Frank Thiel
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute zu dem Antrag der FDP „Sachsen-Anhalt holt auf - keine Abkehr von der erfolgreichen Wirtschaftsförderung“. Eigentlich fehlt nur noch ein nächster mit einem Gedankenstrich angefügter Satz, und zwar: „Unser Horst soll bleiben!“
Im Zentrum der Debatte soll das Thema einerseits deshalb stehen, weil das Thema der Konzentration der Wirtschaftsförderung auf wenige Zentren in der jüngsten Vergangenheit in den Medien einen breiten Raum einge
nommen hat, und andererseits, weil zukünftig die Wirtschaftsförderung in der bisherigen für Unternehmen attraktiven Form erhalten bleiben soll.
Lassen Sie uns doch diese beiden Sachverhalte etwas näher anschauen. Was war denn die mediale Widerspiegelung der letzten Wochen, etwas vereinfacht gesagt? FDP: Überall dort fördern, wo interessante Investoren ins Land gezogen werden können. SPD: Nur Cluster und Leuchttürme mit Höchstförderung, auf wenige Standorte konzentrieren. Industrie- und Handelskammern: Nur Wachstumspole bedienen und die, die an der Autobahn liegen.
Die Linkspartei.PDS nimmt der klassischen Wirtschaftsförderung gleich alle Gelder ab und von der CDU hörte man eine ganze Weile gar nichts. Gestern brachte es Herr Scharf noch einmal auf den Punkt: Man wolle schließlich den ländlichen Raum nicht abhängen.
Nicht gut gesonnene Journalisten könnten jetzt schreiben: Er will die Gießkanne wiederhaben. Aber so einfach wie die mediale Darstellung scheinbar war, so haben es die hier im Landtag vertretenen Parteien offensichtlich nicht beschlossen. Es wäre hilfreich gewesen, wir hätten unsere Papiere alle etwas gründlicher analysiert. Dann wäre mehr Klarheit gewesen und die heutige Debatte über die Konzentration auf Zentren, ja oder nein, wäre nicht notwendig gewesen. Aber somit ist uns die Gelegenheit gegeben, nochmals Herrn Minister Rehberger zu hören, und mir ist es möglich, erneut unsere grundsätzlichen Standpunkte darzulegen. - Dies sind die Ausgangsbedingungen.
In der gestrigen Debatte zur Regierungserklärung ist vieles gesagt worden. Zwei wesentliche Punkte waren dabei: Erstens. Von einer selbsttragenden Wirtschaftsentwicklung sind wir noch weit entfernt. Zweitens. Parallel dazu hat die Transformation in die wissensbasierte Gesellschaft längst begonnen.
Das Problem, das wir mit dem Motto „Weiter so!“ der jetzigen Koalition haben, ist die hemdsärmlige Vorgehensweise mit den Konzepten der klassischen Industrieförderung aus dem vorigen Jahrhundert, bei der neue Herauforderungen zu wenig aufgegriffen werden. Wie es gestern Kollege Gallert bereits sagte, ist die Debatte um die Leuchttürme oder Cluster eine Scheindebatte. Denn regionale Schwerpunkte bilden sich genauso wie Cluster Gott sei dank inzwischen weitestgehend ohne politische Lenkung.
In den letzten Jahren hat die Idee der regionalen Cluster mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Die Wirtschaftspolitik und -förderung setze auf Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen und Dienstleistern in räumlicher Nähe. Sie sollten durch Austauschbeziehungen entlang einer Wertschöpfungskette verbunden werden, eine kritische Masse von Firmen erreichen, die dann ähnliche Wirkungen wie die großen industriellen Kerne erzielen und zugleich Wettbewerbsvorteile für beteiligte Firmen schaffen sollten.
Jetzt aber werden die Anzeichen größer, dass derzeit Umbrüche vorhanden sind, die von diesen regionalen Clusterstrukturen abweichen, wobei sich diese kritische Masse auf eine neue Art überregional organisiert. So gesehen stellen sich neuartige Fragen in der regionalen Einbettung überregional orientierter Unternehmen, die nach Antworten suchen, will man nicht letztlich nur Illusionen hegen oder gar Entwicklungen blockieren.
Vor diesem Hintergrund sehen wir als Linkspartei als strategischen Handlungsansatz das Konzept so genannter innovativer Räume als einen Ausgangspunkt der Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsförderung. Dieser Ansatz beschränkt sich nicht auf die Stärkung einzelner Wachstumskerne oder industrieller Cluster. Die Politik innovativer Räume ist darauf gerichtet, nicht nur einzelne innovative Aktivitäten, Branchen und Netzwerke zu stärken, sondern die regionalen Rahmenbedingungen solcher Räume in ihrer Gesamtheit neu zu gestalten.
Wo und wie setzt das Konzept innovativer Räume an? Es wird künftig gerade auch vor dem Hintergrund zunehmend knapper werdender Mittel nicht mehr darum gehen, immer wieder einzelne Innovationen anzustoßen und zu unterstützen. So geht es ab einem Zeitpunkt eben nicht mehr allein oder in erster Linie um die Förderung der Gründung von Unternehmen, sondern um deren Übergang zu professionell und arbeitsteilig wirkenden Unternehmen. Es geht auch um das kulturelle und soziale Klima in den Städten und ländlichen Regionen und nicht zuletzt um eine entsprechende Neuausrichtung der Strukturpolitik.
Aufgrund der vorhandenen Kleinteiligkeit der Unternehmensstruktur in Sachsen-Anhalt bietet sich nach unserer Auffassung somit eine gute Möglichkeit, die sich abzeichnenden neuen Trends der Herausbildung von Wertschöpfungsketten als Chance der eigenen Entwicklung zu begreifen und sich in lokal existierende, aber global wirkende Unternehmensnetzwerke einzubringen.
Unsere Ansatzpunkte für die künftige Wirtschaftsförderung sind daher:
Erstens. Mittelfristig besteht die zentrale Anforderung staatlicher Wirtschaftsförderung darin, sich auf den Menschen als Träger dieser Entwicklung und weniger auf Sachinvestitionen zu konzentrieren. Die typische Variante der Unternehmenssubventionen als klassische Ansiedlungspolitik sollte definitiv der Vergangenheit angehören. Nach unserer Auffassung beginnt die Wirtschaftsförderung in der frühkindlichen Bildung und dauert in der schulischen, der beruflichen, der berufsbegleitenden und der Hochschulbildung an. Diesen grundsätzlichen Ansatz sollten wir in unsere Überlegung immer wieder einbeziehen. Jeder Euro, der in diesem Bereich investiert wird, vermehrt sich um ein Vielfaches in der wirtschaftlichen Tätigkeit.
Zweitens. Unser Ansatz ist auch darauf gerichtet, nicht nur einzelne innovative Aktivitäten, Branchencluster oder kleine Netzwerke zu stärken, sondern vor allem die regionalen Rahmenbedingungen in ihrer Gesamtheit für innovative Räume neu zu gestalten. Dies ist durchaus ein anderer Ansatz als der der Landesregierung, nur punktuelle Investitionen von Arneburg bis Zeitz oder von Wernigerode bis Wittenberg zu unterstützen.
Drittens. Der Weg für die Einbringung von Forschungsleistungen aus Sachsen-Anhalt in die regionale Wirtschaft oder für Ausgründungen junger Wissenschaftler muss erleichtert und effizienter gefördert werden. Das zentrale Problem in Sachsen-Anhalt besteht darin, dass wir eine viel zu geringe Dichte an Forschung im Bereich des produzierenden Gewerbes haben und viele Unternehmen in Sachsen-Anhalt keine Kraft haben, mittel- und langfristige Innovationen anzubahnen, weil ihnen
buchstäblich das Wasser bis zum Hals steht und sie alle Kraft darauf verwenden müssen, die nächsten Monate zu überleben. Wenn wir aber vor dem Hindergrund des Umstieges auf eine wissensbasierende Produktion und auf einen globalen Wettbewerb eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung haben wollen, ist es notwendig, dieses substanzielle Problem zu überwinden.
Viertens. Staatliche Wirtschaftsförderung kann und darf nach unserer Auffassung nur ein Katalysator sein, also ein Mittel, das Prozesse in Gang setzt, ohne sich selbst zu verbrauchen. Das heißt, in wachsendem Maße mehr Darlehensvergabe als Zuschuss, mehr revolvierende Fonds einzusetzen, damit der Wirtschaftsförderfonds des Landes konstant bleiben kann.
Fünftens halten wir es für dringend erforderlich, den Fragen des Controllings über den Einsatz und die Wirksamkeit von Fördermitteln eine größere Bedeutung beizumessen. Dabei geht es nicht nur um die Wirksamkeit einzelner Förderprogramme, sondern auch um mehr Transparenz in der Verwendung der Mittel. Hierbei wiederhole ich unsere Position immer wieder gern: Wer mit öffentlichen Geldern arbeitet, soll auch öffentlich über die Verwendung dieser Mittel Rechenschaft ablegen.
Auch gilt es, die Praktiken der Innovationsförderung im Land genauer anzuschauen. Anfang des Jahres war zu lesen, dass die Firma Icon Genetics aus Halle vom Bayer-Konzern Leverkusen vollständig übernommen wird. Die Hallenser Firma war mithilfe von Risikokapital der IGB-Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt aufgebaut worden und besaß auf dem Gebiet der Herstellung therapeutisch wirksamer Substanzen mehr als 40 angemeldete und erteilte Patente. Als sie also eine lukrative Position am Markt erkämpft hatte, fand sich die Firma auf der Verkaufsliste wieder. Meine Frage: Ist das das Ziel der Innovationsförderung in Sachsen-Anhalt?
Aber es gibt auch Beispiele, bei denen mit Landesmitteln innovativen Unternehmern unter die Arme gegriffen wird, denen kurz vor dem Ziel, nämlich der Einführung der Produkte auf dem Markt, die Puste ausging. Dann war auf einmal das Förderprogramm nicht mehr passend, Fördermittel blieben aus und schließlich fanden sich Ideen und Patente in anderen Firmen wieder.
Es bleibt also eine Menge zu tun, um den Dschungel in der Wirtschaftsförderung zu lichten, und damit ist nicht nur die Vielzahl der Förderprogramme gemeint.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen überall dort fördern, so meint Minister Rehberger, wo wir interessante Investoren in das Land ziehen. Was sind für ihn interessante Investoren? Ich würde mich über eine Antwort auf diese Frage heute sehr freuen.
Herr Minister, Sie verweisen immer wieder auf die guten Rahmenbedingungen bei uns. So wäre das Lohnniveau für Investoren attraktiver als in anderen Regionen. Es ist aber offenbar wenig attraktiv für gut ausgebildete und hochmotivierte Fachkräfte, die für ihre Leistung auch eine ordentliche Bezahlung haben wollen.
Ein attraktives Lohnniveau für Investoren ist keine hinreichende Bedingung für innovative Entwicklungen.
Die Pipeline ist übrigens mit Anträgen voll, so hören wir immer wieder aus dem Wirtschaftsministerium. Welcher
Art diese sind und nach welchen Kriterien bei der Auswahl verfahren wird, ist schwer zu erfahren. Man kann doch nicht stets wie ein Känguru durchs Land hüpfen und den Fördermittelbeutel vorzeigen, aber keiner darf sehen, was eigentlich drin ist.
Im Gegensatz zur Forderung der Kollegen der FDP nach dem Motto „Keine Abkehr von der erfolgreichen Wirtschaftsförderung“ sind wir der Meinung, dass es an der Zeit ist, im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit einen Kassensturz zu machen, und damit sind beileibe nicht nur die finanziellen Mittel gemeint. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im ÖPNV-Plan des Landes, datiert vom 20. Dezember 2005, ist zur Bahnstrecke KBS 585 Naumburg - Artern vermerkt, dass der Streckenabschnitt Nebra - Artern aufgrund der Entscheidung des Freistaates Thüringen nicht mehr bestellt werden soll. Mittlerweile hat sich eine Länder übergreifende Bürgerinitiative „Interessengemeinschaft Unstrutbahn“ gebildet, die gemeinsam mit Anrainergemeinden um den Erhalt der gesamten Bahnstrecke ringt. Mit der Einrichtung des Informationszentrums „Himmelsscheibe“ in Wangen im Jahr 2006 wird zugleich mit einer Zunahme von touristischen Aktivitäten gerechnet, die auch zur Belebung des Personenverkehrs über die Schiene in beiden Ländern beitragen kann.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung hinsichtlich der Verlängerung der Streckenbestellung, zumindest bis zum Jahr 2008, um die Einbindung des Schienennahverkehrs in die touristische Erschließung der Region sowie die Reduzierung von Parallelverkehr zu ermöglichen?
2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um mit der Landesregierung des Freistaates Thüringen eine einvernehmliche Lösung der Probleme unter Berücksichtigung der regionalen Interessen zu erreichen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute in zweiter Lesung über ein Gesetz, das vor der heutigen Beschlussfassung schon seinen Namen nicht mehr verdient.
Denn eine Reihe von Artikeln dieses Gesetzes zum Abbau von Eigentums-, Marktzutritts- und Wettbewerbsbeschränkungen fand schon in den Ausschüssen den Weg in den Papierkorb. Aber es musste erst mal Masse gemacht werden bei diesem Gesetzesvorhaben, um die Regelungsfreudigkeit der Regierung unter Beweis zu stellen. Erst die Hinweise des GBD machten diesem Ak
tionismus ein Ende. So blieben schlussendlich die Landesbauordnung und die erneuten Eingriffe in den Denkmal- und Naturschutz übrig.
Die Entwicklung der Landesbauordnung im Land Sachsen-Anhalt kann auf eine ungewöhnliche Bilanz zurückblicken. Nahezu in jeder Legislaturperiode wurde mindestens einmal diese Bauordnung angefasst. In dieser Legislaturperiode wurde ein neuer Rekord erreicht: Wir haben es mittlerweile mit der vierten Novellierung zu tun.
Mit der Verabschiedung der Musterbauordnung sind die Bundesländer dazu übergegangen, die in ihrem Wirkungsbereich gültigen Bauordnungen anzupassen. Für uns ist das Ziel der Regierung verständlich, die Bauordnungen der mitteldeutschen Länder einander anzugleichen sowie zugleich eine stärkere Deregulierung, Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren und eine Kostenreduzierung zu erreichen, weil zeitnah auch andere Bundesländer ihre Bauordnungen novelliert haben.
Unserer Meinung nach hätte sich hier im Rahmen der gepriesenen „Initiative Mitteldeutschland“ eine Möglichkeit einer noch engeren Abstimmung und Zusammenarbeit ergeben. Das ist leider nicht ausreichend wahrgenommen worden.
Ich gestatte mir, auf die letzte Änderung der Landesbauordnung einzugehen. Als diese innerhalb des Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes mit Ihrer Koalitionsmehrheit in diesem Hohen Hause Gesetzeskraft erhielt, hatten die Fachleute nur wenig Zeit, sich auf die sich daraus ergebenden Veränderungen einzustellen. Gerade nach der Aussage der kommunalen Spitzenverbände befindet sich die bestehende Landesbauordnung in einem Reifeprozess, wobei aufgelaufene Erfahrungen und die Verwaltungspraxis in der Beschleunigung der Verwaltungsverfahren die ersten Früchte tragen. Nunmehr nehmen Sie wieder Änderungen vor. Sie machen es den Fachleuten wahrlich nicht leicht.
Ein anderes Problem sehen wir in dem wiederholten Versuch des Fachministeriums, die Schlusspunkttheorie aufzugeben. Nach den jetzt vorliegenden Regelungen ist eine investitionserleichternde Wirkung nicht erkennbar. Eine endgültige und gebündelte Verwaltungsentscheidung ist nach unserer Meinung für den Betroffenen wertvoller, als eine einmal erteilte Baugenehmigung, die von Fachverwaltungen wieder eingeschränkt werden kann.
Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, auf unsere Hinweise immer ablehnend reagieren, ist nichts Neues.
Aber wir haben zumindest versucht, Herr Gürth, das, was uns die Fachleute gesagt haben, in Ihre Köpfe hineinzubringen. Das ist uns leider nicht umfassend gelungen.
Aber ein besonderer Punkt liegt uns doch sehr am Herzen. Das ist § 49, das barrierefreie Bauen. Wir begrüßen es gemeinsam mit den Fachverbänden, dass der künftige Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern in wachsendem Umfang barrierefrei errichtet wird. Am steigenden Bedarf haben wir gar keinen Zweifel. Die zur An
hörung eingeladenen Sachverständigen hatten beruflich bedingt eine andere Sicht auf diesen Paragrafen.
Darüber hinaus möchte ich feststellen, dass wir eine umfangreichere Forderung in Absatz 2 dieses Paragrafen wollten. Er sollte sich auf alle Bauwerke und nicht nur auf die öffentlichen Gebäude beziehen. Wir hatten gerade die Diskussion dazu. Diese Forderung wurde aber von der Mehrheit der Mitglieder des federführenden Ausschusses abgelehnt. In Auftrag gegebene Studien über den demografischen Wandel nützen nichts, wenn daraus keine Schlussfolgerungen für unser Land gezogen werden.
Auch die vorgesehene Reduzierung der Vorschriften zur Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden auf den Besucherbereich, verbunden mit durchaus erheblichen Ausnahmemöglichkeiten, halten wir für nicht tragfähig. Es ist zwar richtig, dass mit der Landesbauordnung keine Arbeitsplätze geschaffen werden, aber es sollten auch keine verhindert werden; denn die Bauordnung gibt den Rahmen, damit über die Zugänglichkeit der Arbeitsstätten Möglichkeiten für mehr Beschäftigung behinderter Menschen eröffnet werden.
Selbst wenn Sie etwas anderes wollen, das Signal, das mit dieser Novellierung verbunden ist, lautet: Barrierefreiheit ist kein besonders erstrebenswertes Ziel in Sachsen-Anhalt. - Wir als Linkspartei haben dazu eine andere Auffassung und werben erneut für unsere Änderungsanträge, um ein Signal zu setzen für ein barrierefreies Sachsen-Anhalt, das diesen Namen auch wirklich verdient.
Zum Denkmalschutz nur einen Satz als Resümee vieler Debatten: Trotz unserer Mahnungen in den Ausschussberatungen zum Wegfall der Erhaltungspflicht haben Sie die Schwelle für den Erhalt der Kulturgüter so niedrig angesetzt, dass unter Umständen ein großer Schaden für das Kulturland Sachsen-Anhalt zu erwarten ist.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte Sie um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen, auch um zu erreichen, dass wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses vielleicht nicht ganz so ablehnend gegenüberstehen, wie das momentan der Fall ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Lieber Herr Minister Daehre, eine Bemerkung von Ihnen kann ich dann doch nicht im Raum stehen lassen.
Wenn wir uns hier am Pult zu bestimmten Punkten der Regierungstätigkeit äußern, dann - so haben Sie gesagt - reden wir das Land schlecht. Sie scheinen da etwas zu verwechseln: Das Land Sachsen-Anhalt besteht nicht nur aus Regierung und Koalitionsfraktionen. Wenn wir also Dinge kritisch ansprechen, dann kritisieren wir die Regierung und deren parlamentarische Tätigkeit. Wir werden keinen Wahlkampf führen - das kann ich Ihnen versprechen -, so wie Sie es im Jahr 2002 gemacht haben, indem wir das Land schlechtreden.
Wir meinen, Sachsen-Anhalt ist ein tolles Land. Es hat in den letzten Jahren viel erreicht.
- Vielleicht trotz oder gerade wegen der schwarz-gelben Regierung; darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein.
Aber wenn Sie der Opposition diese Dinge vorwerfen, dann nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, was von der Opposition zu diesen Dingen gesagt wird. Sowohl die SPD-Fraktion als auch unsere Fraktion haben zahlreiche Dokumente veröffentlicht,
bei denen wir eine kritische Sicht auf die Dinge haben, aber durchaus die Chancen und Perspektiven sehen. Dies möchte ich an dieser Stelle noch einmal gerade gerückt haben. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heutige Tag sollte eigentlich eine Sternstunde der parlamentarischen Arbeit in der vierten Legislaturperiode werden.
Nach jahrelangen intensiven Diskussionen sollte mit dem Gesetz und den zugehörigen Staatsverträgen erstmals in Deutschland ein Länder übergreifender Nationalpark entstehen. Grundsätzlich stimmen wir als Fraktion der Fusion der Nationalparke zu. Unsere Fachpolitiker haben daran jahrelang unermüdlich mitgearbeitet. Ich möchte es nicht versäumen, insbesondere den Kollegen Uwe Köck und Uli Kasten hierfür Dank auszusprechen.
Heute liegt jedoch das Ergebnis eines unzureichenden Gesetzentwurfs der Landesregierung vor sowie ein 16 Punkte und mehr als 50 Textstellen umfassender Heilungsantrag der CDU-FDP-Koalition, welcher in einer internen Abstimmung der beiden Ausschussvorsitzenden erarbeitet wurde und ohne Ausschussdebatte sowie unter Zeitdruck das Parlament passieren soll.
In dem vorliegenden Änderungsantrag stehe inhaltlich nichts Neues und es handele sich nur um formale Anpassungen, war vom Kollegen Scharf zu hören. Herr Stadelmann hat das bestätigt. - Sie hätten sich besser informieren lassen sollen.
Inhaltliche Knackpunkte sind nach wie vor: die Einteilung in die Zonen, die Fragen der Unterstellung der Verwaltung, die Rolle des Nationalparkbeirats, der geheimnisvolle zweite Staatsvertrag, über den alle reden, den aber offenbar keiner kennt; und Wernigerode als Hauptsitz ist nur eine Fußnote mit Kannbestimmung in dem Gesetzentwurf wert.
Nur weil niedersächsische Juristen schneller waren als unsere Koalition, soll nun in nacheilender Geschäftigkeit zur gestrigen Sitzung des Niedersächsischen Landtages heute das Gesetz mit Mehrheit durchgebracht werden. Nun, Mehrheiten sind Mehrheiten, dagegen ist nichts zu sagen. Es bleibt aber ein bitterer Beigeschmack, wie in diesem Landtag mit der Opposition umgegangen wird.
Der vorgesehene Höhepunkt parlamentarischen Wirkens hat sich angesichts des Vorgehens der Koalitionsfraktionen in einen Tiefpunkt parlamentarischen Wirkens in dieser Legislaturperiode verwandelt. Dabei helfen auch nicht Aussagen von Ihnen, Herr Stadelmann, hier würden Lügen veröffentlicht und damit gearbeitet.
Das belegen unter anderem solche Dinge: Die im Ausschuss vorgeschlagene Länder übergreifende AG zur gemeinsamen Vorbereitung wurde abgelehnt. Der zweite Staatsvertrag, der auch mehrfach erwähnt wird, ist ein Geheimpapier der Landesregierungen.
Darüber hinaus hat man bei einem ersten Blick festgestellt, dass der Änderungsantrag fachliche Fehler enthält. Herr Stadelmann hat noch versucht, mündlich ein paar Dinge zu korrigieren.
Wenn dieses Verfahren der CDU und FDP so durchgezogen werden soll, bedeutet dies, Ausschussarbeit im Parlament zu machen, eine Fachdebatte zu führen, unvorbereitete Entscheidungen von großer Tragweite zu treffen und zu akzeptieren, dass dem Landesparlament schlussendlich die Entscheidungsbefugnis entzogen wird.
Dass ein synchrones Gesetzgebungsverfahren in zwei Ländern kein einfacher Prozess ist, das ist wohl klar. Aber bewusst oder vielleicht auch unbewusst wurde der sich aufbauende Zeitdruck bis zur Landtagswahl genutzt, um uns einerseits immer wieder in die Vorlage zu bringen, das heißt, Gesetzeseinbringung bei uns, Ausschussberatung bei uns, und sich andererseits dem Druck der Kollegen aus Niedersachsen zu beugen, die gesagt haben: Qualität geht vor Zeitdruck.
Am Ende gern.
Am Ende wurde urplötzlich das Gesetz dort beraten und gestern zur Abstimmung gebracht. Ein Tempo, bei dem man nur sagen kann: Niedersachsen ist etwas früher aufgestanden und hat einen enormen Handlungsdruck gegenüber Sachsen-Anhalt entwickelt.
Die uns vorliegende Antragsflut lässt nur einen Schluss zu: eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs. Deshalb beantragen wir die Rücküberweisung in den zuständigen Ausschuss, die fachliche Debatte über die gewünschten Änderungen an der ursprünglichen Beschlussempfehlung und die Einbringung in die Landtagssitzung im Januar.
Sollte jedoch heute noch eine Entscheidung herbeigeführt werden, so wird sich unsere Fraktion bei der Endabstimmung der Stimme enthalten.
Auch wenn die Kollegen von CDU und FDP der Meinung sind, ihre Änderungsanträge von gestern hier abstimmen lassen zu müssen, so wird sich unsere Fraktion nicht an der Abstimmung beteiligen. Wir sehen uns außerstande, diese Anträge ohne eine erneute fachliche Debatte im Ausschuss zu bewerten.
Es ist nicht das erste Mal, dass im Eiltempo oder mit handwerklichen Fehlern wichtige Gesetzentwürfe durch Ausschüsse und Parlament gebracht werden. Erinnert sei nur an das Gesetz zur Einheitsforstverwaltung oder an das dritte Investitionserleichterungsgesetz, das heute noch auf der Tagesordnung steht, wo erst der GBD erklären musste, dass Verordnungen nichts in einem Artikelgesetz zu suchen haben.
Dieses Vorgehen von Regierung und Koalition ist nichts anderes als eine Missachtung der Oppositionsarbeit, ist die Scheu vor der intensiven fachlichen Auseinandersetzung.
Die Wähler mögen uns im März des nächsten Jahres davor bewahren, dass sich dieser schlechte Politikstil in Sachsen-Anhalt weiter durchsetzen kann. - Vielen Dank.
Das kann ich Ihnen nicht bestätigen, Herr Scharf,
weil dieser Antrag nach unseren Recherchen am 30. November per E-Mail an unseren Mitarbeiter übermittelt worden ist, einen Tag vor der Ältestenratsitzung. Wir hatten vergessen, sozusagen den 24-Stunden-E-MailAbrufservice für die CDU-Fraktion einzuschalten, sonst hätten unsere Fachpolitiker Ihren Änderungsantrag vielleicht noch vor dem Wochenende bekommen. - Danke schön.
Frau Präsidentin, unsere Fraktion bittet auch darum, bei dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion über die Punkte 1 und 2 getrennt abzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hüskens, mir scheint, Sie haben das Thema der Debatte etwas verfehlt. Wir reden nicht über die fragwürdige Rolle von Herrn Metke, sondern über die fragwürdige Rolle Ihres Ministers.
Wir wollen doch einmal auf ein paar Tatsachen zurückkommen, über die wir hier in der Öffentlichkeit diskutieren. Ich will einmal die erste Textzeile einer Meldung der elektronischen Ausgabe der „Welt“ vom 17. September 2005 zitieren. Sie lautet:
„Die Fürstenfamilie zu Stolberg-Wernigerode kehrt auf einen ihrer früheren Jagdsitze in Ilsenburg im Harz zurück.“
Diese Zeile beschreibt sehr genau, wie die Vorgänge in der Öffentlichkeit, im Harz wahrgenommen werden. Denn Rückgabeansprüche einer Fürstenfamilie wurden sicherlich zu Recht zurückgewiesen. Dabei hatten wir es im Land schon mehrfach mit dubiosen Vorgängen in diesen Angelegenheiten zu tun.
Die Vorgänge um die Klosteranlage in Ilsenburg selbst hat Herr Kollege Metke hier ausreichend dargelegt. Deshalb kann ich auf Details verzichten. Aber für uns als Fraktion bleibt vor allem die Frage nach der persönlichen Interessenlage der beteiligten Personen, und zwar nicht nur des Ministers, sondern auch aus den einzelnen Ministerien.
„Kunstschätze gegen Waldflächen“ ist zum Beispiel eines der weiteren seltsamen Kapitel in dieser Geschichte. Der Kreistag Wernigerode hat im Juli 2005 einen Beschluss gefasst, bei dem mit knapper Mehrheit festgestellt wurde - Herr Schomburg, Sie werden es wissen -, dass Waldverkäufe als Äquivalent für das vom Land Sachsen-Anhalt aufzubringende Geld das letzte Mittel seien, um die Kunstschätze aus dem Schloss Wernigerode anzukaufen.
Frau Ministerin Wernicke hat in einem Schreiben vom 22. September 2005 an den Landrat von Wernigerode versichert, dass das Land Sachsen-Anhalt solches nicht beabsichtigt. - Nicht beabsichtigt? Oder kommt so etwas tatsächlich nicht infrage? - Das wäre eine der Fragen, die wir hier mit aufwerfen wollen.
- Herr Scharf, warten Sie doch einmal ab.
Nun wissen wir auch nicht, was Ihr Ministerkollege Paqué dazu eventuell vorhat. Er hat auch nichts davon gewusst, dass andere Ministerkollegen, nämlich Sie, Herr
Minister Rehberger, sich so rührend um die Gelder seiner Landesbank gekümmert haben.
Herr Minister, wie kommt es - diese Frage ist hier wirklich noch einmal aufzuwerfen und zu beantworten; Ihre Antworten, Herr Minister, waren mir bisher nicht ausreichend -, dass Sie sich persönlich einer Sache angenommen haben, bei der es im Vergleich zum sonstigen Wirtschaftsfördergeschäft um eine geringe Summe ging? Hätte ein kleines oder mittleres Unternehmen bei einem Fördermittelantrag in der gleichen Größenordnung die gleichen Chancen einer persönlichen Betreuung durch den Minister gehabt?
Was kann einen Wirtschaftsminister dazu bewegen, sich für ein Projekt stark zu machen, obwohl zum Zeitpunkt der Versteigerung noch nicht einmal ein Konzept für die Nutzung der gesamten Anlage ausgewiesen wurde, geschweige denn Zahlen für die Sanierung und die künftige Bewirtschaftung vorgelegt wurden? Nur deshalb, weil der ehemalige Chef der Volkswagen AG und der Cousin der Fürstin, Carl Hahn, in der Leitung der Stiftung sitzt? Warum ist denn die Volkswagenstiftung nicht anstelle der NordLB aktiv geworden? VW ist doch bekannt für die großzügige Verwendung von finanziellen Mitteln des Konzerns durch seine Vorstände.
Die Salzgitter AG am Standort Ilsenburg hat wohl eine größere Spende in Aussicht gestellt, aber es dann doch wegen des fehlenden Konzeptes unterlassen.
Offensichtlich wegen des öffentlichen Drucks hat Maria Fürstin zu Wernigerode-Stolberg erst am 23. September 2005 ein Nutzungskonzept vorgelegt. Nach der Definition von Friedrich Merz hätte dieses wegen seiner Kürze durchaus auf einen Bierdeckel gepasst.
Mit einem solchen Nutzungskonzept für eine Liegenschaft mit einem geschätzten Verkehrswert von 1,8 Millionen € wäre ein Unternehmer nicht einmal durch die Tür seiner Hausbank gekommen, geschweige denn über eine ministerielle Schwelle,
und das völlig zu Recht. Die Hauptgläubigerin, die NordLB, hat zudem offensichtlich auch gegen ihre eigenen Geschäftsinteressen gehandelt, indem sie mit einer Spende einerseits den Kaufpreis für die von ihr verwaltete Liegenschaft mit erbracht hat und andererseits dann das Objekt einer privaten Stiftung anstelle einer öffentlichen übereignet wurde. Das verstärkte öffentliche Engagement der NordLB ist durchaus zu begrüßen. Aber mit einer Spende in dieser Höhe hätte man eine ganze Menge von kulturhistorischen Projekten begleiten können.
So floss von der vom Landtag beschlossenen Kapitalerhöhung in Höhe von 150 Millionen € gleich ein Stück zurück, wenn auch in private Hände, die bis heute nicht in der Lage sind, Aussagen darüber zu treffen, woher die Aufwendungen für die Sanierung des Schlosshotels in Millionenhöhe eigentlich kommen werden. Warum wurde
also der Träger, die NordLB, und damit das Land, sprich die Regierung, ermutigt, für ein solches Projekt zu spenden?
Was hat das Ministerium des Kollegen Daehre für ein Interesse daran - Herr Metke hat bereits darauf verwiesen -, der Stiftung am 26. Juli 2005 einige Hunderttausend Euro aus Mitteln der Städtebauförderung für die Sanierung des Schlosshotels zu versprechen, wenn am gleichen Tage vom Landesverwaltungsamt der Bescheid kommt, dass wegen Geldmangels die Stadtsanierung in Ilsenburg bis zum Jahr 2008 auf null gesetzt wird, so wie wir es im Brief des Stadtrats von Ilsenburg nachlesen konnten?
Erfolgte das mit Zustimmung des Ministers oder handeln Ministerialbeamte analog zu den Erkenntnissen des Neunten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Vergabepraxis noch immer freihändig nach Gutdünken oder, um in der sprachlichen Ebene zu bleiben, nach Gutsherrenart?
Sehr gern am Ende, Herr Schrader.
Außerdem bleibt Folgendes festzustellen: Eine der attraktivsten Hotelanlagen des Ostharzes wird mit Unterstützung des Wirtschaftsministers vom Markt genommen. Das ist für uns das eigentliche Problem und der Skandal.
Nicht umsonst haben sich der Stadtrat und die Stadt Ilsenburg für die Beibehaltung eines Hotelbetriebes eingesetzt; denn trotz der Insolvenz war die Annahme des Hotelangebotes in der Stadt spürbar.
In Ihrer Pressemitteilung, Herr Minister, vom 12. September 2005 heißt es: Das Bettenangebot der normalen Hotellerie wird durch diesen Vorgang nicht erhöht. Es soll ein Personenkreis angesprochen werden, der nicht in einem Hotel unterkommen will. - Nun ja, ein Schelm, der Arges dabei denkt. Der Hochadel will offenbar unter sich bleiben.
Jedes Aufstocken des Bettenangebotes bedeute eine Umverteilung von Hotelgästen und damit auch von Arbeitsplätzen, sagen Sie. Aber, Herr Minister, auch jeder Abbau des Bettenangebotes bewirkt das Analoge, also auch eine Umverteilung von Hotelgästen, von Arbeitsplätzen und natürlich auch von Umsätzen.
Im Nutzungskonzept heißt es unter anderem, dass das Kloster Ilsenburg sich zu einem Reiseziel für Persönlich
keiten der deutschen Geistesgeschichte entwickeln soll. - Damit ist also offenbar auch der Personenkreis klassifiziert, der sich dort oben einfinden soll. Weiter heißt es: Wesentliches Charakteristikum dieses Programms ist seine europäische Dimension. - Also ist in Ilsenburg offenbar auch der europäische Hochadel willkommen.
Die ganze Sache, um einmal zum Punkt zu kommen, Herr Minister Rehberger, ist nach unserer Auffassung nichts anderes als die schleichende Rückübertragung von Vermögen an vormalige adlige Besitzer.
Es ist mehr als zu bedauern, dass eine scheinbar aufgeklärte Landesregierung sich dazu benutzen lässt. Wenn jedoch dahinter persönliche Ambitionen von Regierungsvertretern stehen, dann ist das der eigentliche Skandal. Hier erwarten wir auch das Handeln des Ministerpräsidenten.
Wir sind jedenfalls auf die nichtöffentliche Aufklärung in der gemeinsamen Sitzung des Finanz- und des Wirtschaftsausschusses gespannt; denn das, was der Minister heute geboten hat, verlangt direkt nach weiteren Nachfragen.
Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dann sind Konsequenzen auf der ministeriellen Ebene tatsächlich erforderlich. - Ich danke Ihnen.
Was Ihre Vorbemerkung betrifft, lieber Herr Schrader: Auch ich schätze Sie gelegentlich.
Wir haben heute den 56. Jahrestag der Gründung der DDR.
Für mich ist diese - -
Für mich ist dieses Datum auch in gewisser Weise historisch, weil ich damit 16 Jahre lang in der ehemaligen DDR und 16 Jahre lang in der Bundesrepublik Deutschland gelebt habe, was meine berufliche Praxis betrifft.
Wenn wir damals in der DDR nicht weiter wussten, dann haben wir die ideologische Keule herausgeholt. Ich wundere mich jedes Mal, Herr Schrader, dass Sie das auch tun. Bitte lernen Sie aus unseren Erfahrungen. Das sollten wir in Zukunft einfach einmal sein lassen.
Was die zweite Frage betrifft, die Sie gestellt haben: Jawohl, der Name des Investors ist mir bekannt. Ich werde aber den Gepflogenheiten des Wirtschaftsministeriums
Folge leisten, dass solche Dinge in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden sollen. - Vielen Dank.
Nein, das ist mir nicht bekannt.
Das Hohe Haus ist fast leer. Sind wir noch beschlussfähig, Herr Präsident? - Wir stellen noch einmal die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute nicht zum ersten Mal über die Fragen der Förderung, über Erfolge, Probleme und Ursachen von Erfolg und Misserfolg - verbunden mit dem Versuch, über strategische Programme und das Herangehen der Landesregierung an die Wirtschaftsförderung zu debattieren.
Auch in den Ausschüssen wurde mehrfach versucht, über die Dinge gründlich zu beraten. Aber schließlich - das schätze ich durchaus selbstkritisch so ein - wurde die notwendige Tiefe und Klarheit bezüglich des Prozesses der Investitionen und der Ansiedlungspolitik im Lande nicht erreicht.
Ich will Ihnen auch gleich sagen, warum das so ist. Weil der Minister immer wieder auf dem Standpunkt beharrt: Das gehört zum so genannten Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung; das geht nur die Regierung
etwas an; da haben die Abgeordneten nicht viel reinzureden. - „Basta“ würde der Noch-Bundeskanzler vielleicht dazu sagen.
Aber angesichts der lediglich in geringem Umfang zu erwartenden Mittel, die im Zusammenhang mit den EUFonds, der Gemeinschaftsaufgabe, der Investitionszulage fließen, gewinnt die Frage nach der Effektivität der Wirtschaftsförderung einen wesentlich höheren Stellenwert, als das bisher vorstellbar war. Der Druck auf die Wirksamkeit, die Sicherheit des Erfolgs, auf die Nachhaltigkeit des Ergebnisses wird in weitaus größerem Maße wachsen als bisher.
Herr Paqué hat gestern Folgendes gesagt - ich zitiere -:
„Nur das, was das Land wirtschaftlich voranbringt und geeignet ist, die hohe Arbeitslosigkeit zu vermindern und mittelfristig zu beseitigen, wird noch gefördert werden können.“
Das ist wohl richtig, Herr Minister, aber das ist uns einfach zu schwach. Hierbei fehlt die notwendige Schärfe. Wohin soll die Reise gehen?
Das ist nämlich ein Gebot der Stunde, um die Chancen des Landes weiter zu verbessern. Dass die Chancen genutzt werden, zeigt die vor kurzem erfolgte Darstellung der Ergebnisse der Investitionsoffensive des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Diese qualitativen Ergebnisse wollen wir nicht kleinreden. Sie können sich sehen lassen. Wir als Linkspartei begrüßen diese Resultate.
Aber wir wollen die Dingen noch einmal genauer analysieren. In den drei Jahren nach dem Regierungswechsel hat die Landesregierung im verarbeitenden Gewerbe Investitionen mit einem Umfang von 7,4 Milliarden € angeschoben. Das ist in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 13. September 2005 zu lesen.
In diesem Zusammenhang kommt mir das Gedicht von Bertolt Brecht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ in den Sinn.
Brecht schrieb unter anderem Folgendes:
„Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?“
Man könnte Brecht bei uns vielleicht so variieren: Wer brachte die Investitionen nach Sachsen-Anhalt? In den Pressemeldungen stehen die Namen von Ministern. Haben die Minister Ihr eigenes Geld bereitgestellt?
Meine Damen und Herren! Es waren und sind doch vorrangig die Investoren und die Unternehmer, die den Mut besitzen, hier in diesen Markt zu investieren. Ihnen sollten wir vorrangig unseren Dank zollen und weniger uns Politikern auf die Schulter klopfen.
7 Milliarden € sind ein stolzer Betrag. Als Wirtschaftspolitiker ist man jedoch an genaueren Zahlen interessiert. Herr Rehberger, Sie müssen uns einmal im Wirtschaftsausschuss erklären, woher die 7 Milliarden € kommen; darauf bin ich gespannt. Ich habe es beim besten Willen nicht geschafft, die erforderlichen Informationen zusammenzutragen. Ich freue mich auf die Debatte, die wir im Ausschuss führen können.
Dabei ist natürlich die Frage interessant, in welcher Höhe Mittel von dem Landesanteil für Zuschüsse und in welcher Höhe Mittel für Darlehen in den einzelnen Branchen aufgewendet wurden. Wer wird vorrangig mit Zuschüssen, wer mit günstigen Darlehen bedient? Welche Kriterien werden hierbei eigentlich angewandt?
Zum Beispiel meldete die Investitionsbank einen Antragsbestand von 2,3 Milliarden €. Dabei sind doch die Fragen interessant: Welche Branchen stehen dahinter? Wie ernsthaft sind die Anträge zu bewerten? Das ist eigentlich das, was wir im Ausschuss gern mit Ihnen diskutieren wollen.
Wir freuen uns auch über die 20 000 Arbeitsplätze, die neu entstanden sind und die mit diesen Investitionen seit dem Regierungswechsel geschaffen worden sind. Tatsache ist aber auch - Sie kennen sie genauso gut wie ich -: Trotz der verschiedensten Förderinstrumente konnten wir die Arbeitslosigkeit nicht strukturell senken. Wir verzeichnen einen konstanten Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen inklusive der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe. Eine Ausnahme ist die Zahl der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe; dort verzeichnen wir eine positive Tendenz.
Genau unter diesem Gesichtspunkt, Herr Minister, mahnen wir seit längerer Zeit - nicht erst seit den Thesen unseres Fraktionschefs - an, die Förderpolitik den Anforderungen einer selbsttragenden Wirtschaftsentwicklung für Sachsen-Anhalt anzupassen.
Die Zeit, einfach Arbeitsplätze zu kaufen, ist vorbei. Das hängt durchaus auch mit den sinkenden finanziellen Zuweisungen aus den verschiedensten Töpfen zusammen.
Staatliche Wirtschaftsförderung kann und darf nach unserer Auffassung nur ein Katalysator sein, ein Mittel also, das Prozesse in Gang setzt, ohne sich selbst zu verbrauchen. Das heißt in wachsendem Maße mehr Darlehensvergabe als Zuschuss, damit der Wirtschaftsförderfonds des Landes konstant bleiben kann. So sah es gestern der Finanzminister. Wie will hier der Wirtschaftsminister agieren?
Ein weiteres Problem, meine Damen und Herren: In Sachsen-Anhalt nahm der Modernitätsgrad bei Bauten und Ausrüstungen seit dem Jahr 2000 stetig ab. Das heißt, der durch Verbrauch und Verschleiß eingetretene Verlust an Vermögen konnte nicht durch entsprechend hohe Investitionen ausgeglichen werden. Im Jahr 2003 bezifferte sich der Modernitätsgrad für Ausrüstungen bei uns im Land auf 56,7 %; die Tendenz ist weiter fallend.
Diese Entwicklung zeigt sich ebenso im produzierenden Gewerbe; denn hier konzentriert sich fast die Hälfte des Ausrüstungsvermögens der Wirtschaft Sachsen-Anhalts und hier beginnt der Abwärtstrend bereits mit dem Jahr
1996. Wie werden solche Tendenzen in der Förderstrategie des Landes berücksichtigt? Das sollte doch nach unserer Auffassung ein Signal für die Notwendigkeit sein, vorrangig bestehende Unternehmen in ihrer Investitionskraft zu stärken.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns alle über die Nachricht gefreut, dass Dell sein Service-Center in Halle errichtet hat. Die Entscheidung von Dell fiel aufgrund zahlreicher Faktoren, unter anderem aufgrund der optimalen Unterstützung durch Land und Stadt, der qualifizierten Mitarbeiter und anderem. Betont wurde aber auch der Vorteil der Kundennähe und des Marktes.
Es würde uns aber doch auch im Wirtschaftsausschuss interessieren, welche optimale Unterstützung durch das Land dem weltgrößten PC-Hersteller gewährt wurde, der ein jährliches Umsatzvolumen hat, das dem Sechsfachen unseres Landeshaushaltes entspricht. Zuschuss oder Darlehen, Herr Minister?
Dann kam die Absage für den Bau einer neuen Computerfabrik am Standort Halle. Die Absage war aber eigentlich keine, weil Dell langfristig angekündigt hatte, dass es nur ein Service-Zentrum geben würde, obwohl es für Halle gewisse Hoffnungen gab, nachdem sich das Unternehmen dort mit dem Service-Zentrum niedergelassen hatte. Diese Hoffnungen wurden auch immer einmal in den Medien verstärkt.
Da spielten bei der Begründung dafür, dass nicht Halle als Standort gewählt worden ist, die Kunden- und Marktnähe wieder eine entscheidende Rolle. Angesichts dessen bleibt die Frage für mich interessant: Warum sind wir denn für Dell kein interessanter Markt, der auch Kundennähe hier offen zeigt?
Osteuropa heißt nun das Ziel von Dell. In diesem Zusammenhang ist zu fragen: Bei welchen Problemen bzw. Anforderungen haben sie gepunktet? Dell verweist auch hierbei darauf, dass die Entscheidung aufgrund verschiedener Faktoren gefallen sei. Dazu gehören wiederum die Kundennähe, das Mitarbeiterpotenzial, die Steuerverhältnisse, die Lohnkosten und die logistische Anbindung. So müssen wir leider sachlich und nüchtern feststellen, dass der Standort Sachsen-Anhalt bei diesen Faktoren nur zweiter Sieger geworden ist und das Rennen verloren hat.
Damit wird aber nach unserer Auffassung gleichzeitig auf eine Gesamtproblematik unserer Wirtschaftsförderung hingewiesen, nämlich darauf, wie flexibel sie ist, wie schnell auf Veränderungen des Marktes reagiert wird und wie sich die Landesregierung darauf einstellen wird, dass die Marktchancen für eine erfolgreiche Unternehmensakquise verbessert werden.
Vor allem ist für uns die Frage relevant, was für ein Markt Sachsen-Anhalt eigentlich für Investoren ist. Ist es ein Markt, auf dem er seine Produkte kundennah absetzen kann? Ist es ein Markt, auf dem er Bestandteil einer Wertschöpfungskette ist, die den Exportanteil des Bruttoinlandsproduktes vergrößert? Oder ist es ein Markt, auf dem er Bestandteil einer Wertschöpfungskette ist, die regionale Wirtschaftskreisläufe initiiert? Oder ist Sachsen-Anhalt ein Markt, auf dem er den Standort nur als kurz- oder mittelfristiges Etappenziel einer globalen Wanderung betrachtet?
Wir brauchen nach unserer Auffassung ein höheres Niveau der Nachhaltigkeit auf diesem Gebiet, nicht nur was ökologische Gesichtspunkte betrifft. Vielmehr muss
erreicht werden, dass noch mehr Partner an einem Strang ziehen, um zukünftige Strukturen aufzubauen in der Gewissheit, dass damit das Potenzial der gesamten Region gestärkt wird.
Dazu gehört nach unserer Auffassung auch, dass jedes gescheiterte Ansiedlungsprojekt genauer unter die Lupe genommen und evaluiert wird. Es sollte geprüft werden, welche Elemente der aktiven und passiven Ansiedlungspolitik sich als tauglich und welche sich als weniger tauglich erwiesen haben.
Auch das Zusammenwirken von IIC, Wirtschaftsförderung Sachsen-Anhalt und regionaler Wirtschaftsförderung gehört auf den Prüfstand. Möglich erscheint uns auch die stärkere Einbeziehung der regionalen und überregionalen Wirtschaft. Auch ausländische Unternehmen sollten hier eine Rolle spielen, wie beispielsweise im Projekt „Regionenmarketing Mitteldeutschland“, in das aktiv weltweit unternehmerisch und investseitig Tätige einbezogen werden. Wir sollten versuchen, die Erfahrungen daraus für Sachsen-Anhalt insgesamt auszuwerten.
Das erfordert, wie gesagt, auch, die Chancen von Sachsen-Anhalt als strategischem Binnenmarkt in die Förderstrategie des Landes bei den Diskussionen im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit einzuordnen. Dazu gehört die Darlegung der Vergabepraxis und der diesbezüglichen Kriterien für den Zuschlag für Investitionsvorhaben. Der Minister sollte uns erläutern, welche Strategie die Landesregierung verfolgt, um sich auf neue Bedingungen und Veränderungen des Marktes, das heißt die Globalisierung, kurz- und mittelfristig einzustellen.
Hier wird nach wie vor vieles im Nebel gelassen bzw. mit der Aura von Geschäftsgeheimnissen umgeben. Erneut müssen wir mehr Transparenz fordern, was den Umgang mit öffentlichen Mitteln betrifft.
Die Aktuelle Debatte von vorhin reiht sich würdig in dieses Trauerspiel mit ein.
Wer öffentliche Mittel einwirbt, der sollte auch öffentlich darüber Rechenschaft ablegen, was er damit getan hat.
Interessant war auch die Anregung in der gestrigen Regierungserklärung, ein zentrales Controlling für den Fördermitteleinsatz zu entwickeln und anzuwenden. Wir würden gern die Intentionen dieses Vorhabens kennen lernen, zumal es uns sehr verwundert, dass es so etwas offenbar noch nicht gibt. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Lieber Herr Gürth, Sie haben völlig Recht mit dem Hinweis, dass wir im Mai eine ausführliche Regierungserklärung gehört haben. Sie haben auch gesagt, es sei über eine Stunde geredet worden. Aber es wurde offenbar zu wenig darüber gesagt,
was die Förderstrategie in diesem Land betrifft. Ich nehme Ihre Kritik durchaus entgegen, Herr Minister Rehberger, dass man die Anträge im Landtag noch klarer formulieren sollte, um allen Missverständnissen zu begegnen.
Wenn Sie anmahnen, das Sie sich auf die Bedingungen und die Veränderungen des Marktes nicht einstellen wollen, weil das die Investoren und Unternehmer selber machen würden, dann kann ich nur sagen: Das ist schon richtig; da kann ich nur zustimmen. Aber wenn ich Fördermittel vergebe, muss ich doch wissen, für welchen Markt ich sie eigentlich vergebe.
Das ist sozusagen die Intention des Antrages, nämlich das Beispiel Dell noch einmal herzunehmen und zu sagen: Was ist das Land Sachsen-Anhalt für ein Land für Investoren? Welchen Markt finden sie hier vor? Wie muss die Politik reagieren? Darüber im Ausschuss zu debattieren, das ist eigentlich der Sinn des Antrages gewesen, den Sie offenbar nicht wahrhaben wollen.
Ein zweiter Punkt, zu der verkürzten Darstellung von Herrn Gallert. Ich habe auch meine Schwierigkeiten mit Zeitungsmeldungen und damit, unter Umständen die richtigen Interpretationen herauszufinden. Ich kann wirklich nur empfehlen, dass wir trotz der vergeblichen Versuche, immer wieder einmal über die Förderstrategie des Landes zu reden, die Debatte über diesen Antrag im Wirtschaftsausschuss noch einmal führen sollten. Wir
sollten es versuchen. Deswegen werbe ich noch einmal mit Nachdruck dafür, dass Sie dieser Ausschussüberweisung zustimmen.
Noch ein letzter Satz, Herr Schrader, zu Ihrem Beitrag, zu der Devise: Dell wäre sowieso nicht gekommen, wenn Sie hier an der Macht wären.
Sie haben es so formuliert, oder?
- Ach, Herr Rehberger? Entschuldigung, aber es kam aus dem gleichen Lager. Herr Rehberger hat es so formuliert, ja.
Dann komme ich doch noch einmal auf den 56. Jahrestag zurück. Also noch einmal an dieser Stelle. Das ist die Erfahrung meines Lebens, die ich Ihnen gern weiter vermitteln möchte: Wenn wir vor 16 Jahren nicht so richtig weiter wussten, wenn uns die Argumente ausgingen, dann haben wir uns die Ideologie hervorgeholt und gesagt, der Marxismus-Leninismus ist mächtig, weil er wahr ist.
Das war immer die Begründung, wenn wir nicht weiter wussten. Dann wurden wir immer ideologisch und haben zum Teil auf den Kapitalismus geschimpft.
Ich möchte Sie einfach davor bewahren, diesen Weg weiter zu beschreiten. - Vielen Dank.
Herr Kollege Daldrup, Sie haben uns gefragt, wo wir waren, als es darum ging, gegen den Zwang zur Abführung von Sozialbeiträgen bei ausländischen Saisonkräften zu protestieren. Meine Frage an Sie lautet: Halten Sie die Verpflichtung zur Abführung von Sozialbeiträgen für ausländische Saisonarbeiter für ein so unmoralisches Verhalten, dass wir als Politiker dagegen protestieren sollten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land vergibt Zuschüsse an private Arbeitgeber für die dauerhafte Einstellung von Personen unter 25 Jahren, die bisher noch keine reguläre Erstanstellung gefunden haben, oder ab 1. Januar 2004 von Personen unter 25 Jahren, die erwerbslos sind und in den vorangegangenen acht Monaten insgesamt mindestens sechs Monate erwerbslos waren.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Jugendliche unter 25 Jahren wurden durch die Inanspruchnahme von Einstellungshilfen in den Jahren 2004 und 2005 bisher eingestellt? Bitte getrennt nach Geschlecht und Alter angeben.
2. In welcher Höhe wurden Mittel für Einstellungshilfen im Jahr 2004 und bisher in 2005 vom Land bereitgestellt und wie gestaltete sich deren Abfluss?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Aller guten Dinge sind drei“, „Alle Jahre wieder“ oder „Dreierlei Tropfen für die Wirtschaft“ heißt im dritten Jahr der Regierung ein neues Investitionserleichterungsgesetz. Wir sind uns als PDS-Fraktion noch nicht schlüssig, wie wir nach den ersten beiden Gesetzen den vorliegenden Gesetzentwurf bewerten sollen. Vielleicht heißt „Deregulierung“ neuerdings auch „Daehre der Regulator“. Auch das ist nicht ganz klar. Wir werden im Verlauf der Gesetzesberatung sehr aufmerksam darauf schauen, was dort eigentlich passiert.
Aber uns scheint auch, dass sich die Regierung selbst nicht richtig sicher ist, heißt es doch in der vorliegenden Begründung, dass investitionsauslösende Effekte der vorgeschlagenen Maßnahmen gegenwärtig weder prognostiziert noch beziffert werden können. Aber zumindest wird die Erwartung geäußert, dass die an den Bedürfnissen und Anforderungen der Wirtschaft ausgerichtete Gestaltung geeignet ist, die Gewinnaussichten und Kostenstrukturen der Unternehmen langfristig gesehen günstig zu beeinflussen.
Wir als PDS-Fraktion bewerten aber die wirtschaftspolitischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht allein nach den Anforderungen der Wirtschaft - wobei man sicherlich unterscheiden sollte zwischen Interessen von Lobbyisten und Interessenvertretungen einerseits und den Interessen vieler Unternehmen andererseits -, sondern wir beziehen zugleich soziale und ökologische Faktoren im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ein.
Da gilt es bei dem vorliegen Gesetz genauer hinzusehen, wie neben den durchaus berechtigten Gewinninteressen von Unternehmen auch Anforderungen der Verbraucher, der Kommunen und der Ökologie einbezogen werden.
Lassen Sie mich eingangs feststellen, dass die von uns in den letzten Jahren mehrfach angeregte Gesamtnovellierung der Bauordnung, die Angleichung an die Musterbauordnung und die Harmonisierung der Bauordnungen benachbarter Länder nun endlich einen gewissen Abschluss gefunden haben. Das begrüßen wir und erkennen auch die Bemühungen der Landesregierung ausdrücklich an.
Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass es notwendig ist, ein für die Bundesrepublik einheitliches Baurecht zu schaffen, um unter anderem auch der Entwicklung und Vernetzung europäischer Strukturen und Regionen Rechnung zu tragen.
Im Interesse der Betroffenen ist aber Folgendes wichtig - ich zitiere aus der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände -:
„Wir hatten in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass gerade auch Beständigkeit in der Gesetzgebung einen Wert an sich darstellt. Vor allem bei Normen, die, wie bei Investitionen nach der Bauordnung, mit einem hohen Risiko behaftet sind und die deshalb rechtssicher angewandt werden müssen, brauchen wir eine Zeit der Beständigkeit, um das Verwaltungsverfahren zu effektivieren und die Anwendung zu optimieren.“
Wer angenommen hatte, dass Behörden, Bauleiter oder Bauherren sich auf ein Baurecht stützen könnten, welches für Jahre Bestand habe, wurde enttäuscht. Nahezu in jeder Legislaturperiode wurde mindestens einmal die Bauordnung angefasst. In dieser Legislaturperiode werden alle Rekorde gebrochen; denn mit dem Dritten Investitionserleichterungsgesetz wird die Landesbauordnung zum vierten Mal novelliert.
Deshalb ist für uns das Ziel der Landesregierung durchaus verständlich, die Bauordnungen der mitteldeutschen Länder einander anzugleichen sowie zugleich eine stärkere Deregulierung, Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren und, damit verbunden, eine Kostenreduzierung im Bereich des Bauordnungsrechts zu erreichen.
Recht zeitnah haben auch die anderen Länder ihre Bauordnungen novelliert. Unserer Meinung nach hätte sich hierbei im Rahmen der gepriesenen „Initiative Mitteldeutschland“ eine Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit ergeben können; denn Sachsen hat seine Bauordnung im Alleingang geändert und Thüringen eine ganz neue entwickelt. Nun stellt sich die Frage, wie die Bauordnung von Sachsen-Anhalt eigentlich zu bewerten ist. - Ich warte auf die Diskussion in den Ausschüssen, um die Antwort zu erfahren.
- Das wird sich noch zeigen, Herr Schröder.
Meine Damen und Herren! Ein Problem sehen wir nach wie vor in dem wiederholten Versuch des zuständigen Fachministeriums, die Schlusspunkttheorie aufzugeben;
denn eine endgültige und gebündelte Verwaltungsentscheidung ist für den Betroffenen wertvoller, als wenn Fachverwaltungen einmal erteilte Baugenehmigungen einschränken können. Gerade hierin sehen wir einen Widerspruch zu den Aussagen der Landesregierung in der Begründung zu den beiden ersten Investitionserleichterungsgesetzen, dass das Ziel in einer flexibleren und effektiveren Verwaltung bestehe.
Zwei Bemerkungen zu einzelnen Paragrafen. Zuerst zu § 49 - Barrierefreies Bauen. Nach unserer Auffassung sind die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen zum barrierefreien Bauen gravierend. Die vorgesehenen Einschränkungen in § 49 sind wenig geeignet, den Anforderungen, insbesondere der demografischen Entwicklung, gerecht zu werden. Wird in Absatz 2 die Barrierefreiheit nur noch für die dem Besucherverkehr dienenden Teile vorgesehen - faktisch ein Arbeitsverbot für mobilitätseingeschränkte Menschen -, werden in § 50 Ausnahmen und Erleichterungen in Bezug auf die barrierefreie Nutzbarkeit per Gesetz gestattet. Die PDS lehnt solche Änderungen als wenig zukunftsfähig ab.
Mit der beabsichtigten Aufgabe der Schlusspunkttheorie ist weiterhin zu befürchten, dass künftig die Anforderungen an die Barrierefreiheit von Gaststätten und Beherbergungsbetrieben unzulänglich oder vollkommen unberücksichtigt bleiben. Die ersten negativen Auswirkungen solcher Regelungen wurden dem Ministerium durch die Mitglieder des runden Tisches behinderter Menschen bereits bekannt gemacht.
Nicht nachvollziehbar ist ebenfalls die in der Begründung zu dem Gesetzentwurf nachzulesende Argumentation zu diesen Änderungsvorschlägen: So weiß die Landesregierung - woher? -, dass behinderte Menschen vorrangig in bestimmten Arbeitsbereichen beschäftigt werden, sodass Anforderungen an alle Gebäude, in denen sich Arbeitsstätten befinden, unverhältnismäßig wären. Behauptet wird auch, dass diese Fragen im Arbeitsstättenrecht des Bundes geregelt würden.
Anders ausgedrückt: Wenn der Arbeitgeber keinen behinderten Arbeitnehmer beschäftigt oder behinderte Arbeitnehmer nicht beschäftigen will, dann braucht er eigentlich nichts zu verändern; denn auch bei Bewerbungen bei gleicher Qualifikation kann er nicht nur, sondern muss er eine Einstellung ablehnen. Der Mensch kommt ja nicht in das Gebäude hinein und ein Umbau ist eine unzumutbare Belastung.
Die Begründung in dem Gesetzentwurf, dass Anforderungen an die Barrierefreiheit bei allen Gebäuden unverhältnismäßig seien, sollte in den Ausschüssen auch unter dieser Maßgabe diskutiert werden, vor allem inwieweit dadurch Arbeitnehmerrechte von vornherein eingeschränkt werden. Es geht schließlich nicht nur um den Arbeitsplatz selbst, sondern auch um den Zugang zu ihm.
Zu § 60 - Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn es um eine Kostenentlastung für den Bürger bei kleineren Vorhaben auf seinem Grundstück geht. Es gibt aber, wie gesagt, noch eine ganze Reihe von Fragen, die wir im Ausschuss mit Ihnen diskutieren wollen.
Noch zu Artikel 2 - Änderung des Denkmalschutzgesetzes. Dass sich die kommunalen Spitzenverbände dafür ausgesprochen haben, die vorgesehenen Vorschriften abzuschaffen, halte ich für nachvollziehbar. Wenn jedoch in der Gesetzesbegründung geschrieben wird,
dass Land und Kommunen sich ohnehin stärker als Private für den Erhalt schützenswerter Kulturgüter einsetzten und so von ihnen nur in begrenzten Fällen auf Erhaltungsmaßnahmen verzichtet werde, so scheint mir der fromme Wunsch Vater der Begründung zu sein. Mit dem Wegfall der Erhaltungspflicht wird die Schwelle für den Erhalt der Kulturgüter so niedrig angesetzt, dass unter Umständen ein großer Schaden für das Kulturland Sachsen-Anhalt zu erwarten ist.
Wenn allerdings gemeint ist, dass durch das Beseitigen von Ruinen von denkmalgeschützten Gebäuden Platz für Investitionserleichterungen geschaffen wird, dann ist das eine logische Konsequenz aus diesem Gesetz.
Noch kurz zu Artikel 3 des Gesetzentwurfes, was die Einbindung der FFH- und Vogelschutzgebiete betrifft. Wir teilen die Einschätzung, dass wieder der Versuch unternommen wird, Bauvorhaben, die den Anspruch haben, der Allgemeinheit zu dienen, zulasten der Natur zu realisieren. Der Artikel 3 stellt nach unserer Auffassung nichts anderes als den Versuch dar, internationale Konventionen und deutsches Recht spitzfindig so auszudeuten, dass die Interessen des Naturschutzes wieder einmal zurückgestellt werden.