eine Änderung des SOG wird - das wird in der Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses deutlich - in der nächsten Legislaturperiode notwendig werden, um gesetzliche Unklarheiten zu beseitigen entsprechend den strengen gesetzlichen Anforderungen im Hinblick auf Grundrechtseingriffe sowie aufgrund der bisherigen restriktiven polizeilichen Handlungspraxis bei der Anwendung des Platzverweises und der Gewahrsamnahme.
Eine wichtige Forderung unserer Fraktion muss noch bundesgesetzlich geregelt werden. Zum Schutz von Ausländerinnen vor Gewalt müssen Regelungen erarbeitet werden, nach denen Frauen ausländischer Herkunft bei ihrer Eheschließung sofort ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten, um dann für sich den zivilrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen zu können.
Vertreter und Vertreterinnen unserer Fraktion waren zu einem Besuch in Österreich, um sich vor Ort über die ersten Erfahrungen, die dort mit dem Gewaltschutzgesetz gesammelt wurden, unterrichten zu lassen. Erstaunlich für uns war festzustellen, dass uns sowohl in den Interventionsstellen als auch in den Frauenhäusern erklärt wurde, dass diese beiden Stellen gleichberechtigt nebeneinander existieren müssen, weil es immer Frauen geben wird, die den Weg der Wegweisung nicht beschreiten werden und die nach einer Gewalterfahrung nach wie vor in ein Frauenhaus fliehen werden.
Erstaunlich war auch, dass die ersten Erfahrungen mit dem Gewaltschutzgesetz in Österreich zeigten, dass einmal aus der Wohnung gewiesene Ehemänner, die gegenüber den Frauen gewalttätig geworden waren, nicht wieder rückfällig geworden sind. Die Scham, in der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden, war für diese Männer so groß, dass sie nicht ein zweites Mal gewalttätig geworden sind.
Ich hoffe, dass die Erfahrungen, die dort gesammelt worden sind, auch auf Sachsen-Anhalt übertragbar sind. Sachsen-Anhalt ist auf einem guten Weg, um die Gewaltspirale im häuslichen Bereich zu durchbrechen. Deshalb werden wir der Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses unsere Zustimmung geben. - Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist zunächst über die Drs. 3/5295 abzustimmen. Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag, den Gesetzentwurf
in der Dr. 3/4529 abzulehnen. Wer folgt der Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen und zahlreichen Gegenstimmen ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.
Ich lasse jetzt über die Drs. 3/5297 abstimmen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses besteht aus fünf Punkten. Eine getrennte Abstimmung wurde nicht verlangt. Demnach lasse ich hierüber insgesamt abstimmen. Wer stimmt der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Bei einer Enthaltung und zahlreichen Gegenstimmen ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.
Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 9 ist erledigt. Ich entlasse Sie in die Mittagspause bis 13.45 Uhr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus Überlieferungen ist bekannt, dass Schopenhauer in Jena teilweise vor vier Zuhörern gesprochen hat. Wenn ich das vergleiche, dann sind wir hier reichlich besetzt und ich habe eine gute Zuhörerschaft.
Meine Damen und Herren! Ich will vorausschicken, dass dies kein spektakulärer Antrag ist. Herr Finanzminister, weder der Name des Bundesfinanzministers noch seine Mentalitätslage werden in dieser Rede und in dem Antrag eine Rolle spielen.
Wir haben gestern in der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten gehört, dass die Landesregierung in dieser Frage aktiv ist. Unser Antrag zielt darauf ab, diese Aktivitäten auszudehnen, Partner zu suchen und Partner zu finden, um mit ihnen gemeinsam weiterhin zu handeln. Eine Positionsübereinstimmung mit der SPD-Fraktion und der Landesregierung kann daher weitgehend vorausgesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Zur Sachlage. Um das internationale Bankensystem vor Verlustgeschäften in Größenordnungen zu schützen und die Stabilität des internationalen Währungssystems zu gewährleisten, sind internationale Übereinkünfte und Regelungen zu den Konditionen der Kreditvergabe unumgänglich. Ich will hier feststellen, dass das auch im Interesse unserer Bürger liegt und im Grunde unumstritten ist.
Im Basel-I-Vertrag von 1988 war geregelt, dass das Kreditvolumen jedes Kreditinstitutes mit 8 % Eigenkapital bezogen auf dieses Volumen untersetzt sein musste. Nach der Übereinkunft im Basel-II-Vertrag, die ab 2005 oder wahrscheinlich erst ab dem Jahre 2006 gelten wird, soll das Kreditrisiko stärker auf die Kreditnehmer verlagert werden.
Vorgesehen ist, dass nach einem international üblichen Bewertungsverfahren - auch Rating genannt - die Bonität der Kreditnehmer quantifiziert wird. Bei geringer Sicherheit - das ist alles in der Begründung ausführlich dargestellt - sind die Kreditkosten, also die Zinszahlungen, höher als bei besserer Bonität.
Kleine und mittelständische Unternehmen, insbesondere jene in Ostdeutschland, müssten dann mit höheren Kapitalkosten rechnen. Sie können in der Regel nur vergleichsweise geringe Sicherheiten wie die Eigenkapitalquote, die Liquidität, den Auftragsbestand usw. vorweisen. Erschwerend kommt hinzu, dass mittelständische Unternehmen in Ostdeutschland mit etwa 65 % einen größeren Kreditanteil am Gesamtkapital haben als westdeutsche Unternehmen, bei denen der Kreditanteil zwischen 35 und 40 % liegt.
Nun ergibt sich diese fatale Kombination: höherer Fremdkapitalbedarf auf der einen und zugleich höhere Kapitalkosten auf der anderen Seite. Beides zusammen ergibt tatsächlich eine fatale Situation für den ostdeutschen Mittelstand, ich möchte sogar sagen, eine katastrophale Situation.
In der Begründung zu unserem Antrag sind auch Reaktionen aus Politik und Wirtschaft auf den derzeitigen Verhandlungsstand von Basel II dargestellt. Gemäß einer Pressemitteilung vom 1. Februar 2002 hat Ministerpräsident Dr. Höppner inzwischen mit der Generalsekretärin des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht ein Gespräch geführt.
Vorläufige Ergebnisse dieses Gesprächs sind auch bekannt geworden, wie zum Beispiel die Ausdehnung der Wirkungsanalyse von Basel II auf strukturschwächere Regionen in der EU - also auch auf Ostdeutschland sowie risikomindernde Erweiterungen der Kreditsicherung. Auf dem Gebiet der Eigenkapitalunterlegungssätze für Unternehmenskredite sollen inzwischen auch Fortschritte erreicht worden sein.
Des Weiteren fand am 20. Dezember 2001 - auch darauf wurde heute schon in einem anderen Zusammenhang hingewiesen - bei einem Zusammentreffen der Regierungschefs der Länder eine Beratung zu dem Thema das habe ich der Tagesordnung entnommen - „Auswirkungen von Basel II auf die mittelständische Wirtschaft“ statt. Sachsen-Anhalt war Berichterstatter zu diesem Thema. Ich habe bisher nicht recherchiert, was dort berichtet und worüber beraten wurde; es könnte jedoch dem Anliegen dieses Antrages sehr entgegenkommen.