Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

„Die Träger werfen das Schaf hin und knien sich darauf, um es festzuhalten. Ein Dritter kommt hinzu, damit es sich bestimmt nicht rührt. Ein berühmter muslimischer Metzger tritt einen Schritt nach vorn und bückt sich. Er fasst dem Schaf unter das Kinn und biegt und dreht seinen Kopf nach hinten, bis die Ohren den Rücken berühren. Der Muslim sieht die Halsschlagader aufgeregt zucken. Die Stelle ist nicht zu verfehlen.

Stümperhaft setzt er das Messer an. Es ist dreimal so lang wie der Hals des Tieres. Mit einem schrecklichen Schnitt bringt er die hervorquellende Halsschlagader zum Platzen. Das Blut spritzt an die Wand. Aber das meiste Blut sickert in das Fell des Schafes. Die Füße des Schlachters stecken in schmuddeligen Gummistiefeln. Mit dem linken Stiefel tritt er auf den Kopf des Tieres, damit er nicht hin und her schlägt. Dann hört man nur noch das Röcheln des Schafes, ungefähr zwei bis vier Minuten. Das Schaf erstickt. Langsam fließt ihm das Blut in die Luftröhre. Bevor das Tier im Todeskampf zu den anderen Tieren in die Ecke geworfen wird, bekommt es noch ein Schild um dem Hinterlauf.“

So geschehen auf einem Hof im Spreewald, meine Damen und Herren, und dargestellt in der „Welt am Sonntag“ vom 24. Februar 2002.

Meine Damen und Herren! Es ging nicht um Religionsausübung und Opferbereitschaft, sondern um Fließbandarbeit, um Geld in die Taschen zu bekommen. Ein junger und nicht ausgebildeter Muslim schächtete an einem Freitag für mehr als 50 Familien.

Eine Ausnahmegenehmigung - klar, die habe er. Ausgebildet sei er auch; denn er brauche nur ein Messer zum Schneiden und zum Stechen. Deutsches Recht - er sei Muslim und Türke.

Kühe würde er auch schächten. Das sei nichts besonderes. Die Methode unterscheide sich kaum vom Schächten von Schafen. Allerdings werden die Rinder bei vollem Bewusstsein an den Hinterläufen aufgehängt, sodass das ganze Körpergewicht nach unten zieht. Dass die Muskeln dabei um ein Vielfaches überdehnt werden, sei nicht weiter schlimm. Das Tier erleide zwar dabei unglaubliche Schmerzen und eine unglaublich schreckliche Tortur. Das sei aber auch nicht so schlimm; denn beim Rindvieh sei alles nach zehn bis 15 Minuten vorbei. Der Tod würde deshalb so schnell eintreten, weil die Zunge des Rindes herausgezogen werde und bei straffem Hals besser geschnitten werden könne. Nur müssten die Messer dann eben scharf sein.

Man sei auch human; denn bei Rindern würde man neben dem Durchschneiden des Halses auch versuchen, das Herz mit einem Messer zu treffen, sozusagen eine konzertierte Aktion ablaufen lassen.

Skrupel habe er keine; schließlich würden auch Juden schächten. Das Tier blute nur vollständig aus und solle den Gläubigen den Genuss von unblutigem Fleisch ermöglichen. Nach dem Koran sei der Verzehr von Verendetem, von Blut und allem, worüber ein anderer als der Name Allahs angerufen wurde, sogar verboten.

Die Betäubung von Tieren vor der Schlachtung widerspreche der islamischen Norm; denn bei der Schächtung müsse auch durch das Tier die Gebetsrichtung nach Mekka eingenommen und ein Gebet über dem Tier gesprochen werden, in dem der Name Gottes des Barmherzigen angerufen wird.

Zwar quäle der schmerzhafte Schächtschnitt und das bewusste Miterleben des Blutentzuges die Tiere fürchterlich; das müsse man aber hinnehmen, weil Allah den Tieren beistehe. Deutsche Befindlichkeiten würden hierbei nicht interessieren; denn man sei Muslim und nicht Christ.

Überraschend ist in diesem Zusammenhang die Selbstverständlichkeit, mit der sich die deutschen Staatsbürger dem Anliegen von Muslimen annehmen sollen. Nicht die Gäste sollen sich den Gepflogenheiten des Gastgebers unterstellen, sondern umgekehrt. Und die herrschende Politik tut nichts, um hierbei endlich die Umkehr herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Das „Kulturgut“ des Schächtens ist nach überwiegender Auffassung der deutschen Bevölkerung nicht erstrebenswert, sodass man es im Kulturerbe der Nation nicht verankern sollte. Der Gesetzgeber hat alles unterlassen, um der Kreatur ein Mindestmaß an Würde und Schutz zukommen zu lassen. Beim Schächten, meine Damen und Herren, haben Tiere keine Lobby.

Anders dagegen das Grüne in der freien Natur. Jeder Baum wird von den Kommunen durch eine Baumschutzsatzung geschützt. Das Fällen von Bäumen ohne behördliche Genehmigung ist unmöglich. Es werden Buß

gelder in beträchtlicher Höhe verhängt, wenn ein Baum ohne behördliche Erlaubnis abgesägt wurde. Mit Verbitterung kann man nur konstatieren, dass das Fällen von Bäumen schmerzlos erfolgt.

Bei Tieren ist das anders. Ihnen wird nur der Hals durchgeschnitten, die Luftröhre zerrissen, und sie verrecken qualvoll bei lebendigem Leib. Es handelt sich hierbei um eine sonderbare Art, meine Damen und Herren, von ethischem Tierschutz, der nach den einschlägigen Kommentaren zum Tierschutzgesetz geltendes Recht sein soll.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, meine Damen und Herren, zur Zulässigkeit des Schächtens ist nicht zu beanstanden - rein rechtlich. In Anlehnung an die Normen des Tierschutzgesetzes konnte die ausgesprochene Rechtsfolge auch nur zwingend sein. Wenn die zuständigen Behörden in der Vergangenheit restriktiv Erlaubnisse zum Schächten erteilten, so geschah dies in Übereinstimmung mit einer ethischen Grundorientierung der Bevölkerung. Die Restriktionen gingen aber an der Norm vorbei; denn nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes bedarf es keiner Betäubung für das Schlachten von warmblütigen Tieren, wenn die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung, nämlich das Schächten, erteilt hat. Die Religionsausübung ist nach geltendem deutschen Recht ein solcher Grund.

Damit ergibt sich für den Regelfall, dass die Ausnahmegenehmigungen zu erteilen sind. Der Ausnahmefall ist nunmehr der, dass Ausnahmegenehmigungen verweigert werden können, aber eben nur im Ausnahmefall. Sie werden dann eben eingeklagt.

Auch die Strafvorschrift zur Tierquälerei läuft praktisch leer, meine Damen und Herren; denn Schächten ist nach geltender Rechtslage ein vernünftiger Grund zur Tötung eines Wirbeltieres.

Abhilfe ist nur dadurch möglich, dass der Tierschutz endlich und ohne Verzögerung ähnlich wie der Umweltschutz in das Grundgesetz aufgenommen wird. Das Thema des Schächtens wäre durch das Bundesverfassungsgericht anders diskutiert worden, wenn der Tierschutz ebenso wie das Recht auf Religionsfreiheit im Grundgesetz festgeschrieben worden wäre - eine Forderung der Tierschutzverbände seit vielen Jahren.

Meine Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, dass sich nunmehr der Kanzlerkandidat der CDU/CSU genau dieser Problematik annimmt und den Tierschutz immerhin als Staatsziel im Grundgesetz verankert sehen will. Das ist zu begrüßen. Aber es ist zu wenig.

Wir von der FDVP-Fraktion fordern daher: Weg mit dem bestialischen Schächten und weg mit den unbarmherzigen Tiertransporten. Im ersten Fall werden die Mitgeschöpfe bestialisch gekillt; im zweiten Fall brechen sie sich auf Tiertransporten die Knochen, weil sie in den Lastkraftwagen übereinander gestapelt werden. Jeder hat schon Berichte über die elenden Transporte durch Europa gesehen, bei denen die Tiere verdursten, erdrückt werden oder sich gegenseitig erdrücken. Diese Zustände sind unhaltbar und zu ändern. Die Verrohung kann nicht mehr hingenommen werden. Religion darf kein Schutzschild für Grausamkeiten sein.

Meine Damen und Herren! Der Reichsgesetzgeber war mit seiner Viehmengenverordnung vom 27. März 1899 bereits weiter und humaner als die ach so aufgeklärte

Fortschrittsgesellschaft des 21. Jahrhunderts. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Die Debatte wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Herrn Rothe fortgesetzt. Bitte, Herr Rothe. Es folgt dann der Beitrag des Abgeordneten Herrn Gärtner für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem ernsten Thema wird sich der Herr Minister noch äußern.

(Minister Herr Keller schüttelt den Kopf)

- Das hat er nicht vor. Dann bin ich falsch informiert worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit Urteil vom 15. Januar 2002 mit dem Fall eines nichtdeutschen gläubigen muslimischen Metzgers befasst, der Tiere ohne Betäubung schlachten, das heißt schächten will, um seinen Kunden in Übereinstimmung mit ihrer Glaubensüberzeugung den Genuss von Fleisch geschächteter Tiere zu ermöglichen. Dies ist verfassungsrechtlich zu beurteilen anhand der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes.

Das Gericht hat gesagt, dass im Lichte dieser Verfassungsnorm die einschlägige Vorschrift des Tierschutzgesetzes dahin gehend auszulegen ist, dass muslimische Metzger eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten erhalten können.

Frau Wiechmann, Sie haben vorhin diesen Paragrafen des Tierschutzgesetzes teilweise zitiert. Ich will das ergänzen. Diese Ausnahmegenehmigung, von der Sie sprachen, darf erteilt werden, soweit es erforderlich ist, um den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen.

Sie haben ein Gesetz erwähnt, das über 100 Jahre alt ist. Wenn Sie das im historischen Kontext sehen, dann bitte ich Sie, auch an das Gesetz über das Schlachten von Tieren vom 21. April 1933 zu denken, mit dem deutschlandweit der Zwang eingeführt wurde, warmblütige Tiere vor der Schlachtung zu betäuben. Dieses Gesetz - ich wiederhole das Datum - vom 21. April 1933 hatte einen antisemitischen Hintergrund.

(Frau Wiechmann, FDVP, und Herr Wiechmann, FDVP: Nein!)

In der Bundesrepublik Deutschland ist es wissenschaftlich noch ungeklärt, ob das Schächten dem Tier tatsächlich mehr Schmerzen zufügt als das Schlachten nach einer Betäubung. Das Bundesverfassungsgericht hat in der erwähnten Entscheidung gesagt, dass die Auffassung vertretbar sei, dass dies so ist. Das ist aber nicht wissenschaftlich bewiesen.

(Zuruf von Herrn Wiechmann, FDVP)

Vor diesem Hintergrund denke ich, dass die historischen Gründe sehr schwer wiegen, in der Abwägung zwischen

dem Tierschutz und der Religionsfreiheit zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen.

Wir erlauben Angehörigen der jüdischen Religionsgemeinschaft - es handelt sich hierbei um orthodoxe Juden - das Schächten. Dann kann man den Muslimen, die in Deutschland leben, nicht untersagen, dies zu tun.

(Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Es geschieht in aller Regel nicht so, wie Sie, Frau Wiechmann, es beschrieben haben. Ich halte das für eine völlig verzerrende Darstellung des Vorgehens.

(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der PDS - Zustimmung von der Regierungsbank)

Es gibt dazu, auch zur Hygiene und zu den Umständen, unter denen dies geschieht, sehr genaue Vorschriften.

Wenn wir jetzt bei der Art und Weise sind, wie hier bestimmte Themen von Ihnen behandelt werden, dann will ich es mir nicht versagen, Ihre Antragsüberschrift „Schnitt für Schritt ins Nirgendwo“ einmal ganz schräg zu kommentieren.

Ich habe in der „Bild“-Zeitung vom letzten Dienstag gelesen, dass von den 16 Abgeordneten, die im Jahr 1998 für die DVU in den Landtag gewählt wurden, so gut wie nichts gekommen sei. Aufgefallen sind sie - so heißt es darin - eigentlich nur durch Skandale wie Tierquälerei, Hakenkreuzschmierereien oder Diebstahl. Ferner hat „Bild“ ausgerechnet, was uns die Skandal-Fraktion gekostet hat. Darin heißt es: Jeder von ihnen bekommt als Versorgungsausgleich eine Einmalzahlung von 42 000 €. Bei der Schlussrechnung kommt man auf rund 7,3 Millionen €.

(Frau Wiechmann, FDVP: Zum Thema!)

- Ich finde, das gehört durchaus zum Thema. Jedenfalls war das meine erste Assoziation, als ich die Überschrift las.

(Frau Wiechmann, FDVP: Thema!)

- Ja. Das Thema Ihres Antrages lautet: Schnitt für Schritt ins Nirgendwo. Ist es nicht so, dass Sie mit dem Versorgungsausgleich zum Schluss noch einmal einen guten Schnitt machen, bevor Sie sich am 21. April 2002 ins politische Nirgendwo begeben?

(Starker Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zu- stimmung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höpp- ner und von Minister Herrn Dr. Heyer - Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Wissen Sie, Sie haben sich - wir sind heute schon bei politischen Nachrufen - die Pflege des deutschen Volkstums und die Verteidigung des Deutschtums gegen Muslime und andere Erscheinungen in der Welt aufs Panier geschrieben. Ich finde, die Art und Weise, in der Sie die schöne deutsche Sprache in diesen vier Jahren verhunzt haben, ist allerdings bemerkenswert.