Protokoll der Sitzung vom 07.02.2003

Den Gegenstand des Auftrags der Kommission kann man wohl den Anträgen der Regierungskoalition und der Oppositionsfraktionen entnehmen, die vom Bundestag am 25. Januar dieses Jahres an den Finanzausschuss überwiesen worden sind. Die Ablehnung des Antrages der CDU-Fraktion im Bundestag lässt erkennen, dass zumindest eine Reduzierung der Aufgaben der Gemeinden nicht im Blickfeld der Regierungsparteien ist.

Aus der Sicht der FDP muss das Ziel einer Reform darin bestehen, die Grundlagen der Finanzierung der Kommunen auf möglichst kontinuierliche Einnahmearten umzustellen. Insbesondere die Umstellung der Gewerbesteuerumlage erwies sich für die Finanzen der Kommunen als eine wirkliche Katastrophe. Die völlige Abkoppelung der kommunalen Finanzierungsgrundlage von der konjunkturellen Entwicklung, wie sie die Regierungskoalition in Berlin fordert, ist aber kontraproduktiv.

Eine Finanzierungsgrundlage, in welcher Form auch immer, ohne Anreize zur Leistung wird der Idee der kommunalen Selbstverwaltung schaden und letztlich zu einer Nehmermentalität aufseiten der Kommunen führen.

(Zuruf von Frau Theil, PDS)

Eine solche Entwicklung widerspricht der liberalen Geisteshaltung der Freiheit zur Verantwortung. Die kommunale Selbstverantwortung hat in erster Linie mit einer Eigenverantwortung zu tun, die sich auch im Handeln der Gemeinden widerspiegeln können muss. Daraus resultierend ist eine Reform des kommunalen Finanzsystems geboten, die zu einem System führt, das Anreize für eine optimale Gestaltung der Kommunen vom Personal bis zur Struktur beinhaltet.

Darüber hinaus ist bei der Umstellung der Finanzierungsgrundlage der Gemeinden das gesamte Steuersystem einzubeziehen. Es ist also durchaus möglich, die Gewerbesteuer abzuschaffen, weil sie letztlich in unserem Steuersystem, aber auch im internationalen Steuersystem, systemwidrig ist. Gleichzeitig könnte man einen kommunalen Hebesatz auf die Einkommensteuer setzen. Dabei wäre jedoch zu beachten, dass insgesamt eine Steuersenkung zu erreichen wäre, sodass der Einkommensteuerspitzensatz mit dem kommunalen Hebesatz 35 % nicht überschreiten würde.

Aufgrund der Kürze der Zeit gehe ich nicht auf die Ausgabenseite ein. Das wird sicherlich im Zusammenhang mit der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe noch zu diskutieren sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit und werbe für den Antrag der die Regierung tragenden Koalitionsfraktionen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Wolpert. - Abgeordneter Grünert, wünschen Sie noch einmal das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann schließen wir die Debatte ab und treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/491, 4/559 und 4/564 ein.

Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/564 ist weitergehend. Wir stimmen zunächst über diesen Änderungsantrag ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist der SPD-Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU in der Drs. 4/559 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Die Oppositionsfraktionen enthalten sich. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag in der Drs. 4/491 in der soeben geänderten Fassung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Keiner. Wer enthält sich? - Gleiches Bild. Damit ist der Antrag in der soeben geänderten Fassung angenommen. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 25.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung

Olympiabewerbung 2012

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/492

Änderungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU - Drs. 4/566

Einbringerin für die SPD-Fraktion ist die Abgeordnete Frau Dr. Kuppe. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Am Dienstag dieser Woche hieß es beim Bürgerverein „Halle für Olympia e. V.“: Noch 66 Tage bis zur Entscheidung.

Am 12. April 2003 wird das Nationale Olympische Komitee den innerdeutschen Wettbewerb um den Austragungsort der 30. Olympischen Spiele und der 14. Paralympics im Jahr 2012 mit einer Entscheidung beenden. Neben Leipzig mit seinen sächsischen Partnerstädten und der Stadt Halle bewerben sich auch die Städte Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt (Main) und Stuttgart.

Vor kurzem hat eine Umfrage des Marktforschungsinstituts „Sport und Markt AG“ für den „Deutschlandfunk“ Leipzig gegenüber den anderen Städten um eine Nasenlänge vorn gesehen. Nach der jüngsten Bevölkerungsbefragung durch das Forsa-Institut für das Magazin „Stern“ konnte Leipzig seinen Vorsprung sogar noch ausbauen. Mittlerweile wünschen sich 30 % der Befragten, dass Leipzig Austragungsort der Olympiade und der Paralympics im Jahr 2012 wird. Hamburg folgt mit 20 %, die anderen Städte liegen bei 13 bis 17 %.

Umfragen ersetzen natürlich keine Entscheidung, Umfragen können launisch sein, aber beide vorher erwähnten Befragungen zeigen eines: Die bisherige Werbekampagne für den mitteldeutschen Standort ist auf einem erfolgreichen Weg. Dieses Gefühl bestimmt nicht nur die Atmosphäre in Leipzig, sondern war auch bei allen Mitgliederversammlungen des Bürgervereins „Halle für Olympia“ ganz deutlich zu spüren.

Mit großem Engagement vieler Unterstützerinnen und Unterstützer sind bereits zahlreiche Aufgaben während der nationalen Bewerbungsphase in Angriff genommen worden und zum Teil schon erfüllt worden. Wegen der Forderung des Internationalen Olympischen Komitees nach einer Olympiade der kurzen Wege mussten geplante Wettkämpfe aus Dresden und Chemnitz nach

Leipzig verlagert werden. Dadurch hat Halle als Partnerstadt an Gewicht gewonnen.

Das ist wiederum mit Pflichten verbunden. Das Nationale Olympische Komitee hat bis zum 12. April 2003 verschiedene Finanzierungsgarantien und Bürgschaften gefordert. Dazu liegen entsprechende Beschlüsse des sächsischen Kabinetts sowie der Stadträte der Städte Leipzig und Halle vor.

Letzterer hat erst am 29. Januar 2003 noch einmal rund 127 000 € bewilligt. Die Landesregierung hat sich in den letzten Monaten sehr zögerlich verhalten. Außer einigen wohlwollenden Worten in der Öffentlichkeit und Versprechungen gegenüber der Stadt Halle und dem Bürgerverein war kein praktisches Handeln erkennbar.

(Herr Tullner, CDU: Das stimmt doch nicht!)

Dabei ist von einer erfolgreichen Bewerbung der Stadt Leipzig mit ihrer Partnerstadt Halle eine positive Wirkung auf ganz Sachsen-Anhalt zu erwarten. Ich möchte nur einige Wirkungspotenziale nennen: eine langfristige Steigerung der internationalen Bekanntheit, ein Imagezugewinn, Investitionen, die die Regionalentwicklung wieter voranbringen, eine deutliche Verbesserung der behindertengerechten Infrastruktur, die Schaffung von Arbeitsplätzen, vor allem aber eine Schubkraft für die sportliche Betätigung und den interkulturellen Austausch.

Angesichts dieser Wirkungspotenziale war es überfällig, dass das Kabinett nun 89 000 € an Fördermitteln zugesagt hat. Das sage ich auch in Erinnerung an die überaus drängenden Worte des früheren CDU-Landtagsabgeordneten Uwe Schulze, der schon sehr drängende Worte fand und Aufforderungen machte, als gerade erst die Machbarkeitsstudie für Leipzig und die Partnerstädte auf dem Weg war.

(Herr Tullner, CDU: Was wollen Sie uns damit sa- gen?)

Herr Kley, der hinten sitzt, hat noch Mitte Januar meinen Vorschlag, dass sich das Land Sachsen-Anhalt als Gesellschafter in die Olympia GmbH begeben möge, strikt zurückgewiesen. Nun stellt sich heraus, dass die Landesregierung doch über Vorschläge aus der Opposition nachdenkt und dass sie selbst umdenkt. Das begrüßen wir sehr.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Ist doch lernfähig!)

Sie haben jetzt zumindest dem Bürgerverein in Aussicht gestellt - das war am Dienstag dieser Woche -, dass Sachsen-Anhalt in die Olympia GmbH einsteigen wird, wenn Leipzig mit den Partnerstädten das nationale Rennen gewinnt. - „Bravo!“, sage ich dazu. Der Änderungsantrag von CDU und FDP zielt auch in diese Richtung. Darin sind einige Formulierungen noch präziser gefasst worden. Deswegen können wir diesem Änderungsantrag auch zustimmen.

Bis zum 12. April 2003, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedarf es aber noch der Zusicherung des Landes, sich erstens an der Finanzierung während der internationalen Bewerbungsphase, die von April 2003 bis Juni 2005 reicht, zu beteiligen und sich zweitens auch an den Investitionen in die nachhaltig genutzten Anlagen in den Jahren 2006 bis 2011 angemessen zu beteiligen, und zwar dann, wenn das Nationale Olympische Komitee in diesem Frühjahr und das Internationale Olympische Komitee im Sommer 2005 der Region Leipzig einschließlich der Stadt Halle die Ausrichtung der Olym

piade und der Paralympics 2012 übertragen. - Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir alle wollen.

Die SPD-Fraktion erwartet, dass alle Fraktionen hier im Landtag die Stadt Halle und die gesamte mitteldeutsche Bewerberregion unterstützen und dass die Landesregierung die noch notwendigen Garantieerklärungen abgibt. Es gilt, das Feuer weiterzutragen, das Andreas Hajek symbolhaft in Leipzig bereits entzündet hat. Wir sind sehr gespannt auf den hoffentlich detaillierten Bericht der Landesregierung im zuständigen Fachausschuss.

Für die Zwischenzeit empfehle ich allen Interessierten und denjenigen, die es werden wollen, sich am 23. Februar 2003 die große Olympiashow in Halle in der Olympiahalle zu Gemüte zu führen, sie zu genießen und ihrer teilhaftig zu werden. Eine Einladung habe ich noch. - Danke sehr.

Danke, Frau Dr. Kuppe, für die Einbringung. - Wir eröffnen die Debatte mit dem Redebeitrag der Landesregierung. Herr Minister Kley, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war ursprünglich der Meinung, dass dieser Antrag ein sehr sinnvoller ist, weil wir uns zu diesem Zeitpunkt gemeinsam hier noch einmal dazu äußern können und uns auch zur Unterstützung der Bewerbung der Stadt Leipzig und ihrer Partnerstadt Halle bekennen können.

Ich bin nun etwas erschrocken, dass uns meine Vorgängerin im Amt vorwirft, die Landesregierung hätte nichts getan. Das hätte man sicher vor einem Jahr alles schon beginnen können, wenn man es damals ernst gemeint hätte. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der amtierende Sportminister an dieser Stelle mit Amtsantritt sofort aktiv geworden ist.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe es nach einem meiner ersten Interviews erlebt, als ich gesagt habe, die Olympiabewerbung Halle/Leipzig ist eminent wichtig und wird von uns unterstützt, dass die „Bild“-Zeitung mich anrief und sagte: Wie, wollen Sie jetzt etwas anderes machen? Davon war bisher noch nicht die Rede. - Ich glaube schon, dass wir uns hier nicht vorwerfen lassen müssen, wir wären an dieser Stelle inaktiv gewesen.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Das sehen andere an- ders!)

Die Landesregierung bleibt bei ihrer Auffassung, die abgestimmt ist mit der Olympia GmbH, mit der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen, vor der endgültigen Zuschlagerteilung für Leipzig als dem deutschen Standort für die internationale Bewerbung nicht Mitglied der GmbH Leipzig, Freistaat Sachsen und Partnerstädte zu werden; denn es ist uns an dieser Stelle gesagt worden, dass es um die Bewerbung einer Stadt geht und die Beteiligung zweier Länder beim NOK sozusagen für Verwirrung sorgen würde, weil ein Splitting des Standortes vorgenommen werden müsste und damit die Einheitlichkeit nicht mehr gewährleistet wäre.

Ich habe aber - das möchte ich Ihnen hier versichern - als Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt mittlerweile Gaststatus im Vorstand und im Aufsichtsrat der GmbH.

Wir sind also aktiv an der Vorbereitung beteiligt und nehmen diesbezüglich unsere Pflichten gegenüber der größten Stadt unseres Landes, Halle, wahr.

Wir haben auch abgesichert, dass die Kosten der Stadt Halle für die Darstellung des Engagements durch das Land mitgetragen wurden. Frau Dr. Kuppe verwies auf die ca. 100 000 €, die hierfür zur Verfügung gestellt wurden.

Das Land Sachsen-Anhalt kann natürlich nicht den Gesellschafterbeitrag der Stadt Halle übernehmen - darüber sind wir uns im Klaren -, aber nichtsdestotrotz haben wir zu jeder Zeit diese Olympiabewerbung aktiv unterstützt durch die Teilnahme an der Aktion „Ich will Olympia“ - diese Karten, Sie wissen das selbst -, durch die gemeinsame Erklärung der beiden Kabinette anlässlich unserer Sitzung in Dresden und auch durch weitere Auftritte der Landesregierung bei verschiedenen Gelegenheiten.

Ich nutze jederzeit die Möglichkeiten, die sich mir als Vorsitzendem der Sportministerkonferenz von Deutschland gegenwärtig bieten, um für unseren Standort zu werben. Nicht umsonst bin ich als Hallenser auch Mitglied unseres Vereines „Halle für Olympia“. Ich möchte Ihnen hier versichern, dass die Landesregierung nichts unversucht lässt, dieses wesentliche Engagement der Stadt Halle zu unterstützen. Hierin sehen wir auch die große Möglichkeit, die Region bekannt zu machen, international an Renommee zu gewinnen und hierdurch - darin sind wir uns, glaube ich, einig - auch Wirtschaftsförderung zu betreiben, wie sich kaum wieder eine zweite Gelegenheit bietet.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen ist es auch Angelegenheit und Anliegen des gesamten Kabinetts, sich daran zu beteiligen. Ich hatte erst in der letzten Kabinettssitzung am Dienstag dieser Woche wieder den Auftrag zu berichten, wie der aktuelle Stand der Vorbereitung ist. Seien Sie versichert, wir unterstützen das in unseren Maßen, die durchaus auch angemessen sind.