Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 3. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen.
Ich möchte Sie, sehr verehrte Anwesende, zu der heutigen 3. Sitzung des Landtages auf das Herzlichste begrüßen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Vorbemerkung. Der Landtag von Sachsen-Anhalt beschloss in seiner letzten Sitzung die Einsetzung von 13 ständigen Ausschüssen. Ich verweise dazu auf § 11 unserer Geschäftsordnung. Ich darf Sie heute darüber unterrichten, dass sich zwischenzeitlich alle ständigen Ausschüsse konstituiert haben und dass damit die volle Arbeitsfähigkeit der Ausschüsse des Parlaments in einer sehr kurzen Zeit hergestellt worden ist.
Der Ausschuss für Finanzen setzte in Anwendung des § 11 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ebenso wie in den vorausgegangenen Wahlperioden einen Unterausschuss Rechnungsprüfung ein.
Ich möchte allen Fraktionen für ihre konstruktive Mitarbeit in diesem Prozess danken. Den Damen und Herren Abgeordneten wünsche ich viel Erfolg und bestes Gelingen bei ihrer Arbeit in den Ausschüssen.
Herr Minister Kley entschuldigt sich für den heutigen Sitzungstag. Er nimmt an der Konferenz der Gesundheitsminister in Düsseldorf teil.
Herr Staatsminister Robra verlässt heute gegen 11.30 Uhr das Hohe Haus bis ca. 18 Uhr, da er an der Festveranstaltung anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Instituts für Wirtschaftsförderung in Halle teilnimmt. Er ist dabei der Festredner. Für den morgigen Freitag entschuldigt er sich wegen der Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung der Mitteldeutschen Medienförderung GmbH.
Herr Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer kann wegen der gleichzeitig stattfindenden Bundesratssitzung nicht an der Sitzung des Landtages am morgigen Freitag, dem 21. Juni 2002 teilnehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 3. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Dabei möchte ich zunächst auf folgende im Ältestenrat getroffene Vereinbarungen hinweisen: Die Mittagspause am heutigen Tag werden wir unmittelbar im Anschluss an die Debatte zur Regierungserklärung einordnen, auch wenn es zeitlich noch nicht gegen 13 Uhr sein wird. Die morgige 4. Sitzung des Landtages beginnen wir mit der Aktuellen Debatte, Tagesordnungspunkt 2. Daran sollen sich, wie Sie erkennen, der Tagesordnungspunkt 8 - Investitionserleichterungsgesetz - und der Tagesordnungspunkt 9 - Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung - anschließen. Danach fahren wir in der Tagesordnung fort. Als erster Tagesordnungspunkt nach der Mittagspause
Ich hatte die Absicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen aus verständlichen Gründen vorzuschlagen, morgen die Mittagspause einzusparen, wenn sich die parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigen könnten.
Mittlerweile habe ich Signale aus den Fraktionen erhalten, dass man unabhängig davon, wie weit wir heute in der Abarbeitung der Tagesordnung kommen, auf jeden Fall die morgige Mittagspause einsparen möchte. - Ich sehe allgemeines Nicken und Zustimmung. Wir werden also so verfahren. Herzlichen Dank.
Ich darf Ihnen des Weiteren Folgendes ankündigen: Sollten wir heute schneller als geplant vorwärts kommen, könnten wir im Anschluss an die für heute vorgesehene Tagesordnung die Punkte 16 und 17 vorziehen. Die betroffenen Debattenredner mögen sich bitte darauf einstellen.
Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Ich stelle fest, meine Damen und Herren, das ist nicht der Fall. Somit können wir wie abgesprochen verfahren.
Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat darauf verständigt haben, die heutige Sitzung um 20 Uhr zu beenden. Möglicherweise kann sich der Landtag heute Abend noch darauf verständigen, einen oder zwei Tagesordnungspunkte vorzuziehen, sodass wir eventuell etwas länger tagen. Die morgige 4. Sitzung beginnt dann um 9 Uhr.
Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Prof. Dr. Wolfgang Böhmer zum Thema „Sachsen-Anhalt im Aufbruch - ein traditionsreiches Land mit Zukunft“
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erteile damit Herrn Ministerpräsidenten Dr. Wolfgang Böhmer zur Abgabe der Regierungserklärung das Wort. Bitte sehr, Herr Professor Böhmer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem bei der Landtagswahl am 21. April dieses Jahres die Wählerinnen und Wähler SachsenAnhalts mit deutlicher Mehrheit für einen Politikwechsel in unserem Land gestimmt hatten, haben Sie mich am 16. Mai 2002 zum Ministerpräsidenten gewählt und mit der Bildung einer neuen Landesregierung beauftragt. Dies ist geschehen.
Ich habe heute die Ehre, Ihnen die grundsätzlichen Handlungsziele dieser Regierung vorzutragen und auch unsere Vorstellungen darüber, wie wir diese Ziele erreichen wollen. Dabei werde ich Ihnen eine nüchterne, illusionslose, aber dafür ehrliche Beschreibung unserer tatsächlichen Situation nicht ersparen können.
Weit über 80 % der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes betrachten die hohe Arbeitslosigkeit als unser al
lergrößtes Problem. Seit Sommer 1994 sind wir das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit, die saisonal schwankend noch immer bei etwa 20 % liegt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Erwerbsverhältnisse ist in Sachsen-Anhalt in der Zeit von 1995 bis 2001 trotz der zwischenzeitlichen Einbeziehung der damals so genannten 630-DM-Arbeitsverhältnisse um mehr als 100 000 gesunken.
Alle bisherigen Landesregierungen hatten das sicherlich ehrlich gemeinte Ziel, die Arbeitslosigkeit in unserem Land zu senken - wir haben es auch. Auch wir bekennen uns zu diesem unserem vordringlichsten Ziel, den Menschen in unserem Land wieder Chancen zu schaffen, Chancen, durch eigene Arbeit die Gestaltung ihres Lebens in die eigenen Hände nehmen zu können. Dabei werden wir die Erfahrungen der letzten Jahre nutzen und diejenigen Wege nicht noch einmal gehen, die sich bisher als erfolglos erwiesen haben.
Bevor ich anfing, die heutige Erklärung vor Ihnen zu strukturieren, habe ich mir noch einmal die Regierungserklärung meines Amtsvorgängers aus dem Jahr 1994 durchgelesen, die er vor den Abgeordneten der zweiten Legislaturperiode abgegeben hat. Wenn nur die Hälfte der damals formulierten Ziele erreicht worden wäre, stünden wir heute in Sachsen-Anhalt wesentlich besser da.
Die grundsätzlichen Ziele waren bereits damals richtig und gelten noch heute. Wir wissen inzwischen, wie wir sie nicht erreichen, und sind darauf angewiesen, neue Wege zu gehen. Danach werden wir gemeinsam suchen und darüber sollten wir uns auch im guten Sinne streiten dürfen.
Ich meinerseits will mich aller Wunschvorstellungen enthalten und mich darauf beschränken, nach solchen Wegen zu suchen, um aus der gegenwärtigen Situation heraus die unmittelbare Zukunft der nächsten Jahre zu gestalten.
Um überhaupt wieder handlungs- und gestaltungsfähig zu werden, müssen wir die Finanzen des Landes und den Landeshaushalt sanieren. Das wussten wir vorher.
Das wird eine sehr schwere Aufgabe, und ich rechne damit, dass diejenigen, die uns dafür am lautesten kritisieren werden, diejenigen sein werden, denen wir das alles zu verdanken haben. Trotzdem ist dies unsere einzige Chance, wenn das Land handlungsfähig bleiben soll.
Mit etwa 5 600 € pro Einwohner sind wir unter den neuen Bundesländern das Bundesland mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung. Insgesamt beträgt die Schuldenlast etwa das Doppelte eines Jahresetats. Gegenwärtig müssen wir täglich etwa 2 Millionen € nur für Zinsen ausgeben.
Bei der letzten Regionalisierung der Steuerausfälle hatten wir das größte Defizit zu verkraften. Zeitgleich mit dem Entwurf eines Nachtragshaushaltes informieren wir das Hohe Haus mit einer eigenen Drucksache über die Ergebnisse der 119. Steuerschätzung für unser Land und die gegenwärtige Haushaltssituation.
Der bisherige Haushaltsvollzug hat unsere schlimmsten Befürchtungen aus der Haushaltsdebatte im Dezember des vorigen Jahres übertroffen. Um den Haushalt über
haupt bündig zu bekommen, wurden offensichtlich vorsätzlich und ohne Rücksicht auf die Istergebnisse des Vorjahres Einnahmen zu hoch und Ausgaben zu niedrig kalkuliert.
Für die kreditfinanzierten Defizite des Vorjahres müssen wir bereits Zinsen zahlen, ohne dass diese bisher etatisiert wurden. Um eine klare Übernahmebilanz zu schaffen, werden alle nicht durch Ausgabenverzicht ausgleichbaren Defizite in den Nachtragshaushalt eingestellt. Die zwangsläufige Konsequenz ist eine nicht mehr vermeidbare, dafür aber ehrliche Kreditaufnahme, leider oberhalb der Verfassungsgrenze.
Das tatsächlich geringe Wirtschaftswachstum und die hohe Arbeitslosigkeit einerseits und die unerwarteten Steuermindereinnahmen und die bisher nicht etatisierten, aber tatsächlich bereits vorhandenen Schulden andererseits bedeuten eine solche erhebliche Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, dass dieser einmalige Schritt notwendig und begründet ist.
Meine Damen und Herren! Sollte darin trotzdem jemand Grund zur Klage bei einem Verfassungsgericht sehen, empfehle ich, sich zunächst Klarheit darüber zu verschaffen, wem wir diese Entwicklung zu verdanken haben.
Für uns bedeutet das für diese Legislaturperiode: An einem konsequenten Sparkurs führt kein Weg vorbei, und alle diejenigen, die sich daran beteiligen wollen, sind jetzt schon aufgefordert, dies dann auch tatsächlich zu tun.
Für unvermeidbare und sicherlich auch schmerzhafte Einsparungen werden wir mit viel Kritik rechnen müssen, die jetzt schon beginnt.
Eine Verwaltungsreform, die nicht auch zu einer Verminderung der Personalstärke führt, wäre wahrscheinlich schlechter als gar keine. Notwendige Tarifanhebungen, auf die wir aus anderen Gründen nicht verzichten können, müssen mit einer Personalreduzierung verbunden werden.