Bis zum 17. März - heute ist der 14. März - sollen im Rahmen der von den Bundesländern gebildeten Arbeitsgruppe eigene Forderungen in den Entwurf aufgenommen werden.
Worum geht es dabei eigentlich? - Von Kultusminister Herrn Olbertz war zu hören, dass es in Bezug auf den Sinn schulischer Ganztagskonzepte mit ihm keinen Dissens gebe.
Das mag sein. Die Frage, die sich uns nun stellt, lautet mittlerweile jedoch nicht mehr nur ob, sondern wofür genau Sachsen-Anhalt die Finanzhilfen verwenden wird. Das, meine Damen und Herren, ist nämlich der springende Punkt.
Es ist schon ein Unterschied, ob die Mittel, wie von der Bundesregierung vorgesehen, zur Ausweitung von Ganztagsangeboten genutzt werden oder ob man damit vornehmlich bestehende Strukturen finanziert.
Ich will das etwas untersetzen. Von den gegenwärtig ca. 1 300 Schulen in Sachsen-Anhalt arbeiten 43 Schulen nach einem Ganztagskonzept. Das ist wahrlich nicht viel; denn das entspricht lediglich 3,3 %.
Meine Damen und Herren! Ganztagsschulen sind sicherlich kein Allheilmittel zur Behebung der gegenwärtigen Bildungsmisere. Das wissen wir sehr wohl.
Aber sie sind ein Baustein und sie tragen zur Vielfalt unserer Bildungsstrukturen ebenso bei wie Schulen in privater Trägerschaft.
Wir erwarten und fordern nun nicht gleich, dass die Zahl der Ganztagsschulen verdoppelt oder verdreifacht wird. Jedoch müssen die Finanzhilfen des Bundes genutzt werden, um mehr Ganztagsschulangebote in der Fläche vorzuhalten.
Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt setzt sich in der gebildeten Arbeitsgruppe wie auch die anderen von CDU und FDP regierten Bundesländer für eine Aufweichung der Zweckbindung für die Finanzhilfe ein. Was steckt denn nun eigentlich dahinter? - Zunächst wirft man der Bundesregierung vor, den Ländern ein Programm aufzudrängen, auf dessen Folgekosten die Länder nach dem Auslaufen des Förderzeitraumes sitzen blieben.
Außerdem wäre die Fokussierung auf bauliche Maßnahmen, auf die Ausstattung bzw. damit zusammenhängende Dienstleistungen zu einseitig, da die Länder den für den Betrieb von Ganztagsschulen nötigen Personalaufwand zu tragen hätten.
Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf die angeblich ungenügende Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten in den neuen Bundesländern, also auch bei uns in Sachsen-Anhalt.
Nun fragen wir einmal nach der Substanz dieser Vorwürfe. Erstens. Zunächst muss an dieser Stelle ganz klar gesagt werden, es ist selbstverständlich, dass ein Bundesprogramm den Zweck der Finanzhilfen beschreibt. Das war immer so und das wird auch so bleiben. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, angesichts der finanziellen Situation der Länder wäre bei einer anderen Beschreibung der anderweitigen Verwendung Tür und Tor geöffnet.
chende Dienstleistungen eröffnet in Sachsen-Anhalt die Möglichkeit, dringend notwendige Investitionen in Ausbau, Sanierung und Ausstattung jener Schulen zu tätigen, deren Antrag auf ein Ganztagsschulkonzept genehmigt wird.
Wie notwendig dies vielerorts ist, meine Damen und Herren, muss ich nicht erwähnen, zumal CDU und FDP in den Haushaltsplan 2003 keinen einzigen Euro für den Schulbau bzw. für die Schulsanierung einstellt haben. Und das ist ein Skandal.
(Zustimmung bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Wie viel haben Sie in der Vergangenheit einge- stellt? Sie haben das doch auf null gefahren! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)
Meine Damen und Herren! Punkt 3 dieser Vorwürfe: Die von den Ländern zu erbringenden Eigenaufwendungen von mindestens 10 % sind gemessen an der Gegenfinanzierung anderer Programme mit bis zu 50 % verhältnismäßig gering. In den nächsten fünf Jahren muss das Land insgesamt lediglich 12,5 Millionen € aufwenden, pro Jahr im Durchschnitt 2,5 Millionen €. Dies ist angesichts des Nutzens für das Land und die Kommunen, denke ich, zu schultern.
Viertens. Selbstverständlich benötigen Schulen mit einem Ganztagsschulkonzept eine zusätzliche Personalausstattung. Neben Lehrkräften arbeiten dort pädagogische Mitarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Dass dafür die Länder verantwortlich sind, ist auch selbstverständlich.
Aber, meine Damen und Herren, in Anbetracht der rückläufigen Schülerzahlen verfügt das Land über ein großes Reservoir an Pädagoginnen und Pädagogen, die an der Gestaltung von Ganztagsschulkonzepten mitwirken könnten. Darauf müsste man mal achten.
Wir denken auch, dass der abgeschlossene Tarifvertrag das durchaus hergeben könnte, wobei man sicherlich über die Lehrerbedarfe noch diskutieren muss.
Diesbezüglich ist jedoch ein ganz anderer Aspekt interessant: Wegen der Wiedereinführung des Hauptschulbildungsgangs steht die Landesregierung vor großen organisatorischen Problemen. Vielerorts werden die zur Klassenbildung notwendigen Schülerzahlen nicht erreicht werden. Damit entstehen entweder sehr kleine Hauptschulgruppen oder der Unterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Physik erfolgt in abschlussbezogenen Kursen.
Und das, meine Damen und Herren, Frau Feußner, bindet überdurchschnittlich viele Lehrkräfte. Dadurch werden Kapazitäten gebunden, die man auch für die Umsetzung von Ganztagskonzepten nutzen könnte. Also, meine Damen und Herren, das so genannte Personalproblem ist hausgemacht.
Fünftens. Durch die Aufnahme der Förderfähigkeit von Schulen mit räumlich angegliederten Horten auf der Grundlage eines gemeinsamen pädagogischen Konzeptes in den Entwurf der Verwaltungsvereinbarung wird auch die in Sachsen-Anhalt befindliche besondere Infrastruktur bedacht.
Nun vermittelt der Änderungsantrag von CDU und FDP auf den ersten Blick durchaus eine gewisse Friedfertigkeit, ja fast Zustimmungsfähigkeit. Aber beim zweiten Lesen und vor allem in Verbindung mit der Antwort der
Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Hein zu Ganztagsschulen entstehen jedoch gravierende Fragen und Befürchtungen.
So fordert die Landesregierung in der Antwort die Aufnahme einer zusätzlichen Formulierung zur Förderfähigkeit von kooperierenden Horten in die Verwaltungsvereinbarung. Weiterhin sollen nun generell genehmigte Ganztagsschulen ohne eine zeitliche Befristung förderfähig werden.
Des Weiteren äußert die Landesregierung an anderer Stelle, dass vor dem Hintergrund des einschneidenden Rückganges der Zahl der Schüler die Einrichtung von zusätzlichen Ganztagsschulen in größerer Zahl nicht realisierbar sei.
Und wiederum stellt sich die Frage: Was will die Landesregierung mit den 126 Millionen € dann eigentlich fördern? - Die besondere Akzentuierung der Förderfähigkeit der Horte lässt erahnen, wohin man will. Da die Horteinrichtungen im Prinzip als Ganztagseinrichtung fungieren und vielerorts auch noch an die Grundschulen angegliedert sind, ist zu vermuten, dass die Landesregierung versuchen würde, einen Großteil der Finanzhilfen in diese Einrichtungen umzuleiten, da sie bei diesen Einrichtungen ein akutes Finanzierungsproblem hat.
Der Artikel von Frau Feußner, der heute in der „Volksstimme“ stand, hat bei mir genau diese Befürchtungen gestärkt. Sie haben dabei nur eines übersehen, meine Damen und Herren: Die Horteinrichtungen sind nicht mehr Bestandteil der Schulen, sondern unterliegen den Regelungen des Kinderförderungsgesetzes.
Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, um nicht missverstanden zu werden: Es ist richtig, die besondere Infrastruktur in Sachsen-Anhalt zu berücksichtigen. Das sieht jedoch schon der gegenwärtige Entwurf der Verwaltungsvereinbarung vor. Sie wollen nun diese Regelung ausweiten. Was wäre die Folge? - Die Finanzhilfen würden vornehmlich in die bestehende Infrastruktur und in den Hortbereich fließen. Nun scheinen Sie genau dies zu wollen. Dann müssen Sie es aber auch einmal erklären. Wir wollen dies nicht.
Das Ziel muss also darin bestehen, keine Schlupfwinkel bei der Zweckbindung der Mittel in die Verwaltungsvereinbarung einzubauen, sondern die sich aus dem Programm ergebenden Möglichkeiten zur Ausweitung von Ganztagsschulangeboten für alle Schulformen zu nutzen. Auch die über Zwölfjährigen sollen verstärkt von diesem Programm profitieren.
Meine Damen und Herren! Herr Olbertz, nun weiß ich nicht, wie Sie sich in Ihrem Redebeitrag zu unserem Antrag äußern werden.
Ich befürchte, dass es möglicherweise ein Fachreferat über den Sinn und Widersinn von Ganztagsschulen wird, was gar nicht schlecht ist. Darüber kann man ja gern
diskutieren. Wir finden das auch nett und wir sollten das tun, aber vielleicht nicht an dieser Stelle. An dieser Stelle geht es nämlich um politische Entscheidungen und nicht um pädagogische Grundsatzdiskussionen.
Natürlich wird eine Schule, meine Damen und Herren, nicht automatisch zu einer besseren Schule, weil sie als Ganztagsschule fungiert.