Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Nachtragshaushaltsplan weist eine Gesamtnettokreditaufnahme auf, die über der in der Verfassung des Landes festgelegten Grenze der eigenfinanzierten Investitionen liegt. Dies ist in der gegenwärtigen Haushaltsnotlage unvermeidbar. Zudem ist es gerechtfertigt durch das gesamtwirtschaftliche Ungleichgewicht, in dem sich unser Land befindet. Das wird in den schriftlichen Unterlagen entsprechend begründet.
Wer ehrlich ist, wird im Übrigen bemerken, dass die verfassungsmäßige Grenze der Verschuldung mit dem Haushaltsplan der abgewählten Regierung zum Jahresende ohnehin kassenmäßig überschritten worden wäre. Nicht wir verletzen den Geist der Verfassung,
Trotzdem, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, lade ich Sie ein, mit der neuen Regierung den Weg in eine bessere Zukunft zu gehen. Lassen Sie mit uns die Zeit der Haushaltstricks hinter sich
(Frau Budde, SPD: Haben Sie den Haushaltsplan überhaupt gelesen, wenn Sie von Haushaltstricks reden?)
und begleiten Sie uns konstruktiv auf dem schwierigen Weg, der vor uns liegt: über die Haushaltsklarheit zur Haushaltssanierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Entwurf des Nachtragshaushalts für die weitere parlamentarische Behand
Herr Minister Paqué, ich hatte Ihr Handzeichen nicht eindeutig verstanden, als ich Sie fragte, ob Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Püchel zulassen. Hieß das nein oder am Ende? Wenn Sie die Frage zulassen, dann müssten Sie bitte noch einmal ans Pult kommen. Wenn Sie sagen, Sie möchten generell keine Frage mehr zulassen, dann wäre das damit abgeschlossen.
(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Es bietet sich an, die Fragen im Finanzausschuss zu klären! - Herr Dr. Püchel, SPD: Ich bin nicht im Finanzaus- schuss! - Heiterkeit bei der SPD)
Damit ist die Einbringung der Drs. 4/37 erfolgt. - Zur Einbringung des Antrags der Fraktion der SPD in der Drs. 4/39 erteile ich dem Abgeordneten Herrn Doege das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Sitzung des Landtages am 13. Dezember 2001 wurde der Haushalt für das Jahr 2002 beschlossen. Damit wurde von der alten Regierung und vom alten Landtag die Grundlage für die Arbeit der Ressorts in diesem Jahr gelegt.
Im April dieses Jahres fand, wie Ihnen allen bekannt ist, die Landtagswahl statt, in deren Ergebnis es den Regierungswechsel gegeben hat.
Die neue Landesregierung sah sich sofort nach der Regierungsübernahme mit der Auswirkung der Steuerschätzung vom Mai konfrontiert, die dem Land Steuermindereinnahmen in Höhe von 354 Millionen € prognostizierte. Aufgrund des fortgeschrittenen Haushaltsvollzuges schätzte die Landesregierung ein, dass verschiedene Einnahmen und Ausgaben im Haushalt so nicht mehr realisierbar sein werden.
Im Ergebnis ihrer so genannten Abschluss- bzw. Eröffnungsbilanz wurden Haushaltsrisiken in Höhe von rund 1,1 Milliarden € bilanziert. Die neue Landesregierung sah sich deshalb nicht mehr in der Lage, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen, wie das die Verfassung vorschreibt. Unter dem Erfordernis grundlegender Eingriffe in den Haushaltsplan 2002, die ausschließlich dem Haushaltsgesetzgeber vorbehalten sind, entschloss sich daraufhin die neue Landesregierung, einen Nachtragshaushalt vorzulegen.
Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Nachtragshaushaltes 2002 liegt den Fraktionen heute zur ersten Lesung vor. Gemäß § 33 der Landeshaushaltsordnung sind bei der Einbringung eines Nachtragshaushaltes die
Bei dem vorliegenden Nachtragshaushalt gilt es zunächst formell festzustellen - Finanzminister Paqué tat es bereits -, dass er gegen den Artikel 99 Abs. 2 der Verfassung verstößt. Die vorgesehene Nettokreditaufnahme überschreitet die verfassungsmäßige Kreditobergrenze um 246 Millionen €. Nach Artikel 99 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt dürfen Einnahmen aus Krediten nur bis zur Höhe der Summe der Ausgaben für Investitionen in den Haushaltsplan eingestellt werden.
Ausnahmen sind nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zulässig. In diesen Fällen ist im Gesetzgebungsverfahren zur Feststellung des Haushaltsplanes insbesondere darzulegen: erstens dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ernsthaft und nachhaltig gestört ist oder eine solche Störung unmittelbar bevorsteht, zweitens dass die erhöhte Kreditaufnahme dazu bestimmt und geeignet ist, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren.
Beide Beweise, Herr Minister Paqué, sind Sie uns bisher schuldig geblieben bzw. die dargestellte Begründung erscheint uns so als nicht schlüssig. Der Gesetzgeber hat einen hohen Maßstab an das Vorliegen einer gesamtwirtschaftlichen Störung angelegt. Sie werden deshalb in den Haushaltsberatungen konkret die Gründe darzulegen haben, die Sie zur Erklärung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts veranlasst haben.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat bei der Vorlage des Haushaltes formell die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgestellt. Die Begründung ist jedoch höchst erstaunlich, wenn man bedenkt, dass nach § 2 der Landeshaushaltsordnung bereits bei der Aufstellung und der Ausführung des Haushaltsplanes den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen ist.
Ferner wird betont, dass es seit der Verabschiedung des Haushaltes 2002 keine dramatische Verschlechterung der Situation in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu den anderen Bundesländern gegeben hat. Im Rahmen der Beratungen über den Haushalt 2002 gab es in diesem Zusammenhang weder Äußerungen des Landesrechnungshofes noch der damaligen Opposition in Form der CDU bezüglich der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Ich möchte an dieser Stelle bemerken, dass mit Herrn Scharf und Herrn Prof. Böhmer immerhin der jetzige Ministerpräsident und der Fraktionsvorsitzende der CDU mit im Finanzausschuss saßen.
Für die SPD-Fraktion ist deshalb die Position des Landesrechnungshofes zu der von der jetzigen Landesregierung verkündeten Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und der beabsichtigten Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze von besonderem Interesse. Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatungen vom Landesrechnungshof eine schriftliche Bewertung des vorliegenden Entwurfs des Haushaltsplanes einfordern.
Ich stelle mir an dieser Stelle die Reaktion des Präsidenten des Landesrechnungshofes Herrn Schröder vor, wenn die SPD-Fraktion bei der Erstellung des Haushaltsplanes 2002 im vergangenen Jahr eine ähnliche
Herr Schröder - der heute, glaube ich, nicht anwesend ist -, ich freue mich schon auf die anregende Diskussion im Finanzausschuss.
Meine Damen und Herren! Um es deutlich zu sagen: Die SPD-Fraktion bestreitet das Eintreten einer gesamtwirtschaftlichen Störung seit der Verabschiedung des Haushaltes 2002 und stellt damit gleichzeitig das Recht der Landesregierung infrage, die verfassungsmäßige Kreditobergrenze zu überschreiten. Die Landesregierung hat sich ausdrücklich zum europäischen Stabilitätspakt und zur Einhaltung der Kriterien von Maastricht im Haushalt bekannt, was wir sehr begrüßen.
Die dramatische Erhöhung der Neuverschuldung beruht wesentlich auf neuen politischen Vorgaben. Das Ziel, bis zum Jahre 2006 einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung zu erreichen, rückt meines Erachtens in weite Ferne.
Herr Abgeordneter Doege, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Sie haben noch knapp neun Minuten Redezeit. Sie sprechen zu dem von Ihrer Fraktion eingebrachten Antrag zur zeitlichen Verschiebung. Sie müssten dann zu diesem Thema kommen, weil die eigentliche Aussprache zum Gesetzentwurf erst noch erfolgt.
Damit wird das Land den am 21. März 2002 beschlossenen Vorgaben des Finanzplanungsrates nicht gerecht.
Da für die Einbringung des Nachtragshaushaltes die gesetzlichen Regelungen analog zur Einbringung des Haushaltes gelten, verlangen wir die Vorlage einer neuen mittelfristigen Finanzplanung. Diese muss zum einen die Auswirkungen der Steuermindereinnahmen und zum anderen die Rückführung der Nettoneuverschuldung berücksichtigen.
Meine Damen und Herren! Wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert, kann es der Finanzminister von seiner Einwilligung abhängig machen, ob Verpflichtungen des Landes eingegangen oder Ausgaben geleistet werden und in diesem Fall eine haushaltswirtschaftliche Sperre gemäß § 41 LHO erlassen.
Finanzminister Paqué hat die von der SPD-Fraktion am 29. Mai 2002 geforderte Verkündung einer Haushaltssperre zunächst kategorisch abgelehnt. Am 4. Juni 2002 verhängte der Finanzminister eine Haushaltssperre, nachdem man zu der Einsicht gelangt war, dass es ohne eine restriktive Haushaltsbewirtschaftung nicht dazu kommen würde, alle Sparpotenziale auszureizen.
Meine Damen und Herren! Entgegen Ihren eigenen Wahlversprechen, einen strikten Sparkurs fahren zu wollen, haben Sie die Nettokreditaufnahme um 945 Millionen € erhöht. Das kann durch uns so nicht akzeptiert werden.
Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Landes ist die Nettoneuverschuldung weiterhin zurückzuführen. Wir erwarten, dass die Landesregierung die Nettoneuverschuldung bis zum Jahr 2006 auf null absenkt und dies in ihrer mittelfristigen Finanzplanung darlegt.
In den Haushaltsberatungen zum Nachtragshaushalt 2002 ist die Nettokreditaufnahme auf das notwendige Maß zu beschränken. Auf keinen Fall wird die SPDFraktion eine Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze mittragen.
Die Diskussion über die Art und den Umfang der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben ist aus unserer Sicht ein stetiger Prozess, der insbesondere vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen geführt werden muss. Hierbei wird es zwischen Ihren und unseren Auffassungen Gemeinsamkeiten geben, aber auch Dissens. In der Frage der Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze garantiere ich Ihnen einen massiven Dissens. Das wird insbesondere dann der Fall sein, wenn auf Kosten der alten Landesregierung versucht werden sollte, sich eigene Handlungsspielräume für die Zukunft zu eröffnen.
Angesichts Ihrer öffentlichen Ankündigungen im Wahlkampf und der in Ihrem Nachtragshaushalt eingestellten Eckwerte halte ich Ihre Ankündigung, die Nettoneuverschuldung zurückzuführen, für reine Utopie.
Da die Landesregierung von ihrem gesetzlichen Recht zur Vorlage eines Nachtragshaushaltes Gebrauch gemacht hat, erwarten wir natürlich auch, dass eine angemessene Zeit zur Beratung im parlamentarischen Rahmen zur Verfügung steht. Wenn die Landesregierung an ihrer Absicht festhält, den Nachtragshaushalt bereits am 18. Juli dieses Jahres in zweiter Lesung zu verabschieden, dann sehen wir darin einen Verstoß gegen unsere parlamentarischen Rechte.
Herr Ministerpräsident, ich erinnere Sie an Ihre Worte vor dem Hohen Haus und appelliere an den von Ihnen bekundeten Willen zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. Diese ist durch das von der Landesregierung angekündigte Verfahren nicht gewährleistet.