Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von Minister Herrn Dr. Rehberger)

Herr Abgeordneter Lukowitz, jetzt möchte Herr Gallert seine Frage an Sie stellen.

Erstens. Herr Lukowitz, lassen Sie uns bei der Personenhaftung bleiben: Es war nicht Frau Weiher, sondern Herr Gallert, der das gesagt hat. Es war mir klar, dass Sie solche Argumentationen verwenden würden. Ich werde mich trotzdem nicht zurückhalten, die Wahrheit dann zu sagen, wenn ich glaube, sie muss gesagt werden.

An einer anderen Stelle haben Sie aber eine Überschrift aus einer Pressemitteilung zitiert, die meiner Meinung nach ohnehin eine Nachrichtenagenturmeldung gewesen ist. Das macht aber an der Stelle keinen Unterschied. Ich bitte Sie nur, zur Kenntnis zu nehmen, dass unsere Intention nicht darauf hinausläuft, mehr Schulden zu machen. Aber angesichts einer Politik der Bundesrepublik, bei der die Einnahmen für die öffentlichen Kassen sträflich vernachlässigt werden, und zwar durch neoliberale Wirtschaftspolitik und neoliberale Steuerpolitik, sehen wir keine anderen Chancen, notwendige Zukunftsausgaben zu realisieren, als über die Verschuldung, was übrigens diese Landesregierung genauso macht, nur eben nicht richtig zugibt.

Ich habe in dem Zusammenhang eine Frage: Ihr Minister hat eine sehr interessante These aufgestellt - kurz vorher in der Zeitung und heute noch einmal wiederholt -, indem er eine Position der PDS übernimmt, die diese seit 13 Jahren artikuliert, dass Ausgaben für Bildung und Wissenschaft zu den Investitionen zu zählen seien.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Ich frage Sie: Teilen Sie dies als Position, und akzeptieren Sie, dass ein solcher Ausgabenblock dann auch auf die Neuverschuldung angerechnet werden müsste?

Erst einmal danke ich Ihnen für die Klarstellung und Ihre Positionierung. - Ich halte den Vorwurf des Neoliberalismus stets für ungerecht. Neoliberalismus ist nicht zwangsläufig etwas Negatives. Es geht darum, dass wir die Wirtschaft ankurbeln. Wir müssen mehr Einnahmen erzielen, das haben Sie selber gesagt. Dazu muss man klare Entscheidungen, auch klare Steuerentscheidungen im Interesse der Wirtschaft und der Unternehmen, die wir im Land haben, treffen. Genau das macht die FDP.

Die zweite Frage. Ich habe die Äußerung von - ich weiß nicht, welchen Minister Sie meinen; wahrscheinlich hat es der Finanzminister gesagt - -

(Herr Gallert, PDS: Herrn Paqué! - Herr Dr. Pü- chel, SPD: Eine gute Äußerung! - Heiterkeit bei der SPD)

- Wenn er es so gesagt hat, dann begrüße ich die Aussage von Herrn Paqué.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich hoffe nur, dass es auch formal umgesetzt werden kann. Daran zweifle ich zumindest.

Herr Abgeordneter Bullerjahn, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Ich weiß nicht, ob mich das heute irgendwie irritiert, aber, ich muss sagen, die Liberalen haben wirklich ein Problem damit, den Haushalt in all seinen Facetten zu sehen. Sie sind anscheinend nur für das Gute zuständig. Wir haben acht Jahre lang wahrscheinlich alles falsch gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man es überzieht, wirkt es ein bisschen übertrieben. Sie von den Liberalen sind die einzigen, die klatschen: Das muss wirklich so sein.

Dass Sie, Herr Lukowitz, nun die Neuverschuldung der PDS und indirekt uns immer zustecken wollen - ich habe auch Herrn Minister Paqué vorhin gehört und grüble immer, wie man eine erhöhte Nettoneuverschuldung bei einem ähnlichen Haushaltsrahmen als Konsolidierung verkauft -, das werden wir nachher noch diskutieren.

Ich möchte trotzdem die Frage stellen: Stimmen Sie mir zu, dass Sie, wenn Sie in sechs oder sechseinhalb Jahren rund 10 Milliarden € an Neuverschuldung anhäufen, von den Zahlen her wesentlich schlechter wegkommen, als wenn wir in acht Jahren 7 Milliarden € an Neuverschuldung anhäufen? Würden Sie das mit Ja beantworten?

Herr Bullerjahn, jein.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Herr Bullerjahn, wir müssen auch klar bleiben.

(Zurufe)

Ich weiß, dass viel geschrieben wird und dass auch Ihrerseits an wichtigen Dokumenten gearbeitet wird. Die Zeit, die Sie gestaltet haben, hat Vorteile und Nachteile gehabt, das kann man ganz klar sagen. Ich kann auch einmal so offen reden, wie Sie das tun. Aber es gibt einen Unterschied zu der gegenwärtigen Situation: Die Ausgangsbedingungen waren für Sie damals erheblich besser, als sie es heute für uns sind.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: Ja, ja!)

Ich habe das in meiner letzten Rede eigentlich gesagt. Ich kann dazu auch den Präsidenten des Landesrechnungshofs zitieren; er sitzt ja heute im Seitenbereich: Er hat ebenfalls eingeschätzt, dass die schlimmsten Fehler in der Zeit zwischen 1998 und 2001 gemacht worden seien. - Das sollten wir zur Kenntnis nehmen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Bullerjahn möchte eine weitere Nachfrage stellen. Sind Sie bereit, Herr Lukowitz? - Bitte sehr.

Eine vermittelnde Nachfrage, weil ich auf eines hinaus will: Ich weiß genauso gut wie Sie, dass wir in den Jahren 1990 bis 1994 eine andere Berechnungsgrundlage hatten: Fonds Deutsche Einheit.

Ich weiß genauso gut wie Sie, dass die Steuermindereinnahmen in den letzten Jahren größer waren, sie aber bereits im Jahr 2000 zu verzeichnen waren.

Worauf ich hinaus will, ist, dass man, wenn man immer übertriebene liberale Sichtweisen von Statistiken zum Besten gibt, sich sehr angreifbar macht. Stimmen Sie mir darin zu?

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

(Heiterkeit)

Damit vermeide ich eine weitere Nachfrage, Herr Bullerjahn.

Vielen Dank, Herr Lukowitz. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Dahlenwarsleben sowie Schülerinnen und Schüler des JahnGymnasiums Haldensleben.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir fahren fort in der Generaldebatte. Als Nächstem erteile ich für die SPD-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Dr. Püchel das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Püchel.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Der Sinn ergibt sich aus der Debatte.

(Zuruf: Gute Ohren! - Herr Tullner, CDU: Ich wusste nicht, dass Sie es gehört haben!)

- Ich sehe auch alles.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Traditionell ist eine Haushaltsdebatte Anlass für eine politische Standortbestimmung. Diese Standortbestimmung ist heute und hier besonders wichtig; denn die zweite Lesung des Landeshaushalts 2004 findet in politisch bewegten Zeiten statt und der 19. Dezember wirft seine Schatten voraus.

Der Ministerpräsident kann nur kurze Zeit an der Landtagssitzung teilnehmen, weil er im Vermittlungsausschuss gefordert ist. Dafür habe ich volles Verständnis - erst recht dann, wenn er dazu bereit ist, sich der Blockadehaltung von CDU und CSU nicht länger anzuschließen,

(Oh! und Lachen bei der CDU - Frau Feußner, CDU: Das kann doch nicht wahr sein! Denkt mal an Eure Zeiten!)

sodass es entgegen allen Unkenrufen doch noch zu einem vernünftigen Ergebnis kommt.

Wenn überall in Deutschland der Wunsch nach einem vernünftigen Kompromiss im Vermittlungsausschuss laut wird, so müssten eigentlich die lautesten Rufe danach aus Sachsen-Anhalt kommen. Denn Sachsen-Anhalt braucht aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation das Vorziehen der Steuerreform und die damit verbundenen Wachstumsimpulse noch dringender als jedes der anderen 15 Länder.

Meine Damen und Herren! Ich will eingangs ein Wort des Bundeskanzlers Schröder aus der Haushaltsdebatte zum Bundeshaushalt 2004 am 26. November 2003 aufgreifen.

(Herr Schröder, CDU: Muss das sein?)

- Doch, das muss sein. - Der Bundeskanzler hat in der Haushaltsdebatte die CDU und die FDP aufgefordert, ihre patriotische Grundeinstellung unter Beweis zu stellen und die Reformschritte der Bundesregierung nicht zu blockieren. Ich richte diesen Appell hier im Landtag auch an unsere eigene Landesregierung.

(Zustimmung bei der SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Auch patriotisch!)