Was den Antrag betrifft: Natürlich sind die Informationsbedürfnisse des Landtages von mir anzuerkennen. Ich habe immer gesagt, dass es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, die parlamentarische Ebene an den verabredeten Knotenpunkten dahin gehend einzubeziehen, welche nächsten Schritte vorgesehen sind.
Die PDS-Fraktion möchte bereits im Mai den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft über den aktuellen Stand der Verhandlungen zu den Zielvereinbarungen und darüber hinaus zur Hochschulstrukturplanung informiert sehen. Der Änderungsantrag der Regierungsfaktionen schließt sich dieser Aufforderung an, geht aber angesichts der aktuellen und - ich betone - planmäßigen Entwicklung des Verfahrens von einem späteren Unterrichtungszeitpunkt aus.
Die Begründung dafür ist Folgende: Mit der Hochschulstrukturplanung vom August des Jahres 2003 hatte die Landesregierung ein Konzept zur Entwicklung der Hochschulstrukturen vorgelegt. Dieser Entwurf zur Hochschulstrukturplanung ist in der Zwischenzeit unter konstruktiver Mitwirkung der Hochschulen qualifiziert und auf dieser Grundlage weiterentwickelt worden. Die Landesregierung wird sich in Kürze mit diesem Hochschulstrukturplan befassen.
Entsprechend den Bestimmungen des neuen Hochschulgesetzes werden auf dieser Grundlage, Frau Dr. Sitte, nicht neue Zielvereinbarungen, sondern Ergänzungsverhandlungen zu den geltenden Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und Kultusministerium aufgenommen. Praktisch haben wir sie bereits eröffnet; denn wir haben immer gesagt, es wäre ein erhebliches Risiko, wenn wir die Zielvereinbarungen, wie sie seinerzeit geschlossen wurden, durch den Umbauprozess - bestimmte Weichenstellungen müssen jetzt getroffen werden, damit man keine Zeit verliert - infrage stellen würden. Deswegen sind es also Ergänzungsvereinbarungen, die auf wenigen Seiten jeweils die Weichenstellungen für das beinhalten, was ab dem 1. Januar 2006 im Rahmen der dann einsetzenden Verwirklichung der Hochschulstrukturplanung vonnöten ist.
Binnen acht Wochen nach dem In-Kraft-Treten des Hochschulgesetzes, also seiner Verkündung, haben wir die Ergänzungsverhandlungen zu führen. Die Verhandlungsgegenstände sind die Umsetzung der Strukturierungsvorgaben und deren Rahmenbedingungen und selbstverständlich Einzelheiten der zeitlichen Abläufe.
Diese Verhandlungen sind wegen der Interdependenzen einer ganzen Reihe von Strukturvorschlägen, die systemischen Anspruch tragen, hochschulübergreifend zu führen. Aus diesem Grund gibt es nach wie vor regelmäßige Treffen zwischen den Hochschulen und dem Ministerium. Viele dieser Treffen moderiere ich selbst, um diese Interdependenz auch in vernünftige Schlussfolgerungen zu übersetzten.
Der Juli ist insofern auch der richtige Zeitpunkt für eine Berichterstattung gegenüber dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft, als der Gesetzgeber vorgesehen hat, den Ausschuss im Falle des Nichtzustandekommens von Ergänzungsvereinbarungen rechtzeitig über die Gründe zu unterrichten und das weitere Verfahren im Benehmen mit ihm zu regeln. Dass dieser Fall eintritt, ist nicht vollkommen auszuschließen, aber auch nicht sehr wahrscheinlich. Vor allem ist es ein Fall, den ich überhaupt nicht anstrebe. Dasselbe gilt wohl auch für die Hochschulen.
Ich habe mich mit den Rektoren darauf verständigt, dass sie dem Kultusministerium auf der Grundlage des Hochschulstrukturplans bereits jetzt ihre Vorstellungen und Verhandlungspositionen übermitteln, ebenso wie wir derzeit die wichtigsten Regelungsgegenstände fixieren, um uns einen Vorlauf für die Aushandlung der Ergänzungs
vereinbarungen zu schaffen, sodass Mitte Mai diese Verhandlungen begonnen werden können. Das müsste genau zu dem Zeitpunkt gelingen, zu dem das Hochschulgesetz rechtskräftig wird. Dabei sind nicht nur die Umsetzungsschritte zu konkretisieren, sondern es sind auch die Forderungen der Hochschulen zu Rahmenbedingungen und Voraussetzungen der Umsetzung zu analysieren.
Monetär sind den Verhandlungspartnern die bekannten Rahmenbedingungen gesetzt, die den Hochschulen - daran ist gelegentlich zu erinnern - die Budgetabsenkungen erst ab dem Jahr 2006 zumuten und damit eine relativ lange Übergangs- und Anpassungszeit garantieren. Beinahe drei Jahre Zeit, um sich auf diese nötige Konsolidierung durch langfristige Strukturmaßnahmen und sonstige Vorkehrungen einzustellen, das war ein von uns allen gemeinsam bewusst gewählter Weg, um nicht praktisch im Rahmen einer Schocktherapie, sondern im Rahmen eines Umbauprozesses diese nötigen Umstrukturierungen ablaufen lassen zu können.
Im Übrigen haben wir dann zwei weitere entlastende Entscheidungen getroffen, nämlich einmal im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag, der den Hochschulen voll angerechnet werden wird, und zum zweiten, was ich ganz besonders wichtig finde, Frau Dr. Sitte, im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen, der vorsieht, die quasi aufgrund der Zeitläufe des Tarifvertrages vorab erbrachten Leistungen den Hochschulen dann auf zwei weitere Jahre retrospektiv anzurechnen, sodass sich der Umbauprozess in Bezug auf seine finanzpolitischen Konsequenzen sogar bis 2008 erstreckt.
Für die Martin-Luther-Universität hat das rechnerisch zur Folge, dass der Betrag von über 14 Millionen €, der ursprünglich als Kürzungserwartung angesetzt wurde, zu dem Stichtag auf 6,9 Millionen € gesunken ist, also eine Halbierung. Das gilt auch für die übrigen Hochschulen.
Seitdem wird ja auch mit Ausnahmen gesagt, dass man bei einiger Anstrengung - wir müssen ja auch über die normalen Tarifsteigerungen reden, das ist Verhandlungssache; wenn wir hierbei ein Ergebnis erzielen, mit dem beide Seiten leben können, dann ist dieser Betrag in einem geordneten Verfahren, ohne dass es anarchisch ist, ohne dass es sich auf die Qualität niederschlägt, zu erreichen - diesen Prozess erfolgreich zu Ende bringen kann.
Ich bin grundsätzlich der Überzeugung, dass die Verhandlungen in dem vorgegebenen Zeitraum erfolgreich geführt werden können. Dann ist auch der Zeitpunkt gekommen, den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zu informieren.
Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zu dem der Landesregierung vorgelegten Hochschulstrukturkonzept. Ohne der Bewertung durch das Kabinett vorgreifen zu wollen ist festzuhalten, dass sich die Hochschulen einer weitgehenden Struktur- und Angebotsreform unterzogen haben. Unterausgelastete Doppel- und Mehrfach
angebote werden künftig abgebaut und Forschungsbereiche bzw. Studienangebote, die zum Teil ungeachtet hoher Qualität oft vereinzelt dastehen, also ohne die notwendigen Grundlagen- und Nachbardisziplinen, werden in leistungsfähige Schwerpunktprofile integriert und konzentriert - nebenbei bemerkt ein deutschlandweiter Maßstab, denn dieser Anspruch ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern das ist ein Prozess, der im Moment in ganz Deutschland von den Hochschulen erwartet wird.
Die Diskussionen in den Hochschulen und die Abstimmungen zwischen den Hochschulen haben erhebliche Kooperationspotenziale offen gelegt. Auch die vehement in die Öffentlichkeit getragene Diskussion um die Agrarwissenschaft, um ein Beispiel zu nennen, ist in eine rationale und konstruktive Lösung eingemündet, die es ermöglicht, einen Großteil der zugegebenermaßen hohen Reduzierungen ohne Qualitätsverluste zu verwirklichen, und zwar indem ein Kooperationspotenzial zwischen der Universität, der Hochschule Anhalt und dem Iamo erschlossen wurde, das zuvor in ganz ungerechtfertigter Weise weitgehend brachlag.
Genau das will ich ja auslösen: Man soll die Finanzkrise zum Anlass nehmen, wirklich Kooperationsprofile, deren Einsatz man sich bisher nicht geleistet hat, in Ansatz zu bringen, zu beleben und im Sinne von Synergieeffekten einzusetzen.
Überhaupt ist es in einem beachtlichen Maß gelungen, die Strukturdiskussion innerhalb der Hochschulen und zwischen ihnen - jenseits der auf die Einsparung und die Strukturreduzierung fokussierten Themen - anzugehen. Standortprofilierung und Schwerpunktbildung im Hochschulbereich sind zum ersten Mal in Sachsen-Anhalt nicht mehr nur wissenschaftspolitische Schlagwörter, sondern Wirklichkeit und lebendiges Programm.
Es gibt übrigens inzwischen auch Rektoren im Land, die öffentlich erklären, dass ihre Hochschule gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen wird. Das entspricht auch meiner Überzeugung.
Die Hochschulen haben einen Umbau- und Reformprozess eingeleitet, der es ihnen und dem Land künftig wesentlich einfacher macht, Personal-, Sach- und Investitionsmittel so zu platzieren und zu lenken, dass wettbewerbsfähige Angebotscluster entstehen.
Das, was mit hohem Anspruch in die Wege geleitet worden ist, kann man deshalb auch beim besten Willen nicht mit dem Bild von der verbrannten Erde in Verbindung bringen - auch aus anderen, übrigens noch wichtigeren Gründen nicht.
Herr Dr. Püchel, hat sich in einem Brief für die Wortwahl in der Broschüre der SPD-Fraktion zur Halbzeitbilanz der Regierung dafür entschuldigt. Ich nehme das mit Respekt zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren! Unter dem, was eine nachhaltige Strukturreform bedeutet, sind auch die Ergebnisse von Rankings zu sehen, die im Antrag der PDSFraktion eine Rolle spielen. Die Frage besteht aber gar nicht darin, ob wir einzelne Bewertungsergebnisse von Hochschulen und Fachbereichen über- oder unterbewerten, sondern darin, wie es gelingen kann, systematische Lücken für alle Hochschulen und alle Fachbereiche zu schließen.
Im konkreten Fall - ich rede für die Pharmatechnik - ist also die Frage zu beantworten, wo langfristig die nach
haltigeren Entwicklungsperspektiven liegen. Dabei geht es insbesondere um den Grad der fachlichen Vernetzung mit Nachbardisziplinen, also um Möglichkeiten interdisziplinärer Kooperation vor Ort, und zweitens um Perspektiven der themen- und projektgebundenen Kooperation von mehreren Hochschulen und Forschungsinstituten mit der regionalen Wirtschaft, also um regionale Clusterbildung.
Mit einer Schwerpunktbildung in diesem Sinne können überhaupt erst die Voraussetzungen für Rankings im Landesmaßstab geschaffen werden. Vielleicht wird es eines Tages über punktuelle Bewertungen einzelner Fachgebiete hinaus auch Rankings zur Leistungs- und Kooperationsfähigkeit, zur regionalen Angebotsvernetzung und zur Profilierung einer Hochschullandschaft im Ganzen geben, die die Potenziale bündelt und Synergien aufschließt.
Ich bin sicher, dass wir dann mit der Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts unter den vorderen Plätzen liegen würden. - Vielen Dank.
Herr Olbertz, Sie haben über die Anrechnung der entsprechenden Einsparungen in den universitären Hochschuleinrichtungen des Landes für die Jahre 2006 und folgende gesprochen, die jetzt dadurch entstehen, dass tarifvertragliche Bedingungen auch auf die Hochschulen ausgeweitet werden.
Jetzt habe ich zu meiner großen Überraschung zumindest bei den Fachhochschulen und bei der Burg Giebichenstein - bei den Universitäten bin ich noch am Suchen - im Nachtragshaushalt eine weitere rund zweiprozentige Budgetkürzung für diese Einrichtungen noch im laufenden Haushaltsjahr 2004 gefunden.
Können Sie mir erklären, welchen Zusammenhang diese Budgetkürzungen mit den jeweiligen Zielvereinbarungen und überhaupt mit den Vereinbarungen haben, die mit den Hochschulen geschlossen werden, und inwiefern diese 2 % auch noch auf die Jahre ab 2006 angerechnet werden sollen?
Frau Präsidentin! Herr Gallert, ich kann Ihnen das nicht im Detail beantworten. Wenn es 1 % wäre, wäre eine Erklärung dafür leicht zu geben, weil nämlich in den Zielvereinbarungen eine Klausel steht, die, glaube ich, auch irgendwo haushaltsrechtlich fixiert ist und besagt, dass in einem bestimmten Umfang je nach Haushaltslage des Landes ein - wie sagt man dazu? - Konsolidierungsbeitrag vereinbart ist, der meines Wissens bei 1 % lag und der dann für die Hochschulen den Zustand eintreten lässt, dass sie von weiteren Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht betroffen sind. Warum das 2 % sind,
(Frau Dr. Weiher, PDS: Über alle Hochschulen 2 %! - Herr Gallert, PDS: Über alle Hochschulen 2 %, nur bei den Personalkosten! Sie müssen doch den Haushalt verabschiedet haben!)
- Das kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten. Ich nehme an, dass es eine fehlerhafte Darstellung ist. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass ich dem nachgehen werde. 1 % ist denkbar im Rahmen der Zielvereinbarungen; 2 % kann ich Ihnen im Moment nicht erklären.
(Herr Dr. Püchel, SPD: Der Gesetzentwurf wird ja morgen eingebracht! Sie haben also bis morgen Zeit, das zu klären!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Weisheit der Rednerreihenfolge hat es also nun gefügt, dass ich direkt nach dem Minister rede, was einem Vertreter der größeren Regierungsfraktion naturgemäß schwer fällt, weil der Minister einige Dinge, die zum Änderungsantrag zu sagen wären, schon genannt hat. Daher konzentriere ich mich auf vielleicht vier Punkte, die sich um diese Thematik ranken.
Erstens. Frau Sitte, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie den heutigen Tag für die Einbringung dieses Antrages gewählt haben. Es war nämlich genau auf den heutigen Tag 1757, dass Dorothea Erxleben ihre letzte Prüfung an der Universität Halle - damals hieß sie noch nicht Martin-Luther-Universität - abgelegt hat
und damit bahnbrechend für die weitere Entwicklung der Frauen in der akademischen Ausbildung gewesen ist. Ich denke, das sollte an dieser Stelle erwähnt werden.