Protokoll der Sitzung vom 24.10.2003

Insofern begrüßt die CDU-Fraktion den von der Landesregierung eingeschlagenen Weg zur inneren Reform der Schule und unterstützt diesen ausdrücklich.

Ein weiterer Aspekt. Die einen verlangen Fleiß und Ordnung, andere Flexibilität und Selbständigkeit. Gefordert werden Kompetenzen, die von der Beherrschung der Rechtschreibung über mindestens zwei Fremdsprachen bis hin zum sicheren Umgang mit der modernen Technologie reichen.

Deutlich wird, dass viele der von der Wirtschaft aufgestellten Anforderungsprofile nur einer beschränkten funktionalen Sicht auf den eigenen Bereich entspringen. Schulische Bildung muss demgegenüber jedoch den ganzen Menschen in seiner Lebensumwelt im Blick haben. Die Schule hat den jungen Menschen eine Bildungsperspektive zu eröffnen.

Tatsächlich ist es in den letzten Jahren jenseits aller plakativen Äußerungen auch in Sachsen-Anhalt zu einer Begegnung von Wirtschaft und Schule gekommen, die ein Voneinander-Lernen ermöglichte. Im Alltag der allgemein bildenden Schule finden wir heute selbstverständlich Betriebspraktika, Berufs- und Studieninformationen, wirtschaftspolitische Planspiele oder gar Schülerfirmen. Die ökonomische Bildung muss dabei auf drei Eckpfeilern stehen, die wir der christlichen Sozialethik verdanken:

Erstens bedarf es der politischen Orientierung an Recht und Solidarität. Ein demokratisches Gemeinwesen verlangt nach einer eindeutigen sozialen Marktwirtschaft.

Zweitens bedarf es einer Sinnorientierung wirtschaftlichen Handelns. Im Zentrum steht der Mensch und sein Leben in Freiheit und Würde.

Drittens bedarf es der moralischen Orientierung. Jede Wirtschaft bringt Gewinner und Verlierer hervor. Aber ein gebildeter Mensch weiß sich verantwortlich für die Verwirklichung von Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Nun zu Ihrem Antrag:

Erstens. Wie Sie bemerkt haben, haben wir Ihren Antrag nur leicht verändert. Zunächst einmal erweckt Ihr Antrag den Eindruck, dass die Landesregierung überhaupt erst einmal etwas tun soll. Die Landesregierung ist - das hat die Rede des Ministers deutlich gemacht - aber schon weiter. Deshalb bedarf es keiner neuen Konzepte, sondern der Ausweitung der positiven Erfahrungen aus der bisherigen Arbeit.

Zweitens. Ihr zielgerichteter Einsatz für den Aufbau polytechnischer Zentren in Punkt 2 ist unseres Erachtens kein Allheilmittel, sondern lediglich eine Option. Was für Aschersleben gut sein kann, muss für die Fläche in der Altmark noch lange nicht zutreffen.

Drittens. Die Änderung in Punkt 4 hat lediglich zum Gegenstand, dass wir vor dem von Ihnen vorgeschlagenen Datum eine Berichterstattung von der Landesregierung erwarten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schomburg. - Für die einbringende Fraktion hat noch einmal die Abgeordnete Frau Ferchland das Wort. Bitte sehr, Frau Ferchland.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas erschrocken darüber, dass ich so viel Zuspruch bekomme. Das habe ich nach den letzten eineinhalb Jahren in diesem Landtag gar nicht erwartet. Aber ich nehme das natürlich mit Freude zur Kenntnis. Ich muss sagen, dass wir anscheinend ein Thema aufgegriffen haben, das auch bei Ihnen brennt und bei dem wir, obwohl wir das nicht miteinander abgesprochen haben, eine breite Übereinstimmung haben. Das freut mich sehr.

Hinsichtlich des Änderungsantrages muss ich sagen, dass es wirklich nur ganz kleine Änderungen sind. Es fehl das Wort „Konzept“ und das Wort „polytechnische Zentren“. Ich kann damit leben, wie das auch Frau Mittendorf bereits gesagt hat.

(Frau Mittendorf, SPD: Das ist ein wichtiges Wort!)

- Das Wort „Konzept“ fehlt aber. Darum hatten wir ein Konzept eingefordert. Aber die PDS-Fraktion wird sich auch dem Änderungsantrag nicht verschließen, weil wir einfach etwas voranbringen wollen, weil wir Kontinuität wollen und weil wir wollen, dass im Ausschuss darüber debattiert wird. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr, Frau Ferchland. Frau Ferchland, Ihren letzten Worten entnehme ich, dass Sie eine Ausschussüberweisung beantragen.

(Herr Schomburg, CDU: Nein, eine Direktabstim- mung! - Frau Ferchland, PDS: Das steht im An- trag drin!)

Es ist eine Direktabstimmung gefordert worden. Frau Mittendorf und andere Abgeordnete sprachen aber immer wieder davon, sich im Ausschuss darüber zu unterhalten.

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

- Gut. Dann stimmen wir zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP ab. Wer diesem Änderungsantrag in der Drs. 4/1107 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte - Gegenstimmen? - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden. Wir schließen die Behandlung von Tagesordnungspunkt 17 ab.

(Zurufe)

- Pardon. Wir stimmen über den so geänderten Antrag ab. Wer dem geänderten Antrag seine Zustimmung gibt, bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch diesem Antrag einstimmig zugestimmt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Schließung der KZ-Gedenkstätte Schloss Lichtenburg in Prettin (Landkreis Wittenberg) verhindern

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1075

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1109

Einbringerin für die Fraktion der PDS ist die Abgeordnete Frau Tiedge. Bitte sehr, Frau Tiedge.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wiederholt haben wir die Situation der KZ-Gedenkstätte Schloss Lichtenburg in Prettin im Landkreis Wittenberg im Landtag thematisieren müssen, weil immer noch keine akzeptable Lösung erreicht wurde. Im Frühjahr 2002 führte das dazu, dass sich der Landtag einstimmig - ich betone das Wort „einstimmig“ - für den Erhalt und den Ausbau der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg ausgesprochen hat. Zuvor war in einem Gutachten die überregionale Bedeutsamkeit der Gedenkstätte festgestellt worden. Den Intentionen dieses Gutachtens folgte dann auch die Landesregierung. So wurden für den Umbau der Gedenkstätte Mittel in den Haushaltsplan eingestellt.

Auch für das Jahr 2004 ist dieses geschehen. Insgesamt sind 250 000 € für den Umbau vorgesehen worden. Man könnte meinen, es sei jetzt endlich Bewegung in die Sache gekommen. Dies ist aber leider in die völlig falsche Richtung geschehen.

Wie ist die aktuelle Situation? Vergegenwärtigen wir uns nochmals, in welcher Trägerschaft sich die Gedenkstätte und das Schloss befinden. Das Schloss befindet sich in Gänze im Besitz des Bundes, der beabsichtigt, das Schloss kommerziell zu vermarkten. Ich betone nochmals: Es ist ein skandalöser Vorgang, dass ein ehemaliges Konzentrationslager der Nazis, zudem eines der ersten, kommerziell vermarktet werden soll.

(Zustimmung bei der PDS)

Die Gedenkstätte befindet sich in der Trägerschaft des Landkreises Wittenberg. Das Land gibt lediglich Zuschüsse. Der Landkreis Wittenberg steht unter einem enormen Konsolidierungsdruck. Allein in diesem Jahr klafft ein Loch von 13 Millionen € im Haushalt.

In dieser Situation schlug nun das Regierungspräsidium Dessau vor, die Gedenkstätte in Prettin und das Museum aus Kostengründen zu schließen. Dem will der Landkreis folgen und schlägt deshalb dem Kreistag vor, die Gedenkstätte zum 1. Januar 2004 zu schließen. Das ist eine skandalöse und für die PDS nicht hinzunehmende Situation.

(Beifall bei der PDS)

Es wird damit einmal mehr deutlich, dass der Landkreis Wittenberg mit der Trägerschaft dieser bedeutenden Gedenkstätte nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich völlig überfordert ist. Dem muss nun endlich durch das Land und den Bund Rechnung getragen werden. Es geht so nicht mehr weiter.

Das meine ich besonders im Interesse derjenigen, die von den Nazis unterdrückt und im KZ Lichtenburg inhaftiert wurden. Es ist schon äußerst bedenklich, dass sich die Opfer an die Botschaften der Anti-Hitler-Koalition und Israels in Sorge um die Zukunft der Gedenkstätte Lichtenburg wenden müssen und dass im Ausland die Entwicklung um die Gedenkstätte mit Sorge beobachtet wird.

Meine Damen und Herren! Wir stehen in der Pflicht, das Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes in unserem Land zu bewahren. Aus diesem Grunde möchte wir Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen, in dem gefordert wird, dass die Landesregierung durch eine Umschichtung von Geldern die Gedenkstätte im nächsten Jahr erhalten soll. Noch wichtiger: Der Bund, das Land und der Landkreis müssen an einen Tisch, um ein Trägermodell zu erarbeiten und umzusetzen, welches eben nicht von Jahr zu Jahr von einem Haushalt abhängig ist.

Es ist mehr als fragwürdig, wenn sich die Bundesregierung noch nicht einmal zu einer Stellungnahme veranlasst sah, was den IVVdN-Landesvorsitzenden Josef Gerats mutmaßen ließ, dass Kanzler Schröder wahrscheinlich davon ausgeht, dass die Verfolgten des NSRegimes in den nächsten Jahren wegsterben und damit eine biologische Lösung des Problems bevorsteht, sodass dann nur noch Gedenkstätten an die Gräuel des faschistischen Systems erinnern können.

Was ist aber, wenn es auch diese Gedenkstätten nicht mehr gibt? Wie wird dann an das schlimmste Kapitel deutscher Geschichte erinnert? - Oder soll es gar kein Erinnern mehr geben? Meine Damen und Herren! Lassen Sie es nicht zu, dass dieser Verdacht im Ausland aufkommt.

Der Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP kann unserem Ansinnen nicht gerecht werden, weil er viel zu kurz greift, insbesondere hinsichtlich des von uns geforderten Trägermodells. Da wir aufgrund der Mehrheitsverhältnisse davon ausgehen, dass der Änderungsantrag angenommen wird, werden wir uns bei der Endabstimmung der Stimme enthalten, weil: Geredet wurde zwischenzeitlich genug, jetzt muss endlich gehandelt werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Abgeordnete Frau Tiedge. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Fünfminutendebatte eintreten, hat der Kultusminister Herr Professor Dr. Olbertz für die Landesregierung um das Wort gebeten. - Das hat

sich offensichtlich geändert. Für die Landesregierung wird der Minister Herr Jeziorsky zu uns sprechen. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die KZ-Gedenkstätte Schloss Lichtenburg hat den Landtag in den letzten Jahren mehrfach beschäftigt. Während der Befassung wurde deutlich, dass es parteiübergreifend unser gemeinsames Anliegen ist, die KZGedenkstätte nicht nur zu erhalten, sondern auch die zu Recht von der Öffentlichkeit geforderte Modernisierung voranzubringen.

Der gegenwärtige Zustand der KZ-Gedenkstätte Schloss Lichtenburg ist unhaltbar. Auch der Gedenkstättenbeirat im Land Sachsen-Anhalt, der sich bereits mehrfach mit diesem Problem beschäftigt hat, schätzt ein, dass die Gedenkstätte der dringenden Sanierung im Äußeren und der konzeptionellen Überarbeitung im Inneren bedarf. Doch - das sage ich an dieser Stelle ganz offen - bis zur Realisierung des gemeinsamen Zieles ist es noch ein weiter Weg.

Das Land setzt sich seit Jahren für den Erhalt der KZGedenkstätte Schloss Lichtenburg ein und ist diesbezüglich aktiv geworden. Ich weise insoweit nur darauf hin, dass das Land trotz seiner schwierigen Finanzlage die für die Sanierung der Einrichtung in den Haushalt eingestellten Gelder wesentlich erhöht hat. Trotzdem reichen die von uns eingesetzten Mittel nicht aus, um das gesamte Projekt realisieren zu können. Wir benötigen die Unterstützung des Bundes.

Um eine Förderung mit Bundesmitteln zu erreichen, muss einem entsprechenden Antrag ein inhaltlich ausgereiftes und wissenschaftlich begründetes Konzept zugrunde liegen. Zur Vorbereitung dieses Antrags hat das Regierungspräsidium Magdeburg Anfang dieses Jahres eine Arbeitsgruppe gebildet, in der neben dem Landkreis Wittenberg auch Wissenschaftler und Architekten mitgewirkt haben.