Wenn man sich tiefgründiger mit diesem Thema befasst, entsteht der Eindruck, dass die derzeitige Konzernführung eine Bahn bevorzugt, die ohne Personal funktioniert, bei der Fahrgäste Störfaktoren sind und ein Halt der Züge als eine gefährliche Betriebsstörung angesehen wird. Aber der Schienenpersonennahverkehr ist in der Bundesrepublik Deutschland ein Element der Daseinsvorsorge. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs im Zuge der Bahnreform durch die Bundesländer bestellt und mit Steuergeldern bezahlt werden.
Im Schienenpersonenfernverkehr, der eigenverantwortlich betrieben werden sollte, soll es im ersten Halbjahr 2003 zu Verlusten in Millionenhöhe gekommen sein. Dazu gibt es sehr unterschiedliche Zahlen, die zwei- bis dreistellig sind.
Zudem gab es bekanntlich vor einigen Monaten eine heftige Bauchlandung mit dem neuen Fahrpreissystem. Zweifel der Fachleute und Bedenken von Verbänden und Gewerkschaften wurden einfach weggewischt.
Nun soll eine Fahrpreiserhöhung beim Nahverkehr folgen. Damit will man nun diejenigen zur Kasse bitten, bei denen noch etwas zu holen sein könnte: treue Bahnkunden und Menschen, die nicht die Möglichkeit der Wahl haben. Die Erhöhung der Fahrpreise im Regionalverkehr wäre ein Schlag ins Gesicht eines jeden Fahrgastes.
Ich stelle fest: Für eine Preiserhöhung im Nahverkehr bietet die DB AG keine entsprechende Verbesserung der eigenen Leistungen in unserem Land. Schon jetzt sind Verspätungen, mangelnder Service, auch bedingt durch die Einsparung von Zugbegleitern, sowie Zugausfälle wegen fehlenden Personals an der Tagesordnung.
Die Reduzierung der Zahl der Fahrkartenausgabeschalter bzw. die Einschränkung der Öffnungszeiten derselben sind ein weiterer Kritikpunkt. Hinzu kommt die Unwilligkeit der DB, in Regionalstrecken zu investieren, womit sie an deren Stilllegung arbeitet. Es gibt Strecken in diesem Land, bei denen man lieber nicht über die Streckengeschwindigkeit redet.
In jedem Jahr wird Nahverkehr bestellt und so der DB Regio, der DB Netz und der DB Station & Service Regionalisierungsmittel zur Verfügung gestellt. Es müsste die Frage gestellt werden, wo diese Gelder eingesetzt worden sind.
Im europäischen Jahr für Menschen mit Behinderungen möchte ich am Beispiel des barrierefreien ÖPNV darstellen, dass nach meinem Dafürhalten auch auf diesem Gebiet bei der DB AG zu wenig passiert. Im April hat in Berlin ein Kongress zum Thema „Barrierefreiheit im ÖPNV“ stattgefunden. Die dabei herausgearbeiteten Kritikpunkte möchte ich kurz nennen. Über Ergänzungen können wir, sofern erforderlich, im Ausschuss reden.
Von den 6 000 Bahnhöfen in der BRD sind nur rund 300 barrierefrei. Auf kleinen Bahnhöfen fehlen technische Einstiegshilfen bzw. Servicepersonal.
Bahnsprecher Giersdorff sagte auf dem Kongress: „In Einzelfällen mutet man Körperbehinderten aufgrund der Wirtschaftlichkeit zu, von einem anderen Bahnhof abzureisen.“ Der DB ist es dann aber egal, wie der- oder diejenige zu diesem Bahnhof gelangt.
Ein weiterer Kritikpunkt war die Diskriminierung bei Gruppenreisen. Ich meine, diesbezüglich sollte man insbesondere den Fernverkehr erwähnen; denn pro Zug stehen nur ein bis zwei Rollstuhlplätze zur Verfügung.
Das ist das, was die DB diesbezüglich anbietet. Wenn die Behinderten in einer Gruppe reisen wollen, brauchen sie einen ganzen Tag im Stundentakt, um die Gruppe dann wieder zusammenzukriegen.
Man muss jedoch wissen, dass die Bundesrepublik für die unentgeltliche Beförderung von Menschen mit Behinderungen einen Gesamtbetrag an die DB AG überweist. Dabei geht es insbesondere um den Bereich von 50 km - allerdings gilt dies nicht für die Beförderung mit IC und ICE. Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass Subventionen gern genommen werden, dass aber gleichzeitig die Leistung, für die diese Subvention gedacht ist, abgebaut wird.
Eine letzte Anmerkung zu diesem Punkt. Bei der DB gibt es für die Bestellung von Ein- und Ausstiegshilfen eine Vorbestellfrist von mindestens zwei Tagen. Bei der Schweizer Bundesbahn ist die Mehrzahl der Bahnhöfe barrierefrei. Die Anmeldung von Ein- und Ausstiegshilfen ist bis eine Stunde vor Abfahrt des Zuges telefongebührenfrei möglich. Bei der Schweizer Bundesbahn gibt es dann auch eine Beförderungsgarantie.
Wir haben uns in Vorbereitung dieses Antrages selbstverständlich auch mit der Argumentation der DB AG vertraut gemacht, so zum Beispiel mit der Zusammenstellung „Nahverkehrstarife der DB - Maßnahmen im Jahr 2004“, erstellt in Frankfurt am 24. September 2003. Fazit der Lesestunde: Wir müssen die Preise erhöhen, weil andere die Preise erhöhen und das Leben teurer geworden ist; außerdem haben wir keine ausreichenden Rationalisierungseffekte, also müssen wir es über den Preis machen.
Wer aber will für ein schlechteres Angebot mehr zahlen? Will man hierbei durch die Hintertür zum Beispiel an der Pendler-Pauschale partizipieren und Schüler, Auszubildende, Sozialhilfeempfänger und Rentner stärker schröpfen?
In einem Satz möchte ich auf den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 4/1110 eingehen. Wir können diesem ohne Bauchschmerzen auch in einer Direktabstimmung zustimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst habe ich an Sie, Herr Präsident, eine Frage und gleichzeitig eine Bitte. Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass ich, sofern Sie es erlauben, zwei Sätze sage und den Rest meiner Rede zu Protokoll gebe. Diese zwei Sätze sind sehr wichtig, weil sie auf die nachwirkende Diskussion Einfluss haben. Ich muss Sie aber fragen, ob Sie das genehmigen können. Ansonsten müsste ich meine Rede halten.
Das ist im Grunde genommen nicht zulässig. Wenn das Hohe Haus jedoch - unabhängig von der Geschäftsord
Dagegen, dass der Rest der Rede des Ministers zu Protokoll gegeben wird, erhebt niemand Widerspruch? Einer würde genügen. - Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Danke. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Datum vom 23. Oktober dieses Jahres ist folgendes Schreiben des Bauministeriums an das Regierungspräsidium Darmstadt gegangen:
„Zum oben genannten Tarifantrag der DB Regio wird das Einvernehmen des Landes SachsenAnhalt nicht erteilt.“
Inzwischen weiß ich, das Bayern und Mecklenburg-Vorpommern ähnlich handeln. - Herr Präsident, das waren meine Sätze zu diesem Thema. Ich gebe den Rest meiner Rede zu Protokoll.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Dr. Köck, PDS: Das war ausreichend, Herr Minis- ter!)
Um es vorwegzuschicken: Ich habe große Sympathien für das Anliegen beider hier vorliegenden Anträge.
Die Landesregierung ist von den Plänen der DB AG zur Tariferhöhung im Nahverkehr genauso überrascht worden wie die Öffentlichkeit. Ohne Angabe des konkreten Inhalts hatte die DB Regio AG nach Frankfurt eingela
den und die Ländervertreter über ihre Planungen zu den jetzt bekannten Tarifveränderungen informiert.
Noch bevor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre jeweiligen Hausleitungen über das Ansinnen informieren konnten, lief bereits eine entsprechende Pressemitteilung über die Fax-Geräte. Wie Sie der Presse entnehmen konnten, habe ich meine Überraschung und mein Unverständnis unmittelbar zum Ausdruck gebracht.