Protokoll der Sitzung vom 12.06.2003

In Absatz 2 heißt es:

„Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen.“

Diese beiden Bestimmungen der Absätze 1 und 2 finden Sie in allen Gemeindeordnungen der deutschen Flächenländer. Vier Flächenländer haben in Absatz 3 eine Regelung, dass der Haushalt in seinen Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein soll. Bei uns und in acht weiteren Ländern heißt es, dass der Haushalt ausgeglichen vorzulegen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte, aber bitte zum Schluss.

Die Frage des Soll- oder Istausgleichs ist bei uns in § 90 geregelt. Die wichtige Regelung, nämlich die Hauswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die Erfüllung der Aufgaben dauerhaft gesichert ist, gilt immer. Das heißt, es ist die Pflicht der Kommunalaufsicht, die vorgelegten Haushalte - zurzeit sind es tatsächlich eine ganze Menge aus dem kommunalen Bereich, die in Ein

nahmen und Ausgaben nicht ausgeglichen sind - zu prüfen und darüber zu entscheiden.

Wenn ein Haushalt nicht ausgeglichen ist, dann muss der Gemeinderat, der Stadtrat oder der Kreistag eigene Anstrengungen unternehmen und einen Konsolidierungsbeschluss fassen. Das ist nichts Neues und auch kein Problem des Jahres 2003. Das ist ein Problem, das wir auch in früheren Jahren gelegentlich hatten. Herr Kollege Polte kann das sicherlich aus seinen Erfahrungen in der Stadt Magdeburg bestätigen.

Wie geht nun eine Kommunalaufsicht mit solchen Situationen um? Wenn es ein Konsolidierungsprogramm gibt, dann muss geprüft werden, ob die Ziele, wenigstens mittelfristig wieder ausgeglichene Haushalte im Verwaltungsbereich aufstellen zu können, erreichbar sind. Wenn das der Fall ist, kann auch ein nicht ausgeglichener Haushalt - natürlich mit den entsprechenden Vorgaben zur Konsolidierung - genehmigt werden.

Sie haben angesprochen, dass im Vermögenshaushalt erhebliche Investitionen durch eine solche Haushaltssituation behindert werden. Das ist richtig. Aber ich denke, auch für eine Stadt oder einen Landkreis gilt nach wie vor: Wenn man für eine Investition bei einer Bank Geld aufnimmt, dann muss man sich vergewissern, ob man den Schuldendienst in Form von Tilgung und Zinsen bedienen kann. Wenn das in der Vorschau nicht sauber bewertet werden kann, dann muss man bei der Aufnahme von Krediten vorsichtig sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Zur augenblicklichen Situation im Lande bei dieser prekären Haushaltssituation in vielen Kommunen möchte ich zumindest darauf hinweisen, dass die Zahlen, Herr Grünert, die Sie genannt haben, mit Sicherheit ein Ergebnis von Befragungen zu einem früheren Zeitpunkt gewesen sind. Die aktuelle Situation stellt sich inzwischen Gott sei Dank etwas anders dar.

Ich will Ihnen, weil es sich an diesen Zahlen am schnellsten erklären lässt, den Stand von heute nennen: Von den 21 Landkreishaushalten sind inzwischen zwölf Haushalte genehmigt worden. Eine ganze Reihe davon ist mit ungedecktem Haushalt, aber mit entsprechenden Konsolidierungsmaßnahmen genehmigt worden. Sechs Haushalte befinden sich noch im Genehmigungsverfahren. Bisher ist eine Kreishaushaltssatzung beanstandet worden. Zwei Landkreise haben bisher noch keinen Haushalt zur Bewertung vorgelegt.

Das heißt, bei den der Kommunalaufsicht jetzt zur Verfügung stehenden Instrumenten wurden ungedeckte Haushalte mit entsprechenden Konsolidierungsmaßnahmen genehmigt.

Zu dem speziellen Problem der Stadt Magdeburg, das Sie angesprochen haben, möchte ich Folgendes sagen: Die ausgewiesene Unterdeckung im Verwaltungshaushalt beläuft sich aktuell auf ca. 50 Millionen €. In der Prognose geht die Stadt Magdeburg davon aus, dass auch in den nächsten Jahren im Verwaltungshaushalt Defizite auftreten werden.

Den Lösungsansatz der Stadt Magdeburg - hören Sie bitte zu, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion - und wie wir damit umgehen, haben wir in dieser Woche noch einmal besprochen. Der Haushaltsausgleich - auch mit den Konsolidierungsmaßnahmen, die der Stadtrat beschlossen hat - ist nicht vor dem Jahr 2010 zu erwar

ten. Wir akzeptieren das. Wir akzeptieren eine so lange Prognosezeit bis zum Jahre 2010.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Wie großzügig!)

- Das ist großzügig, weil das ein sehr langer Zeitraum ist. Sie wollen es doch haben, Sie wollen es doch ändern, aber wir machen es auch ohne Ihre Änderungen.

(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Sitte, PDS: Natür- lich!)

Wir akzeptieren einen solchen langen Vorlauf. Das wird dazu führen, dass die Stadt Magdeburg in der nächsten Woche einen Haushalt mit dieser Unterdeckung im Verwaltungshaushalt genehmigt bekommen wird, was ihr Spielräume im Vermögenshaushalt eröffnet.

Hinzu kommt - dazu laufen noch Gespräche -, dass die Anstrengungen der Stadt Magdeburg mit den Konsolidierungsmaßnahmen, die bisher beschlossen sind, wohl nicht ausreichen werden. Die Stadt weiß ganz klar - sie will es auch tun -, dass in den nächsten Jahren, in den Jahren 2006, 2007 und 2008 weitere Konsolidierungsanstrengungen zu unternehmen sind, um das Ziel des Haushaltsausgleiches im Jahr 2010 tatsächlich zu erreichen.

Ich wollte beschreiben, dass wir in der Kommunalaufsicht mit solchen schwierigen Haushalten wie dem der Stadt Magdeburg mit 50 Millionen € Unterdeckung sehr verantwortungsbewusst umgehen, auch damit die Kommunen ihre Handlungsspielräume und Handlungsfreiheiten behalten. Trotzdem muss dabei immer bewertet werden, dass Schulden machen relativ einfach ist, aber Schulden zurückzuzahlen relativ schwierig ist. Das muss man am Anfang bedenken.

(Beifall bei der CDU)

Es gab Nachfragen von Herrn Grünert, von Frau Dr. Sitte und von Herrn Gallert. Bitte sehr, Herr Grünert.

Herr Minister, ich habe eine Frage, weil Sie den Vergleich mit der Privatwirtschaft angeführt haben. Wenn man als Privatperson einen Kredit aufnimmt, dann hat man eine Laufzeit, in der man konstante Bedingungen bzw. Einnahmen hat. Können Sie gewährleisten, dass bis zum Jahr 2006 oder zumindest bis zum Jahr 2005 die Kommunalzuschüsse jährlich konstant bleiben, oder ist zu erwarten, dass sie progressiv abgebaut werden? Sie haben im Bereich der Aufstellungsverfahren der Haushalte aufgrund der zu späten Verabschiedung des Landeshaushaltes durch diesen Landtag Bedingungen geschaffen, die nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen waren.

Herr Grünert, das ist korrekt, was die Auswirkungen einer späten Haushaltsverabschiedung und die sich daraus ergebenden Veränderungen angeht. Wir wissen alle, dass die Veranschlagungen für den gemeindlichen Bereich in der Einnahmesituation, wie zum Beispiel eigene Steuern, nicht mehr zutreffen werden. Die Zahlen der neuen Steuerschätzung, die weit später bekannt geworden sind, weisen schon jetzt aus, dass die Einnahmen tatsächlich nicht so hoch sein werden, wie man sie erwartet hat.

Das ist aber genau das Problem. Die Prognose, wie gut und wie stabil die Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen sein werden, fällt jedem schwer. Sie fällt sowohl den Kollegen im Hause als auch den Kollegen in den Rathäusern und in den Kreistagen schwer. Annahmen muss man aber an dieser Stelle treffen.

Wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob die Konjunktur in der deutschen Wirtschaft wieder so anspringt, dass sich auch die Steuereinnahmen für die öffentlichen Haushalte nachhaltig verbessern, dann muss man ganz nebenbei immer bedenken, dass der Haushalt aus zwei Positionen besteht: Einnahmen und Ausgaben. Wenn man bei den Einnahmen befürchten muss, dass sie nicht in den Größenordnungen zunehmen, wie man sich das wünscht, dann müssen Anstrengungen auf der Ausgabenseite unternommen werden, um für einen Ausgleich zu sorgen. Das sollte nicht nur im investiven Bereich, sondern auch im konsumtiven Bereich - bei den Kommunen reden wir im Verwaltungshaushalt davon - erfolgen.

Solche Anstrengungen sind schmerzliche Eingriffe, und solchen Anstrengungen stellen sich die Gemeinderäte und die Verwaltungen im kommunalen Bereich. Die Beschlüsse, die die Stadt Magdeburg bisher schon gefasst hat, waren mit Sicherheit nicht einfach; sie führen aber in die richtige Richtung. Wenn man so miteinander umgeht, dann kommt man auch in dieser schwierigen Lage zu Haushaltsgenehmigungen.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Dr. Sitte, bitte sehr.

Herr Minister, ich versuche etwas grundsätzlicher zu werden und versuche dabei ganz ruhig zu bleiben. Sie haben uns gerade erklärt, indem Sie Gesetzestexte zitiert haben, was die Aufgabe der Kommunen ist. Nun wissen wir aber - auch mit Bezug auf die letzten Ausführungen, die Sie gemacht haben -, dass die Kommunen in diesem Land - wie im Übrigen auch in den anderen Ländern - sehr stark von den Zuweisungen des Landeshaushaltes abhängig sind. Sie haben mit den Veränderungen der Zuweisungen an die Kommunen im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass viele Verwaltungshaushalte nicht mehr ausgeglichen sind. Sie haben selbst darauf hingewiesen.

Nun wollen wir doch wenigstens eines festhalten, nämlich dass es an der Stelle zwei Verantwortlichkeiten gibt, dass Sie sich als Minister nicht einfach hinstellen und zitieren können, worin die Aufgaben der Gemeinden und der Kommunen bestehen, und so tun können, als ob das überhaupt nichts mit den Beschlussfassungen in diesem Landtag zu tun hätte.

Uns geht es mit diesem Gesetzentwurf nicht darum, dass großzügige Entscheidungen getroffen werden, sondern darum, dass für alle Kommunen gleiche Maßstäbe angelegt werden. Sie haben selbst öffentlich wissen lassen, dass eben jene gleichen Maßstäbe zurzeit nicht vorhanden sind. Sie haben genau das auch zum Anlass genommen, sich als Landesregierung diesbezüglich, wie Sie eben selbst gesagt haben, in dieser Woche nochmals zu verständigen.

(Zustimmung bei der PDS)

Zunächst, Frau Dr. Sitte: Ich habe in meinem Beitrag auch gesagt, dass die Situation der kommunalen Haushalte durch einen Rückgang bei den Einnahmen - Sie haben das ebenfalls gesagt -, sowohl bei den Steuern als auch bei den Zuweisungen, begründet ist. Das ist das eigentliche Problem der kommunalen Haushalte, nicht die Frage, wie eine Kommunalaufsicht mit einem nicht ausgeglichenen Haushalt umgeht. Das bestreite ich überhaupt nicht. Dass die Haushaltssituation unserer Kommunen wie auch die des Landes und des Bundes der insgesamt schlechten Einnahmesituation aller öffentlichen Hände geschuldet ist und dass auch Landtagesentscheidungen im Bereich des FAG natürlich Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte und die Ausführung dieser Haushalte haben, das bestreite ich überhaupt nicht.

Die Frage der gleichmäßigen Behandlung - also mit einer Soll- oder Istvorschrift im Gesetz oder ohne - stellt sich für mich nicht. Selbst wenn Sie eine Formulierung wählen würden, dass der Haushalt ausgeglichen vorgelegt werden soll, ändert das bei einer Prüfung des Haushaltes, wenn er nicht ausgeglichen ist, überhaupt nichts. Sie brauchen auch dann als Entscheidungskriterien Vorgaben durch Beschlüsse über Konsolidierungsmaßnahmen, bis wann ein Haushalt wieder konsolidierungsfähig gestaltet werden kann. Ob mit Ist- oder Sollvorschrift, um diese Entscheidung der Kommunalaufsicht kommen Sie nicht herum.

Ich habe Ihnen beschrieben, dass unsere Kommunalaufsichten in den Landkreisen und auch die Regierungspräsidien sehr wohl die Kommunen in ihrem Bemühen, ihre Haushaltssituation mittelfristig wieder in den Griff zu bekommen, unterstützen und auch Haushalte genehmigen, die nicht ausgeglichen sind.

Die letzte Frage wird von Herrn Gallert gestellt.

Herr Minister, ein kluger Mensch hat einmal gesagt, dass es das Ziel der Opposition sein muss, der Regierung ihren politischen Willen aufzudrücken. Allein die Diskussion um die Genehmigung des Magdeburger Stadthaushaltes in den letzten 14 Tagen zeigt, dass wir mit der Einbringung des Gesetzentwurfs schon jetzt zufrieden sein können; denn es hat sich ganz offensichtlich etwas bewegt, nachdem man die Sache politisch auf das Tablett gehoben hat.

Ich will aber an der Stelle noch eine andere Frage stellen. Sie haben vorhin im Hinblick auf die Landkreise gesagt: Wir haben jetzt, Mitte Juni, die Situation, dass von 21 Landkreisen nunmehr zwölf einen genehmigten Haushalt haben. Herr Innenminister, sind Sie nicht selbst als ehemaliger Landrat der Meinung, dass gerade diese Zahlen belegen, wie wichtig es ist, dass die politische Handlungsgrundlage erneuert wird?

(Zustimmung bei der PDS)

Eine rechtzeitige Verabschiedung des Landeshaushaltes ist die beste Lösung, um Klarheit für die Haushaltaufstellung im kommunalen Bereich zu bekommen. Herr Gallert, darüber streiten wir uns überhaupt nicht. Nur, der Ansatz, bezüglich der Prüfung der Haushalte die Muss

vorschrift in eine Sollvorschrift zu ändern, ist eben nicht die Lösung.

Ich wünsche mir auch für den kommunalen Bereich, dass der Landtag den Landeshaushalt sehr frühzeitig verabschiedet und dass die kommunalen Gremien sehr frühzeitig mit verlässlichen Zahlen über ihre Haushalte beraten und beschließen können und daher die Genehmigung viel früher als in diesem Jahr erfolgen kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Wir setzen die Debatte fort. Für die FDP-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Wolpert aufgerufen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion der PDS könnte man auf den ersten Blick zufrieden sein, weil er vermeintlich das Problem löst, das uns allen auf den Nägeln brennt. Es ist richtig: Unsere Kommunen und Landkreise sind in einer finanziell nicht rosigen Zeit, und - das weiß wohl jeder Kommunalpolitiker - sie haben ernsthafte Schwierigkeiten, die eigenen Haushalte in Ordnung zu halten.

Die von der PDS-Fraktion in der Begründung ihres Antrags zugrunde gelegte Situation soll dabei dadurch gekennzeichnet sein, dass drei Viertel der Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern keine genehmigungsfähigen Haushalte haben. Die Landkreise seien mit rund 86 % davon betroffen. Die Folge der Nichtgenehmigung bedeute die Entmündigung der kommunalen Gremien und das wiederum die Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltung. Im Übrigen würden dringend notwendige Investitionen gehemmt und verhindert.

In der Analyse kommt die PDS-Fraktion zu dem Ergebnis, dass der gesetzlich vorgegebene Rahmen zu eng gefasst ist und zugunsten der Kommunen erweitert werden muss, um die beschriebenen Folgen zu vermeiden. Die Begründung für die Nöte der Kommunen findet die PDS-Fraktion in den verminderten Landeszuweisungen und in den verringerten Steuereinnahmen.