Die PDS hat nichts gegen die Wahrnahme öffentlicher Aufgaben durch privatrechtliche Unternehmen - um das klar zu stellen -, wenn die Kontrolle und Einflussnahme der Kommune bei der Erfüllung dieser Aufgaben gewährleistet werden.
Viele Unternehmen, wie Stadtwerke, Nahverkehrsunternehmen, Wirtschaftsfördergesellschaften und andere, werden in einer privatrechtlichen Organisationsform geführt. Aber diesen Betrieben für zukünftige Aufgabenfelder die Existenzbedingungen zu untergraben, hat nichts mit der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, geschweige denn mit der Wahrung der öffentlichen Daseinsvorsorge zu tun.
Immer wieder haben Sie von Übergriffen der kommunalen Unternehmen in die private Wirtschaft gesprochen. Ein Katalog dieser so genannten Vergehen wurde von der Regierung und auch von den Kammern bisher nicht vorgelegt.
Es wird vermutlich auch sehr schwierig sein, das zu tun; denn wie die IHK Magdeburg bei der Anhörung im Umweltausschuss bestätigte, wurden in der Vergangenheit Geschäftsfelder der privaten Unternehmen von den kommunalen Betrieben nicht übermäßig wahrgenommen, sodass es zu ausgeglichenen Verhältnissen in Sachsen-Anhalt gekommen ist. Zu einer Verschärfung der Subsidiaritätsklausel in § 116 der Gemeindeordnung besteht deshalb nach unserer Überzeugung keine Veranlassung.
Die vom Ausschuss für Recht und Verfassung mehrheitlich beschlossene Formulierung „besser und wirtschaftlicher als ein anderer“ ist bundesweit einmalig und dürfte nach Hinweisen von Rechtsexperten einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten.
Um den kommunalen und den Energieversorgungsunternehmen die erforderlichen Spielräume für einen fairen Wettbewerb zu schaffen, bedarf es zumindest eines weitgehenden Bestandsschutzes. Obwohl wir die vorgeschlagenen Änderungen in der Gemeindeordnung aus inhaltlichen Gründen ablehnen, haben wir den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag eingebracht. Er formuliert den Appell des Verbandes der kommunalen Unternehmen und des Verbandes der deutschen Energiewirtschaft, den ursprünglichen Kabinettsentwurf zum Tragen zu bringen, um die schlimmsten Auswirkungen zu verhindern. Herr Stahlknecht, wir haben schon verstanden, wo Sie hinwollen; deswegen unser Widerstand an dieser Stelle.
Die PDS Fraktion spricht sich erneut dafür aus, dass jedes Unternehmen unabhängig von seiner Eigentumsform eine gleichberechtigte Chance hat, sich am Markt zu bewegen.
Offensichtlich gilt der Privatisierungsgrundsatz nicht für die Landesregierung; denn wie der Presse zu entnehmen war, soll ein Eigenbetrieb für die landeseigenen Immobilien sowie ein Landesbetrieb für den Hoch- und Straßenbau gebildet werden. Offenbar haben Sie im freien Wettbewerb keine Anbieter gefunden. Ich kann
Ihnen, Herr Minister Daehre und Herr Minister Jeziorsky, bei Bedarf aber gern aus meiner unternehmerischen Praxis heraus zahlreiche Kontakte vermitteln. Ich habe damit kein Problem.
Zweitens. Die beabsichtigten Änderungen des Landesplanungsgesetzes in Artikel 10 des Gesetzentwurfes sehen wir als Versuch an, den Landtag auf dem Gebiet der Raumordnung und der Landesentwicklung zu entmündigen. Indem der Landesentwicklungsplan vom Gesetzesrang zu einem Kabinettsbeschluss herabgestuft wird, droht ein weiterer Bedeutungsverlust der Raumordnung. Wir betrachten es als eine Zumutung, dass der Landesregierung künftig überlassen bleiben soll, ob, wann und worüber sie das Parlament zu Fragen der Landesplanung zu informieren gedenkt.
Drittens. Die im parlamentarischen Verfahren erreichten Änderungen des Wassergesetzes, das heißt die Rücknahme der vorgesehenen ersatzlosen Streichung von § 146 des Wassergesetzes, werden von uns unterstützt. Damit bleibt die Trinkwasserversorgung Aufgabe der Daseinsvorsorge in den Kommunen. Die massive Kritik von den Spitzenverbänden und den Oppositionsparteien an der ersatzlosen Streichung der Versorgungspflicht bei Trinkwasser hat doch Wirkung gezeigt. Wir werten das als einen Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen der kommunalen Spitzenverbände, des Wasserverbandstages, der Oppositionsparteien im Landtag und den an der Diskussion beteiligten Praktikern und auch als Sieg der Vernunft in den Reihen der Regierungskoalition.
Viertens. Die PDS-Fraktion kritisiert grundsätzlich das gesamte parlamentarische Verfahren zur Herbeiführung des Beschlussentwurfes. Das beginnt mit den Anhörungen zum Gesetzentwurf, die offensichtlich jeder Ausschuss nach seinen eigenen Vorstellungen geplant und durchgeführt hat. Eine gemeinsame Anhörung aller Ausschüsse hätte zu mehr Effektivität geführt und vor allem bei den Anzuhörenden und bei allen Abgeordneten einen einheitlichen Informationsstand geschaffen.
Unsere Kritik setzt sich bei den Diskussionen in den Ausschüssen fort, in denen auf Nachfragen der Opposition hinsichtlich der Wirkungen und Effekte des Gesetzes entweder keine oder nur ausweichende Antworten von der Koalition und den Ministerien gegeben wurden.
Schließlich kritisieren wir das Verfahren im federführenden Ausschuss. Es wurden beispielsweise gravierende Änderungen im kommunalen Wirtschaftsrecht durch die weitere Verschärfung der Subsidiaritätsklausel vorgenommen, ohne den zuständigen Fachausschuss für Inneres nochmals hinzuzuziehen.
Ein anderes Beispiel: Im Agrarausschuss gab es ein Mehrheitsvotum für Änderungen in Artikel 5 - Bauordnung - bezüglich Investitionserleichterungen in der Landwirtschaft und im Gartenbau. Der federführende Ausschuss votierte mit den Stimmen der Koalition dagegen, allerdings erst nach einer Auszeit, da doch Unsicherheit aufgekommen war. Die Sicherheit und Klarheit trat erst dann zutage, als bekannt wurde, dass der Fachausschuss bei seinem Votum Vorschlägen der PDS-Fraktion gefolgt war.
Wir halten diesen Vorgang für eine politischen Bewertung aus zwei Gründen für bemerkenswert: Erstens. Er stellt die Ernsthaftigkeit infrage, mit der die Tätigkeit von
Fachausschüssen bei einem solchen Artikelgesetz bewertet wird. Zweitens. Es demonstriert eine politische Kleingeistigkeit, wenn von der Opposition eingebrachte Anträge ohne ausreichende Begründung abgelehnt werden.
Meine Damen und Herren! Wir sollten die bevorstehende Parlamentspause nutzen, um auch über den Stil unserer politischen Auseinandersetzung nachzudenken.
Herr Becker, Sie sprachen vorhin davon, dass Sie mit Ihrem Gesetzesvorhaben psychologische Signale aussenden wollen. Wir legen mehr Wert auf Wirkungen, die die Landespolitik und die Gesetze erzielen. - Danke schön.
Danke, Herr Abgeordneter Thiel. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Scharf das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund ein Jahr nach der Verabschiedung des ersten Gesetzes der Regierungskoalition zur Erleichterung von Investitionen werden wir nun ein zweites Investitionserleichterungsgesetz verabschieden. Das ist gut so, weil wir damit noch vor der Sommerpause ein deutliches Signal an all diejenigen geben, die in Sachsen-Anhalt um wirtschaftliche Tätigkeiten bemüht sind. Mit dieser Regierung können Sie vernünftig zusammenarbeiten, meine Damen und Herren.
Investitionserleichterung ist genuin Mittelstandsförderung. Deshalb zielen unsere Gesetze vornehmlich darauf ab, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern. Das gilt natürlich insbesondere auch für den Baubereich. Deshalb haben sowohl im ersten Investitionserleichterungsgesetz als auch im zweiten Investitionserleichterungsgesetz Fragen des Baubereiches eine besondere Bedeutung.
Lassen Sie mich nun auf einige wenige Artikel des vorgelegten Gesetzentwurfes eingehen. Ich möchte meine Ausführungen auf diese Bereiche schwerpunktmäßig konzentrieren.
Kommen wir zur Änderung der Gemeindeordnung. Es ist wahr, eine intensive wirtschaftliche Betätigung der Kommunen hat nach der Wende unbestreitbar dazu beigetragen, die Städte infrastrukturell schnell und kostengünstig zu modernisieren. Private Unternehmen hatten trotzdem volle Auftragsbücher und mussten sogar Aufträge ablehnen. Was damals aber als beschäftigungsfördernd eingestuft wurde, hemmt heute zum Teil Investitionen und baut damit nicht unbedingt Arbeitsplätze auf.
Wir haben im Baubereich einen deutlichen Rückgang des Geschäftsvolumens. Daher kommt es darauf an, dass wir die Rahmenbedingungen künftig vernünftig hal
ten, und zwar vornehmlich für die mittelständische Bauindustrie die Rahmenbedingungen vernünftig halten.
Weil wir vorhin über gleichen Wettbewerb zwischen kommunalen Unternehmen und privaten Unternehmen gesprochen haben, wobei es nicht einfach um die Rechtsform geht, so lassen Sie mich doch gelinde darauf hinweisen: Kommunale Unternehmen haben ein deutlich vermindertes unternehmerisches Risiko.
Sie haben ein deutlich vermindertes Haftungsrisiko, sie haben durchaus Möglichkeiten, mit Subventionierungen zu arbeiten, und der direkte Informationsaustausch mit dem Auftraggeber bietet durchaus Vorteile in der Auftragsbeschaffung. - Das wollen wir uns doch ehrlich an dieser Stelle sagen und nicht unter den Tisch kehren.
Deshalb werden wir durch dieses Gesetz zwei wesentliche Veränderungen vornehmen: erstens die Beschränkung der Betätigungsfelder im Wesentlichen auf Energie- und Wasserversorgung, Abfall- und Abwasserbeseitigung, Wohnungswirtschaft und öffentlichen Verkehr, zweitens gilt für nicht im Gesetz aufgeführte Betätigungsfelder, die öffentliche Hand ist in der Pflicht nachzuweisen, dass sie den öffentlichen Zweck besser und wirtschaftlicher erfüllen kann. Die Kommune muss schon nachweisen, warum sie wirtschaftlich tätig sein kann. Es gibt nicht a priori den Auftrag, wirtschaftlich tätig zu sein.
Weil wir wissen, dass die öffentlichen Unternehmen eine ganz wichtige Aufgabe erfüllen, haben wir einen Bestandsschutz formuliert. Die Kommunen würden ansonsten finanziell vor nicht lösbare Probleme gestellt - das haben wir ganz deutlich gesehen - und private Unternehmen würden momentan nicht im gleichen Maße Beschäftigung aufbauen, wie das den Kommunen nach der Wiedervereinigung gelungen ist.
Bei der Ausweitung der Geschäftstätigkeit von Stadtwerken müssen wir aber eben aufpassen. Deshalb die vorgesehene Neuregelung in § 116 der Gemeindeordnung. Wenn ein bestehendes Unternehmen der öffentlichen Hand neue Geschäftsfelder erschließen will, um sich am Markt zu behaupten, dann steht dieses Unternehmen eben in der Beweispflicht.
Wir wollen eben keine unkontrollierte Annextätigkeit. Nehmen wir einmal Beispiele, die nicht aus der Luft gegriffen sind. Eine 100-prozentige Tochter eines kommunalen Wohnungsunternehmens bietet den Ausbau oder die Komplettsanierung von Wohn-, Büro- und Geschäftshäusern und zudem die Bauberatung und Baubetreuung beim Eigenheimbau an. Das ist nach der bisherigen Rechtslage möglich. Finden wir das gut?
Das finden die meisten nicht gut. Wir finden das ebenfalls nicht gut. Deshalb, denke ich, muss an dieser Stelle eine gesetzliche Klarstellung erfolgen. Oder, meine Damen und Herren?