Reiner Schomburg

Sitzungen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Kultur sagte George Kennan, dass sie nicht das alleinige Eigentum unserer Generation ist.
„Wir sind nicht ihre Besitzer, wir sind nur ihre Verwalter, und weiter, sie ist nicht unsere Leistung, sie ist die Leistung anderer vor uns. Wir haben sie nicht geschaffen und sie wurde uns mit der stillschweigenden Verpflichtung anvertraut, sie zu hegen, zu bewahren, zu entwickeln, sie weiterzugeben - hoffentlich verbessert, aber auf jeden Fall intakt - an die anderen, die eigentlich nach uns kommen sollen.“
So weit das Zitat.
Eine Kultur bewahren, entwickeln und weitergeben kann man freilich nur, wenn man sie kennt. Wir lügen uns häufig in die eigene Tasche, wenn wir unaufhörlich den Dialog der Kulturen fordern, aber nichts tun, um Schüler und Studenten mit der eigenen Kultur bekannt zu machen.
Auch diesem Zweck dient das heute zu verabschiedende Gesetz zur Förderung und Anerkennung von Musikschulen im Lande Sachsen-Anhalt. Musikschulen sind und bleiben mit diesem Gesetz in ihrer Mehrzahl in kommunaler Trägerschaft befindliche Bildungseinrichtungen, deren Aufgabe die Vermittlung einer musikalischen Grundbildung, die Ausbildung des Nachwuchses für das Laien- und Liebhabermusizieren, die Begabtenfindung und -förderung sowie die mögliche Vorbereitung auf ein Musikstudium sind.
Musikschulen sind neben den allgemeinbildenden Schulen die wichtigste Institution zur Weitergabe und Pflege unserer Musikkultur. Mit dem Gesetz legen wir den Grundstein für eine sichere Zukunft der Musikschulen. Die Träger haben weiterhin die Hauptverantwortung für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Musikschulen und natürlich auch für deren finanzielle Sicherung.
Auch die nächsten Landtage werden über die Höhe der Zuschüsse entscheiden müssen. Ich hoffe, sie werden sich an das Vorbild der letzten Landtage erinnern, die in diesem Bereich einen Rückgang der Mittel nie zugelassen haben, auch wenn es von der jeweiligen Landesregierung häufig angedacht war.
Was ist der Vorteil dieses Gesetzes? Wir stellen die Zuschüsse des Landes auf eine gesetzliche Grundlage und geben damit als Landtag ein Bekenntnis zu den Musikschulen ab. Wir definieren, wozu und warum wir Geld in die Musikschulen geben, und wir entwickeln die Qualität der Musikschulen über das Anerkennungsverfahren weiter.
Warum gerade jetzt dieses Gesetz? - Zum einen läuft das alte Gesetz zum Ende dieses Jahres aus, zum anderen wollen wir damit den kommunalen Trägern ein Stück weit mehr Sicherheit bei der Finanzierung geben und sie bei den Aufwendungen für die Musikschulen unterstützen.
Aber es gibt noch einen dritten und, ich finde, wichtigeren Grund. Von kultureller Bildung oder gar von ästhetischer Erziehung ist in der gegenwärtigen Bildungsdiskussion kaum die Rede. Dies gilt bei vielen als verzichtbar, als Relikt aus vergangenen Zeiten, in denen man sich den Luxus praxisferner Bildung noch leisten konnte.
„In der letzten Zeit ist der Ruf nach einer fundierten musischen Erziehung wieder lauter geworden, wenn auch noch nicht laut genug. Das hat bestimmt damit zu tun, dass sich inzwischen herumgesprochen hat, dass die Probleme in unseren Schulen keineswegs bloß mit einem besseren Unterricht in den Wissensfächern behoben werden können.
Es hat sich auch herumgesprochen, dass musische Bildung Intelligenz, Selbstdisziplin und soziale Kompetenz fördert. Weil das so ist, kann man auch die Zukunftsfähigkeit unserer Schulen nicht allein und auch nicht in erster Linie daran messen, mit wie vielen Computern sie ausgestattet sind.
Wenn wir unsere Schulen zukunftsfähig machen wollen, dann brauchen sie mehr. Sie müssen zu Orten werden, an denen unsere Kinder sich in all ihren Fähigkeiten entfalten können - in ihren intellektuellen, kreativen, musischen und sozialen
Fähigkeiten. Musische Bildung ist nicht allein Privatsache und schon gar nicht Nebensache. Zu unserem gesellschaftlichen Selbstverständnis sollte gehören, dass Kultur eines der Güter ist, auf die Kinder genauso Anspruch haben wie darauf, Schreiben, Lesen und Rechnen zu lernen.“
„Ich weise immer wieder gern darauf hin: Kultur und kulturelle Bildung sind keine Luxusgüter, die wir uns leisten können, wenn es uns finanziell gut geht, und auf die wir verzichten müssen, wenn die finanziellen Verhältnisse schwieriger werden. Kultur und kulturelle Bildung sind ein Grundrecht, auf das alle Anspruch haben.“
Das unterstrich der Altbundespräsident Johannes Rau bei der Eröffnung des Kongresses „Kinder zum Olymp“ im Jahr 2004.
Aber noch einen anderen wichtigen Bezug halte ich für erwähnenswert, wie ihn der jetzige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Jahr 1999 in Weimar äußerte:
„Die Kunst trägt zum Nachdenken über Werte bei. Sie dient, ohne dass ihr der Auftrag gegeben worden wäre, der Herausbildung eigener Maßstäbe... Somit kommen wir zur Politik. Christlichdemokratische Politik will eine Gesellschaft, die auf Freiheit gegründet ist.“
„Eine Ordnung der Freiheit braucht, will sie stabil bleiben, ein Wertefundament. Sie braucht Bürger, die ihr Tun und Lassen bewusst an sittlichen Maßstäben ausrichten. Das kommt nicht von allein. Jeder muss aus sich selbst heraus den größten Teil dazu leisten. Deswegen ist für mich der Auftrag an den Staat, Kulturstaat zu sein, vor allem anderen der Auftrag, die Garantie auf freie Selbstentfaltung beständig einzulösen.“
In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Polte, Sie wissen, dass ich Sie hoch schätze. Deshalb die erste Frage: Haben Sie die Rede, die Sie eben gehalten haben, als Ihre persönliche Rede gehalten oder haben Sie im Namen Ihrer Fraktion gesprochen?
Dann möchte ich kurz konstatieren, dass zwischen Ihrer Rede und dem Antrag der SPD-Fraktion für mich ein Widerspruch klafft. Sie haben eben gefordert, dass die Kommunen doch die Möglichkeit haben sollten, möglichst autonom über das Beauftragtenwesen zu entscheiden. Gleichzeitig senken Sie die Grenzwerte für die Gleichstellungsbeauftragte auf einen niedrigeren Wert.
Das ist für mich ein Widerspruch. Normalerweise hätten Sie jetzt einen Antrag stellen müssen, dass sämtliche Regelungen zu dem Beauftragtenwesen aus dem Kommunalrecht zu streichen sind. Das hätte Ihrer Rede folgen müssen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung steht die Entscheidung zu den Sitzen der Kreisverwaltungen der neu entstandenen Kreise. Wie in keiner anderen Frage in den letzten Jahren wird es hierbei auf die persönliche Entscheidung jedes einzelnen Abgeordneten ankommen. Deshalb nehme ich heute auch im Namen von Herrn Metke das Wort, um im Fall des Harzkreises für den Standort Wernigerode zu werben.
Wir haben dem neuen Landkreis im und am Harz in der letzten Landtagssitzung zu Recht und gegen den Widerstand aus Niedersachsen den Namen Harzkreis gegeben. Damit erreichen wir, dass das positive Image des Begriffes Harz auf den neuen Landkreis übertragen wird. Sollten wir nun wirklich diejenige Stadt zum Sitz der Kreisverwaltung wählen, die am weitesten vom Kerngebiet, dem eigentlichen Harzgebirge, entfernt liegt?
Die Stadt Wernigerode, die sich mit einigen Stadteilen bis in den Harz hinein erstreckt, ist ideal für die Repräsentanz des neuen Harzkreises. Hinzu kommt, dass die Stadt Wernigerode diejenige ist, die bei nationalen Erhebungen am häufigsten mit dem Begriff Harz in Verbindung gebracht wird.
Sowohl bei der ersten Lesung als auch in der Anhörung ist immer wieder von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bewerberstädte gesprochen worden. Die
Landesregierung war der Meinung, es sei kein geeigneter Maßstab vorhanden, der dieses Kriterium objektiv bemessen könnte. Dem müssen wir widersprechen, da das in Halle beheimatete ISW bereits seit Jahren einen Vergleich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Landkreise, basierend auf mehreren Kriterien, erstellt. Dieser Vergleich wurde bisher unangefochten akzeptiert und kann somit auch bei der Entscheidung über den Kreissitz herangezogen werden.
Zieht man diesen Vergleich zu Rate, so ist festzustellen, dass Wernigerode die bei weitem leistungsfähigste Stadt im Westen Sachsen-Anhalts ist. Bei Wirtschaftsleistung, Steuerkraft, Arbeitslosenzahlen und Kaufkraft liegt Wernigerode vor seinen Nachbarstädten. Das Prognos-Institut bewertete Wernigerode innerhalb Sachsen-Anhalts mit den ersten Plätzen für Dynamik, Demografie und Wohlstand.
Dies hat umso mehr Gewicht, als dies nicht immer so war. Bis zum Jahr 1990 hatten die drei Bewerberstädte eine durchaus vergleichbare Wirtschaftskraft, die sich erst nach dem Jahr 1990 differenzierte. Die Gründe mögen vielfältig sein. Sie haben im Falle Wernigerodes aber mit dem zu tun, was ein Wernigeröder Unternehmer wie folgt beschreibt:
„Das Erfolgsrezept ist ein ganz besonderer Geist der Zusammenarbeit aller an der Region interessierten Menschen aus Politik, Kultur, Bildung und Wirtschaft. Dieser Geist nimmt mit und schafft ein positives Stimmungsbild, auch wenn nicht gleich alle Hoffnungen Realität werden.“
Weiter führte er aus:
„Es ist jedoch bitter nötig, dass der Geist von Wernigerode für die Entwicklung eines neuen Großkreises Harz genutzt wird. Die Aufgaben erlauben keine halbherzigen Entscheidungen zum Verwalten; es muss gestaltet werden.“
Die Wernigeröder wollen Ihr Vertrauen und Ihre Stimme nicht, weil sie etwas haben wollen, sondern weil sie etwas geben möchten.
Ein weiterer Faktor für die gute Entwicklung des Landkreises und der Stadt Wernigerode war die gute Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Landkreis. Besonders deutlich wurde dies bei der Vernetzung der Verwaltungen und der Schulen sowie der Erstellung einer gemeinsamen Internetpräsentation. Die eng verzahnten Verwaltungsverfahren zwischen den Gemeinden und dem Landkreis zur Ansiedlung neuer und der Erweiterung vorhandener Unternehmen sind weithin bekannt und inzwischen ein eigener Standortfaktor. Besonders augenfällig ist dies in Wernigerode, wo sich zum Beispiel in den nächsten Wochen ein Betrieb aus dem Landkreis Halberstadt ansiedeln wird.
Viele andere Fakten lassen sich noch aneinander reihen, die den Standort Wernigerode herausheben. So erbrachte die Studie „Zukunftsfähige Gemeinden“ für Wernigerode die höchste Familienfreundlichkeit und der Familienatlas des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2005 gab der Stadt die Bewertung „Refugium für Familien“. Das umfangreiche Bildungsangebot mit der Hochschule Harz und dem Landesgymnasium als Flaggschiff sowie das herausragende Kulturangebot schaffen ein lebenswertes Umfeld für die Bewohner und sind ein Magnet für jährlich rund zwei Millionen Touristen, die die Stadt besuchen.
Dies alles hat dazu beigetragen, dass Wernigerode heute bundesweit zu einem Markenzeichen in der Wirtschaft und im Tourismus geworden ist. Diese positiv besetzte Marke nicht für den neuen Harzkreis zu nutzen wäre sträflich. Betriebe müssen viel Geld dafür ausgeben, um eine vergleichbare Markenentwicklung durchzusetzen.
Deshalb helfen Sie uns, eine solide Basis für das erfolgreiche Zusammenwachsen des Harzkreises zu legen. Unterstützen Sie bitte unseren Vorschlag, Wernigerode als Kreissitz des Harzkreises zu bestimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine wenigen Damen und Herren! Auch ich möchte versuchen, es kurz zu machen. Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung dafür, dass sie es nun doch noch geschafft hat, uns den Gesetzentwurf vorzulegen. Gut Ding will Weile haben, kann man sagen; denn es ist wirklich ein qualitativ guter Gesetzentwurf dabei herausgekommen, wiewohl wir ihn gern schon einen Monat früher auf dem Tisch gehabt hätten.
Bei einem Vergleich der Gesetzentwürfe der PDS und der Landesregierung werden einige Unterschiede erkennbar, die für den Gesetzentwurf der Landesregierung sprechen. Sowohl systematisch als auch gesetzestechnisch ist der Gesetzentwurf der Landesregierung besser strukturiert und inhaltlich weitergehend als der Gesetzentwurf der PDS, ohne überregulierend zu sein. Neben inhaltlichen Lücken ist insbesondere der § 3 des Gesetzentwurfes der PDS aus unserer Sicht etwas missglückt.
Wir haben erstmals die Möglichkeit, die staatliche Anerkennung genauer festzulegen und zu definieren und das Landesinteresse zu spezifizieren, was wichtig ist, wenn man eine Begründung dafür braucht, die Förderung der Musikschulen aus staatlicher Sicht weiterhin zu gewährleisten. Andererseits ist mit der 50%-Regelung gesichert, dass die Träger der Musikschulen ihre originäre Aufgabe, nämlich der Basisausbildung bzw. der Grundbildung der Kinder- und Jugendlichen nachzukommen, nicht vernachlässigen.
Die Fördervoraussetzungen sind kurz und prägnant dargestellt; so wird es im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf der PDS auch hier kein Zuviel an Regulierung geben, was man auch von den weiteren Paragrafen sagen kann.
Abschließend möchte ich Ihnen vorschlagen, diesen Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Kultur und Medien und zur Mitberatung in den Innen- und in den Finanzausschuss zu überweisen, um einen Gleichtakt der Beratungen zu dem PDS-Gesetzentwurf zu gewährleisten.
Ich bitte um eine zügige Beratung in den mitberatenden Ausschüssen, da wir uns im Ausschuss für Kultur und Medien ein ehrgeiziges Zeitprogramm auferlegt haben. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bürger ist in die Politik zurückgekehrt. Während in der DDR, aber auch in den 70er- und 80er-Jahren in der alten Bundesrepublik das ehrenamtliche Engagement eher an den Rand der politischen Aufmerksamkeit rückte, ist spätestens seit dem Jahr 2001, dem Internationalen Jahr der Freiwilligen, das ehrenamtliche Engagement wieder in den Fokus des politischen und sozialwissenschaftlichen Interesses zurückgekehrt. Der Bundestag gründete eine EnqueteKommission zur Zukunft des bürgerschaftlichen Enga
gements, Freiwilligenbüros schossen aus dem Boden und Bürgerpreise wurden seither gestiftet.
Die Ursache für das neue Interesse am Ehrenamt liegt in der Krise des herkömmlichen Systems wohlfahrtsstaatlicher Sicherung in Deutschland und in den tiefgreifenden Wandlungsprozessen, denen die bundesrepublikanische Gesellschaft derzeit unterliegt. In dieser Situation versprechen die Konzepte einer neuen Bürgergesellschaft oder Zivilgesellschaft neue Perspektiven gesellschaftlicher Gestaltung, die den aktuellen Krisen und Verwerfungen Rechnung tragen sollen, so der Sozialwissenschaftler Christoph Sachse.
Liebe Frau Paschke, der Grund, warum wir uns zu dieser morgendlichen Stunde zu diesem Thema zusammenfinden, ist, so denke ich, verständlich. Wie oft werden solche Themen am Donnerstagabend um 18.30 Uhr oder 19 Uhr verhandelt, fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit?
Deshalb war es durchaus berechtigt, diesen Kunstgriff der Aktuellen Debatte zu wählen, um dieses Thema einmal zu einer attraktiven Zeit, zu der, wie ich hoffe, auch die Presse anwesend ist, zu erörtern.
Woher kommt die Idee des Ehrenamtes? Wo sind seine Wurzeln? - Die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland verdankt ihre Entstehung der Preußischen Städteordnung vom November 1808. Diese zielte auf die Integration des aufstrebenden Bürgertums in den absolutistischen Staat durch das Angebot der Verwaltung der lokalen Angelegenheiten durch die Bürger selbst.
§ 191 bestimmte, dass die Bürger zur Übernahme öffentlicher Stadtämter verpflichtet waren, ohne dafür ein Entgelt beanspruchen zu können. Diese Regelung bildete gleichsam die Geburtsstunde des bürgerlichen Ehrenamtes. Die Entstehung des Ehrenamtes war somit untrennbar mit der Lokalgemeinschaft verbunden.
Das soziale Ehrenamt wurde im Jahr 1853 durch das später berühmt gewordene „Elberfelder System“ geschaffen, das die Durchführung der öffentlichen Armenpflege als Teil der kommunalen Verwaltung auf der Grundlage der Preußischen Städteordnung zur ehrenamtlichen Aufgabe der männlichen Bürger machte. Die entscheidende Qualifikation des Armenpflegers bestand in seiner Eigenschaft als Bürger und Nachbar und seiner lokalen Vertrautheit und Präsenz.
In den 1890er-Jahren begannen die deutschen Großstädte, die herkömmliche Armenpflege zur kommunalen Sozialpolitik auszubauen. Damit wurde zugleich ein Schub der Bürokratisierung und Professionalisierung in Gang gesetzt, der langfristig diesen Typus ehrenamtlicher Tätigkeit aushöhlte. Kommunale Verwaltung ist heute Bürokratie wie jede andere auch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geht man durch das Land und spricht mit ehrenamtlich Engagierten, so hört man häufig von Problemen bei der Nachwuchsgewinnung. Viele Vereine sind überaltert. Gewerkschaften, aber auch Parteien und Kirchen haben immer mehr Probleme, Jugendliche und junge Erwachsene zum Mittun zu ermuntern.
Ist dieser vielfach subjektiv empfundene Schwund an Ehrenamtlichkeit auch objektiv nachweisbar? - Alle Erhebungen der letzten Jahre, auch der FreiwilligenSurvey „Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaft
liches Engagement“ - ich nehme einmal die Zahlen des Jahres 1999 - brachten das Gegenteil zutage. Nie waren mehr Menschen in ihrer Freizeit für die Gesellschaft und ihre Mitmenschen tätig als derzeit.
68 % der Bevölkerung in den alten und 55 % der Bevölkerung in den neuen Ländern sind ehrenamtlich tätig. Der Unterschied zwischen den alten und neuen Ländern ergibt sich wohl aufgrund der differierenden sozialen Situation, die ehrenamtliches Engagement einschränkt, weil die Sorge um den Lebensunterhalt und der dazu notwendige Aufwand weitaus höher ist als in den alten Ländern. Sachsen-Anhalt liegt im Übrigen mit 58 % Engagierter über dem Durchschnitt der neuen Länder.
Wo finden wir nun die Freiwilligen, wo engagieren sie sich?
7,6 Millionen im Sport, – 4 Millionen für Schule und Kindergarten, – 3,8 Millionen für Freizeit und Geselligkeit, – 3,7 Millionen in den Kirchen, – 3,4 Millionen für Kultur und Musik, – 2,8 Millionen im sozialen Bereich, – 1,9 Millionen in politischen Interessenvertretungen, – 1,6 Millionen in beruflichen Interessenvertretungen, – 1,5 Millionen bei Feuerwehr und Rettungsdiensten, – 1,1 Millionen jeweils für Jugendarbeit/Erwachsenenbildung und Umwelt/Naturschutz.
Im Schnitt leisten die Freiwilligen 23 Stunden im Monat, insgesamt also etwa sechs Milliarden Stunden im Jahr. Als Vergleich dazu mag die Zahl der in der Volkswirtschaft erbrachten Stunden dienen. Das sind 56 Milliarden. Also mehr als 10 % der in der Volkswirtschaft erbrachten Stunden werden im ehrenamtlichen Bereich geleistet. Das soll die volkswirtschaftliche Bedeutung der Ehrenämter noch einmal verdeutlichen.
Wo sind nun die Konfliktpunkte im Ehrenamt zu sehen? - Die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement wie auch die Motivation sind pluraler und differenzierter geworden. Es gibt kein einheitliches Muster des Ehrenamtlichen mehr. Hier zwei Beispiele: Während bei älteren Ehrenamtlichen noch eher altruistische Motive gefunden werden können, verknüpft sich ehrenamtliches Engagement bei jüngeren auch schon oft mit beruflichen oder politischen Ambitionen oder dient in einem gewissen Maß auch der Selbstverwirklichung in Ergänzung zur beruflichen Karriere.
Ein zweites Beispiel. Bei der Bewertung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeit findet man nebeneinander die Auffassung „das ist Ausdruck von Wertschätzung“ wie auch die Aussage „das ist eine Entwertung des persönlichen Engagements“.
Die Frage des Miteinanders von Hauptamt und Ehrenamt hat in den letzten Jahren verstärkt an Bedeutung gewonnen, sowohl innerhalb von Verbänden als auch zwischen ehrenamtlich Tätigen und hauptamtlichen Verwaltungen. Natürlich hängt dies mit einem gewachsenen Selbstbewusstsein der Ehrenamtler zusammen, die häufig über ihren Beruf Kompetenzen ins Ehrenamt mit einbringen, die denen des Hauptamtlers nicht nachstehen.
Dort, wo ehrenamtliche Strukturen durch das Hauptamt getragen werden, gibt es auch immer wieder den Konflikt der Substitution des Hauptamtes durch das Ehrenamt. Diese Diskussionen sind in Zeiten zurückgehender finanzieller Möglichkeiten nicht zu umgehen. Zwei Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: Gut vorbereitete
Ehrenamtliche sind in der Lage, mehr zu leisten, als ihnen von vielen Hauptamtlichen zugetraut wird. Und: Eine vollständige Substitution hauptamtlicher Strukturen, insbesondere auf Landes- oder Bundesebene durch Ehrenamtliche ist illusorisch und würde deren Leistungsmöglichkeiten vielfach überfordern.
Viel wird heute über die Gewinnung von neuen Ehrenamtlichen diskutiert. Es gibt dafür kein Patentrezept. Wichtig ist zunächst einmal eine positive Einstellung derjenigen zum Ehrenamt, die neue Mitstreiter gewinnen wollen. Die persönliche Ansprache von potenziellen Ehrenamtlichen und das Vorhandensein einer konkreten und eingrenzbaren Arbeitsaufgabe sind nach den Erfahrungen gute Möglichkeiten, Ehrenamtliche zu gewinnen. Die kontinuierliche Begleitung, geeignete Fortbildungsangebote oder eine angemessene Form des Dankes sind wichtige Faktoren zum Erhalt der Bereitschaft der Ehrenamtlichen.
Insbesondere im Hinblick auf den enorm hohen Anteil von Frauen bei den freiwilligen sozialen Diensten ist es notwendig, dass Frauen gleichberechtigt an verantwortlichen Positionen in ihrem Tätigkeitsbereich teilhaben. Vielfach ist es heute so, dass die Männer die Richtung bestimmen und die Frauen die Arbeit machen.
Das kann nicht unsere Vorstellung von gleichberechtigter Teilhabe an diesem Bereich sein.
- Guten Morgen! - Weiterhin ist es notwendig, dass eine neue Aufteilung von Aufgaben zwischen Mann und Frau stattfindet und dass freiwillige, unbezahlte Arbeit nicht als Ersatz für den Anspruch auf Erwerbsarbeit angesehen wird, dass Frauen nicht zu alleinigen Trägern ehrenamtlicher Dienste werden, sondern auch Männer sich verstärkt daran beteiligen, dass ehrenamtliche Tätigkeit Anrechnung in späteren beruflichen Tätigkeiten findet bzw. als Vorbereitung für den Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit dient.
Die zeitliche Inanspruchnahme durch Ehrenämter muss überschaubar und berechenbar sein. Viele Menschen sind heute eher bereit, sich in befristeten Projekten zu engagieren, als unbefristete Verpflichtungen einzugehen. Die projektorientierte Mitarbeit auf Zeit wird sicherlich zunehmen.
Die Bereitschaft vieler junger Menschen, in unserer demokratischen Gesellschaft mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen, zeigt aber auch die Notwendigkeit zu einem Mut zur Erziehung. Denn konkrete Mitwirkung und Übernahme von Verantwortung werden nur dann gelingen, wenn sie verbunden werden mit Tugenden wie Fleiß, Ordnung, Pflichterfüllung.
Sie werden gleichsam der soziale Kitt, der ein Zusammenleben erst ermöglicht. Ohne die Einübung solcher Sekundärtugenden wird es auf Dauer nicht gelingen, die hohe Mitwirkungsbereitschaft junger Menschen in konkretes Handeln umzusetzen.
Sie bilden die Ethik des Selbstverständlichen, von der die Demokratie lebt. Die klassischen Erziehungsinstanzen Familie und Schule allein mit der Vermittlung dieser sozialen Tugenden zu beauftragen, würde bedeuten, sie zu überfordern. Öffentlichkeit, Medien, Parteien, Verbän
de und Kirchen bleiben aufgefordert, an dieser Aufgabe mitzuwirken und ihre Verantwortung dafür wahrzunehmen.
Lassen Sie mich zum Abschluss meines Vortrages all denen danken, die in vielen Stunden täglich oder wöchentlich dazu beitragen, dass Sachsen-Anhalt ein lebens- und liebenswertes Land wird und bleibt. - Vielen Dank.
Herr Dr. Thiel, in der heutigen Debatte wurde mehrfach als Kronzeuge der Bürgermeister von Ilsenburg Herr Obermüller angeführt. Ich frage Sie: Wissen Sie, dass es einen einstimmigen Beschluss des Stiftungsvorstandes aus der Zeit gibt, als der Oberbürgermeister noch Geschäftsführer der Stiftung war? Er hat also an diesem einstimmigen Beschluss mitgewirkt, dass die Stiftung das Vorhaben betreiben soll, dieses Hotel in Eigenbesitz zu übernehmen. Wissen Sie das, Herr Thiel?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist in der Tat etwas unüblich, dass zunächst die Debatte und die Einbringung des Antrages erst am Schluss kommt.
In Anlehnung an die Aktuelle Debatte kann ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken.
Zunächst zu den Punkten I und II des Antrags. In diesem Zusammenhang hat Herr Kollege Fikentscher eine, so denke ich, etwas unglückliche Bemerkung gemacht. Es steht uns als Parlamentariern zu, einmal Danke für die ehrenamtlich geleistete Arbeit zu sagen. Nicht mehr und nicht weniger soll dieser Antrag in diesem Punkt erreichen.
Es ist wichtig, dass wir als hauptamtlich im politischen Geschäft Tätige uns bei denen bedanken, die ehrenamtlich im politischen, sozialen, kulturellen, sportlichen Bereich und in anderen Bereichen tätig sind.
In Punkt III kam es uns vor dem Hintergrund der Anhörung, die wir im Juni 2005 durchgeführt haben, darauf an, der Landesverwaltung zu verdeutlichen, dass die Bürger nicht nur ein Interesse, sondern auch ein Recht darauf haben, an Verwaltungsentscheidungen mitzuwirken, und über Vereine und Verbände auch Co-Produzenten der gesellschaftlichen Regulierung sind.
Dies trifft in den Verwaltungen nicht immer auf Verständnis. Auch uns ist klar, dass wir dies hier nicht beschließen können; aber ich denke, es ist evident, dass wir mit den Verwaltungen ins Gespräch kommen und um Verständnis für die Position der Ehrenamtlichen ringen müssen.
Auch in Bezug auf die Form des Anerkennungswesens gab es erheblichen Diskussionsbedarf. Es wird anerkannt, dass die Landesregierung über den Preis des Ministerpräsidenten zur Anerkennung von im Ehrenamt geleisteten Diensten beiträgt. Die Ehrenamtlichen stehen dazu. Sie halten ein abgestuftes Verfahren und ein abgestuftes Anerkennungssystem für sinnvoll. Darüber wollen wir uns mit der Landesverwaltung im Ausschuss unterhalten.
Über die Modernisierung des Zuwendungsrechts ist hier schon in ausreichendem Maße gesprochen worden. Ausführungen dazu kann ich mir also ersparen.
Ein Problem besteht aber noch hinsichtlich der Frage des Versicherungsschutzes. Es gibt eine Reihe von Verbänden, insbesondere von größeren, die einen Versicherungsschutz in Bezug auf das Haftungsrecht und die Unfallversicherung haben. Es gibt aber im Bereich des Ehrenamts insbesondere kleinere Segmente, die diesen Schutz nicht genießen, eben weil sie keine großen tragfähigen Strukturen hinter sich wissen. Auch für diese ist es zum Teil existenziell, dass es uns gelingt, hier eine Lösung zu finden.
Ich denke nur an kleinere Vereine, die sich auch mit Jugendarbeit beschäftigen und in denen der ehrenamtlich Tätige, der die Jugendarbeit betreibt, haftungsrechtlich voll in die Verantwortung genommen wird, wenn er mit Jugendlichen etwas unternimmt und einem der Jugendlichen während der Ausübung dieser Tätigkeit etwas passiert.
Das darf nicht das private Risiko desjenigen sein, der diese Arbeit ehrenamtlich betreibt.
Über die Handreichung der Vereine wurde schon einiges gesagt. Sie ist auf dem besten Wege.
Ich wünsche uns eine interessante Diskussion im Ausschuss für Kultur und Medien, der die Federführung erhalten soll, im Ausschuss für Inneres, im Ausschuss für Gesundheit und Soziales sowie im Ausschuss für Finanzen. Ich bitte um Überweisung dieses Antrags an die genannten Ausschüsse. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Auf die generelle Rolle des Ehrenamtes in einer Gesellschaft wie der unseren, wo durch viele Veränderungen versucht wird, diese staatsorientierte Gesellschaft in eine bürgerorientierte Gesellschaft umzuformen, werde ich später zurückkommen. Das wird nicht heute das Thema meines Redebeitrags sein.
Ich will mich kurz auf diesen Antrag der PDS beziehen. Es ist schon erstaunlich, dass kurz nachdem die Einladung für die Ehrenamtskonferenz der Koalitionsfraktionen am vergangenen Mittwoch heraus war, die PDS mit einem Antrag zu diesem Thema in den Landtag kommt.
- Ja, ja. Nur, für vernünftige Arbeit muss man sich etwas Zeit nehmen und nicht so aus der Hüfte schießen, wie Sie das hier mit diesem Antrag getan haben. Ich komme gleich darauf zurück.
Die Veranstaltung am vergangenen Mittwoch war sehr gut. Das heißt nicht, dass dort nur Lob erteilt wurde, sondern dort wurde auch sehr kritisch über ein Arbeitspapier der Koalitionsfraktionen diskutiert, in dem nicht alles stand, was wir dachten erfasst zu haben. Das, denke ich, ist auch gut so, weil dieses Hohe Haus nicht der Hort aller Weisheit ist, sondern weil wir auf aktives Mittätigsein der Gesellschaft angewiesen sind.
Wir haben im Rahmen dieser Veranstaltung zum Beispiel auch über das Thema Versicherung kontrovers
diskutiert. Es gab dort Redner, die es sich verbeten haben, dass von Staats wegen für die ehrenamtlich Tätigen eine Versicherung organisiert wird. Es gab andere, die gesagt haben, dass sie genau eine solche Versicherung brauchten.
Wir werden uns in den weiteren Beratungen, die sicherlich auch das Hohe Haus beschäftigen werden, darüber unterhalten müssen, ob wir die teilweise großen Verbände, wie die Musikverbände und die Sportverbände, zu einer Versicherung zwingen, oder ob wir eine separate Versicherung für noch nicht versicherte Ehrenamtler schaffen. Das ist zu diskutieren. Darüber muss aber in Ruhe diskutiert werden. Deshalb ist Ihr Antrag wie ein Springen auf einen fahrenden Zug. Nur leider war der Sprung etwas zu kurz, Sie haben den Zug leicht verfehlt.
So allgemein, wie die Punkte in Ihrem Antrag gefasst sind, lassen sich Ehrenamtler, die engagiert für ihr Ehrenamt und für die Randbedingungen um ihr Ehrenamt kämpfen, nicht abspeisen.
Da muss mehr Butter bei die Fische getan werden.
Wir haben uns gestern durchaus mit konkreten Maßnahmen beschäftigt und konkrete Forderungen entgegengenommen. Eines wurde aber nicht angesprochen: Das Thema Beitritt zum Bundesnetzwerk spielte bei keinem der dort anwesenden Diskutanten - vom Sozialbereich über den Umweltbereich und den Kulturbereich bis hin zum Sportbereich - eine Rolle.
Niemand hat diesen Vorschlag aufgegriffen. Deshalb auch meine Skepsis. Brauchen wir wirklich dieses Bundesnetzwerk? Vor allen Dingen: Brauchen wir die Beteiligung des Landes an diesem Netzwerk?
Herr Dr. Fikentscher hat gerade die Prinzipien für das Ehrenamt aufgezählt. Dazu gehört das Prinzip der Selbstorganisation. Ist es nicht vernünftiger, in dem Bundesnetzwerk ein Landesnetzwerk des Ehrenamtes Mitglied werden zu lassen, das selbständig die Vertretung festlegt? - Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter der Staatskanzlei nimmt dort an Sitzungen teil - stellvertretend auch noch für Mecklenburg-Vorpommern, für Brandenburg, für Thüringen und andere Länder - und muss eine Entscheidung fällen und dies hinterher mit dem eigenen Haus, aber auch mit anderen Ländern koordinieren. Stellen Sie sich diesen Aufwand vor!
Ich halte ihn nicht für richtig. Ich halte es für richtiger, dass ein Landesnetzwerk mit der Landesregierung korrespondiert und ein Bundesnetzwerk mit der Bundesregierung korrespondiert, um auf den jeweiligen Ebenen die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt zu verändern und zu verbessern. Das, denke ich, wäre der richtige Ansatz.
Wir haben auch Vorschläge bekommen, zu denen wir gesagt haben, dass das Sache der Bundesregierung ist. Da muss sich der Bundesverband mit der Bundesregierung auseinander setzen. Über die Parteistrecke kann zwar geholfen werden, aber letztlich muss das auf der anderen Ebene geklärt werden. Deshalb ist noch großer Beratungsbedarf vorhanden.
Die Koalitionsfraktionen werden im September einen eigenen Antrag zur Förderung des Ehrenamtes einbringen. Ich sage Ihnen aber auch, dieser Antrag wird nicht vollständig und allumfassend sein. Auch dieser Antrag wird nur einen Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen leisten können, er wird aber wesentlich konkreter sein als das, was uns heute die PDS als Antrag vorgelegt hat.
Trotzdem möchten wir diesen Antrag nicht pauschal ablehnen, sondern ihn zur Beratung in den Ausschuss für Kultur und Medien überweisen, um im Herbst, wenn der Koalitionsantrag vorliegt, einen vernünftigen Beratungsgegenstand zu haben. Es ist wichtig, konkrete Punkte zur Verbesserung der Randbedingungen des Ehrenamtes auf der Landesebene - das, was wir hier tun können - zu beschließen. Ich lade Sie recht herzlich ein, mit uns gemeinsam dieses Ziel zu verfolgen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach wirklich eingehenden und schwierigen Beratungen - die CDU-Fraktion hat sich seit Februar des vergangenen Jahres mit diesem Thema beschäftigt - sind wir in der Fraktion zu dem Ergebnis gekommen, der Staatsvertragsänderung nun doch zuzustimmen, nachdem wir vor einem Jahr beschlossen hatten, es nicht zu tun. Ich schließe nicht aus, dass einzelne Kollegen aus unserer Fraktion weiterhin anderer Meinung sind.
Die maßgebliche Verärgerung über die Gebührensteigerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommt daher, dass sie aus unserer Sicht überproportional zu anderen gesellschaftlichen Bereichen erfolgt. Ich nenne nur die Zahlen: Im Jahr 1990 haben die Bürger 9,71 € für die Rundfunkproduktion im öffentlich-rechtlichen Bereich bezahlt, ab April 2005 werden es 17,03 € sein, also fast eine Verdopplung in 15 Jahren. Dass das nicht nur bei Abgeordneten, sondern auch bei Bürgern Verärgerung auslöst, konnten wir alle in den letzten Wochen den Leserbriefseiten unserer Zeitungen entnehmen.
Im Ergebnis der Diskussion innerhalb der Fraktion und in Abstimmung mit der FDP wurde dann ein Entschließungsantrag verabschiedet, der einen Anstoß aus Sachsen-Anhalt für eine nachhaltige Strukturdebatte geben soll. Zu Recht sollten wir beide Debatten auseinander halten. Jetzt debattieren wir über die Gebühren; die Struktur kommt dann später.
Lassen Sie mich jetzt einiges zum Entschließungsantrag sagen. Wenn ich das Alleinstellungsmerkmal Information, wobei ich dazu auch den Service und die Bildung zähle, im Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anspreche, dann halte ich dies, was die Seriosität, aber auch die Ausführlichkeit angeht, für beispielgebend in der Rundfunklandschaft von ganz Deutschland. Da kommt eben kein N24 oder kein n-tv oder kein EuroNews - und wie die ganzen Informationssender heißen - mit.
Ich denke, hierbei sollte weiterhin der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Schwerpunkt setzen und ihn weiter ausbauen und eben nicht einschränken, wie es in einigen Diskussionen der vergangenen Tage und Wochen deutlich wurde.
Wenn wir von dem anderen Programmschwerpunkt Kultur sprechen, dann finden Sie in unserem Antrag nichts von Hochkultur. Kultur in der gesamten Breite, wie es mein verehrter Kollege Kühn beschrieben hat, soll selbstverständlich im öffentlich-rechtlich Rundfunk stattfinden, aber das auch zu sehbaren Sendezeiten und nicht nur die Volksmusiksendungen, sondern auch Sendungen aus anderen Kulturbereichen.
Ich denke, in diesem Bereich hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den vergangenen Jahren eine Politik betrieben, die bestimmte Kultursendungen erst nach 23 Uhr ansetzte und damit für den erwerbstätigen Bürger nicht mehr sehbar. In diesem Zusammenhang sind wir durchaus bereit, auch was die ominösen Einschaltzahlen angeht, gewisse Konzessionen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu machen.
Natürlich gibt es Programmangebote, die nur von einer bestimmten Gruppe der Bevölkerung angenommen werden und nicht unbedingt massenwirksam sind. Aber weil es die Grundversorgung sicherstellt und wichtig ist, dass viele Bereiche aus der Gesellschaft auch im Rundfunk widergespiegelt werden, ist dies eine Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dabei muss sich die Politik auch eingestehen, dass die Einschaltquote, die vielleicht eine Volksmusiksendung auf dem Sendeplatz bisher erbracht hat, durch eine andere Kultursendung nicht zu erbringen ist. Das muss dann auch akzeptiert werden.
Das muss ich hier sagen, weil häufig auch argumentiert werden könnte: Wenn der öffentlich-rechtlich Rundfunk die Einschaltquoten nicht bringt, womit soll er dann seine Existenz rechtfertigen? Dieser Logik folgen wir explizit nicht, sondern wir schauen auf die Qualität und auf den Grundversorgungsauftrag, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu erfüllen hat.
Wir sind ferner der Meinung, dass es das gute Recht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, neuen Entwicklungen zu folgen, sie auch mitzubestimmen, aber dies nicht auf Kosten von Ausweitungen seiner Sendeplätze und Profile, sondern durch Substitution anderer Angebote.
Wir sind der Meinung, dass Deutschlandradio und Deutschlandfunk, die unter dem Dach des Deutschlandradios - das ist die offizielle Bezeichnung - zusammengefasst werden, die bundesweiten Veranstaltungen sein sollten und die Hörfunkprogramme der Landesrundfunkanstalten landesbezogen und regional bezogen veranstaltet werden sollten.
Das fordern wir auch für die dritten Programme der ARD. Der Ausbau dieser dritten Programme zu Vollprogrammen ist teuer und erfüllt unserem Verständnis nach auch nicht den originären Auftrag dieser dritten Programme als regionsbezogene Programme.
Damit bieten sich auch viele neue Möglichkeiten sowohl für die Journalisten vor Ort - auch von denen habe ich ein positives Echo bekommen - als auch hinsichtlich der Kostenfrage, hier etwas einsparen zu können.
Einen Appell an die Tarifpartner möchte ich nicht unerwähnt lassen. Was die Diskussion zu ausstehenden Gesprächen über die Pensionen von ehemaligen Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeht, sollten wir Augenmaß walten lassen, weil ein Gutteil der Gebühren, die wir eigentlich für das Programm zahlen, in die Pensionen der ehemaligen Mitarbeiter fließt. Dass das nicht in einer unabsehbaren Höhe passieren sollte, ist allen klar.
Da meine Redezeit nahezu abgelaufen ist, lassen Sie mich nur noch einiges zu der Irritation sagen, die durch die PDS in den letzten Tagen in die bundesweite Diskussion eingebracht worden ist. Die PDS versucht - aus unserer Sicht mit unbegründeten Dingen -, Verunsicherung in den Prozess der Zustimmung zu dem Staatsvertrag zu bringen. Dies hätte zur Folge, dass eine Mehrbelastung auf die Gebührenzahler von 400 Millionen € zukäme. Wer das will, der soll die Zustimmung zum Staatsvertrag in der Tat verhindern. Wer will, dass die Gebührenbefreiung für die ALG-II-Empfänger nicht kommen soll, der soll diesem Staatsvertrag nicht zustimmen.
Alle die das tun, signalisieren damit, dass sie eigentlich gegen die Regelungen auch in diesem Bereich des Staatsvertrages sind. Deshalb, meine Damen und Herren, darf ich Ihnen auch namens der CDU-Fraktion Zustimmung zu diesem Staatsvertrag empfehlen. - Vielen Dank.
Auch der Abgeordnete Schomburg bittet die Frau Präsidentin untertänigst, seine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.
Die Landesregierung hat heute den Entwurf eines Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingebracht. Mit der Thematik beschäftigen wir uns jedoch nicht erst seit heute. Über viele Monate zieht sich die Diskussion um diesen Staatsvertrag bereits hin.
In der Öffentlichkeit war jedoch vor allem die Debatte um die Rundfunkgebühren wahrnehmbar. Hierzu haben sich nicht nur Politiker geäußert, sondern die Diskussion wurde auch in der Bevölkerung geführt. Verständlich, schließlich sind wir ja auch alle Fernseh- und Radionutzer und haben ein gewisses Eigeninteresse mitzureden, wie viel wir wofür bezahlen müssen.
Ich will keinen Hehl daraus machen, dass es auch innerhalb unserer Fraktion ein sehr differenziertes Meinungsbild gibt. Wir alle bekennen uns grundsätzlich zu der Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, doch die Frage, was er uns kostet, müssen wir uns schon stellen. Auch was er leisten soll, gilt es zu erörtern.
Sicherlich, ARD und ZDF haben ein weltweit einmaliges Angebot an öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen. Aber manche warnen schon seit geraumer Zeit vor einer gefährlichen Entwicklung. Sie befürchten, dass sich unsere Sendeanstalten teilweise zu bürokratischen Kraken entwickelt haben, die gefräßig sind, ohne jemals satt zu werden. Ein Monstrum, das 6,5 Milliarden € Gebühren einnimmt und dem eben doch die Sicherheit fehlt, wie dieses Geld im Sinne der Gesellschaft adäquat einzusetzen ist.
Hier ein Zahlenbeispiel, das Bände spricht: In dem Zeitraum von 1988 bis zum Jahr 2001 haben sich die Gebühren von 16,60 DM auf 31,58 DM nahezu verdoppelt, und nun soll der nächste Schluck aus der Pulle folgen. Die unabhängige Gebührenkommission hat die Bedarfsanmeldungen der Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender bereits korrigiert. 1,09 € - so lautete der Vorschlag.
Dennoch stellt sich mir persönlich angesichts der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation die Frage, ob nach einer bereits erfolgten Verdoppelung der Rundfunkgebühren wirklich nochmals ein so kräftiger Zuschlag vertretbar ist. Wenn ich mir die Situation der privaten Haushalte ansehe, die reale Lohneinbußen hinnehmen müssen und vielfach auf Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten müssen, dann kommen mir wahrhaft Zweifel.
Wenn die Ministerpräsidenten nun einen niedrigeren Satz von 0,88 € monatlich vorsehen, der immerhin eine Erhöhung auf 17,03 € darstellt, dann halte ich diese Reduzierung für gesamtwirtschaftlich sinnvoll und vertretbar. Meiner Meinung nach ist das auch absolut verfassungskonform. Denn das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1994 in seiner Rechtsprechung zur Gebührenfrage klargestellt, dass es Aufgabe der Länder ist, die finanziellen Interessen der Rundfunkgebührenzahler
wahrzunehmen.
Und diese müssen nun einmal reale Einbußen bei den Löhnen hinnehmen und vielfach auf Sonderzahlungen verzichten. Auch die privatwirtschaftlichen Unternehmen
sind derzeit nicht auf Rosen gebettet. Die Zahl der Insolvenzen erreicht in Deutschland ihren Höchststand, Umsätze von Firmen stagnieren oder sind rückläufig. In dieser Lage können wir es nicht zulassen, dass Rundfunkintendanten „Wünsch dir was“ spielen.
Deshalb finde ich es auch richtig, wenn im Rundfunkänderungsstaatsvertrag darauf abgehoben wird, programmliche Austauschentwicklung und Kostenneutralität zu Pflichtveranstaltungen zu machen und neue Programmvorhaben mit einem Verzicht an anderer Stelle einhergehen zu lassen. Auch eine Begrenzung der Anzahl der Fernseh- und Radioprogramme halte ich für absolut zielführend. Ebenso ist es richtig, wenn die Prüfmöglichkeiten der KEF noch ausgeweitet werden.
Dies alles ist richtig und wichtig, aber meiner Meinung nach noch nicht wirklich ausreichend, um die öffentlichrechtlichen Sendeanstalten fit für die Zukunft zu machen. Wir müssen wirklich ernsthaft über Strukturen reden. Daran führt kein Weg vorbei.
Die Anhörung mit den Intendanten und Vertretern der KEF hat gezeigt, dass das mit Abstand größte Kostenproblem in den Pensionszahlungen liegt. Man kann fast sagen, da tickt eine finanzielle Zeitbombe. Wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten Handlungsspielräume gewinnen wollen, müssen sich die Tarifpartner flexibel zeigen und auch bei Altverträgen zu einer auskömmlicheren Regelung finden. Diese schwere Hausaufgabe müssen wir ihnen stellen.
Auch der Online-Bereich - sicherlich ein Faktor der Zukunft - darf nicht zur satt grünen Spielwiese werden. Das Informationsangebot ist richtig und wichtig, aber jede Mode kann ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht mitmachen.
Das Gleiche gilt auch für das Programm. Ich sehe bei den öffentlich-rechtlichen Sendungen absolut Effizienzsteigerungspotenzial. Nehmen wir das Beispiel der Fußball-EM. Allein für die ARD gab es mehrere Teams von verschiedenen Sendern. So kamen die Berichte und Interviews für das Morgenmagazin vom WDR, im Mittagsmagazin berichteten die Kollegen vom Bayerischen Rundfunk über Rudi Völler und seine Truppe. Zur ausufernden Berichterstattung über diverse Prinzenhochzeiten habe ich mich über die Presse ja schon ausgiebig geäußert.
Wenn wir einen neuen Aufbruch wagen wollen, müssen Strukturreformen her. Es ist wie mit der Medizin. Am Anfang ist sie bitter, wenn sie am Ende wirkungsvoll sein soll.
Ein Blick über Deutschland hinaus zeigt mir, dass man auch mit moderateren Anpassungen ein qualitativ hochwertiges öffentlich-rechtliches Fernsehen machen kann. So verfügt die britische BBC - weltweit bekannt als Flaggschiff des öffentlich-rechtlichen Rundfunkjournalismus - im Jahr über 4,1 Milliarden € Gebühren, während ARD und ZDF 6,7 Milliarden € zur Verfügung haben. Jeder britische Haushalt zahlt im Jahr 180 € Gebühren, der deutsche Durchschnittshaushalt ab April 2005 dann 204 €. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die BBC im Gegensatz zu unseren deutschen Anstalten werbefrei ist. Die BBC bietet dennoch acht nationale Fernsehprogramme, zehn landesweite und 50 regionale. Für ihr Hauptprogramm gibt sie 1 Milliarde Pfund, für BBC 2 500 Millionen Pfund im Jahr aus.
Nach der Einbringung heute werden uns sicher spannende Debatten im Ausschuss für Kultur und Medien
und in den Fraktionen bevorstehen. Lassen Sie uns diese Debatten nutzen, um kreativ und ohne Tabus über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachzudenken.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um die Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die CDU-Fraktion bedankt sich bei der Landesregierung für diese Leistung; denn es ist in der Tat eine Leistung, zwischen zwei Landesregierungen ein so umstrittenes und auch mit hohem ideologischen Potenzial versehenes Gesetz auf den Weg zu bringen.
Schon Anfang der 90er-Jahre bemühten sich die damaligen Ministerpräsidenten Schröder aus Niedersachsen und Münch aus Sachsen-Anhalt darum, dieses Problem zu lösen. Man war eigentlich frohen Mutes, es gelöst zu haben, bis sich dann wieder neue Hürden aufbauten und das Projekt, wie wir wissen, einige Jahre in der Schublade verschwand. Nur nebenbei sei bemerkt, dass dieses auch unter gleichartige Parteibücher tragenden Regierungen in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen nicht zu lösen war. Umso höher bewerte ich die Leistung der jetzigen Landesregierung, dieses vollbracht zu haben.
Worin sehen wir die Bedeutung dieses Staatsvertrages zur Zusammenführung der beiden Nationalparke zu einem? - Zunächst einmal aus naturschutzrechtlicher Sicht: Jeder Nationalpark für sich betrachtet war zu klein, um den internationalen Anforderungen zur Anerkennung als Nationalpark gerecht zu werden. Nur ein gemeinsamer Nationalpark erfüllt diese internationalen Bedingungen.
Die einheitliche Vorgehensweise bei der Entwicklung der einzelnen Schutzzonen war und ist ein wichtiger Zugewinn durch die Vereinbarung, die hierzu zustande gekommen ist. Nicht nur der einheitliche Name und die einheitliche Verwaltung, sondern vor allem eine aufeinander abgestimmte Entwicklung im Interesse von Natur und Umwelt ist es, was wir damit erreichen können.
Ebenso wichtig ist die komplexe Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung rings um diesen Nationalpark herum. Insbesondere der Tourismus, aber auch die Verkehrswege und die weitere Infrastruktur sind es, die jetzt gemeinsam entwickelt werden können. Die Belange des vorbeugenden und aktiven Hochwasserschutzes im Harz und im Harzvorland können jetzt besser koordiniert und abgestimmt werden. Die abgewogene Erschließung und Nutzung der natürlichen Ressourcen im Umfeld des Nationalparks, insbesondere auch des Trinkwassers, sind ein weiterer Grund. Auch der Abbau von verwaltungstechnischen Hemmnissen bei der Entwicklung der in den beiden Ländern gelegenen Nationalparke kann jetzt erreicht werden.
Es gibt auch ökonomische Gründe, die für die Zusammenlegung der beiden Nationalparke sprechen. Da ist
zunächst einmal der Impuls für den Tourismus dadurch, dass ein zusammengefasster größerer und wirtschaftlich stärkerer Nationalpark als Infrastrukturpunkt auch auf den Tourismus in dieser Region wirken kann. Wir versprechen uns auch zumindest mittelfristig - es wird wahrscheinlich aber erst langfristig eintreten - einen effizienteren Betrieb der Verwaltung des Nationalparks, der durch die Zusammenlegung möglich sein müsste.
Es gibt aber auch politische Gründe dafür, diesen Staatsvertrag zu begrüßen. Er ist ein Beispiel für den kooperativen Föderalismus, der trotz aller Unkenrufe möglich ist. Wir sehen es als ein gutes Beispiel dafür an, wie Nachbarn miteinander umgehen und grenzübergreifende Probleme lösen können. Es ist ganz besonders wichtig und ein Beispiel dafür, dass auch im OstWest-Kontext gesehen Kooperationen möglich sind und dass trotz aller Unterschiede, die da gegeben sein mögen, auch über die ehemalige innerdeutsche Grenze hinaus diese Kooperation möglich ist.
Als lokaler Abgeordneter danke ich der Landesregierung dafür, dass sie sich für den Sitzort Wernigerode stark gemacht hat und dies in dem Abwägungsprozess hat durchsetzen können. Wir als Landesparlament halten - ich glaube, dies ist hier einstimmig verabschiedet worden - Wernigerode für den geeigneten Sitzort der Nationalparkverwaltung.
An dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen der CDU-Fraktion noch einmal ganz herzlich bei Herrn Gaffert für seine bisherige Leistung bedanken, die er für den Nationalpark im Osten geleistet hat. Wir hätten uns alle gewünscht, dass er diese Leistung fortsetzen könnte. Wir möchten aber auch dem zukünftigen Leiter des Nationalparks Herrn Pusch ein herzliches Willkommen zurufen und auch ihm unsere volle Unterstützung zuteil werden lassen, damit er seinen neuen Aufgaben in Wernigerode gerecht werden kann.
Abschließend möchte ich Sie bitten, das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Umwelt und zur Mitberatung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. - Vielen Dank.
Wenn ich Sie denn beantworten kann.
Herr Kasten, in dem ersten Punkt kann ich Ihnen nur vom Prinzip her zustimmen. In der Tat ist der Nationalpark im Ostharz gegenüber dem im Westharz der weiter entwickelte. Aber auch der Nationalpark im Osten ist von der Fläche her zu klein, um den Kriterien Genüge zu tun. Deshalb ist auch für den Ostharz die Erweiterung durchaus notwendig gewesen, um die internationale Anerkennung zu erreichen.
Zu dem zweiten Punkt darf ich mich bedanken für die Ergänzung. Ich hätte mich auch entsinnen können, Herrn Hlawatsch an dieser Stelle zu nennen. Ihm gebühren genau solche Verdienste, wie ich sie für Herrn Gaffert jetzt geltend gemacht habe, und auch unser Dank an ihn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem der dynamischsten Gebiete unserer Gesellschaft; denn sowohl die technischen als auch die infrastrukturellen als auch die gesellschaftspolitischen Entwicklungen vollziehen sich auf diesem Gebiet so rasant wie auf kaum einem anderen Gebiet unserer Gesellschaft. Deshalb muss das Mediengesetz spätestens alle vier Jahre verändert werden.
Seit dem In-Kraft-Treten des aktuellen Mediengesetzes am 31. Juli 2000 sind mittlerweile vier Staatsverträge abgeschlossen worden - der Fünfte, der Sechste und der Siebente Rundfunkänderungsstaatsvertrag und der Jugendmedienschutzstaatsvertrag -, die zwar alle für Sachsen-Anhalt bisher schon gelten, deren Konsequenzen in unser Mediengesetz aber noch nicht übernommen worden sind.
Des Weiteren gab es gesetzestechnische Gründe für die Überarbeitung. Aus einem Vollgesetz wurde nun mittels Verweisungsregelung ein Teilgesetz, das auf die gültigen Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages und des Jugendmedienschutzstaatsvertrags lediglich verweist und damit übersichtlicher und klarer wird. Ebenfalls hat eine Neustrukturierung der Abschnitte zu einer Zu
sammenfassung bisher getrennt aufgeführter Regelungen geführt, was der besseren Lesbarkeit dient. Begrüßenswert war darüber hinaus auch die sprachliche Überarbeitung und Präzisierung einiger Passagen dieses Gesetzes.
Daneben gab es eine Fülle von inhaltlichen Änderungen, von denen ich nur einige erwähnen möchte. Herr Staatsminister wies schon auf die erweiterten Werbemöglichkeiten für lokale und regionale Fernsehveranstalter nach § 46a des Rundfunkstaatsvertrages hin, die dazu führen, dass in der Tat die Verantwortung dafür, wie viel Werbung in einer Stunde platziert wird, auf die Veranstalter übertragen wird, die dies in einem Prozess mit den Nutzern dieser Sender aushandeln müssen. Das ist eine Liberalisierung, hinter der die CDU einmütig steht.
Die Aufhebung der Differenzierung zwischen den Vollprogrammen und den Spartenprogrammen im Hörfunk ist eine Konsequenz aus den bisherigen praktischen Erfahrungen im Umgang mit den Hörfunkveranstaltern in Sachsen-Anhalt. Weitere Änderungen betreffen einige Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt in Hörfunk und Fernsehen durch die Beschränkung auf zwei Hörfunk- und Fernsehprogramme. Ebenfalls neu eingeführt ist eine Regelung zur vereinfachten Zuweisung terrestrischer Übertragungsmöglichkeiten durch die Medienanstalt, speziell zur Durchsetzung der Digitalisierung im Hörfunk.
Die Änderung der Möglichkeiten der Beteiligung von Presseunternehmen an privaten Hörfunk- und Fernsehveranstaltern ist ebenfalls von Herrn Staatsminister Robra erläutert worden, sodass ich mir weitere Ausführungen dazu sparen kann.
Die Modifizierung der Möglichkeiten zur Förderung von Pilotprojekten durch die Medienanstalt ist ein weiterer erwähnenswerter Punkt, ebenso die Konkretisierung des Reglungsrahmens zum digitalen Übergang. Nur pauschal erwähnt sind mehrere Neuregelungen zur inneren Organisation und zur Kompetenzverteilung in der Medienanstalt.
Die Vorbereitung der Gesetzesnovelle erfolgte in enger Abstimmung mit den Medienpolitikern aller im Landtag vertretenen Fraktionen und kann somit als vorbildlich charakterisiert werden.
Nun komme ich zu einem Thema, das nicht direkt Bestandteil der Novelle ist, das aber die zurückliegende Diskussion maßgeblich beherrschte - der Medienrat. Die CDU wollte diesen Medienrat, jedoch nicht absolut und an sich, sondern als einen Zwischenschritt zur Errichtung einer gemeinsamen mitteldeutschen Medienanstalt.
Der finanzielle Druck auf die Medienanstalten wird meines Erachtens wachsen. Tendenzen dazu sind aus den aktuellen Verhandlungen der Staatskanzleien bzw. der Ministerpräsidenten zur Entwicklung der Rundfunkgebühren in der Zukunft absehbar. Deshalb wird es perspektivisch zu einer Konzentration der Arbeit der kleineren Medienanstalten der Bundesrepublik kommen müssen. Aus diesem Grund begrüßt die CDU-Fraktion ausdrücklich die Aktivitäten der drei Staatskanzleien, noch in dieser Legislaturperiode zu einer Übereinkunft bezüglich einer gemeinsamen Medienanstalt zu kommen. Diese wird in jedem Fall auch Konsequenzen für die Zusammensetzung der pluralen Gremien haben.
In welcher Art und Weise dies geschieht, ist derzeit nicht absehbar. Da wollen wir auch der Staatskanzlei bei ihren
Verhandlungen mit Thüringen und Sachsen keine unnötigen Fesseln anlegen. Es wird aber so sein, dass dann nicht mehr alle pluralen Gruppen, die heute in der Medienanstalt Sachsen-Anhalt vertreten sind, in einer gemeinsamen Medienanstalt vertreten sein können.
Das sieht man auch an der Zusammensetzung des Rundfunkrates des Mitteldeutschen Rundfunks, in den entsprechende gesellschaftliche Gruppen jeweils aus den unterschiedlichen Ländern entsandt werden. Wie gesagt, wie die Zusammensetzung letztendlich sein wird, wird die Zukunft zeigen.
Es würde uns freuen, wenn wir das noch in dieser Legislaturperiode schaffen könnten und wenn wir dann zumindest auf diesem Politikgebiet einmal auch einen Erfolg der mitteldeutschen Initiative nachweisen könnten. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die PDS hat Sorgen. Sie sorgt sich um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Insbesondere hat sie Sorgen um das Verfahren der Gebührenfindung und unterstellt in ihrem Antrag den Ministerpräsidenten und Staatskanzleien gesetzwidriges Verhalten. Dies weist die CDU-Fraktion ganz entschieden zurück.
In der Intention folge ich auch meinem Kollegen Kühn von der SPD: Dazu bedurfte es dieses Antrags nicht.
Sie kritisieren insbesondere die Vermischung der Gebührendebatte mit der Strukturdebatte des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Aber selbst der Chef der KEF, Herr Conrad, äußerte neulich während einer Diskussion in Frankfurt am Main:
„Alle betonen zwar, dass diese beiden Dinge“
- nämlich das Gebührenverfahren einerseits und die Strukturfrage andererseits -
„streng voneinander getrennt zu sehen sind. Dem unbefangenen Zuschauer ist es aber relativ schwer klar zu machen.“
Soweit das Zitat von Herrn Conrad.
Die CDU will beide Debatten führen, und zwar parallel und nicht vermischt. Die konkrete Gebührenerhöhung, die jetzt ansteht, ist dabei nicht das eigentliche Problem. In der Tat ist es substanziell nicht nachzuweisen, dass 1,09 € gebühren- oder sozialverträglicher sind als 95 Cent.
Jedoch müssen wir uns jetzt um die strukturellen Reformen bemühen, damit die Gebührenentwicklung in Zukunft in vernünftigen Bahnen verläuft. Dies genau ist der Hinweis der KEF im aktuellen KEF-Bericht, der die Politik durchaus auf noch zu erschließende Rationalisierungsfelder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinweist. Die Politik ist nicht nur der Anwalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern auch der der Gebührenzahler. Herr Robra hat das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eben zitiert.
Auch die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nicht in Gefahr. Wer das meint, der ist nicht in der aktuellen Zeit. Die Ministerpräsidenten werden schon dafür sorgen, dass ihre jeweiligen Haussender auch ganz gut dabei wegkommen. Die Entwicklungsgarantie kann aber nicht heißen: einfach mehr, mehr Hörfunk, mehr Fernsehen, mehr Programme, sondern sie muss auch, vor allen Dingen in diesen Zeiten, mit dem auskommen, was sie jetzt besitzt.
Im Übrigen ist die Politik schon seit einigen Monaten dabei, in einem Dialog mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk strukturelle Änderungen zu vollziehen. Die Selbstverpflichtung aus dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag war dafür ein sichtbares Zeichen.
In Ihrem Punkt 4 heben Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Garant des technologischen und programmlichen Fortschritts hervor. Ich kann mich hierbei wiederum dem Kollegen Kühn nur anschließen: Ich kenne eigentlich keine technologische Neuerung, die als erstes vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk präferiert wurde. Selbst in der programmlichen Entwicklung läuft er dem privaten Rundfunk hinterher. Die Beteiligung bei DAB geschah nur sehr verzögert bzw. bei einigen bis heute überhaupt noch nicht; andere, etwa der Bayerische Rundfunk, sind an dieser Stelle sehr fortschrittlich.
Aber auch im programmlichen Bereich mussten die Privaten den öffentlich-rechtlichen Sendern beispielsweise mit den Quizshows, die eine relativ unterhaltsame Verquickung von Wissensvermittlung oder -abfrage und Unterhaltungselementen sind, klar machen, dass man damit durchaus Zuschauer gewinnen kann. Die öffentlichrechtlichen Anstalten haben nachgezogen, aber sind nicht vorweg geschritten.
Die Einführung von digitalisierten, computergesteuerten Selbstfahrstudios im Hörfunkbereich ist eine Innovation, die die Privaten eingeführt haben. Der öffentlich-rechtliche Bereich hat später nachgezogen, und noch heute gibt es Studios im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in denen die Bandmaschine noch nicht zum „alten Eisen“ zählt. Deshalb ist für uns der PDS-Antrag nicht zustimmungsfähig.
Für die CDU-Fraktion gilt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen unverzichtbaren Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet. Deshalb sollten die Rundfunkanstalten diesen Auftrag ernst nehmen und ihre Alleinstellungsmerkmale in der Medienlandschaft Deutschlands pflegen. Die Gebühren dürfen nur für die Erfüllung
dieser Funktion verwendet werden. Dies sagt die EU eindeutig in ihrer Transparenzrichtlinie.
Die KEF, wie gesagt, hat uns Sparpotenziale aufgezeigt. Diese gilt es, in Zukunft auszuschöpfen. Deshalb drängt die CDU auch auf mittel-, kurz- und langfristige Instrumente und versucht, über Selbstverpflichtungen oder staatsvertragliche Regelungen sicherzustellen, dass sich die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch mehr an den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausrichten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht verwundern, dass die CDUFraktion diesen Gesetzentwurf der Landesregierung zur
Errichtung der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt begrüßt, ist dieser doch die Umsetzung einer nun schon sehr alten Idee der CDU im Lande. Bereits in der ersten Wahlperiode können Sie in einem der Landeshaushalte, 1992/93, einen Titel mit der Zweckbestimmung „Errichtung einer Landeskulturstiftung“ finden. Leider ist es damals aus vielerlei Gründen nicht dazu gekommen. So freut es uns, dass dieser Bestandteil der Koalitionsvereinbarung nun real umgesetzt wird.
Die CDU-Fraktion arbeitet - im Übrigen in guter Zusammenarbeit mit der FDP-Fraktion - seit Sommer 2002 an diesem Vorhaben. Selbstverständlich haben uns auch viele ängstliche, skeptische und andere Nachrichten und Meinungsäußerungen erreicht, die ich mehr oder weniger als Angst vor dem Neuen interpretiere.
Wenn man mit den Damen und Herren näher ins Gespräch kam, spürte man kaum prinzipielle Abneigung, wohl aber das, was Herr Gebhardt eben nannte, nämlich Skepsis in Bezug auf die vollständige Umsetzung der Mittel der Stiftung Kulturfonds in die Landesstiftung zugunsten der zeitgenössischen Kunst. Ich denke, dieser Gesetzentwurf räumt mit dem Misstrauen auf. Nun können wir zu neuen Ufern schreiten.
Von Anfang an waren für die CDU-Fraktion drei Gründe essenziell mit der Gründung einer Landeskulturstiftung verbunden.
Zum Ersten sollte das Kapital der Stiftung Kulturfonds mit dem Kapital der anderen Länder in dieser Stiftung zusammenbleiben, um die Kursverluste bei den Aktien, in die das Kapital zum Teil angelegt worden war, nicht realisieren zu müssen.
Ebenfalls haben wir darauf gedrungen, dass die Verwaltung dieses Kapitalsstocks beim Stifterverband der Wissenschaften bleibt, der dies bisher vernünftig und sachgerecht getan hat.
Zweitens. Die durch die Landeskulturstiftung erwirtschafteten Ausschüttungen dürfen nicht mit dem Landeshaushalt verrechnet werden. Das Geld muss also grundsätzlich zusätzlich zur Verfügung stehen, um die notwendigen Fördereffekte auch tatsächlich erzielen zu können. Eine Substitution wäre nicht hilfreich, wiewohl angesichts der knappen Finanzen überall verständlich.
Drittens. Der Stiftungszweck soll sich im Wesentlichen an den der Stiftung Kulturfonds anlehnen. Natürlich haben auch wir darüber diskutiert, ob nicht auch Möglichkeiten bestünden, Teile der Mittel für museale oder bibliophile Zwecke oder andere Zwecke zu verwenden. Angesichts der jährlich real zur Verfügung stehenden Mittel hat sich das aber verboten, weil wir sehen, dass für die zeitgenössische Kunst schon seit Jahren im Land ein zu geringer Mitteleinsatz erfolgte.
Auf welche Punkte wird die CDU-Fraktion bei der weiteren Gesetzesberatung achten? - Die Stiftung soll vorrangig in Sachsen-Anhalt lebende Künstler fördern, aber eben nicht ausschließlich, sondern sie soll sich auch weltoffen zeigen. Die Förderung von Provinzialismus wäre nicht im Landesinteresse, so meinen wir.
Die Stiftung muss so angelegt werden, dass Zustiftungen möglich sind und insbesondere solche der Landesregierung festgeschrieben sind. Dies ist durch die Regelung in § 3 Abs. 3 des Gesetzentwurfes erfüllt.