Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Gerade bei diesem Punkt liegt langfristig das größte Sparpotential, wenn nämlich alle Beschäftigten des öf

fentlichen Dienstes einen angemessenen Beitrag für ihre Versorgung im Alter leisten. Kurzfristig ergibt sich ein finanzieller Mehrbedarf. Dessen sind wir uns wohl bewusst. Aber man kann auch nicht einfach sagen: Ihr Beamtinnen und Beamte, jetzt zahlt auch in die Rentenkasse ein, ohne einen Ausgleich dafür zu schaffen.

Kurzfristig gedachte Schnellschüsse sind allerdings sowohl beim Thema der sozialen Sicherung als auch bei der Modernisierung der Verwaltung fehl am Platze; denn, wie gesagt, es geht uns um nachhaltige Qualitätssicherung.

Uns ist sehr wohl klar, dass Sachsen-Anhalt dies nicht im Alleingang fertig bringen kann. Aber wir haben die Möglichkeit, die Initiative zu ergreifen. Erst am 7. Dezember 2003 war dem „Tagesspiegel“ zu entnehmen, dass auch die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen über eine grundlegende Dienstrechtsreform nachdenken.

Schleswig-Holstein hat bereits im 1996 eine Initiative im Bundesrat auf den Weg gebracht. Es ist ganz offensichtlich von mehreren Seiten Gesprächsbedarf vorhanden. Deshalb nutzen Sie die Gunst der Stunde als Bundesratsmitglieder und ergreifen Sie die Initiative.

Meine Damen und Herren! In seiner 30. Sitzung hat der Landtag von Sachsen-Anhalt beschlossen, von der Landesregierung einen Bericht einzufordern, aus dem hervorgeht, wie sie sich zu der Reformdiskussion positioniert, und hat zweitens gefordert, dem Landtag ein Leitbild „Öffentlicher Dienst“ vorzulegen. Es ist schon bedauerlich genug, dass es offenbar erst der Aufforderung der Landesregierung bedarf, ein Leitbild „Öffentlicher Dienst in Sachsen-Anhalt“ vorzulegen, während Sie gerade noch vor anderthalb Jahren laut verkündet haben, jetzt alles anders und besser machen zu wollen. Ich frage mich nur, wie denn, ohne Zielvorstellung.

Sie teilen im Internet mit, sich die umfassende Modernisierung der öffentlichen Verwaltung als prioritäres Ziel auf die Fahne geschrieben zu haben. Aber wer sich Verwaltungsmodernisierung als ein prioritäres Thema auf die Fahne schreibt, sollte wenigstens mit am Tisch sitzen, wenn darüber geredet wird.

Der Arbeitskreis 6 der Innenministerkonferenz hätte bei der Erarbeitung der Leitlinien zur Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechtes eine gute Plattform geboten, sachsen-anhaltische Interessen und Ideen einzubringen. Wir hätten Ihnen bestimmt mit konstruktiver Kritik zur Seite gestanden. Nun, Sie haben es Thüringen überlassen, für die ostdeutschen Länder am Tisch zu sitzen. Aber ich bin mir sicher, die thüringische Regierung wird Sie ganz partnerschaftlich im Rahmen der vielen Verwaltungsprojekte der Initiative Mitteldeutschland über den Fortgang der Besprechung informiert haben.

Natürlich können Sie jetzt einwenden, die in unserem Antrag enthaltene Berichtspflicht sei doppelt gemoppelt, wir hätten doch auf unserer letzten Plenarsitzung eine Berichtspflicht der Landesregierung beschlossen. Ich meine, das wäre ein bisschen zu kurz gesprungen. Ich habe mir das Plenarprotokoll über die letzte Sitzung noch einmal angesehen. Die Diskussion hinsichtlich der Modernisierung des Dienstrechtes ist aus Sicht der SPD-Fraktion zu kurz gekommen - völlig verständlich, denn schließlich haben wir über das beamtenrechtliche Sonderzahlungsgesetz debattiert.

Es ist ein Trugschluss, davon auszugehen, ein modernes Dienstrecht rekurriere ausschließlich auf das Besol

dungsrecht. Die von uns eingeforderte Berichtspflicht geht daher weiter. Erstens halten auch wir einen strafferen Zeitplan nach wie vor für wünschenswert, zweitens ist es uns wichtig, dass die Landesregierung zur Umsetzung des am 21. November 2003 gefassten Beschlusses der Innenministerkonferenz „Weiterentwicklung des Rechts des öffentlichen Dienstes“ klar Stellung bezieht, und drittens fordern wir von der Landesregierung einen Bericht hinsichtlich des Modernisierungsprozesses auch bei den nicht verbeamteten Bediensteten.

Um noch einmal auf den Beginn meiner Rede zurückzukommen: Wir sind der festen Überzeugung, dass der öffentliche Dienst der Zukunft nicht ohne Beamte auskommen wird. Es darf aber keine Tabus geben. Dem Bürger ist es letztlich egal, wer für eine Aufgabe originär zuständig ist, wichtig ist ihm nur, dass sie so effizient und bürgernah wie möglich erledigt wird.

Otto von Bismarck - er steht nun wahrlich nicht in dem Verdacht, Sozialdemokrat gewesen zu sein - hat festgestellt: Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten lässt sich immer noch regieren; bei schlechten Beamten aber helfen die besten Gesetz nicht. - Wir wollen beides, gute Beamte und gute Gesetze.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass der öffentliche Dienst in Sachsen-Anhalt auch zukünftig seine Aufgaben kompetent und ergebnisorientiert meistern kann. Gehen Sie gemeinsam mit uns einen ersten Schritt in Richtung Reform des Dienstrechtes, diskutieren Sie mit uns über unsere Forderungen und Vorschläge für eine Dienstrechtsreform und stimmen Sie der Überweisung dieses Antrages in die Ausschüsse zu.

Unter diesem Tagesordnungspunkt hat die PDS auch die Frage der Einrichtung eines zeitweiligen Ausschusses Personalpolitik in das Plenum eingebracht. Er soll sich unter anderem mit der Dienstrechtsreform beschäftigen. Wir begrüßen das, weil wir das Thema Dienstrecht für einen wichtigen Baustein der Verwaltungsreform halten.

Wir schlagen daher konkret die Überweisung unseres Antrages federführend in den noch einzusetzenden Ausschuss Personalpolitik vor. Mitberatend sollten der Innenausschuss und der Finanzausschuss beteiligt werden. Sollten Sie den zeitweiligen Ausschuss Personalpolitik nicht mittragen können, schlagen wir die Überweisung federführend in den Innenausschuss bei Mitberatung durch den Finanzausschuss vor. - Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Fischer, für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Zunächst hat jedoch für die Landesregierung der Minister des Innern Herr Jeziorsky um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst auf eine Äußerung von Herrn Rothe zur Katasterverwaltung zurückkommen. Herr Rothe, wenn Sie der Landesregierung vorhalten, dass sie nicht genügend Distanz gewahrt habe, wenn sie im Bereich

der Vermessungs- und Katasterverwaltung mit dem Vertreter des Verbandes der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure spreche, verstehe ich - auch im Zusammenhang mit dem Thema Dienstrecht - Ihre Auffassung nicht ganz.

Sie dürften doch wissen, dass diese Kollegen hoheitlich für das Land tätig werden, quasi halbe Landesbedienstete sind. Was liegt da näher, wenn man über die Problematik des Vermessungsrechtes redet, als genau mit den Kollegen zu sprechen, die ansonsten für das Land hoheitlich tätig werden? Das ist im Übrigen genauso nah oder fern für ein Kabinett wie Verhandlungen in der Staatskanzlei oder auch im Kanzleramt mit irgendeiner Gewerkschaft.

Gestatten Sie, Herr Minister, im Gegenzug dem Abgeordneten Herrn Rothe - -

Nein, das können wir im Nachhinein noch machen. Ich komme jetzt auf das Thema zu sprechen.

Bitte sehr, Herr Minister.

Meine Damen und Herren! Als ich die Anträge erstmals sah, stellte ich mir die Frage: Warum schon wieder dieses Thema, hat nicht der Landtag gerade erst beschlossen, die Landesregierung solle ihre Position zu den in der Diskussion befindlichen Reformvorschlägen zur Zukunft des öffentlichen Dienstes gegenüber dem Landtag darstellen und darüber hinaus ein Leitbild „Öffentlicher Dienst in Sachsen-Anhalt“ vorlegen? Es hatten sich doch die Mehrheitsfraktionen mit diesem Beschluss einen Antrag der PDS-Fraktion im Wesentlichen zu Eigen gemacht.

Die Landesregierung wird Position beziehen, dabei natürlich auch auf die in den Anträgen dargestellten einzelnen Aspekte eingehen und mit den Abgeordneten auch über Konzepte diskutieren. Eines wird die Opposition allerdings nicht erwarten können - so viel kann ich jetzt schon sagen -: Die Landesregierung wird nicht zu allen Fragen fertige Lösungen anbieten können.

Alle hier Anwesenden wissen so gut wie ich, dass das öffentliche Dienstrecht durch seine Zweiteilung, seine differenzierte Gesetzgebungskompetenz und seine Vielzahl von Tarifregelungen und Partnern geprägt ist. Es ist im Laufe der Jahrzehnte in kleinsten Verästelungen den Bedürfnissen der Verwaltung angepasst worden, es ist vielfach reformiert worden, ja, sogar das viel gescholtene Beamtenrecht konnte den Verhältnissen in den neuen Bundesländern angepasst werden. Es ist wie ein Tanker, den man nicht so einfach umsteuern kann.

Ich kann aufgrund meiner Erfahrungen in der Vergangenheit bei der Anwendung des Dienstrechtes jedoch nicht behaupten, dass man damit schlecht zurande kam. Andererseits gilt auch: Es ist nicht alles richtig. Vieles ist zu kompliziert, vieles ist auch überkommen, und das Nebeneinander von Beamten und Arbeitnehmern, das ich im Grundsatz nicht ablehne, müsste etwas rationaler betrachtet werden, gerade in den neuen Bundesländern.

Aber tiefer greifende Reformen, wenn man erst einmal den notwendigen Umfang analysiert hat, sind schwierig, wie sich in der Vergangenheit unter wechselnden Regierungen in Bund und Ländern immer wieder bewiesen hat. Wie so oft im Leben gilt auch im öffentlichen Dienstrecht: Alles hängt mit allem irgendwie zusammen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte, die Reform der Sozialsysteme, die Neuordnung des Arbeits- und Tarifrechts, die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und die Diskussion über Umfang und Form staatlichen Handelns - mit all diesen Themen steht auch das öffentliche Dienstrecht im Zusammenhang oder wird zumindest damit in Zusammenhang gebracht.

Während der letzten Innenministerkonferenz wurde über das Thema „Weiterentwicklung des Rechts des öffentlichen Dienstes“ diskutiert und ein Perspektivbeschluss gefasst. Ich gehe davon aus, dass dieser Beschluss jedermann bekannt sein dürfte. Sie werden erkannt haben, dass er durchaus Spielräume für Fortentwicklungen lässt. Zu diesem Beschluss stehe ich; sinnvolle Reformen werde ich mittragen. Als Dienstrechtsminister - oder besser: Beamtenminister - beobachte ich genau, welche Veränderungen sich insbesondere in den vorgenannten Rechtsbereichen vollziehen und welche Optionen sich für das öffentliche Dienstrecht bieten.

Mein Kollege Paqué wird Gleiches in Bezug auf seinen Zuständigkeitsbereich tun, nämlich in Bezug auf das Besoldungsrecht, das Versorgungsrecht und das Tarifrecht, und wird im Zusammenwirken mit seinen Länderkollegen mögliche und nötige Konsequenzen prüfen.

Bei der angestrebten stärkeren Leistungsorientierung muss selbstverständlich dem Gebot strikter Kostenneutralität Rechnung getragen werden. Wir müssen uns aber auch darüber klar werden, wie unsere föderalen Strukturen künftig aussehen sollen, das heißt, welche Kompetenzen im Bereich des Dienstrechts beim Bund verbleiben sollen und welche gegebenenfalls auf die Länder übertragen werden sollen.

Während der umfangreichen Vorbereitungen auf die Kommission „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“, die jetzt unter dem Vorsitz von Herrn Stoiber und Herrn Müntefering in die entscheidende Umsetzungsphase eintritt, wurde auch darüber diskutiert, ob Artikel 33 des Grundgesetzes in die Reformüberlegungen einbezogen wird.

Es ist für mich unverständlich - das darf ich bei dieser Gelegenheit erwähnen - und angesichts des Verlaufs der Diskussion in der Innenministerkonferenz überraschend, dass das Land Nordrhein-Westfalen nunmehr ankündigt, eine Initiative zur Änderung des Artikels 33 des Grundgesetzes zu starten.

Wie in der Innenministerkonferenz vereinbart, galt für mich jedenfalls, dass angestrebt wird, Reformen möglichst innerhalb der Grenzen des Artikels 33 zu vollziehen. Ich bin gespannt darauf, wie sorgfältig das Land Nordrhein-Westfalen und die übrigen sozialdemokratisch regierten Länder, wenn sie sich tatsächlich beteiligen, den Vorstoß vorbereiten. Der mögliche Versuch, das einheitliche Dienstrecht per Schnellschuss einzuführen, würde vermutlich ohnehin in der Realität scheitern und dürfte zudem der gemeinsamen Sache von Bund und Ländern eher abträglich sein.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu den Anträgen im Einzelnen. Der SPD-Antrag ist entbehrlich. Ich bitte

daher, ihn abzulehnen. Er geht inhaltlich weitgehend in dem Beschluss vom 12. November 2003 auf. Ich wäre der SPD und Herrn Dr. Püchel sehr dankbar, wenn sie mir einmal die Frage beantworten würden, wieso die alte Landesregierung nicht das getan hat, wozu die SPDFraktion unter Nr. 1 und 2 des Antrages nun die neue Landesregierung auffordert.

(Zustimmung bei der CDU)

Warum haben Sie zum Beispiel keine leistungsbezogenen Besoldungsregelungen eingeführt? Sie hatten vor fünf Jahren die Gelegenheit dazu.

Auch der PDS-Antrag deckt sich hinsichtlich der beabsichtigten Tätigkeitsfelder eines Ausschusses zum Teil mit dem vorgenannten Landtagsbeschluss, zum Teil betrifft er Organisatorisches und Fiskalisches. Der geforderte zeitweilige Ausschuss soll sich im Wesentlichen mit Gegenständen befassen, über die im Innen- und im Finanzausschuss bereits ausführlich beraten wurde.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Das ist nicht wahr!)

Die Notwendigkeit zur Schaffung eines zusätzlichen Gremiums besteht deshalb aus der Sicht der Landesregierung nicht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Schol- ze, FDP)

Der Herr Minister ist bereit, Fragen von Herrn Rothe und von Frau Dr. Paschke zu beantworten. Bitte sehr, Herr Rothe.

Herr Minister, gegen Gespräche mit seriösen Interessenvertretungen wie dem Bund der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Solche Gespräche führen auch wir. Aber ist es nicht ein Unterschied, wenn man jemanden einlädt, seine Ansichten eine Stunde lang in der Kabinettsrunde darzulegen? Ist das nicht ein einmaliger Vorgang?

Wissen Sie, im Kabinett wird mit vielen unterschiedlichen Interessenvertretern über bestimmte Probleme, die man lösen will, geredet. Das ist aus meiner Sicht nichts Außergewöhnliches. Wie gesagt: Insbesondere im Bereich des Vermessungswesens mit jenen zu sprechen, die als beliehene Unternehmen für das Land arbeiten, also mit den Verbandsvorsitzenden, ist fast so, als wenn Sie mit Personalvertretern reden.

Herr Minister, jetzt möchte Frau Dr. Paschke eine Frage stellen.

Herr Minister, ich habe die Protokolle über die Haushaltsberatungen im Finanzausschuss sehr aufmerksam gelesen, um das, was alles verändert wurde, nachvollziehen zu können.

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass mit dem, was dort in sehr kurzer Zeit in Bezug auf die Stellenpläne und all die Dinge gelaufen ist, die wir in dem Antrag als Querschnittsaufgaben des zeitweiligen Aus