Erst recht liegt also nun kein Grund vor, solch drastische Kürzungen bzw. eine gänzliche Streichung vorzunehmen. Sachsen-Anhalt wird hochqualifizierte Arbeiterinnen und Arbeiter aus diesem Bereich verlieren. Diese gehen in andere Länder, werden dort untergruppiert beschäftigt, und wir haben im Land ohne Effekt Leute ausgebildet. Das passt auch ein wenig zur Hochschulstrukturreform.
Integrierte Angebote müssten entwickelt werden. Die Kürzungspolitik - machen wir uns nichts vor - verschärft innerhalb dieses Gesamtbereichs Ressourcenkonkurrenzen, sodass sich die Trennlinien zwischen diesen Bereichen verschärfen werden. Auf der Strecke bleiben dann eben auch - gewollt oder ungewollt - Kinder und Jugendliche. Ich bin sicher, dass uns deren Entwicklungsprobleme irgendwann nicht nur inhaltlich beschäftigen werden, sondern auch verdammt teuer zu stehen kommen werden.
Natürlich sind es nicht nur Kinder und Jugendliche, die der Hilfe und Begleitung bedürfen. Auch wenn das Bild sehr differenziert ist: Eine Mehrheit zählt nicht zu den akuten Beratungsfällen. Aber die Zahl derer, die mit sich und ihrer Umwelt nicht klar kommen, wächst. Wenn wir nicht eingreifen, bleiben sie in diesen schwierigen Lebenssituationen stecken.
Eine nicht unerhebliche Zahl hat bereits resigniert und erachtet ihre Probleme als unüberwindlich. Daher glauben wir, dass ein Netz von Beratungsangeboten sehr wohl zu den gesellschaftlichen Aufgaben zählen muss, also zu einer so genannten Staatsaufgabe. Dabei muss nicht alles im klassischen Sinne in staatlichen Institutionen erfolgen; das ist gar nicht unser Problem. Das ist bei uns völlig unstrittig.
Unstrittig ist allerdings auch, dass man sich dort im NonProfit-Bereich bewegt. Natürlich können die Betroffenen keine Gebühren entrichten, die diese Einrichtungen gänzlich unabhängig machen. Es bedarf sehr wohl weiterhin einer öffentlichen Förderung in diesem Bereich.
Die Kürzung bei Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen um etwa 590 000 € konterkariert nach unserer Auffassung den Gesetzesauftrag und erst recht aktiven Verbraucherschutz.
Als ebenso unverständlich stellen sich aus unserer Sicht - insbesondere mit Blick auf jüngste Veröffentlichungen im Gesundheitsbericht der Landesregierung - die drastischen, existenzgefährdenden Kürzungen bei Aids-HilfeVereinen und bei Suchtberatungsstellen dar. Im Übrigen steht dabei manches im direkten Widerspruch zu Aussagen der Landesregierung.
So ist es doch ganz offensichtliche eine politische Priorität von CDU und FDP, wenn sie die Rolle der Familienpolitik betonen. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Sie kürzen aber in diesem Haushalt auch Positionen, die diese Aufgabe aktiv begleiten könnten. Zwar legen sie bei Frauenhäusern zu - was wir sehr begrüßen -, aber bei Aktivitäten im Vorfeld oder im Umfeld streichen sie ordentlich, zum Beispiel bei den Frauenkommunikationszentren, bei Interventionsstellen und beim familienentlastenden Dienst.
Dass als Neuerung ein Elterntelefon eingerichtet werden soll, ist eine sehr gute Initiative; denn die Probleme der jungen Leute haben eine Vorgeschichte, die in das familiäre Leben fällt. Die veränderte Situation von Kindern und Jugendlichen führt zu der Feststellung von Sozialpädagogen, dass Kinder und Jugendliche heute doch anders sind.
Diese veränderte Situation resultiert nicht nur aus medialer Reizüberflutung. Viele Eltern haben die totale Veränderung ihrer persönlichen Lebenssituation in den letzten 13 Jahren hinter sich gebracht. Die Ergebnisse sind höchst verschieden. In jedem Falle werden sie natürlich von Kindern und Jugendlichen reflektiert. Arbeitslosigkeit von Vater und/oder Mutter werden auch als Lebensniederlagen in der Familie verarbeitet.
Verstärkt wird dieser Eindruck durch die anhaltende Debatte, man könne durch mehr Druck auf unwillige Arbeitslose der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit wirkungsvoll beikommen. Dabei zeigt dann die Agenda 2010 immer deutlicher, dass es dabei überhaupt nicht um mehr Arbeitsplätze, sondern um weniger Leistungsbezieher, sinkende Ansprüche und geringeren sozialen Schutz geht. Alle Instrumente zielen darauf ab, die Kosten der Arbeitslosigkeit zu senken, die Dauer des Leistungsbezugs zu verkürzen und die Arbeitgeber zu entlasten. Arbeitslose und Beschäftigte sollen in der Bundesrepublik auf 14,9 Milliarden € verzichten. Und machen wir uns nichts vor: Damit geht unmittelbar ein Kaufkraftverlust einher.
Während die Landesregierung diese so genannten Reformen in ihren wesentlichen Eckpunkten einerseits nur insoweit kritisiert, als sie ihr nicht weit genug gehen, und zudem Sonderregelungen für den Osten unter anderem zur Einführung von Niedriglöhnen und zur Aushebelung des Kündigungsschutzes verlangt, beklagt sie andererseits den Kaufkraftverlust in Höhe von 650 Millionen € allein für Sachsen-Anhalt. Also, wenn dort kein Widerspruch auffällt, dann weiß ich es auch nicht mehr.
Wir wissen - das tut weh -, Sachsen-Anhalt hat immer noch ein riesiges Arbeitslosenproblem. Nun sollte man meinen, dass es eigenständige Anstrengungen unternimmt, um den schlimmsten Folgen zu begegnen. Stattdessen folgt das Land mit diesem Haushalt der Logik von Hartz III völlig ungebrochen. SAM werden gänzlich gestrichen und ABM werden umgestaltet. Damit entfällt die Kofinanzierung von SAM durch das Land - das ist ganz klar - und für ABM muss das Land nunmehr keine verstärkte Förderung leisten.
Das Land ist draußen und bleibt auch mit den Entscheidungen innerhalb dieses Haushalts draußen. Es bleibt ein Rückgang um 7,6 Millionen € zur Unterstützung arbeitsmarktpolitischer Instrumente. Man muss sich diese 17 Millionen € schon einmal genauer ansehen. Am Ende geht es - jedenfalls aus unserer Sicht - um diese 7,6 Millionen €.
Die Zahl der Förderfälle im Rahmen von ABM sinkt von 7 293 auf 2 632. Noch gravierender stellt sich diese Entwicklung dar, wenn man weiß, dass die Pauschalen der Bundesanstalt für Arbeit so bemessen sind, dass ohne Mitfinanzierung durch Dritte so gut wie überhaupt keine ABM entstehen wird, schon gar nicht im sozialen Bereich, wo die Möglichkeiten zur Erwirtschaftung von Eigenmitteln nahezu ausgeschlossen sind.
Nun könnte sich noch eine letzte Hoffnung für Gestaltungspolitik des Landes auf die Wirtschaft selbst beziehen. Genährt wird diese Hoffnung durch die wortreichen, optimistischen Ausführungen des Wirtschaftsministers. Doch auch hier: Fehlanzeige. Die Investitionsquote sinkt auf 18,5 %. Sie schonen eigentlich nichts; das muss man schon sagen. Nun stellen wir uns einmal einen klitzekleinen Moment lang vor, das wäre zu Tolerierungszeiten passiert. Die damalige Opposition hätte uns, bildlich gesprochen, gevierteilt und gerädert.
Die Wirtschaft des Landes hätte gegen Rot-Rot nicht mehr nur ganzseitige Annoncen mit unzähligen Unterschriften geschaltet. Ach was, ganze Sonderausgaben wäre das wert gewesen. Wir können das heute nur kritisieren, ohne wirkliche Hoffnung auf mediale Umsetzung.
Er sollte der personifizierte Glücksfall für den Mittelstand, für Innovations- und Ansiedlungswillige werden.
Aus Wirtschaftswachstum sollten neue Arbeitsplätze entstehen, sollte die Arbeitslosigkeit durch Entwicklung des ersten Arbeitsmarktes zurückgehen. Nun, wir wissen es bereits: Da die Arbeitslosenzahl weiter gestiegen ist, war es wohl - um den Umkehrschluss zu bemühen - nicht ganz so weit her mit dem Wirtschaftswachstum.
Abgesehen davon, dass nun grundsätzlich die Bundesregierung dafür verantwortlich ist, verweist der Minister jetzt darauf, dass man das branchenbezogen betrachten muss.
Stimmt, Herr Rehberger, genau das haben wir vor einem Jahr auch immer versucht, aber, wie gesagt, nur versucht. Damals ist Ihnen das immer nur als billige Ausrede für Unfähigkeit erschienen und Sie haben auch so argumentiert.
Wie sieht es denn jetzt aus mit der Mittelstandsförderung? - Sie wird um 2,1 Millionen € gesenkt. Wie sieht es aus mit der Forschungs- und Technologieförderung? - Sie wird um 3,7 Millionen € reduziert.
Und die nunmehr eingestellten Mittel waren bislang in den Einzelplänen für Landwirtschaft und für Umwelt eingestellt, woraus die Annahme resultiert - wir müssen auch das noch einmal genauer prüfen -, dass die Kürzungen noch weiter greifen.
Die Chancen auf neue Impulse zur Unterstützung der Einführung neuer Produkte und Technologien verringern sich weiter. Von Innovationstempo kann dann wohl nicht mehr die Rede sein.
Zudem sinken die GA-Zuweisungen des Bundes. Sie können nicht 1 : 1 durch die Mobilisierung und den Einsatz von EFRE-Mitteln kompensiert werden. Durch hohe Verpflichtungsermächtigungen verringert sich der Spielraum zusätzlich. Sie haben das vorhin gesagt, Herr Paqué.
Auch gebundene Landeszuschüsse der letzten Jahre für strukturwirksame Ansiedlungen müssen nach ihrer Realisierung hinterfragt werden. Es wäre sicherlich interessant, im Finanz- und im Wirtschaftsausschuss zu erörtern, wo denn beispielsweise Beihilfen für das Vorhaben Rhino Leuna in Höhe von rund 67 Millionen € geblieben sind. Sind sie wirksam geworden oder nicht? Was ist damit geschehen? Fragen ergeben sich auch hinsichtlich der Folgen, die sich aus verringerten Mitteln für die Qualifizierung von Existenzgründern und Beschäftigten sowie für die Förderung der beruflichen Erstausbildung ergeben.
Der Ministerpräsident hat betont, dass mit den vorhandenen knappen Mitteln vor allem der Wirtschaftsstandort gestärkt und die Arbeitslosigkeit abgebaut werden muss. Angesichts dieses Haushalts, meine Damen und Herren, sehe ich dazu nicht einmal Ansätze.
Gleiches gilt letztlich für die Personalausgaben und die Nettoneuverschuldung. Bei der Entwicklung der Personalausgaben ist schon nachgewiesen worden, dass ein Puffer versteckt wurde.