Ich möchte Sie nicht in Verwirrung stürzen. Es besteht nicht die Gefahr, dass Ihre Politik fortgesetzt wird. Die Mehrheiten haben sich geändert.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Herr Dr. Heyer, SPD: Das ist ja das Schlimme! - Heiterkeit)
- Ach, da ist er ja wieder, der Verkehrsminister. Ich dachte schon, Sie haben keine Lust mehr, im Parlament mit
zuspielen, nachdem Sie einige Verträge nicht mehr so richtig abschließen konnten. Schön, dass Sie wieder dabei sind.
(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP - Herr Dr. Heyer, SPD: Eine Rede von Ihnen lasse ich mir nicht entgehen! - Weitere Zurufe von der SPD)
- So ein guter Redner bin ich nun auch nicht, Herr Minister a. D. Aber es ist eine gewisse Ehre, dass Sie mir zuhören. Deshalb fange ich jetzt zügig an.
Ich muss Ihnen als Erstes mitteilen, dass wir über das Resultat Ihrer Finanzpolitik leider noch ein Stück mehr erschüttert sind, als wir es während der Haushaltsberatung bereits geahnt, im Großen und Ganzen gewusst, aber im Detail erst jetzt durch die Offenlegung der Fakten erfahren haben. Das ist die traurige Wahrheit, mit der wir jetzt umzugehen haben. Man muss sagen, dass die letzten acht Jahre von Ihnen, zeitweilig von den Grünen und in erheblichem Maße auch von der PDS verantwortet werden müssen. Dabei muss man bleiben, damit sich die Haftungsgemeinschaft nicht vorschnell auflöst.
Als wir in die Opposition gehen mussten, haben wir die damalige neue Regierung aufgefordert, einen Finanzstatus der Landesfinanzen zu erarbeiten. Das hat uns ganz gut getan; denn damit hatten wir eine saubere Grundlegung und konnten auseinander halten, was wir von 1990 bis 1994 verantwortet haben und was danach gekommen ist. Sie sind auf eine solche Idee, vielleicht aus Vorsichtsgründen, nicht gekommen.
Ich denke, die Landesregierung hat nunmehr in der jetzigen Vorlage unter Berücksichtigung der Auswirkungen der jüngsten Steuerschätzung den Finanzstatus im Großen und Ganzen so offen gelegt, wie wir ihn jetzt vorfinden und mit dem wir umzugehen haben.
Unhaushalterisch gesprochen müsste man sagen: Wenn das Land ein Betrieb wäre, würde es pleite sein und der Herr Ministerpräsident müsste seinen ganz schwarzen Anzug anziehen und zum Insolvenzrichter gehen. Da das bei öffentlichen Haushalten nicht passiert, werden solche Regierungen normalerweise abgewählt. Das ist passiert. Man muss dann leider mit der Erblast, die man mit sich herumtragen muss, sehen, wie man mit der neuen Situation umgeht.
Deshalb müssen wir jetzt, noch vor der Sommerpause das Ruder umlegen, auch wenn wir wissen, dass sich Auswirkungen in den öffentlichen Haushalten nicht sofort zeigen. Wenn wir das Ruder jetzt nicht umlegen, sondern erst im Herbst, dann wird sich auch die Wende zum Besseren um mindestens diese Zeit verzögern. Ich denke, das können wir nicht zulassen.
Deshalb nützt auch eine bis in den Herbst hinein währende Haushaltssperre nichts. Sie wissen ganz genau, diese Haushaltssperre erschwert in ungeheuerem Maße das administrative Handeln im Finanzministerium und in den anderen Behörden. Wir werden mit Sicherheit unnötige Verzögerungen bei Investitionsvorhaben haben, wenn wir es nicht schnell schaffen, eine neue Grundlage auf der Basis eines neuen Haushaltes zu legen. Dann
Die wichtigsten haushalterischen Fehlentscheidungen der letzten acht Jahre hatte ich bereits in der Diskussion über die Regierungserklärung erwähnt. Deshalb will ich an dieser Stelle nicht noch einmal ausführlich darauf eingehen.
Ich will Ihnen nur noch einmal ganz deutlich sagen: Es ist kein Märchen, dass Sie Einnahmen zu hoch und Ausgaben zu niedrig veranschlagt haben. Ich nenne Ihnen nur einen kleinen Titel, der mit einem großen Symbolgehalt behaftet ist: die Einnahmen in Grundbuchangelegenheiten. Diesbezüglich muss ich Ihnen sagen, dass die neueste Prognose besagt, dass wir anstatt der 33 Millionen €, die Sie ursprünglich eingestellt hatten, nur noch über 18 Millionen € reden können. So werden Sie eine Menge weiterer Titel im Haushalt finden, bei denen einfach die Einnahmen korrigiert werden mussten. Das hat nichts damit zu tun, dass wir von uns aus die Latte möglichst tief legen wollen, damit wir möglichst einfach darüber springen können.
Meine Damen und Herren! Es ist auch ganz deutlich, dass wir in Anbetracht der Gesamtverschuldungssituation des Landes Sachsen-Anhalt jetzt beim Nachtrag und noch viel deutlicher beim Haushalt 2003 darüber sprechen müssen, wie wir mit den Außenständen in den Sondervermögen umgehen.
Es hat sich jetzt das herausgestellt, was wir immer geahnt haben, nämlich dass das Sondervermögen Förderfonds als ursprünglich angedachter revolvierender Fonds im Wesentlichen zu einem reinen Zuschussbetrieb geworden ist mit jetzt schon immerhin 141 Millionen €, von denen so gut wie nichts getilgt worden ist.
Ferner wissen wir, dass wir darauf achten müssen, dass wir die über 100 Millionen € Kredite, die bei den Talsperren geparkt sind, auch wieder in den Landeshaushalt zurückführen müssen. Sonst werden sie uns spätestens im Jahr 2004 auf die Füße fallen.
Wir haben ferner in diesem Haushalt vorgesehen - das haben Sie noch vorgesehen -, dass wir 72 Millionen € aus dem Grundstock entnehmen. Das sind alles höchstens einmalige Operationen. Damit muss Schluss sein. Wir können nicht Jahr für Jahr so weitermachen. Sonst sind wir eines Tages vollkommen blank.
Sie können sich sicherlich noch gut daran erinnern, dass Sie immer wieder einmal der Versuchung erlegen sind, bei den Steuerschätzungen so genannte sachsenanhaltinische Sondereffekte mit einzurechnen. Denken Sie einmal an den Sondereffekt, den Herr Finanzminister a. D. Schaefer bezüglich der Leuna-Raffinerie eingestellt hat. Das ist alles nicht gekommen. Das waren damals alles Luftbuchungen. Die Mentalität, so vorzugehen, hat sich in den letzten acht Jahren nicht verändert. Auch die hohen überplanmäßigen Ausgaben bei Bürgschaften deuten auf mangelnde Vorsorge hin.
Man muss es leider sagen: Wenn sich das Schwungrad nicht richtig dreht, kommt die Wirtschaft auch nicht richtig in Gang. Die mangelnde Ansiedlungspolitik führte schließlich zu einer realen Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2001 um 0,5 %. Damit kommen wir natürlich auch finanzpolitisch schlecht in die Strümpfe.
Die von Ihnen immer wieder im Selbstlob erwähnte Ansiedlungspolitik, die uns jetzt etwas gebracht hat, ist im Wesentlichen noch auf Effekte aus den Jahren 1990 bis 1994 zurückzuführen. Das wollen wir mal nicht vergessen.
Die starke Emigration aus Sachsen-Anhalt mit einem Bevölkerungsverlust im Saldo wirkt sich auch von Jahr zu Jahr verheerend auf die Zuweisungen aus, die wir vom Bund bekommen, weil diese schließlich nach Stichtagsregelungen pro Kopf berechnet werden. Dass das in diesem Jahr wieder 51 Millionen € sind, die uns der fortschreitende Bevölkerungsrückgang als Einnahmeverluste beschert, ist eine traurige, aber kurzfristig nicht zu ändernde Wahrheit.
Das Haushaltsdefizit aus dem Jahr 2001 muss eingestellt werden. Man muss einmal ganz deutlich sagen: Das sind keine neuen Kredite. Als Kassenkredite sind sie vom Land bereits aufgenommen worden. Dadurch entstehen keine neuen Zinslasten. Das ist nur ein Akt von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, dass wir die tatsächliche Verschuldungssituation sauber aufschreiben. Wann soll man das machen, wenn nicht bei der Regierungsübernahme? - Das muss jetzt gemacht werden.
(Herr Dr. Püchel, SPD: 40, 40, 40, was kommt denn da raus? Wenn Sie noch weiter herunter- gehen, wo kommen denn die Steuern her? - Zu- ruf von Ministerpräsident Herrn Prof. Dr. Böhmer)
- Ich habe Ihnen doch heute Morgen bereits erklärt, dass die Unternehmensbesteuerung in diesem Punkt geändert werden muss.
Diese Einnahmeverluste führen in diesem Jahr beim Land zu Steuereinbrüchen von 355 Millionen €, von denen 84 Millionen € an die Kommunen weitergegeben werden, zwar nicht in diesem Jahr, aber spätestens in den Jahren 2003 und 2004 müssen wir uns darüber unterhalten, was wir damit endgültig machen. Das ist der Gesetzesautomatismus, wie er im Finanzausgleichsgesetz drin steht.
Herr Scharf, ich habe verwundert zur Kenntnis genommen, dass Herr Paqué diesen Ausgleich auf das nächste Jahr verlegt hat. Die Minderausgaben haben Sie doch aber bereits in diesem Jahr gebucht. Können Sie mir das erklären?
Das ist ganz einfach so: Nach dem Finanzausgleichsgesetz bekommen die Kommunen Abschläge in Höhe der Planungen.
Die Endabrechnung passiert erst im darauf folgenden Jahr. Dann werden die Abschläge berechnet und müssen spätestens im dann wieder folgenden Jahr ausgeglichen sein. Das heißt, der Automatismus setzt sich nicht sofort in dem Jahr durch, in dem die Steuermindereinnahmen eintreten.
(Herr Gallert, PDS: Deswegen dürfen Sie es in diesem Jahr als Minderausgabe doch gar nicht einplanen!)
- Es ist haushalterisch eingestellt worden, weil man die Gesetzeslage berücksichtigen muss. Wir werden beim Jahresabschluss sehen, wie abschließend gebucht wird. Unter dem Strich werden die 84 Millionen € Mindereinnahmen die kommunale Familie leider treffen.