Protokoll der Sitzung vom 16.05.2003

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 20. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode. Zu dieser Sitzung begrüße ich Sie, sehr geehrte Anwesende, auf das Herzlichste.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohes Hauses fest.

Ich erinnere daran - das wurde bereits gestern gesagt -, dass Frau Ministerin Wernicke für den heutigen Tag entschuldigt ist, da sie in Hamburg an der Umweltministerkonferenz teilnimmt.

Wir setzen nun die 11. Sitzungsperiode fort und beginnen die heutige Beratung vereinbarungsgemäß mit dem Tagesordnungspunkt 4:

Zweite Beratung

a) Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drs. 4/410

b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/618

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 4/726

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/741

Die erste Beratung fand in der 11. Sitzung des Landtages am 12. Dezember 2002 bzw. in der 15. Sitzung des Landtages am 13. März 2003 statt. Zunächst erteile ich dem Berichterstatter des Ausschusses für Inneres, dem Abgeordneten Herrn Kolze, das Wort. Bitte sehr, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS wurde in der 11. Sitzung des Landtages am 12. Dezember 2002 an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Der Ausschuss führte in der 9. Sitzung am 5. Januar 2003 eine Anhörung zu der Thematik durch, wobei auch Artikel 6 des Haushaltssanierungsgesetzes, der inzwischen aus dem Gesetzentwurf herausgelöst worden war, Beachtung fand und ebenfalls Gegenstand der Anhörung war.

In der 15. Sitzung am 13. März 2003 hat der Landtag den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP, der inhaltlich den Artikel 6 des Haushaltssanierungsgesetzes aufgreift, ebenfalls an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Der Hintergrund dieser Entscheidung war, dass Artikel 6 des Haushaltssanierungsgesetzes entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Finanzen per Beschluss des Landtages aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden war. Es bestand allerdings Einigkeit darüber, dass die Bestimmungen des Artikels 6 des Haushaltssanierungsgesetzes Bestandteil der Beratung sein sollten.

Die Fraktionen der CDU und der FDP stellten bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfs in der Drs. 4/618 dar, dass man keinen neuen Gesetzentwurf einbringen werde, um Verwirrung zu vermeiden. Vielmehr seien die Bestimmungen des Artikels 6 im Wesentlichen übernommen worden. Darüber hinaus wurden Änderungsanträge angekündigt, die im Ausschuss für Inneres zu beraten sein würden.

Diese Ankündigung wurde insbesondere seitens der Fraktion der PDS kritisiert mit der Begründung, dass die Einbringung von Änderungsanträgen bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfs möglich gewesen wäre. Eine qualifizierte Beratung im Ausschuss für Inneres könne sich nur wenige Tage nach der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag und aufgrund der angekündigten Änderungsanträge, über deren Inhalt und Umfang nichts bekannt sei, als problematisch erweisen.

Der Ausschuss für Inneres hat sich in der 11. Sitzung am 19. März 2003 mit den Gesetzentwürfen und den umfangreichen Änderungsanträgen der Fraktionen der CDU und der FDP sowie mit den ebenfalls umfangreichen Änderungsanträgen der Fraktion der SPD beschäftigen wollen. Die Fraktion der PDS erklärte, dass ihr Gesetzentwurf in Gänze zum Änderungsantrag erhoben werde, sofern der Ausschuss beschließe, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP zur Beratungsgrundlage zu machen.

Da die Abstimmung aufgrund der verschiedenen Änderungsanträge problematisch erschien, wurde der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gebeten, eine synoptische Darstellung vorzulegen, die die Übersicht erleichtert und eine geordnete Abstimmung ermöglicht. Zuvor hatte sich der Ausschuss für Inneres darauf verständigt, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP sowie die vorliegenden Änderungsanträge dieser beiden Fraktionen zur Grundlage für die zu erarbeitende Beschlussempfehlung zu machen.

In der 12. Sitzung am 16. April 2003 hat der Ausschuss für Inneres zunächst über die Änderungsanträge der Fraktion der SPD und die Änderungsanträge der Fraktion der PDS im Block abgestimmt und diese jeweils bei 3 : 7 : 3 Stimmen abgelehnt.

Die darauf folgende Abstimmung über die Bestimmungen war im Wesentlichen durch die redaktionellen Änderungsvorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes geprägt. Allerdings machte sich der Ausschuss nicht alle Vorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu Eigen.

Das Ergebnis der Abstimmung liegt Ihnen in der Beschlussempfehlung vor, die mit 7 : 6 : 0 Stimmen im Ausschuss angenommen wurde. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Kolze. - Meine Damen und Herren! Wir treten nun in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als erster Rednerin erteile ich für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Frau Krimhild Fischer das Wort. Bitte sehr, Frau Fischer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben die Beschlussempfehlung des Innenaus

schusses vor uns liegen. Wir als SPD-Fraktion werden dieser Beschlussempfehlung unsere Zustimmung nicht geben können. Das will ich in der Kürze der Zeit begründen.

Die Entwicklungsgeschichte dieses Gesetzes hat uns bereits Herr Kolze vorgetragen. Es seien mir jedoch noch einige Bemerkungen gestattet. Zunächst wurde der Artikel 6 aus dem Haushaltssanierungsgesetz 2003 herausgelöst. Das war notwendig und richtig; denn nur so war der Weg frei für ausführliche Diskussionen. Wir haben dann im Innenausschuss eine Anhörung durchgeführt.

Ja, meine Damen und Herren, die vorliegende Beschlussempfehlung ist nun das Ergebnis der monatelangen Beratungen. Dieses Ergebnis zeigt uns: Es ist schade um den Aufwand, es ist schade um die Hoffnungen, die Zeit und das Geld.

Gerade die Herausnahme des Artikels 6 aus dem Haushaltssanierungsgesetz nährte selbstverständlich die Hoffnung, dass auch die CDU und die FDP ihren Worten gerecht werden wollen und eine wirkliche Modernisierung des Personalvertretungsgesetzes anstreben. Aber spätestens in den Ausschussberatungen wurde deutlich, dass das nicht das Ziel von CDU und FDP ist. Berücksichtigt wurden in der Beschlussempfehlung lediglich kleine Veränderungen und sprachliche Anpassungen.

(Herr Kosmehl, FDP: Was?)

Den Meinungen der Experten, die im Innenausschuss zu Wort kamen, wurde zwar im Rahmen der Anhörung von den Fraktionen der CDU und der FDP Gehör geschenkt, aber sie blieben ohne Wirkung auf die Kollegen. Das zeigt die vorliegende Beschlussempfehlung.

Bisher hatten wir ein gutes Personalvertretungsgesetz in Sachsen-Anhalt.

(Herr Kosmehl, FDP: Also!)

Selbstverständlich haben auch wir erkannt, dass das Personalvertretungsrecht an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden muss. Das ist keine Frage, Herr Kosmehl.

(Herr Kosmehl, FDP: Es hat aber lange gedau- ert!)

- Das glaube ich nicht. - Aber die Anpassung soll nicht so erfolgen, wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, es praktizieren. Sie schränken die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen massiv ein, ohne ein Korrektiv für die Personalvertretungen dagegenzusetzen.

(Oh! bei der CDU - Frau Dr. Hüskens, FDP: Ach!)

Wir sind der Meinung, dass die Mitbestimmungsrechte in den Punkten, die in unserem Änderungsantrag genannt sind, ausgeweitet werden können und sollen.

Frau Fischer, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Am Ende. - Diese Punkte gehen auf die Anregungen der Gewerkschaften zurück und waren schon im Gesetzentwurf der PDS-Fraktion enthalten.

Einen wesentlichen Vorschlag haben Sie auch nicht aufgegriffen, der nach unserer Ansicht ein Kernstück des Gesetzentwurfes darstellen müsste. Es geht um die Beteiligung der Personalvertretungen bei Maßnahmen der Organisationsänderung. Das heißt, in den bevorstehenden Prozess der Verwaltungsmodernisierung müssen unserer Ansicht nach die Personalvertretungen eingebunden werden, und zwar rechtzeitig.

(Zustimmung bei der SPD)

Zum einen schafft man nur so Akzeptanz bei den Beschäftigten. Zum anderen ist es auch die Chance, die Erfahrungen der Beschäftigten in den Umgestaltungsprozess mit einzubeziehen.

Ich verstehe es daher nicht, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, diesen Vorschlag nicht aufgegriffen haben. Es wäre die Chance für den nun doch von Ihnen in Angriff genommenen Verwaltungsmodernisierungsprozess gewesen.

Welche Folgen befürchten Sie durch die Einbindung der Personalvertretungen? Wovor haben Sie eine so große Angst, dass Sie sich nicht dazu bereit erklären, die Einbindung im Gesetz vorzusehen? - Wenn Sie unter einer Modernisierung das verstehen, was uns als Beschlussempfehlung vorliegt, dann ahne ich, was Sie unter dem „großen Wurf“ einer Verwaltungsmodernisierung verstehen: Es wird rein gar nichts geschehen.

Kommen wir aber zu einem weiteren Punkt, der nach der Ansicht der SPD-Fraktion in das Gesetz aufgenommen werden müsste. In unserem Änderungsantrag sehen wir die Einführung eines § 70 vor, der mit den Worten „Vereinbarung mit den Gewerkschaften“ überschrieben ist. Beispielgebend ist hierfür die im vergangenen Jahr von der alten Landesregierung und den Gewerkschaften unterzeichnete Vereinbarung zum Prozess der Verwaltungsmodernisierung.

Aber vielleicht müssen wir eine solche Regelung gar nicht in das Gesetz aufnehmen, weil es für Sie selbstverständlich ist, solche Vereinbarungen abzuschließen. Sicherlich werden Sie meine Rechtsauffassung teilen, dass auch die neue Landesregierung bei ihren Reformbemühungen an diese Vereinbarung vom Januar 2002 gebunden ist. Wenn Sie sich daran aber nicht gebunden fühlen, dann sollten Sie das hier und heute sagen, da es um die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten geht.

Darüber hinaus enthält unser Änderungsantrag weitere Punkte, die eine Angleichung des Personalvertretungsrechts an die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes beinhalten.

Ich sehe gerade, dass meine Zeit zu Ende geht. - Meine Damen und Herren von den Fraktionen der CDU und der FDP, Sie haben noch wenige Minuten Zeit, von Ihrem jetzigen Standpunkt abzurücken. Obgleich ich weiß, dass mein Appell wenig Aussicht auf Erfolg haben wird, fordere ich Sie hiermit nochmals auf, den Weg frei zu machen für ein wirklich modernes Mitbestimmungsrecht des öffentlichen Dienstes in Sachsen-Anhalt. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. Frau Fischer ist bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens zu beantworten. - Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

Frau Fischer, Sie haben eingangs gesagt, dass wir die Mitbestimmung der Personalräte massiv beschnitten hätten. Ich kenne das Personalvertretungsgesetz und die Änderungen gut. Können Sie mir bitte sagen, in welchen konkreten Punkten wir die Mitbestimmung der Personalräte beschnitten haben?