Wir haben dabei auch berücksichtigt, dass sich in den Jahren nach 1990 vielfältige örtliche Traditionen gebildet haben, den Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober mit Festen und vergleichbaren Veranstaltungen zu feiern. Es würde dem Charakter dieses Tages zuwiderlaufen, wenn solche Veranstaltungen nicht möglich wären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe großes Verständnis, dass Kirchen und Gewerkschaften uns auf die besondere Bedeutung des Schutzes der Sonn- und Feiertage immer wieder hinweisen. Auch mir liegt der Schutz des Sonntages am Herzen. Gerade deshalb privilegieren wir in unserem Gesetzentwurf diejenigen Marktveranstaltungen, die uns das nahe bringen, was wir uns für den Sonntag wünschen: Erholung, Entspannung, Familienleben und Unterhaltung.
Auf einen anderen Punkt der von uns vorgeschlagenen Regelung möchte ich noch besonders hinweisen: Auf die Festsetzung eines Marktes auf einen Sonntag oder auf die Feiertage 1. Mai oder 3. Oktober besteht kein Rechtsanspruch. Vielmehr liegt die Festsetzung von Märkten an diesen Tagen grundsätzlich im Ermessen der jeweiligen Festsetzungsbehörde, das heißt der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte. Diese Regelung entspricht unserer Vorstellung, Entscheidungen so weit wie möglich nach unten zu verlagern. Nicht zentral, sondern nach den Verhältnissen vor Ort wird entschieden, ob und wie viele Märkte an Sonntagen stattfinden sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Entwurf schlagen wir eine klare gesetzliche Regelung vor, wie sie die Gerichte in den von mir erwähnten Entscheidungen für notwendig erachtet haben. Wir sehen dabei eine ausgewogene Regelung vor, die dem Wunsch vieler Menschen nach einer weiteren Möglichkeit der Freizeitgestaltung sowie den wirtschaftlichen Notwendigkeiten entspricht und auch dem Wesen von Sonn- und Feiertagen Rechnung trägt. Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen.
Danke, Herr Minister. - Wir treten nunmehr in die Debatte der Fraktionen ein. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Kosmehl für die FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes soll eine von den Verwaltungsgerichten unseres Landes untersagte Praxis wiederherstellen, und zwar nicht nur die tatsächliche Praxis dulden, sondern eine rechtlich zulässige Praxis ermöglichen.
Auf nochmalige detaillierte Ausführungen zu den geplanten Neuregelungen möchte ich verzichten. Der Minister hat das hier hinreichend dargestellt.
Die FDP-Fraktion begrüßt die Liberalisierung des Sonn- und Feiertagsgesetzes hinsichtlich der Märkte. Insbesondere der Differenzierung zwischen den Spezialmärkten als privilegierten Märkten und den sonstigen Märkten wird zugestimmt.
Offen ist für die FDP-Fraktion allerdings noch die Frage, ob die geplante Einschränkung des § 3 Abs. 3 sinnvoll ist. Die derzeit gültige Regelung mit Ausnahmen für nur vier Sonntage - Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag und Totensonntag - soll dahin gehend geändert werden, dass an Sonntagen, die zugleich staatlich anerkannte Feiertage sind, das Betreiben von Autowaschanlagen nicht erlaubt wird. Ob eine solche Einschränkung tatsächlich notwendig und sinnvoll ist, sollten wir in den Ausschüssen intensiv diskutieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion bittet um die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Inneres und in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. - Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter Kosmehl. - Bevor ich dem Abgeordneten Herrn Rothe für die SPD-Fraktion das Wort erteile, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Novalis-Sekundarschule Halle-Neustadt in unserem Haus recht herzlich begrüßen zu dürfen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der Landesregierung am 25. März 2003 beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sonn- und Feiertagsrechts kommt zu einem Zeitpunkt in das Parlament, zu dem über das Thema wieder mit der gebotenen Nüchternheit diskutiert werden kann.
Der Angriff auf den einkaufsfreien Sonntag, den die Sächsische Staatsregierung nach dem August-Hochwasser mit Länder übergreifenden Auswirkungen gestartet hat, diese Neuauflage des Sommertheaters aus dem Jahr 1999 ist glücklich überstanden. In diesem Kontext hätte der dem Landtag mit Schreiben vom 19. August 2002 vorab übermittelte Gesetzentwurf schlecht beraten werden können.
Der nunmehr vorliegende Entwurf greift Überlegungen auf, die nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Dessau und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt auch in meiner Fraktion angestellt worden sind. Soweit es um eine Rückkehr zu der Genehmigungspraxis geht, wie sie vor den Entscheidungen der Gerichte üblich war, sind die Überlegungen der Landesregierung durchaus nachvollziehbar. Die Grundphilosophie sollte jedoch sein, dass eine Liberalisierung unter der Woche mit einer Stärkung des Sonntagsschutzes einhergeht.
Insbesondere die von uns befürwortete Verlängerung der Ladenöffnungszeit am Samstag darf sich nicht zu einem Einfallstor entwickeln, durch das der Sonntagsschutz weiter ausgehöhlt wird.
Meine Damen und Herren! Wir nehmen die Einwände der Gewerkschaften und der Kirchen gleichermaßen ernst. Über die Bedeutung des Sonntags aus kirchlicher Sicht hat die „Mitteldeutsche Zeitung“ am 31. März 2003
unter der Überschrift „Ruhe für Leib und für Seele“ eine lesenswerte Betrachtung aus der Feder von Bischof Leo Nowak veröffentlicht.
So sehr der Sonntag schützenswert ist, gilt es den Eindruck zu vermeiden, die einen wollten den anderen vorschreiben, wie sie den Sonntag zu gestalten haben. Es steckt auch ein Stück Überheblichkeit darin, wenn man den Leuten sagt, sie sollten besser zu einem guten Buch greifen oder ins Konzert gehen oder sollten in sich gehen statt zu einer Marktveranstaltung. Beim Sonntagsschutz geht es letztlich darum, die individuelle Gestaltungsfreiheit zu schützen, die Freiheit eines jeden Einzelnen, über seine oder ihre freie Zeit selbst zu verfügen.
Diese Dispositionsfreiheit wird beschränkt, wenn man Verkäuferinnen keine Wahl lässt, als am Sonntag zu arbeiten. Es sollte daher geprüft werden, ob und wie den schutzwürdigen Interessen abhängig Beschäftigter besser Rechnung getragen werden kann, als das in dem Regierungsentwurf der Fall ist.
Es geht aber nicht allein um die abhängig Beschäftigten, sondern allgemein um einen wichtigen Teil unserer Kultur. Es geht darum, dass sich am Sonntag das Familienleben entfalten kann, dass man sich am Sonntag mit Verwandten und Freunden treffen kann, dass also der Sonntag ein Tag bleibt, an dem der Alltagstrott durchbrochen wird.
Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird einer Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss zustimmen und, wie von Herrn Kollegen Kosmehl vorgeschlagen, auch einer Mitberatung durch den Wirtschaftsausschuss. Wir werden eine Anhörung der Kirchen und der Gewerkschaften beantragen. Vielleicht können wir das zweckmäßigerweise im federführenden Ausschuss machen und dann die Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss dazu einladen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Verwaltungsgericht Dessau und das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt haben in den Jahren 1997 und 1998 durch ihre Rechtsprechung verursacht, dass die Durchführung von gewerblichen Marktveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen in unserem Land grundsätzlich verboten ist. „Na und“, könnte ich als Bürger aus dem Norden des Landes Sachsen-Anhalt jetzt sagen, „fahre ich eben nach Dannenberg im benachbarten Niedersachsen oder ins brandenburgische Wittenberge.“ Denn in nahezu allen anderen Bundesländern werden gewerbliche Marktveranstaltungen auch an Sonn- und Feiertagen durchgeführt.
Heutzutage werden gewerbliche Marktveranstaltungen von den Bürgern häufig nicht mehr als Störung oder Belastung empfunden. Die bestehende Rechtslage in Sachsen-Anhalt wird daher als unbefriedigend empfunden.
Der Gesetzentwurf greift ein altes Anliegen der CDU auf, Ausnahmetatbestände zu schaffen, sofern diese mit der
Sonn- und Feiertagsruhe vereinbar sind. Wir haben uns zudem vorgenommen, aufzuräumen mit solchen Regelungen, die die Standortfaktoren des Landes SachsenAnhalt beeinträchtigen können.
Deshalb begrüßt es die CDU-Fraktion, wenn die Landesregierung mit dem vorgelegten Gesetzentwurf einem Bedürfnis der Bevölkerung nach entsprechenden Veranstaltungen Rechnung trägt.
Der Gesetzentwurf unterscheidet im Kern Spezialmärkte, denen ein die regionale Identität oder den Fremdenverkehr fördernder Wert zukommt, und solche Spezialmärkte, denen ein solcher Wert nicht zukommt, sowie Jahrmärkten. Erstere können alle vier Wochen durchgeführt werden, die anderen nur viermal im Jahr, abgesehen von den Dezemberwochen. Der Betrieb einer Autowaschanlage bleibt regelmäßig - mit den schon genannten Ausnahmen - sonntäglich erlaubt.
Ich beantrage im Namen der CDU-Fraktion eine Überweisung in den Innenausschuss und in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. Dort können die vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes im Detail beraten und vorentschieden werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter Schulz. - Die Debatte der Fraktionen beendet Frau Abgeordnete Rogée für die PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte über die Veränderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes führen wir in diesem Parlament jetzt schon mehrere Jahre. Die Organisatoren von Waren-, Kram- und Trödelmärkten haben in der Vergangenheit sehr intensiv versucht, für ihre Geschäftstätigkeit planbare Entscheidungen zur Durchführung von Messen und Märkten durch das Parlament zu erreichen. Deswegen wurden bereits in der vergangenen Legislaturperiode viele Briefe geschrieben und Debatten geführt. Ihre Diktion war, dass sie, wenn nicht schnell Entscheidungen getroffen würden, dem Ruin ausgeliefert wären.
Ursache der Diskussion waren die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Dessau und des Oberverwaltungsgerichts des Landes. Hierbei ging es darum, aus der rechtlichen Grauzone herauszukommen. Herr Minister hat dazu vorhin schon einiges gesagt.
Deshalb hat sich der Landtag bereits am 15. September 2000 mit der Durchführung von Messen und Märkten befasst und wollte zügig bis zum 31. Dezember 2000 einvernehmliche Lösungen finden. Dass diese bis heute nicht gefunden sind, zeigt deutlich, dass die Lösung des Problems doch nicht so einfach ist, wie es scheint - und das, weil vom Grundsatz her Sonn- und Feiertagsarbeit in Deutschland rechtlich besonders geschützt ist. Daran können auch Sie nicht vorbei.
Die Argumentation in Ihrem Gesetzentwurf macht deutlich, welch großen Begründungsbedarf Sie hatten. Ich werde immer hellhörig, wenn ein vermeintlich einfacher Lösungsansatz vieler Worte und langer Begründungen bedarf. Genau dann ist viel Aufmerksamkeit und genaues Hinsehen gefragt.
Auf der Seite 4 Ihres Entwurfs sagen Sie selbst, dass das Land Sachsen-Anhalt sich auf gesetzgeberisches Neuland begebe und eine Regelung, welche die Durchführung von Märkten an Sonn- und Feiertagen zulasse, bislang in keinem anderen Bundesland getroffen worden sei. Das passt wieder in Ihre Deregulierungsstrategie; Sachsen-Anhalt ist erneut Experimentierfeld.
„Die Sonntage, die staatlich anerkannten Feiertage und die religiösen Feiertage sind nach Maßgabe des Gesetzes geschützt.“
Daran soll sich offensichtlich auch künftig nichts ändern. Deshalb können die Spezialmärkte, Messen und Ausstellungen, die Sie in diesem Gesetz regeln wollen, aus unserer Sicht nur als Ausnahmeregelungen gelten. Diese Ausnahmen umfassen in diesem Gesetzentwurf zwölf Sonntage im Jahr für Spezialmärkte, die den Fremdenverkehr fördern sollen, weitere vier Sonntage für Spezialmärkte, Jahrmärkte sowie am 1. Mai und am 3. Oktober Volksfeste, Messen und Ausstellungen. Des Weiteren wird aus Ihrer Begründung deutlich, dass auch die vier Sonntage nach dem Ladenschlussgesetz Berücksichtigung finden sollen. Und das alles, obwohl das Ladenschlussgesetz ab 1. Juni 2003 das Offenhalten der Verkaufsstellen an Samstagen bis 20 Uhr ermöglicht.
Der Vollständigkeit halber möchte ich die sehr weit gefasste Regelung für Kur- und Erholungsorte in SachsenAnhalt vom 31. Mai 1995 nicht unerwähnt lassen. Diese betrifft fast jeden Kreis und lässt eine zusätzliche Öffnung an jährlich 40 Sonn- und Feiertagen bis zur Dauer von acht Stunden und bereits samstags bis 20 Uhr zu.
Die PDS-Fraktion vertritt den Standpunkt, dass diese vorhandenen Regelungen mehr als ausreichend sind. Weiterhin respektieren wir, dass die Kirchen und die Gewerkschaften diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Die Kirchen und der DGB mit seinen zuständigen Einzelgewerkschaften wollen natürlich nicht, dass jeder Sonntag auch zu einem Arbeitstag wird. Denn aus der Sicht der Arbeitnehmervertreter soll der Sonntag zur Entspannung und Erholung sowie zur Pflege sozialer Kontakte im privaten wie im gesellschaftlichen Bereich genutzt werden. Aus der Sicht der Kirchen ist der Sonntag ein Tag der Besinnung und soll deshalb dem Kommerz verschlossen bleiben.
Ihre Unterscheidung zwischen Spezialmärkten, auf denen das gewerbliche Element zurücktritt - an den zwölf Sonntagen - und Spezialmärkten, die nur an vier Sonntagen stattfinden sollen und überwiegend kommerziell geprägt sind, soll den Eindruck vermitteln, wir machten das nur für die Menschen, damit sie einen interessanten Sonntag hätten. Als jemand, der sich im Handel etwas auskennt, habe ich mir die Frage gestellt: Was soll das?