Wer mit der Überweisung in den Innenausschuss und in den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Gesetzentwurf in die beiden Ausschüsse überwiesen worden.
Wir stimmen jetzt über die Federführung ab. Zunächst war vorgeschlagen worden, dem Innenausschuss die Federführung zu übertragen, danach sollte der zeitweilige Ausschuss Hochwasser federführend sein. Wer dafür ist, dass der Ausschuss für Inneres die Federführung übernehmen soll, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind fast alle Abgeordneten der Oppositionsfraktionen. Damit wurde dem Innenausschuss die Federführung übertragen. Wir schließen nun den Tagesordnungspunkt 10.
Ich schlage Ihnen eine Änderung der Tagesordnung vor. Wir sollten zunächst Tagesordnungspunkt 13 behandeln, da die Tagesordnungspunkte 11 und 12 Themen betreffen, bei deren Behandlung Minister Dr. Daehre anwesend sein sollte. Er ist noch nicht im Hause. Wir erwarten aber sein Eintreffen in Kürze. Erhebt sich gegen den Vorschlag, zunächst den Tagesordnungspunkt 13 zu behandeln, Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Jahresbilanz des Petitionsausschusses liegt Ihnen als Drucksache vor. Auch aus dem vorigen Jahr gibt es eine Menge Interessantes und Neues über die fleißige Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss zu berichten.
Vorab möchte ich dem Ausschusssekretariat, den Ministern, die den Einladungen des Ausschusses Folge leisteten, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien und der anderen Behörden, auch auf der kommunalen Ebene, sowie allen Vertretern von Funk, Fernsehen und Presse Dank sagen. Ohne Sie als engagierte Helfer und Helferinnen wäre unsere Arbeit in dieser qualifizierten Form für die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt nicht möglich gewesen.
Der Dank ist allerdings mit einer Bitte und mit einer Erwartung verbunden. Ich bitte Sie alle darum, auch künftig im Rahmen Ihrer Möglichkeiten für die Petenten tätig zu werden. Auch den ungenannten Helfern und Helferinnen sei im Namen unserer Klientel Dank gesagt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Petitionsausschuss ist verfassungsrechtlich geschützt. Das Petitionsrecht ist im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt festgeschrieben. Damit ist es ein verbrieftes Recht der Bürgerinnen und Bürger.
Die Bürgerinnen und Bürger des Landes SachsenAnhalt wenden sich mit ihren Sorgen direkt an die Politik. Dadurch ist der Petitionsausschuss der lebensnächste Ausschuss. Dadurch werden die Politik und die Politiker fassbar und sind keine anonymen Subjekte hinter den verschlossenen Türen des Parlaments.
Bei unserer Arbeit wird deutlich, welche direkten Auswirkungen die politischen Entscheidungen des Landtages von Sachsen-Anhalt auf die Menschen im Land haben. Alle Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen haben hohe Erwartungen an den Ausschuss. Für sie sind wir oft der letzte Strohhalm, ein Rettungsanker oder die oberste Landesinstanz.
Doch nicht immer ist Hilfe möglich. Dies stößt mitunter auf Unverständnis, weil von dem Ausschuss erwartet wird, dass er Unmögliches möglich macht. Hierzu kann ich jedoch einschränkend mitteilen - Sie alle wissen, dass es opportun ist -, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch einmal das eine oder andere Gesetz geändert oder wieder geändert wird.
Alle Ausschussmitglieder haben während ihrer Arbeit einen Prozess durchlaufen. Nach dem Prozess der Entwicklung vom Menschen ohne große Politik zum Politiker sind sie nun zu einem Politiker geworden, der die Bürgerrechte gegen Verwaltungswillkür verfechtet, zu einem Anwalt des Volkes, kurzum zu einem Volksanwalt.
Als beispielhaft ist das Engagement der Ausschussmitglieder zu bezeichnen, wenn Termine am Ort des Geschehens wahrzunehmen sind. Sehr geehrte Damen und Herren! Wir scheuen weder Schlammwüsten noch Müllhalden, weder den Straßenausbau noch Krematorien noch Schweinemastanlagen
und - das ist für mich besonders wichtig festzuhalten - wir scheuen auch nicht das Gespräch mit dem Bürger oder der Bürgerinitiative und den Behörden vor Ort, unabhängig davon, ob es sich um Windparks oder um Schulschließungen handelt.
Unser Einsatz vor Ort erfolgt meistens im Doppelpack. Das heißt, beide Berichterstatter, sowohl von den Oppositionsfraktionen als auch von den regierungstragenden Fraktionen, haben die Aufgabe, Streitparteien wieder aufeinander zuzuführen, vermittelnde Gespräche zu führen und zu schlichten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Mitunter geht schon einmal unser Engagement mit uns durch. Dann wird partout eine Problemlösung lauthals und deutlich eingefordert, um dem Anliegen des Bürgers oder der Bürgerin zu entsprechen. Meines Erachtens macht uns das menschlich, kämpferisch, sympathisch und lässt es uns bodenständig bleiben.
In dem Bewusstsein, dass die politischen Entscheidungen des Landtages von Sachsen-Anhalt direkte Auswirkungen auf die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes haben, möchte ich eines sagen: Es wäre nicht auszudenken, sehr geehrte Damen und Herren, wenn die politischen Entscheidungen, die getroffen werden, auch noch zu einem positiven Lebensgefühl, zu einer verbesserten Lebenssituation und zu verbesserten Lebensbedingungen in Sachsen-Anhalt beitragen würden. Ich bin mir sicher, dass dann keine Landtagsdebatten über die Abwanderung von Frauen und von jungen qualifizierten Menschen zu führen wären, sondern wohl eher die Debatte über Zuwanderung wiederholt auf der Tagesordnung des Landtags zu finden wäre.
Ich will nicht sarkastisch werden. Vielmehr möchte ich Ihnen einen Antrag der regierungstragenden Fraktionen aus jüngster Zeit ins Gedächtnis rufen, der uns positiv aufhorchen lässt. Dabei handelt es sich um die Schallschutzmaßnahmen an der Autobahn, verbunden mit der Sonderregelung für die Gemeinde Beesedau.
Mir sei heute gestattet, ein Beispiel zu nennen, damit Sie ermutigt werden, den Bericht nicht nur zur Hand zu nehmen, sondern ihn möglicherweise auch intensiv zu lesen.
Der Petent X wandte sich an den Petitionsausschuss und bemängelte, dass sein Pkw 35 Mal beschädigt worden und die Polizei nicht tätig geworden sei. Dem ging der Petitionsausschuss selbstverständlich nach. Es ließ sich feststellen, dass umfängliche Täterfahndungsmaßnahmen durch die Polizei eingeleitet worden waren. So wurde mit dem Petenten vertraulich vereinbart, dass dessen Pkw überwacht wird, um den oder die Täter zu stellen.
Die Gesamtkosten für die Überwachungsmaßnahmen - dazu zählten der Einsatz von Beamten, Fährtenhunden und Überwachungstechnik; die Stundenanzahl, in Mannstunden gerechnet, belief sich auf 452 - betrugen sage und schreibe12 500 €. Ich denke, das ist eine beachtliche Summe. Leider konnte der Tatverdächtige oder die Tatverdächtige nicht festgestellt werden. Warum? - Der Petent hatte ein großes Mitteilungsbedürfnis. Er informierte sein nahes und weites Umfeld darüber, dass sein Pkw überwacht wurde. Also wurden leider die 452 Mannstunden der Beamten der Polizei und auch die 12 500 € in den Sand gesetzt. Aber ich danke der Poli
Ich sagte es bereits: Sehr geehrte Damen und Herren, nehmen Sie den Bilanzbericht zur Kenntnis, betrachten sie ihn als Fundgrube. Er offenbart Ihnen, welche Veränderungen der Bürger und die Bürgerin unseres Land erwartet, sei es im Kinderfördergesetz, in der Hochschulgesetzgebung oder beim Umzug von Landesbehörden. Unser Ausschuss ist ein Stimmungsseismograf.
Auf die Existenzberechtigung unseres Ausschusses möchte ich heute nicht unter Zuhilfenahme von Zahlen eingehen. Ein Blick in die Landesverfassung und der Blick in das Grundgesetz lässt erkennen: Das ist ein festgeschriebenes, verbrieftes Recht für Bürger und Bürgerinnen. Nehmen Sie sich den Bericht zur Hand; denn Petitionen sagen aus: Dort brauchen wir Veränderungen. Der Bürger hofft und erwartet, dass aufgrund seiner eingereichten Petitionen positive Veränderungen eintreten.
Eine Empfehlung an alle Fraktionen: Befragen Sie Ihre kompetenten, oftmals viel zu leisen Kämpfer an der Basis, meine und Ihre Kollegen des Petitionsausschusses. Sehr geehrte Damen und Herren! Schenken Sie ihnen Gehör, dann schenken Sie auch denen Gehör, die den Glauben an die Politik noch nicht ganz verloren haben.
In diesem Sinne darf ich mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und bitte ich Sie, dem Ausschussbericht Ihre Zustimmung zu geben. - Vielen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete Knöfler. - Es ist vereinbart worden, dass eine Debatte nicht stattfindet. Wir treten also in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/1380 ein.
Der Ausschuss für Petitionen empfiehlt, die in den Anlagen 1 bis 9 aufgeführten Petitionen mit Bescheid an die Petenten für erledigt zu erklären. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Somit ist das einstimmig angenommen. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 13.
Ich frage die Fraktionen, ob es möglich ist, dass wir den Tagesordnungspunkt 14 - Straßburger Urteil zur Abwicklung der Bodenreform - aufrufen. Gibt es dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 14 auf:
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! In der nun über zwölf Jahre währenden Auseinandersetzung um die Verfassungs- und Menschenrechtswidrigkeit des Artikels 233 §§ 11 bis 16 EGBGB haben die Erben von Bodenreformland nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschrechte in Straßburg Recht bekommen. Dass die Bundesrepublik Deutschland und auch die betroffenen Regierungen insbesondere der neuen Bundesländer heute vor dem Debakel stehen, sich sozusagen von Europa in Fragen der Einhaltung von Menschenrechten zurechtweisen lassen zu müssen, hat meiner Ansicht nach zwei schwerwiegende Ursachen.
Erstens war es der Fakt, dass das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 - auch das Modrow-Gesetz genannt - zwar fortgeltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland blieb, es aber ab 1992 nicht nur ignoriert, sondern mit dem zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz konterkariert wurde.
Dies ist nicht nachzuvollziehen, weil dieses Gesetz insbesondere auf die sich abzeichnende Entwicklung der staatlichen Einheit Deutschlands zugeschnitten war. Es sicherte die Vermögens- und Eigentumsrechte der betroffenen DDR-Bürger; denn es machte dieses Eigentum grundgesetzkonform, indem es alle bis dahin nach sozialistischem Recht verfügten Einschränkungen außer Kraft setzte.
Zweitens war es der Umstand, dass die Vererbbarkeit von Bodenreformland einfach nicht zur Kenntnis genommen wurde, obwohl lediglich ein Blick in die Bodenreformurkunde ausgereicht hätte, um sich davon zu überzeugen, dass das mit der Vererbbarkeit seine Richtigkeit hat.
Es sei nun, wie es sei. Wenn jene, die inzwischen über Jahrzehnte gegen die Praxis der Abwicklung der Bodenreform mit Beharrlichkeit kämpfen und den Artikel 233 §§ 11 bis 16 EGBGB als verfassungs- und menschenrechtswidrig gebrandmarkt haben, heute den Urteilsspruch von Straßburg als späte Genugtuung empfinden - hiermit meine ich insbesondere den Verein gegen die Abwicklung der Bodenreform in Sachsen-Anhalt -, so denke ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird das selbst von den Abgeordneten, die auch heute ihre Zweifel haben, mit Respekt zur Kenntnis genommen.
Zu dieser Annahme veranlassen mich viele Gespräche, die ich in den zurückliegenden Wochen nach der Urteilsverkündigung mit Abgeordneten aller Fraktionen führen durfte. Ich meine auch, dass die bisherige Reaktion unserer Landesregierung dem Gewicht des Urteilsspruches angemessen war.
Ich will damit sagen, dass ich den bisherigen öffentlichen Verlautbarungen der Landesregierung und auch den Darlegungen der Ministerin Wernicke im Agrarausschuss entnehmen konnte, dass man sich von Anfang an darauf eingestellt hat, dem Straßburger Urteil Rechnung tragen zu können oder zu wollen. Es wurde umgehend recherchiert und gerechnet, der Flächenverkauf wurde gestoppt und den Betroffenen wurden Hinweise gegeben, wohin sie sich in ihrer Angelegenheit wenden sollten.
Zumindest ist die Landesregierung von Sachsen-Anhalt nicht blindlings in die Falle des Bundeskanzlers getappt und hat gegenüber der Bundesregierung den ungestümen Wunsch nach einer Revision des Straßburger Urteils geäußert. Das dürfte eine gute Ausgangsposition für eine sachliche Diskussion über unseren Antrag sein.
Wir, die PDS-Fraktion, vertreten den Standpunkt - dem wollen wir mit unserem Antrag Nachdruck verleihen -, dass es dennoch nicht ausreicht - gerade angesichts der Ankündigung der Bundesregierung, Rechtsmittel gegen das Bodenreformurteil einzulegen -, passiv zu bleiben.