Protokoll der Sitzung vom 06.02.2003

Aber zugleich betone ich mit allem Nachdruck: Unser Land Sachsen-Anhalt hat zu diesem Konsolidierungskurs keine Alternative. Wenn wir heute nicht sparen, dann heißt das nichts anderes, als dass wir die Härten unseren Kindern zumuten.

(Herr Gallert, PDS: Das machen wir ja doch!)

Im Interesse unseres Landes und im Interesse unserer Kinder bitte ich Sie, den von uns vorgelegten Sparkurs zu unterstützen. - Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Als erstem Redner erteile ich für die SPD-Fraktion dem Vorsitzenden Herrn Dr. Püchel das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Püchel.

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Paqué, als ich mich heute Morgen in die Anwesenheitsliste eingetragen habe, dachte ich, ich trage mich für die Sitzung des Landtages ein. Nein, ich habe mich in Ihre Vorlesung eingeschrieben.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD, und Frau Mitten- dorf, SPD, lachen)

Brave Studenten befolgen einen Rat: Sie plappern in der Prüfung das nach, was ihnen der Professor einmal erzählt hat. Ich werde mir das verkneifen und werde Ihre Märchen nicht übernehmen.

Sehr geehrter Herr Paqué, ein Dreivierteljahr ist es her, dass Sie aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft in die Niederungen der Politik herabgestiegen sind. In diesem Dreivierteljahr gaben Sie uns als Abgeordnete, wie heute wieder, so manchen Einblick in die Gedankenwelt eines Weltökonomen, gaben Sie viele tiefschürfende Interviews zur Finanzpolitik.

Endlich erfuhren wir einmal, was es mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit wirklich auf sich hat. Wir konnten erleben, was eine gnadenlose Abschluss- und Eröffnungsbilanz ist. Wir konnten sehen, was es heißt, radikal mit Schattenhaushalten aufzuräumen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Kurzum: Uns wurde vorgeführt, wie man alles besser machen kann. - Heute muss ich sagen: wie man alles besser machen könnte.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Hüs- kens, FDP)

Denn wenn man heute all das nachliest, was Sie einmal gesagt haben, muss man denken, man sitzt im falschen Film.

(Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

Herr Finanzminister, bei vielleicht keinem anderen Mitglied der Landesregierung klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Niemand ist so weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurückgeblieben wie Sie und niemand ist derart hart auf dem Boden der Realität gelandet wie Sie. Dieses Urteil gilt selbst dann, wenn man die ohne Zweifel schwierigen Rahmenbedingungen in Rechnung stellt.

Ich habe noch die Worte aus Ihrer Einbringungsrede vom November 2002 im Ohr, dass der Haushalt 2003 eine erste große Etappe auf dem Weg zur Sanierung der Landesfinanzen sei. Herr Professor Paqué, wenn ich die letzten Monate Revue passieren lasse, kann ich nur feststellen, dass Sie auf der ersten großen Etappe Ihrer Tour de Paqué völlig eingebrochen sind.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Sie liegen in Ihrer eigenen Routenplanung um Lichtjahre zurück. Ja, es besteht kaum noch die Hoffnung, dass Sie Ihr Ziel überhaupt erreichen werden.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Aus der Tour de Paqué ist für Sie selbst und für uns als beteiligtes Publikum eine einzige Leidenstour geworden. Das ständige Serpentinenfahren, das wir erlebt haben, hat bei Ihnen selbst Schwindelgefühle erregt.

(Herr Gürth, CDU: Sie leiden nur an dem Verlust der Regierungsverantwortung!)

Meine Damen und Herren! Eines lässt sich heute klar feststellen: Dieser Haushalt, den der Landtag heute beschließen soll, ist ein Haushalt der krummen Touren.

(Beifall bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Einer der besten seit Jahren! Und einer der solidesten seit Jahren!)

- Herr Gürth! - Dieser Haushalt ist gleichermaßen ein Haushalt der gebrochenen Versprechen und der ungedeckten Schecks.

(Beifall bei der SPD - Frau Dr. Hüskens, FDP: Nein!)

Dieser Haushalt ist kommunalfeindlich und unsozial.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von und La- chen bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir wissen heute auch, was dieser Haushalt nicht ist: Er ist eben kein Haushalt der Wahrheit und Klarheit.

(Zustimmung bei der SPD - Frau Dr. Hüskens, FDP: Aber sicher doch!)

Er ist kein Haushalt der Konsolidierung und er ist kein Haushalt der Investitionen.

(Herr Gürth, CDU: Unsinn!)

Und er ist kein Haushalt, der zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beiträgt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Thema Haushaltswahrheit und -klarheit gleich zu Beginn etwas klarstellen, indem ich die Zahlen des Finanzministers richtig stelle. Die Neuverschuldung liegt tatsächlich wieder bei fast 1 Milliarde € statt wie angekündigt bei 750 Millionen €. Selbst diese 750 Millionen € wären nur

eine Halbierung des Niveaus des Nachtragshaushalts 2002 gewesen, dieses Dopingdrinks aus der Flasche, mit dem die Landesregierung die Neuverschuldung für das vergangene Jahr auf Schwindel erregende 1,5 Milliarden € geschraubt hatte.

Statt um das grüne Trikot der Bergwertung zu kämpfen, haben Sie einen Berg noch weiter aufgeschüttet - den Schuldenberg. Eine Bergwertung würden Sie niemals gewinnen. Dabei geht es nicht um die Aufschüttung neuer Berge, sondern es geht um die Überwindung vorhandener Berge.

Was haben Sie gemacht? - Sie haben eine Neuverschuldung in Höhe von 750 Millionen € ausgewiesen. Sie haben durch die Beleihung des Altlastenfonds Mittel in Höhe von 150 Millionen € hinzugefügt. Außerdem weisen Sie Mittel in Höhe von 70 Millionen € für Zahlungen an die Kommunen im Haushalt nicht aus, obwohl sie de facto an die Kommunen fließen werden.

(Herr Scharf, CDU: Eine exakte Veranschlagung! - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Das heißt, wir sind bei einer Nettoneuverschuldung von fast 1 Milliarde € angekommen. Zum Vergleich: Wir hatten im letzten Jahr unserer Regierung eine Nettoneuverschuldung von 713 Millionen €.

(Herr Tullner, CDU: Ach, wie schön!)

CDU und FDP liegen ein ganzes Stück darüber.

Bei der Neuverschuldung sind Sie gescheitert, Herr Paqué. Jetzt allerdings hätte ich mir gewünscht, dass Sie das mannhaft eingestehen und hier nicht wieder herumdozierend vor uns stehen. Das mag sich vielleicht in Vorlesungen und FDP-Versammlungen gut darstellen lassen, aber nicht im Landtag.

Sie werden an dieser Stelle auch nicht aus Schaden klug. Wie bei den Personalausgaben versuchen Sie die Öffentlichkeit durch Taschenspielertricks auch über das Niveau der Neuverschuldung zu täuschen.

(Herr Gürth, CDU: Das war bei Ihnen so!)

Der Zugriff auf den Altlastenfonds ist eine Kreditaufnahme.

(Beifall bei der SPD)

Sie behaupten, es wäre keine. Im Haushalt des nächsten Jahres wird es dafür einen Titel für Zinsen und Tilgung geben müssen. Aber in einer Pressemitteilung erklärt der Finanzminister der geneigten Weltpresse, warum nicht sein kann, was nicht sein darf, und hält in 20 Zeilen eine Kurzvorlesung über Effekten-Lombard-Vereinbarungen, was wir heute auch wieder vernommen haben.

(Herr Bischoff, SPD, und Herr Kühn, SPD, la- chen)

Ich habe das gleich zur Pflichtlektüre für die Mitglieder meiner Fraktion gemacht - denn wir wissen doch nicht, was Sie im nächsten Jahr wieder probieren werden -, damit sie dann wenigstens gewappnet sind.