Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. Februar haben Sie, Herr Minister Daehre, der Öffentlichkeit Ihren Landesverkehrswegeplan vorgestellt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch ganz gut an die Diskussionen in der vergangenen Legislaturperiode, in denen Sie immer mit Vehemenz die Vorlage eines Landesverkehrswegeplanes gefordert haben.
Insofern erfüllen Sie mit der Vorlage Ihres Landesverkehrswegeplanes eine alte Forderung aus Oppositionszeiten, was wir grundsätzlich begrüßen. Die Landesregierung kommt nach eigenen Aussagen damit auch den Wünschen der Wirtschaft entgegen, die schon seit längerem die Vorlage eines verbindlichen Planes mit Realisierungskontrolle eingefordert hat.
Was wir allerdings nicht ahnen konnten, ist die Tatsache, dass die enthaltenen Maßnahmen auf Anmeldungen aus den Jahren 1991 und 1992 zurückgehen. Herr Minister, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie beim Räumen Ihres Abgeordnetenbüros im Landtag von Sachsen-Anhalt im Zuge Ihres Wechsels in das Bauministerium in der untersten Schublade Ihres Schreibtisches auf die alten Anmeldungen aus der ersten Wahlperiode gestoßen sind, die Ihnen damals als amtierendem Bau- und Verkehrsminister vorgelegt worden sind.
Das etwas verstaubte und angegilbte Papier haben Sie von Ihrem Pressesprecher etwas aufpeppen lassen und anschließend der Öffentlichkeit als die berühmte „Botschaft der Woche“ präsentiert.
Die Reaktion der Öffentlichkeit auf die Veröffentlichung des Landesverkehrswegeplanes hätte eigentlich in diesem Zusammenhang nur Zuspruch sein dürfen. In der „Mitteldeutschen Zeitung“ war unter dem Label „Wirbel um Verkehrswegeplan“ dann allerdings zu lesen, dass zahlreiche Bürgermeister und Verwaltungsamtsleiter zunächst überrascht waren über die Maßnahmen, die im Landesverkehrswegeplan enthalten sind, und dass sie diese Maßnahmen im Falle der geplanten Ortsumgehungen in Allstedt und in Wettelrode sogar ablehnten.
(Herr Schröder, CDU: Das ist regelrecht falsch! - Minister Herr Dr. Daehre: Das wurde inzwischen zurückgenommen!)
- Gut, das kann ja möglich sein. Darauf werden wir in der Diskussion, die wir hoffentlich im Verkehrsausschuss führen werden, vielleicht noch kommen.
Als wir unseren Antrag in den Landtag einbrachten, über das Thema Landesverkehrswegeplan zu diskutieren, lag uns das Konzept des Landesverkehrswegeplanes noch nicht in schriftlicher Form vor. Eine Konzeption sollte aus unserer Sicht Parameter enthalten, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden sollten. Das, was uns vorgelegt wurde, ist aus unserer Sicht allerdings mehr ein Entwurf für eine Entscheidung.
Es ist schon merkwürdig gegenüber den Betroffenen vor Ort, wenn Sie, Herr Dr. Daehre, einen Plan vorlegen, der die Landkreise letztendlich nicht in die Entscheidungsfindung eingebunden hat. Der Entwurf eines entsprechenden Antrages heute und hier gibt uns demzufolge auch Recht. Sie haben - das nur nebenbei - mit Ihrer Ankündigung zur Beschleunigung des Bundesverkehrswegeplanes letztlich unseren Antrag auch provoziert; denn das, was Sie mit dem Bundesverkehrswegeplan einfordern, das muss natürlich auch für den Landesverkehrswegeplan gelten. Sie haben also ein mustergültiges Beispiel dafür geliefert, wie man es nicht machen sollte.
Meine Damen und Herren! Nun stellt sich die Frage, wie die Landkreise und die betroffenen Kommunen mit dem Landesverkehrswegeplan umgehen sollten. Wir sehen die Notwendigkeit, dass die einzelnen Kriterien, die zu einer Einstufung in den vordringlichen und in den weiteren Bedarf geführt haben, detailliert hier auf den Tisch gehören. Wie sonst sollen Landkreise und Kommunen beurteilen, ob die Einstufung ihrer Maßnahmen letztendlich auch so in Ordnung geht?
Am Ende. - Es macht keinen Sinn, die Landkreise ohne konkrete Kriterien nach dem Motto „Was ich mir schon immer wünsche“ einzubinden und sie Maßnahmen anmelden zu lassen, die letztlich überhaupt keine Chance haben, in den Landesverkehrswegeplan aufgenommen zu werden.
Ich möchte Ihnen meine Kritik anhand der im Plan unter Nr. 3.4 - vordringlicher Bedarf - aufgeführten Punkte ver
deutlichen. Der erste Punkt bezieht sich auf eine Kategorisierung in Verbindungsstufen, wobei die Verbindungsstufe 2 zwangsläufig zum vordringlichen Bedarf gehören soll. Die Verbindungsstufe 2 wird definiert als „Verbindung von Mittelzentren zu Oberzentren und Mittelzentren untereinander“. Ich frage Sie: Wieso weist der Straßenverlauf von Oschersleben nach Aschersleben über Egeln nicht durchgängig die Verbindungsstufe 1 oder 2 auf? Das Gleiche gilt für Oschersleben - Halberstadt über Gröningen. Weitere Beispiele wären an dieser Stelle noch zu nennen; ich möchte darauf verzichten. Es muss also Kriterien geben, um eine Abgrenzung vorzunehmen, ansonsten handelt es sich letztendlich um eine Willkür bei der Einstufung der Maßnahmen.
Als zweiter Punkt werden Straßen aufgeführt, die eine regionale Bedeutung als Verbindung zwischen Grundzentren und Mittelzentren sowie zwischen Grundzentren untereinander haben. Was in diesem Zusammenhang unter „regionaler Bedeutung“ zu verstehen ist, kann aus Ihrem Entwurf nicht eindeutig entnommen werden. Ohne eine genaue Abgrenzung ergibt sich aber eine gewaltige Grauzone. Ich denke, hierzu bedarf es in der Folge der Klarstellung.
Unter Punkt 3 fallen Straßen, welche die Verbindung gewerblicher oder industrieller Investoren zu den übergeordneten Zentren begünstigen sollen. Das ist sicherlich eine sehr schön formulierte Aussage, aber letztlich fehlen auch hier Auskünfte über die Abgrenzung, damit diese letztlich auch für die Investoren nachvollziehbar sind.
Punkt 4 listet Straßen mit überdurchschnittlich hoher Verkehrsbelegung auf. Auch darüber, ab wann eine Straße von einer überdurchschnittlich hohen Verkehrsbelegung betroffen ist, gibt es keine Aussagen in dem Papier.
Meine Damen und Herren! Damit Sie uns nicht falsch verstehen: Wir begrüßen trotz unserer Kritik, die ich soeben geäußert habe, dass die Landesregierung sich dazu durchgerungen hat, einen Landesverkehrswegeplan zu erstellen. Allerdings setzt ein Landesverkehrswegeplan voraus, dass er ein hohes Maß an Akzeptanz bei den Betroffenen findet und natürlich auch Möglichkeiten enthält, die aufgenommenen Maßnahmen entsprechend umzusetzen.
Ich würde darum bitten, dass Sie unserem Antrag zustimmen, den Landesverkehrswegeplan im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr zu diskutieren. Sie haben ja als Fraktionen von CDU und FDP einen Alternativantrag vorgelegt, der die Dinge, die wir gern noch berücksichtigt gewusst hätten, nicht aufgreift. Ich denke schon, dass es genau wie beim Bundesverkehrswegeplan, bei dem die Länder im Vorfeld der Aufstellung beteiligt worden waren, möglich sein muss - -
- Die Landesregierungen hatten im Vorfeld der Erstellung des Bundesverkehrswegeplanes die Möglichkeit, Maßnahmen anzumelden. Das ist für Sachsen-Anhalt unter der alten Landesregierung erfolgt. Herr Dr. Daehre, Sie selbst haben Maßnahmen nachgemeldet; das müsste Ihnen eigentlich bekannt sein.
In diesem Sinne fordern wir natürlich auch die Möglichkeit, dass Städte und Gemeinden die Chance haben, Projekte an Landesstraßen, die für sie wirklich wichtig sind, auch hier einbringen zu können.
Ein Punkt, der auch in der Konzeption steht, auf den ich noch nicht weiter eingegangen bin, sind die Straßen begleitenden Radwege.
Ich denke, auch hierzu gibt es noch erheblichen Diskussionsbedarf zu den enthaltenen bzw. nicht enthaltenen Radwegen, die die Landstraßen begleiten sollen.
Danke, Herr Abgeordneter Doege. - Herr Reichert, Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Nachfrage zu stellen.
Herr Kollege Doege, wir kommen ja aus derselben Ecke, aus Aken. Von dort ist auch eine Maßnahme im vordringlichen Bedarf genannt worden: Die Verschwenkung der L 71, also der Landstraße zwischen Calbe und Aken, auf die B 187 a, die dann gleichzeitig als wichtige Maßnahme für die ganze Ortsumgehung der Stadt Aken dienen wird. Sie wissen auch - wir liegen an der Elbe, wir haben nur diese Einfallstraße von Schönebeck/Aken/ Dessau -: Wenn dort einmal etwas passiert, brauchen wir Ausweichmöglichkeiten. Deshalb ist die zweite Maßnahme in den vordringlichen Bedarf aufgenommen worden.
Wie kommentieren Sie die Stellungnahme des Bürgermeisters, der ja Ihrer Partei angehört, in der Pressemitteilung, die auch entsprechend in der „MZ“ dargestellt ist?
Herr Reichert, zum einen ist es die L 63, nicht die L 71, die Verbindungsstraße Calbe - Dessau. Das einmal zur Klarstellung. Dass diese Maßnahme seit Jahren
- ich glaube, das ist schon länger als acht Jahre her - von den regionalen Kommunalpolitikern immer wieder ins Gespräch gebracht wird und einen Teil der von Ihnen genannten Ortsumgehung darstellt, ist unbestritten. Allerdings hat eine große Ortsumgehung sicherlich nur dann eine Chance, realisiert zu werden, wenn der Brückenschlag über die Elbe kommt. Ich denke, darüber sind wir uns einig.
Dass die Ortsumgehung im Zuge der L 63 eine Teilentlastung für die Innenstadt bringt und sicherlich auch für einen flüssigeren Verkehr sorgen wird, darüber sind wir uns sicherlich ebenfalls einig.
Was die Pressemitteilung angeht, auf die Sie anspielen, die habe ich jetzt nicht hier. Deswegen kann ich dazu nicht Stellung nehmen.
Danke, Herr Abgeordneter Doege, für die Einbringung. - Bevor die Redner der Fraktionen das Wort erteilt be
kommen, hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Herr Minister Dr. Daehre, Sie können Ihren Beitrag für die Landesregierung abgeben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht gedacht, dass ich zu dem Thema heute im Landtag sprechen kann. Dafür bin ich der SPD-Fraktion ausgesprochen dankbar. Wenn wir es gemacht hätten, hätten Sie gesagt: Jetzt will er sich selbst darstellen. - Schön, dass ihr das gemacht habt. Ich weiß nicht, Herr Doege, wer Sie dabei beraten hat, das heute hier zu thematisieren.
Ich könnte mir die Sache jetzt ganz einfach machen und könnte sagen: Acht Jahre, meine Damen und Herren, acht Jahre habt ihr Zeit gehabt. Wir sind acht Monate im Amt und jetzt legen wir etwas vor. Ihr konntet nicht einmal warten, bis ihr es gehabt habt, sondern ihr habt gleich einen Antrag geschrieben. Meine Damen und Herren, so kann es doch auch nicht sein. Erst einmal lesen und dann studieren.
Wenn die ganze Kritik darin besteht, dass in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ein Herr aus Allstedt und ein Herr aus Wettelrode der Meinung waren - - Sie haben das inzwischen schon fünfmal bedauert; denn eines ist klar, meine Damen und Herren: Wenn sie es nicht wollen, dann diskutieren wir darüber, dann bekommen andere das Geld und bauen woanders eine Straße. Das ist doch das Thema.
Wenn der Bundesverkehrswegeplan auch so wenig Kritikpunkte wie dieser Landesverkehrswegeplan enthält, wären wir sehr zufrieden. Ich freue mich doch für die Koalitionsparteien, dass wir das gemeinsam in acht Wochen auf den Weg gebracht haben.
Jetzt kommt der demokratische Teil. Jetzt haben wir unsere Verantwortung als Land, denn wir machen nicht „Wünsch dir was!“. Wenn ich die Kommunen gefragt hätte, welche Landesstraßen gebaut werden sollen, dann müssten sich die Kommunen erst einmal zusammensetzen. Dann streiten sie. Wir müssen einen Vorschlag machen. Es ist nur ein Vorschlag, den werden wir in den nächsten Wochen diskutieren. Wenn die Liste am Ende anders aussieht, dann sieht sie anders aus.
Wenn Sie sagen: 1992. Aken ist das beste Beispiel. Wenn Sie mal reingeguckt hätten, wie es 1992 ausgesehen hat, würden Sie anders reden. Das haben Sie alles in acht Jahren vergessen. Das hätten Sie alles schon machen können.
Es ist gar nicht verkehrt, dass man da einmal hineinschaut. Was 1992 angemeldet worden ist, kann natürlich 2002 falsch sein. Dann korrigieren wir das. Da stehen wir über den Dingen, meine Damen und Herren. Dieser Landesverkehrswegeplan ist aufgestellt worden, und zwar von Fachleuten aus Orten von Salzwedel bis Zeitz und ohne politische Vorgabe, meine Damen und Herren. Darauf lege ich ganz großen Wert.