Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 32. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode. Ich begrüße Sie dazu alle recht herzlich.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Wir setzen nunmehr die 17. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen die Beratung vereinbarungsgemäß mit dem Tagesordnungspunkt 9. Darauf folgt der Tagesordnungspunkt 14. Danach folgt eine Debatte zu den ursprünglich unter den Tagesordnungspunkten 16 und 17 ausgewiesenen Themen. Ihnen liegt heute ein Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU, der FDP und der PDS unter der Überschrift „Sicherung des Solidaritätspakts II“ vor. Wir werden die Tagesordnungspunkte 16 und 17 zusammenfassen und dazu eine Zehnminutendebatte führen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (KWG LSA)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1003

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 4/1218

Die erste Beratung fand in der 25. Sitzung des Landtages am 18. September 2003 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Kolze. - Der Berichterstatter ist nicht anwesend.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung bei der PDS)

Das habe ich noch nicht erlebt. Hat der Ausschuss jemand anderen benannt? - Das ist nicht der Fall.

(Herr Bullerjahn, SPD: Dann stimmen wir einfach ab! - Minister Herr Dr. Daehre: Geben wir es zu Protokoll und stimmen ab!)

Mir wurde eben der Hinweis gegeben, wir sollten den Tagesordnungspunkt zurückstellen.

(Frau Budde, SPD: Nein! - Herr Bullerjahn, SPD: Oh! Wer hat den Hinweis gegeben? Wer war denn das? Also bitte! - Zurufe von der PDS: Nein!)

- Wenn jemand anders die Berichterstattung aus dem Ausschuss übernimmt, ist das kein Problem.

(Frau Feußner, CDU: Er wird gleich da sein! - Un- ruhe)

- Da ich Ihrem Murren entnehme, dass Sie den Tagesordnungspunkt nicht zurückstellen wollen, würde ich die Sitzung kurzzeitig unterbrechen.

(Herr Wolpert, FDP, begibt sich zum Rednerpult - Beifall im ganzen Hause)

- Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Wolpert. Bitte sehr.

Meine Damen und Herren! Ich versuche es einmal aus dem Stegreif. So kompliziert kann es wohl nicht sein.

(Frau Budde, SPD, lacht)

Dieser Gesetzentwurf ist eingebracht worden. Er ist in der Septembersitzung des Landtages besprochen und an den Innenausschuss überwiesen worden. Dort gab es eine kurzweilige Diskussion. Letztlich ist über die Regelungen kaum kontrovers diskutiert worden.

Für Aufsehen hat lediglich eine Änderung hinsichtlich der Verkürzung bzw. Verlängerung der Wahlzeit gesorgt. Diese ist dann mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen im Innenausschuss in die Beschlussempfehlung eingearbeitet worden. Somit liegt Ihnen ein bis auf diese Veränderung unveränderter Gesetzentwurf vor. Dieser steht heute zur Abstimmung. - Ich denke, dabei kann man es belassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von Herrn Bullerjahn, SPD)

Herr Wolpert, Sie können Platz nehmen; denn vor dem Redebeitrag der FDP-Fraktion spricht noch jemand anders.

(Heiterkeit)

Wir treten in die Debatte ein. Als erster Debattenredner wird der Herr Innenminister für die Landesregierung das Wort ergreifen. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein wenig ungewöhnlich; aber vielleicht kann ich im Rahmen meines Redebeitrags zu der Änderung des Kommunalwahlgesetzes, die noch während der Ausschusssitzung eingearbeitet worden ist, etwas Näheres sagen.

Im September 2003 wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes in den Landtag eingebracht, um das aus dem Jahr 1993 stammende Kommunalwahlgesetz an die Erfordernisse der Praxis sowie an die neuen Anforderungen, die die gegenwärtigen kommunalen Reformen stellen, anzupassen.

Das Ziel der Gesetzesnovelle ist es im Wesentlichen, das technische Verfahren zu erleichtern, jedoch nicht das materiale Wahlrecht zu verändern. So ist neben einer Reihe anderer praxisgerechter Detailregelungen beispielsweise vorgesehen, die Rolle der Verwaltungsgemeinschaft zu stärken, die Besetzung der Wahlorgane variabel auszugestalten und eine Verlängerung von Wahlvorbereitungszeiträumen zu ermöglichen.

Ein weiteres Ziel besteht darin, den Kommunen, die sich im Rahmen der anlaufenden freiwilligen Zusammenschlüsse von Gemeinden in neue Strukturen einfinden, Instrumentarien in die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, am Wahltag im kommenden Juni bereits in die neuen Strukturen zu wählen.

So werden mit dem Gesetz für die erste Wahl in neue Strukturen zur Bildung von Wahlbereichen Sonderregelungen geschaffen, die verstärkt auf die örtlichen Beson

derheiten und den Umstand der vormaligen Eigenständigkeit einer Gemeinde Rücksicht nehmen.

Hinsichtlich der Bildung von Wahlbereichen wird nunmehr unabhängig von den Sonderregelungen zur Neubildung von Kommunen auch die Möglichkeit geschaffen, in kreisangehörigen Gemeinden ab 3 000 Einwohnern Wahlbereiche zu bilden. Damit können die einzelnen Regionen einer Gemeinde stärker in den Willensbildungsprozess der kommunalen Vertretung eingebunden werden. Um dabei den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit zu wahren, wurden sowohl eine Begrenzung hinsichtlich der notwendigen Mindesteinwohnerzahl als auch der Grundsatz der annähernd gleichen Größe der Wahlbereiche aufgenommen.

Meine Damen und Herren! Zu dem von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf wurde am 26. November 2003 im Innenausschuss ein Änderungsantrag eingebracht, der die wahlrechtlichen Konsequenzen der politischen Grundvorstellungen zur Kommunalreform regelt.

Bekanntermaßen soll in der nächsten Landtagswahlperiode die Struktur der Landkreise optimiert werden. Die wahlrechtlichen Konsequenzen hierzu sind geregelt. Der Fall der einzelnen Neuwahl einer kommunalen Vertretung ist dem Kommunalwahlgesetz bereits bekannt. Hier setzt der Änderungsantrag an und trifft eine vernünftige Regelung. In diesem Prozess wird es dazu kommen, dass sich vor dem Zeitpunkt der allgemeinen Kommunalwahl im Jahr 2009 Gebietskörperschaften auflösen und neue Gebietskörperschaften bilden.

Der Änderungsantrag regelt hier, dass unabhängig vom genauen Wahltermin, aber in jedem Fall vor dem allgemeinen Kommunalwahltermin für die neue Gebietskörperschaft auch eine neue Vertretungskörperschaft, ein Kreistag, zu wählen ist, aber mit einer vernünftigen Folge: Die nächste allgemeine Kommunalwahl in solchen Gebietskörperschaften findet dann im Jahr 2014 statt.

An dem allgemeinen Wahltermin für kommunale Vertretungskörperschaften, die im Jahr 2004 gewählt werden - der nächste Wahltermin ist im Jahr 2009 -, ändert sich durch diese Regelung nichts. Es ändert sich nur für die Fälle etwas, in denen vor dem Wahltermin 2009 neue Kommunen, neue kommunale Gebietskörperschaften entstehen und damit die Notwendigkeit einer Einzelwahl aus dem Wahlgesetz schlichtweg zu vollziehen wäre.

Wegen dieser Zusammenhänge, aber auch weil im kommenden Juni schon der nächste allgemeine kommunale Wahltermin ist, bin ich den Mitgliedern des Ausschusses dankbar dafür, dass wir es noch geschafft haben, diesen Gesetzentwurf abschließend zu beraten und dem Landtag heute zur Beschlussfassung vorzulegen. Wenn heute das neue Kommunalwahlgesetz verabschiedet wird, dann haben all diejenigen, die zur Vorbereitung der Kommunalwahl 2004 in die Verantwortung gehen, genügend Gelegenheit und genügend Vorlaufzeit, die Wahlen 2004 optimal vorzubereiten und eine gute Wahldurchführung für das Wahljahr 2004 zu garantieren. Ich möchte Sie deshalb bitten, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Gestatten Sie eine Nachfrage?

Ja.

Abgeordneter Herr Rothe, bitte sehr.

Herr Minister, da Sie nur von einzelnen Wahlen vor dem regulären Termin 2009 sprechen, die dann eine entsprechend längere Amtsperiode des Kreistages zur Folge hätten, frage ich Sie: Wie ist dieses vereinbar mit dem, was durch den koalitionspolitischen Sprecher Herrn Kollegen Professor Paqué zu einem Kreistagswahltermin 2008 gesagt worden ist?

Herr Rothe, Sie dürfen den Begriff, der im Kommunalwahlgesetz steht, nämlich den Begriff der Einzelwahl, natürlich nicht mengenmäßig bzw. mathematisch damit in Zusammenhang bringen, dass es möglicherweise mehrere sind.

Der Fall der Einzelwahl tritt immer dann ein, wenn sich eine kommunale Gebietskörperschaft auflöst - damit ist auch das Vertretungsorgan nicht mehr vorhanden - und sich eine neue Gebietskörperschaft bildet. Dazu ist eine Einzelwahl erforderlich. Wenn dieser Prozess in mehreren Kommunen abläuft, dann sind Einzelwahlen für die jeweils neu entstehenden Kommunen erforderlich. Der Begriff der Einzelwahl beschreibt nur den Vorgang, dass abweichend vom allgemein üblichen Kommunalwahltermin gewählt wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Als erster Debattenredner der Fraktionen spricht der Abgeordnete Herr Wolpert für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der in Form der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres vorliegende Gesetzentwurf hat im Gesetzgebungsverfahren kaum eine Veränderung erfahren. Das Kommunalwahlgesetz stammt aus dem Jahr 1993. Allein der zeitliche Ablauf, die damit verbundenen gesellschaftlichen und tatsächlichen Entwicklungen sowie die bisherigen Erfahrungen rechtfertigen die Anpassung des Gesetzes an die jetzigen Gegebenheiten.

Das Gesetz ist aber auch deshalb zu novellieren, weil es an die Erfordernisse der Praxis sowie an die neuen Anforderungen, die die gegenwärtigen kommunalen Reformen stellen, anzupassen ist. Das materielle Wahlrecht wird mit dieser Novelle nicht verändert. Die zahlreichen Detailänderungen haben vielmehr das Ziel, das Wahlverfahren praktischen Erfordernissen anzupassen, es transparenter und bürgerfreundlicher zu machen und auch die Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben im Rahmen des Wahlverfahrens zu fördern.

Ein wesentliches Ziel dieser Novelle ist es, den Kommunen, die eine Fusion beabsichtigen, die Möglichkeit zu geben, direkt in diese neue Struktur hineinzuwählen.