Dabei kommen offensichtlich bei einigen Unternehmen so viele Verschmutzungsrechte an, dass sie ihren hohen Ausstoß an Treibhausgasen fast nicht reduzieren müssen. Für uns ist es fraglich, ob damit die erforderlichen Anreize geschaffen werden, in neue, emissionssparende Technologien zu investieren. Denn es war eines der Hauptziele des Umweltministers, einen solchen Modernisierungsanreiz zu schaffen, der vor allem der Erneuerung der Kraftwerke in Deutschland einen entsprechenden Schub geben soll.
Wir als PDS haben uns immer konsequent dafür eingesetzt, dass die Anteile der ostdeutschen Industrie ab 1990 im nationalen Rahmen angemessen zu berücksichtigen sind. Herr Minister Rehberger hat die Beispiele bereits genannt. Ich kann diese nur ergänzen.
Wer zum Beispiel die Mibrag oder das Kraftwerk Schkopau, die wir immer unterstützt haben, nicht in die Klemme bringen will, muss ein deutliches Ja zu diesen Early Actions sagen. Die ostdeutschen Stromversorger, zum Beispiel Veag, heute übernommen von Vattenfall Europe, steckten in den 90er-Jahren rund 9 Milliarden € in die Sanierung und den Neubau des Kraftwerkparks. Die Konkurrenten von RWE, E.ON und EnBW stehen dagegen erst vor solchen jahrzehnteweit reichenden Ersatzinvestitionen.
Klar ist, dass Vattenfall für seine Early Actions Zuteilungen haben möchte, und die Konkurrenten - das ist auch klar - halten natürlich dagegen. Zusätzlich belauert sich aber die Branche noch wegen ihres unterschiedlichen Profils. Das heißt, Vattenfall produziert vorrangig mit
Voraussetzung soll jedoch sein, dass diese Vorleistungen weder durch Stilllegung noch durch Produktionsrückgang erbracht werden. Darüber hinaus sollen nur solche Minderungsleistungen als Vorleistung anerkannt werden, die weder öffentlich gefördert worden sind noch aufgrund gesetzlicher Vorgaben ohnehin durchgeführt werden mussten.
Damit können wir uns eigentlich nicht einverstanden erklären. Nach EU-Recht soll es so sein, aber es betrifft vor allem Ostdeutschland. Hier möchte ich noch einen Gedanken aufgreifen und betonen: Die EU sollte nicht übersehen, was in den vergangenen Jahren hier im Osten Deutschlands passiert ist. Sie wird mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, wenn hier keine vernünftigen Regelungen gefunden werden, wenn man auf die EU-Osterweiterung in den nächsten Jahren zu sprechen kommt.
Ob die genannten Ziele überhaupt Realität werden, bedarf der regelmäßigen Prüfung und Kontrolle. Davon ist aber bis jetzt zu wenig zu hören; hier ist noch vieles offen. Das betrifft auch folgende Fragen: Die Mitgliedstaaten sollen der Kommission zum Beispiel jährlich einen Bericht zum Emissionsrechtehandel erstatten. Das bedeutet, dass in den Mitgliedstaaten die Erfassung der Emissionsdaten bei den Betreibern erforderlich ist. Es muss demnach ein System der Kontrolle und der Mitteilungen an die Kommission aufgebaut werden.
Die Einbindung weiterer projektbezogener Maßnahmen in anderen Ländern - Stichworte sind zum Beispiel Joint Implementation oder Clean Development Mechanism - ist offen. Gleichfalls offen ist, inwieweit staatliche Anreize in der Bundesrepublik wie beispielsweise in Großbritannien bekannt sein und eine entsprechende Rolle spielen sollten. Klärungsbedürftig sind weiterhin auch die Angelegenheiten der Gratiszuteilung in Bezug auf die Berücksichtigung absoluter oder lediglich relativer Ziele sowie der Beitrag zu einem freiwilligen oder verpflichtenden System, das die EU dem weltweiten Handel, der im Jahr 2008 beginnen soll, vorschalten wird.
Um das offensichtliche Manko im Emissionsrechtehandel wenigstens zum Teil auszugleichen, müssen neue Strategien und Konzepte für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie für die verstärkte Förderung der Wärmedämmung und den Abbau umweltschädlicher Subventionen entwickelt werden. Auch im Verkehrsbereich müssen, etwa durch neue Antriebstechnologien, größere Beiträge zur Emissionsverminderung geleistet werden.
Abschließend sei vermerkt: Der Emissionsrechtehandel ist kein Wundermittel. Er kann bestenfalls ein Bestandteil in einem Mix verschiedener Instrumente sein. An erster Stelle steht alles, was den Energieverbrauch senkt. Hinzu kommen regenerierbare Energien, über die bereits gestern debattiert worden ist.
Es ist also ein Versuch, der Umweltverschmutzung mit marktwirtschaftlichen Mitteln beizukommen. Das ist nicht unumstritten, auch gerade unter den Linken nicht. Klima ist eben ein Allgemeingut und keine Handelsware.
Im Hinblick auf den globalen Aspekt, den Herr Minister Rehberger am Schluss seines Beitrags anführte, möchte ich den Uno-Umweltexperten Klaus Töpfer, CDU, zitieren. Er hat gesagt: Niemand bezweifelt, dass ein Klima
wechsel stattfindet. Er spricht auch von einer „ökologischen Aggression der Reichen gegenüber den Armen“ und fasst richtig zusammen: Klimapolitik ist Friedenspolitik. - Mehr Worte braucht er nicht, um sein Unverständnis über den kleinlichen Streit in Deutschland zum Ausdruck zu bringen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte um den Emissionsrechtehandel ist eine gute Gelegenheit, um die Hauptthematik in unserem Land, die Zukunftsfähigkeit, über die gestern ausführlich diskutiert wurde, weiterzubehandeln. Deshalb bin ich der Unionsfraktion sehr dankbar dafür, dass sie dieses Thema aufgerufen hat.
Gestern wurde bereits sehr deutlich, dass es bei der Zukunftsfähigkeit vor allem um die Neuschaffung und den Erhalt von sicheren, eben zukunftsfähigen Arbeitsplätzen geht. Arbeitsplätze entstehen dort, wo die Rahmenbedingungen, die Standortfaktoren für Investitionen am besten sind. Ein wesentlicher Standortfaktor ist ein ausgewogenes Verhältnis von umweltpolitischen Erfordernissen und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten.
Zwei Grundprinzipien müssen hierbei unbedingt beachtet werden. Erstens das Thema Alleingänge. Mit dem Thema Alleingänge haben wir in Deutschland bereits einige Erfahrungen gesammelt. Mit überzogenen Regelungen, die ein Land allein macht, ohne zu schauen, ob die anderen ringsum das auch tun, verschafft man sich selbst Wettbewerbsnachteile.
Zweitens das Prinzip, ein ausgewogenes Verhältnis innerhalb des Landes herbeizuführen, das heißt regional und hinsichtlich der Branchen. Meine Damen und Herren! Hiermit komme ich zu einer grundlegenden Feststellung, die ich treffen möchte. Die grüne Partei in Deutschland ist dabei - sie hat dies auch schon zu einem beträchtlichen Teil getan -, den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter auf das Abstellgleis zu bringen. Insbesondere an die SPD, aber auch an alle anderen appelliere ich, dies nicht weiter zuzulassen.
Herr Clement hat in dieser Woche im Streit um den Emissionsrechtehandel gegenüber dem Koalitionspartner im Bund ein klares Signal gesetzt. Obwohl die Ergebnisse natürlich nicht befriedigen können, hat er deutlich gemacht: So geht es nicht weiter.
Ich nenne als ein Beispiel die Ökosteuer. Sie war gedacht, um Energie zu sparen und die daraus gewonnenen Mittel für ökologische Belange einzusetzen. Sie hat aber dazu geführt, dass die Energie- und Kraftstoffpreise hochgetrieben wurden. Die Einnahmen werden nur bedingt für ökologische Aspekte verwendet. Durch den erhöhten Strompreis sind wir bei stromintensiven Branchen international nicht mehr wettbewerbsfähig. Das ist ganz einfach so.
Im Übrigen wehre ich mich immer dagegen, dass Schindluder und Missbrauch mit dem Begriff Ökologie getrieben wird. Öko ist gut, heißt es landläufig, Wirt
schaft ist schlecht. Ökologie ist die Lehre vom Haushalt der Natur, die effizienteste Wirtschaftlichkeit, die es überhaupt gibt.
Ich nenne das Beispiel EEG, das Erneuerbare-EnergienGesetz. Die Idee ist nicht schlecht. Es muss jetzt aber neu justiert und neu diskutiert werden, da der Strompreis durch das EEG in Deutschland mittlerweile um fast 2 Cent pro Kilowattstunde höher ist als anderswo. Wir sind dadurch international nicht mehr wettbewerbsfähig.
Insbesondere hat es auch im Bereich der Windenergie - darüber haben wir ausführlich diskutiert - hinsichtlich des Landschaftsbildes - auch das ist ein Stichwort der Ökologie - Verfehlungen gegeben.
Ich nenne ein drittes Beispiel: die Novellierung des Gentechnikgesetzes, die derzeit im Bundestag und, so glaube ich, auch im Bundesrat in der ersten Lesung beraten wird. Diese Novelle zum Gentechnikgesetz ist derzeit ein Gentechnikverhinderungsgesetz. Das sehen alle in Deutschland so, von den Landwirten über die Gewerkschaften bis hin zu allen Parteien - bis auf die Grünen, von denen es kommt.
Meine Damen und Herren! In den 80er-Jahren hat Joschka Fischer als damaliger Umweltminister in Hessen dafür gesorgt, dass die rote Biotechnologie aus Deutschland vertrieben wurde. Die Grünen sind jetzt, im Jahr 2004, dabei, die Chancen, die wir im Bereich der grünen Biotechnologie haben, zunichte zu machen und auch diese Technologie zu vertreiben.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Greenpeace-Aktion in dieser Woche kein Protest im üblichen Sinne mehr ist, den man durchaus tolerieren kann, sondern klarer und bewusster Rechtsbruch, kriminelles Vorgehen.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht hinnehmbar, dass mit den Mitteln unserer Steuerzahler - also auch mit unseren - Leute nicht nur angesprochen, sondern direkt akquiriert, angeworben werden und von Hamburg hierher gefahren werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das gar nicht alles Greenpeace-Leute waren. Sie wurden eingekauft, um in einem anderen Land bewusst und mutwillig Gesetzesbruch zu betreiben. Dies ist einfach nicht hinnehmbar.
Ich denke, wenn eine gemeinnützige Vereinigung einen so klaren Rechtsbruch begeht, dann muss man nicht nur die Gemeinnützigkeit hinterfragen, dann sollte man konkret den Punkt auf die Tagesordnung setzen, den Gemeinnützigkeitsstatus einer solchen Vereinigung auf den Prüfstand stellen, um gegen derartige Aktionen vorzugehen.
Meine Damen und Herren! Zurück zum Emissionsrechtehandel. Es ist ein neues, marktwirtschaftlich orientiertes Instrument des Klimaschutzes, das - darin gebe ich Herrn Thiel völlig Recht -, wenn es vernünftig und ausgewogen vorbereitet und praktikabel und gerecht umgesetzt wird, durchaus positiv zu bewerten ist.
Als entscheidender Kernpunkt stellt sich für uns dabei die Berücksichtigung der seit Anfang der 90er-Jahre erbrachten Vorleistungen heraus, die berühmt-berüchtigten Early Actions. Die Umsetzung in nationales Recht hat entscheidende Bedeutung hinsichtlich wirtschaftlicher Folgen für die betroffenen Unternehmen.
Die Pläne der Bundesregierung - das wurde heute schon ausführlich besprochen - in Bezug auf die Verteilung der Rechte gefährden Investitionen und Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt; denn sie berücksichtigen gerade nicht die bereits erbrachten Vorleistungen.
Die Basis für den Emissionsrechtehandel ist das KyotoProtokoll zum Klimaschutz mit seiner Laufzeit von 1990 bis 2012. Genau diese Laufzeit ist eigentlich ein Indiz dafür, dass die Leistungen ab 1990 mit einberechnet werden müssen. Der CO2-Ausstoß soll um 21 % reduziert werden; 19 % sind bereits erbracht worden, und zwar hauptsächlich durch die Leistungen von uns im Osten. Deshalb ist es absolut gerechtfertigt, dass diese Early Actions bei der Erstvergabe auch berücksichtigt werden.
Die Landesregierung - das wurde bereits angesprochen - hat deshalb den Trittin-Entwurf dieses Allokationsplans auf seine Vereinbarkeit mit dem geltenden Europarecht und dem Grundgesetz hin überprüfen lassen. Das Gutachten kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die geplanten Regelungen sowohl gemeinschaftsrechtswidrig als auch verfassungswidrig sind.
Die Landesregierung hat deshalb völlig zu Recht angekündigt, vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als noch nicht klar war, wie sich die Bundesregierung eigentlich entscheidet.
In der Nacht zum Dienstag dieser Woche wurde der Streit zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundesumweltminister beigelegt, bei dem es vor allem um die Gesamthöhe der Erstzuteilungen ging. Es war ein klarer Punktsieg für Herrn Clement. Das war für meine Begriffe auch richtig; aber das Gesamtergebnis kann bei weitem nicht zufrieden stellen.
Bis gestern Abend war noch nicht klar, was denn eigentlich in Bezug auf die erbrachten Vorleistungen herausgekommen ist. Nun ist es so, dass die Vorleistungen bis 1996 keine Berücksichtigung finden sollen. Aber gerade bis 1996 haben die wesentlichen Vorleistungen stattgefunden. Die wirtschaftlichen Folgen für unser Land sind katastrophal, wenn das so umgesetzt werden sollte.
Die Landesregierung sollte nicht nur, sondern sie muss vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, sonst drohen uns unabsehbare wirtschaftliche Folgen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Schrader. - Die Debatte wird durch den Beitrag der SPD-Fraktion abgeschlossen. Ich erteile Frau Budde das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um viel Geld, es geht um ca. 4 bis 5 Milliarden € pro Jahr. Es ist in der Tat richtig: Ostdeutschland hat, wenn man
den gesamten Betrag betrachtet, der bei der Reduzierung der Emissionen erbracht worden ist, sogar knapp 90 % der Reduzierung insgesamt erbracht, wenn man den gesamten Zeitraum zugrunde legt.
Insofern ist es nicht akzeptabel, dass die Emissionsminderungen, die von 1990 bis 1995 in Ostdeutschland erbracht worden sind, im jetzigen nationalen Allokationsplan keine Berücksichtigung finden. Die Menge der Zertifikate - das habe ich bereits gestern gesagt, Herr Minister - ist durch den Wirtschaftsminister Clement durchaus auf eine akzeptable Größenordnung gebracht worden. Das ist der Teil, für den Sie ihn sicherlich auch loben werden.
Es war völlig klar, dass dort, wo die ostdeutschen Interessen nicht Berücksichtigung finden, eine Intervention der gesamten ostdeutschen Länder kommen wird. Ich gehe davon aus, dass sich alle ostdeutschen Länder - unabhängig davon, wer sie regiert - dagegen verwahren werden, dass die Emissionsreduzierungen nicht anerkannt werden.