(Beifall bei der PDS - Herr Tullner, CDU: Warum? - Herr Kolze, CDU: Lassen Sie sich mal über- raschen!)
Ich denke, Sie selbst haben eingesehen, dass gerade diese Einsparungen der Grund dafür sind, warum die Fraktionen der CDU und der FDP auf Sie zugegangen sind. Ein weiterer Grund ist, dass die Koalitionsfraktionen nunmehr gemeinsam mit Ihnen noch stärkere Einschnitte in Kinderrechte durchsetzen können, da der gesellschaftliche Widerstand geschwächt wurde.
Noch ein kurzer Hinweis: Wenn Sie sich den Artikel zum Thema Kinderbetreuung in Ihrer eigenen Mitgliederzeitschrift anschauen, können Sie lesen, dass sich die Bundesregierung im Gegensatz zu Ihnen für eine Ganztagsbetreuung in Kindergarten und Krippe einsetzt, mit der Begründung, dass sich nur dadurch tatsächlich Chancengleichheit erreichen lässt. Dieser Ausgangspunkt ist notwendig, um später gleiche Bildungs- und Berufschancen zu haben.
Insgesamt bewertet die PDS das so genannte Kinderförderungsgesetz als eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Kindern.
Ihre Unterscheidung in Kinder erwerbsloser Eltern und Kinder erwerbstätiger Eltern zeigt ganz deutlich die Ungerechtigkeit.
(Herr Gürth, CDU: Das ist falsch und total dane- ben! Ich frage mich, wer Ihnen das aufgeschrie- ben hat! Wir haben als ärmstes Land die besten Standards in Deutschland, und dann so eine Rede! - Zuruf von Herrn Kolze, CDU)
Sie stigmatisieren Kinder, die ohnehin mit einem Stigma versehen sind, und scheuen sich erstaunlicherweise nicht, dies gerecht zu nennen.
Eine Gewerkschafterin von ver.di hat den Gesetzentwurf treffend bezeichnet: Es handelt sich hierbei um den Einstieg in den Ausstieg aus der Ganztagsbetreuung.
Herr Scharf, Sie fragten mich in der Sitzung im Dezember, ob für mich das entscheidende Kriterium sei, wie Kinder ihre Kinderbetreuung selbst gestalten würden. Darauf antworte ich Ihnen: ja.
Ich fordere Sie auf, in Zukunft mehr auf Kinder und Jugendliche zu hören, wenn Sie an Änderungen in der Kinder- und Jugendarbeit herangehen;
denn die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Zukunft von morgen, die wir in unser aller Interesse nicht wegsparen sollten.
(Herr Gürth, CDU: Sie werden den Kindern und Jugendlichen die Zukunft nehmen, wenn Sie sie so verschulden!)
Abschließend möchte ich namens meiner Fraktion eine namentliche Abstimmung bei der Gesamtabstimmung beantragen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Nein. Da schließe ich mich Frau Seifert an. Leider können wir das Gesetz nicht mehr verhindern. Ich denke, die Problempunkte wurden ausdiskutiert.
Ich möchte noch einmal genau nachfragen: An welcher Stelle soll die namentliche Abstimmung erfolgen?
Bei der Gesamtabstimmung. - Dann geht es weiter mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Herr Kurze, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete des Landtages von SachsenAnhalt! Die letzten Wochen waren gekennzeichnet von großer Verunsicherung über die Inhalte der Novellierung des Kinderbetreuungsgesetzes. Dies ist angesichts der Art und Weise, wie die öffentliche Debatte geführt wurde, nicht verwunderlich.
Immer wieder war von einem generellen Abschaffen des Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz oder sogar auf einen Kindertagesstättenplatz die Rede. Dies ist nicht der Fall, war auch nie geplant, und diese Phase der Ungewissheit ist jetzt beendet. Der Landtag von Sachsen-Anhalt wird heute die Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes in ein Kinderförderungsgesetz verabschieden.
Das Gesetz setzt den nach langen und zähen Verhandlungen zwischen CDU, FDP und SPD erarbeiteten Kompromiss zur künftigen Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt um. Die Änderung sieht für alle Krippen- und Kindergartenkinder einen Rechtsanspruch auf eine mindestens fünfstündige tägliche Betreuung in einer Kindertagesstätte vor. Gehen beide Elternteile arbeiten, befinden sich die Elternteile in einer Ausbildung oder Umschulung, so
Auch geringfügige Beschäftigung zählt als Berufstätigkeit. Gerade bei Alleinerziehenden tauchte diese Frage zum Rechtsanspruch sehr oft auf. Unser Land behält damit den weitgehendsten Rechtsanspruch im Vergleich mit allen anderen neuen Bundesländern.
Mit den alten Bundesländern wollen wir uns erst gar nicht vergleichen, wenn es um die Frage der Kinderbetreuung geht.
Das Gesetz stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Mittelpunkt. Wer Arbeit hat, weiß in SachsenAnhalt auch künftig sein Kind jeden Alters gut aufgehoben, betreut und gefördert in einer Kindertagesstätte.
Die künftige Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt wird darüber hinaus einem Familienbild gerecht, das die Hauptverantwortung für die Erziehung von Kindern in der Familie selbst sieht. Die PDS spricht in dieser Frage von einer Bestrafung der Kinder, wenn sich Muttis und Vatis, sage ich einmal, um ihre Kinder kümmern bzw. wenn sie mittags ihre Kinder aus der Kindertageseinrichtung abholen. - Wenn das eine Bestrafung sein soll, dann weiß ich auch nicht weiter.
Das heißt, wer die Möglichkeit hat, sein Kind zu Hause zu betreuen, soll dies zum überwiegenden Teil auch tun. Es heißt jedoch nicht, dass Kinder nicht erwerbstätiger Eltern künftig von Bildungs- und Förderangeboten der Kindertageseinrichtungen ausgeschlossen sein werden; denn garantiert wird dies durch den Rechtsanspruch auf eine mindestens fünfstündige Tagesbetreuung für alle Kinder bis zum Schuleintritt.
Schon heute gibt es unterschiedliche Betreuungsverträge, in denen unabhängig vom zehnstündigen Rechtsanspruch bedarfsorientierte Betreuungszeiten von sechs, acht und zehn Stunden mit den Eltern vereinbart worden sind. Das neue Gesetz schließt längere Betreuungszeiten nicht aus. Es gibt den Rechtsanspruch. Wer mehr Stunden haben möchte, kann diese auch zusätzlich erwerben, ganz einfach. Das Gesetz schließt das nicht aus.
(Zuruf von Frau Theil, PDS - Frau Dr. Weiher, PDS: Vor allen Dingen als Arbeitsloser muss man das dann tun! Genau so!)
Die notwendigen Änderungen bei der Kinderbetreuung sind einer Haushaltssituation geschuldet, die ohne eine nachhaltige Finanzpolitik Sachsen-Anhalt zukunftsunfähig machen würde und die Lasten in der Zukunft gerade auf unsere Kinder verteilen würde.
Das Ziel unserer sparsamen Haushaltspolitik, die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr zu halbieren, ist mit dem gestern verabschiedeten Haushaltsplanentwurf 2003 erreicht worden. Bis zum Jahr 2006 wollen wir die Verschuldung auf null senken.
Vom Sparen wird in Sachsen-Anhalt im Sinne einer gerechten Leistungsverteilung und mit der Zukunft unseres Landes im Blick niemand ausgenommen.
In der ersten Debatte hatte ich bereits angekündigt, dass seitens der CDU-Fraktion eine Expertenanhörung zu diesem Gesetzentwurf im federführenden Ausschuss ausdrücklich gewünscht und im Ausschuss auch beantragt würde. Ich denke, dass diese Anhörung für alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier überaus sachdienlich und hilfreich war. Das gilt insbesondere für die Stellungnahmen der Verbände der Liga der Freien Wohlfahrtspflege als auch der kommunalen Spitzenverbände.
Diese haben jedenfalls die CDU-Fraktion veranlasst, den vorliegenden Gesetzentwurf nochmals grundsätzlich zu überarbeiten. Auch die konstruktiven Vorschläge der SPD-Fraktion in den Ausschussberatungen haben maßgeblich zu der jetzt vorliegenden Gesetzesfassung geführt.
Ich sehe in dieser erzielten Einigung zur Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes in Sachsen-Anhalt eine neue Qualität der Beratungen im Landtag. Jenseits von Parteiengezänk haben sich CDU, FDP und SPD auf eine Lösung verständigt, die allen im Land Sachsen-Anhalt an der Kinderbetreuung Beteiligten entgegenkommt und die dennoch am Sparziel für die Konsolidierung der Landesfinanzen festhält.
In der Zeit, in der sich demokratische Kräfte des Landtages Tag und Nacht mit der Suche nach der besten Sachlösung beschäftigt haben, haben andere - da schaue ich ganz bewusst einmal nach links -
sich damit beschäftigt, die Menschen in Sachsen-Anhalt zu beunruhigen und Demonstrationen vorzubereiten.
- Danke. - Aus der Sicht meiner Fraktion hat sich die SPD mit der Zustimmung zu diesem Kompromiss den Überlegungen angenähert, die wir bereits zu Beginn der Debatte über die Kinderbetreuung im Land aufgeworfen hatten.