Protokoll der Sitzung vom 01.04.2004

Danke, Herr Püchel - Frau Dr. Sitte, bitte sehr.

(Herr Bullerjahn, SPD, an den Ministerpräsiden- ten gerichtet: Da kommen Sie schlechter bei weg! - Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Wir fangen im Jahr 1995 an! - Zurufe von der SPD: Nein! - Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Lassen Sie sich das von Herrn Bullerjahn erklä- ren! - Zustimmung bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Frau Dr. Sitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident! Meine Damen und Herren! Dass Sie das letzte Wort haben wollen, das kann ich nachvollziehen. Sie sind der Ministerpräsident. Womit ich nicht zurechtkomme und was Sie auch auf mittlere Sicht politikunfähig machen wird, ist die Arroganz, mit der Sie das vorgetragen haben.

(Lebhafter Beifall bei der PDS)

Nun kann ich auch mit arroganten Menschen im Allgemeinen relativ gut, weil viele dieser arroganten Menschen, die mir begegnet sind, Substanz hatten. Aber ich finde angesichts der Erklärung von Herrn Scharf, angesichts der Regierungserklärung und angesichts der fehlenden Substanz, die ich dort gesehen habe, dass Sie dazu heute gar keine Berechtigung haben.

(Lebhafter Beifall bei der PDS)

Damit ist die Debatte zur Regierungserklärung beendet. Ich schlage Ihnen vor, noch vor der Mittagspause den Tagesordnungspunkt 3, die Fragestunde, abzuhandeln, es sei denn, es erhebt sich fraktionsübergreifend Widerspruch.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde - Drs. 4/1456

Es gibt vier kleine Anfragen. Die Frage 1 wird von der Abgeordneten Frau Budde für die SPD-Fraktion gestellt und betrifft das Thema Finanzierung des Kontaktbüros des Landes Sachsen-Anhalt in Tallinn, Estland.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die bisher geleistete Arbeit des Kontaktbüros des Landes SachsenAnhalt in Tallinn und die Chancen, die sich daraus am Vorabend der Erweiterung der Europäischen Union ergeben?

2. Welche finanziellen Mittel hat das Land SachsenAnhalt dem Kontaktbüro 2003 zur Verfügung gestellt und wie wird das im Landeshaushalt 2004 namentlich erwähnte Kontaktbüro Tallinn in diesem Jahr finanziell gefördert?

(Unruhe)

Da wir noch nicht in die Mittagspause gegangen sind, bitte ich um etwas mehr Ruhe im Saal.

Die Antwort der Landesregierung wird der Minister für Wirtschaft und Arbeit Herr Dr. Rehberger erteilen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Katrin Budde wie folgt.

Auf Initiative des Landtages wurde im November 2000 in Tallinn in Estland ein Kontaktbüro des Landes SachsenAnhalt eingerichtet. Das Projekt, das auf drei Jahre befristet war, wurde vom Ministerium für Wirtschaft gefördert. Projektträger ist die Handwerkskammer Magdeburg. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die beiden Fragen wie folgt.

Zu 1: Das Kontaktbüro des Landes Sachsen-Anhalt in Tallinn hat ca. 130 Unternehmen und Einrichtungen aus

Sachsen-Anhalt beraten. Durch die Arbeit des Kontaktbüros konnten bisher 18 Unternehmen sowie sechs weitere Einrichtungen aus dem Land Leistungsverträge mit Unternehmen und Einrichtungen aus den baltischen Staaten abschließen. Für weitere acht Firmen finden gegenwärtig konkrete Vertragsverhandlungen statt. Das Kontaktbüro hat damit einen Beitrag dazu geleistet, die Unternehmen Sachsen-Anhalts auf den Beitritt der baltischen Staaten zur Europäischen Union vorzubereiten.

Zu 2: Das Kontaktbüro wurde im Wege der Projektförderung über drei Jahre hinweg vom Ministerium für Wirtschaft und Arbeit voll finanziert. Im Jahr 2003 wurden insgesamt 86 500 € zur Verfügung gestellt. Nach Ablauf der drei Jahre wurde die direkte Projektförderung reduziert. Dem Kontaktbüro stehen als direkte Fördermittel des Wirtschaftsministeriums im Jahr 2004 nunmehr 15 000 € zur Verfügung.

Gleichzeitig wurde den Unternehmen des Landes durch eine Listung des Leiters des Kontaktbüros als Berater beim RKW die Möglichkeit eröffnet, sich entsprechende Beratungsdienstleistungen über die Beratungsrichtlinie des Landes fördern zu lassen. Der Zuschuss beträgt grundsätzlich 50 v. H., maximal 350 € je Tagewerk. Je nach Beratungszweck können bis zu 25 bzw. 50 Tagewerke gefördert werden. Damit erhält das Kontaktbüro weiterhin eine zusätzliche mittelbare Förderung.

Die Fragestellerin hat Zusatzfragen. Bitte sehr.

Vielen Dank. - Herr Minister, ich will vorausschicken, dass wir uns während der Haushaltsverhandlungen fraktionsübergreifend darauf verständigt haben und das auch im Haushalt verankert ist, dass es eine Fortführung auf ähnlichem Niveau, nämlich ca. 85 000 €, für das Büro geben soll. Deshalb frage ich Sie:

Erstens. Wann hat die Landesregierung das Kontaktbüro in Tallinn darüber informiert, dass die Mittel für 2004 drastisch zusammengestrichen werden?

Zweitens. Wie passt das zu der soeben vom Ministerpräsidenten gemachten Aussage, dass in Osteuropa die Zukunftsmärkte liegen und wir unsere Unternehmen fit machen müssen, um sowohl dort präsent zu sein als auch Vorteile für die Unternehmen hier daraus zu ziehen?

Zur ersten Frage kann ich Folgendes sagen: Nachdem wir angesichts der Gesamtfinanzsituation diese reduzierte Förderung festgelegt haben, wurde das Büro entsprechend informiert.

Zur zweiten Frage: Osteuropa besteht nicht nur aus dem Baltikum, Frau Kollegin Budde. Wir müssen darauf achten, dass auch für die Aktivitäten in anderen osteuropäischen Ländern Gelder zur Verfügung stehen. Sie wissen sehr gut, dass wir auch im Bereich des Außenhandels nur begrenzte finanzielle Möglichkeiten haben. Ich finde es absolut unangemessen, wenn in dem einen Falle fast 100 000 € pro Jahr bereitgestellt werden, während für andere Fälle überhaupt kein Geld da ist. Ich

glaube, da muss man für eine ausgewogenere Verteilung der Mittel auf die Beitrittsländer in Süd- und Osteuropa sorgen. Das haben wir getan.

(Frau Budde, SPD: Das ist falsch!)

Es gibt eine weitere Frage vom Abgeordneten Herrn Metke. Bitte sehr.

Ich frage Sie, wie die Mitteilung aus Ihrem Hause an den Leiter des Kontaktbüros zu verstehen ist, in der man sich für die Zusammenarbeit während der vergangenen Jahre bedankt und danach dem Leiter des Kontaktbüros die Dinge in Aussicht stellt, die Sie gerade erläutert haben. Heißt das konkret, dass wir als Land Sachsen-Anhalt kein Kontaktbüro in Tallinn mehr haben? Wird die Arbeit des Büros fortgesetzt? Welchen Status hat dieses Kontaktbüro? Vielleicht können Sie das näher erläutern. Ich konnte das auch Ihren Antworten nicht entnehmen.

Es war auch nicht danach gefragt worden, wer mit dem Leiter was besprochen hat. Ich persönlich habe nicht mit dem Leiter gesprochen. Das war Sache meiner Mitarbeiter, die, nachdem seinerzeit eine Förderung für drei Jahre ausgebracht worden war, fest davon ausgehen konnten, dass man in Tallinn weiß, dass die drei Jahre abgelaufen sind und dass man die weitere Zusammenarbeit auf einer anderen Basis durchführen muss.

Ich gehe davon aus, dass dieses Büro unsere Unternehmen aus Sachsen-Anhalt, soweit sie im Baltikum Kontakte aufnehmen wollen, auch in Zukunft betreuen wird. Aber, wie gesagt, es geht nicht an, meine Damen und Herren, dass wir in einem Einzelfall so hohe Aufwendungen betreiben und in anderen Fällen dann kein Geld mehr zur Verfügung steht.

Frau Abgeordnete Budde möchte eine zweite Nachfrage stellen.

Herr Minister, es ist doch richtig, dass das Büro gar nicht davon ausgehen konnte, dass so drastisch reduziert wird, weil für den Haushalt fraktionsübergreifend etwas anderes vereinbart worden war. Deshalb musste das Büro davon ausgehen, dass das, was die Abgeordneten vereinbart haben und was auch haushaltsrelevant aufgeschrieben steht, so umgesetzt wird. Das ist doch sicherlich richtig?

Sie haben zwar die Zahlen aufgeführt, aber ich hätte gern noch eine Bewertung Ihrerseits, ob Sie das, was in den vergangenen Jahren dort geschehen ist, für eine vernünftige Arbeit des Büros in Tallinn halten und ob es dann vernünftig ist, solche funktionierenden Kontakte infrage zu stellen und abreißen zu lassen oder ob es nicht Sinn macht, einen Markt für die mittelständischen Unternehmen insbesondere in Kooperation mit der Handwerkskammer nachhaltig weiterzuentwickeln.

Zunächst muss ich sagen, dass mir bis eben nicht bekannt war - ich weiß auch nicht, ob das tatsächlich zutrifft -, dass man im Wirtschaftsausschuss oder in welchem Ausschuss auch immer der Meinung war, man solle die Förderung über die drei Jahre hinaus in der bisherigen Größenordnung fortführen. Ich persönlich kann nur sagen, dass wir angesichts der Gesamtmittel, die für Außenhandelsaktivitäten zur Verfügung stehen, eine solche einseitige Schwerpunktbildung über die drei Jahr hinaus nicht für angemessen halten und daraus die gebotenen Konsequenzen gezogen haben. Ich habe aus anderen Fraktionen bisher dazu auch keine Kritik gehört.

Im Übrigen, Frau Kollegin Budde, habe ich darauf hingewiesen, dass in den drei Jahren, in denen wir fast 300 000 € bereitgestellt haben, mithilfe dieses Büros 18 Unternehmen zu entsprechenden Verträgen mit Unternehmen und Einrichtungen aus den baltischen Staaten geführt wurden. Bei sechs weiteren Unternehmen laufen, wie Sie gehört haben, im Moment Verhandlungen.

Ich glaube, dass man diese 18 Verträge, die abgeschlossen worden sind, in Relation zu dem Aufwand sehen muss, den wir betrieben haben. Ich glaube, Sie werden mir zustimmen, dass wir die vorhandenen relativ bescheidenen Mittel so einsetzen müssen, dass quer durch die neu zur EU kommenden Länder möglichst viel für unsere Wirtschaft erreicht wird. Jedenfalls, wenn wir einen solchen Mitteleinsatz mit einem so relativ bescheidenen Ergebnis betreiben würden, wäre unser Außenhandel insgesamt nicht auf einem sehr guten Weg.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Metke, Sie haben auch eine zweite Zusatzfrage. Ich lasse sie als letzte zu.

Herr Minister, Sie haben mehrfach erklärt, dass die Finanzmittel, die ursprünglich zumindest nach unserer Auffassung als Parlament als Ergebnis der Haushaltsberatungen für Tallinn vorgesehen waren, jetzt in andere Bereiche umgeleitet bzw. dort eingesetzt werden. Vielleicht können Sie uns informieren, wo die Beträge, die über die 15 000 €, die nach Tallinn gehen, hinaus zur Verfügung stehen, eingesetzt werden, insbesondere in welchen Bereichen, wenn es darum geht, im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung etwas zu bewegen. Vielleicht können Sie uns darüber informieren.

Herr Metke, das werde ich sehr gerne tun, indem ich Ihnen im Wirtschaftsausschuss die einzelnen in die zusätzliche Förderung aufgenommenen Standorte vortrage. Dort werden wir Ihnen einen Überblick geben, was wir mit den reduzierten Mitteln, die zur Verfügung stehen, machen. Ich glaube nicht, dass es angemessen ist, dass wir in dieser Runde, also im Plenum, über die einzelnen Maßnahmen, die wir getroffen haben, um den Außenhandel zu fördern, reden.

(Frau Budde, SPD: Können Sie nicht oder wollen Sie uns das nicht sagen? - Minister Herr Dr. Daehre: Stellen Sie doch nicht immer solche Anfragen!)

- Frau Budde, man kann im Plenum alles und jedes behandeln, aber mir scheint es sinnvoller zu sein, die Frage, was wir in welchen Bereichen machen, in einem Fachausschuss und nicht im Plenum zu behandeln.

(Minister Herr Dr. Daehre: Richtig!)

Das ist einfach eine Überforderung des Plenums,

(Unruhe bei der SPD)