Zweitens. Der Antrag - auch das hat der Minister schon weitgehend beleuchtet - ist also vom Grundsatz her okay. Ich denke aber, wir haben den Zeitraum noch ein wenig den Gegebenheiten angepasst, wie sie sich auch in der Praxis darstellen werden. Ich denke, wir hätten das ohnehin im Ausschuss behandelt. Wir hatten das ja auch schon so vereinbart. Dass Sie noch einmal diesen Antrag gestellt haben, ist aber unschädlich. Deswegen werden wir unter diesem Änderungsantrag - ich weiß nicht, ob Sie dabei mitgehen können -, denke ich, auch so verfahren.
Ein dritter Punkt ist der Reformbedarf. Wenn ich Sie richtig verstanden habe - ich weiß nicht, da werden wir wahrscheinlich nie auf den richtigen Punkt kommen -, dann ist Ihre Grundthese: Man darf im Hochschulbereich weder finanziell noch strukturell etwas ändern, weil alles so, wie es jetzt ist, gut ist.
Ich gebe zu, dass es etwas vereinfacht von mir dargestellt wird. Das war doch aber Ihr roter Faden. Ich glaube, der ist nicht zielführend.
(Frau Dr. Sitte, PDS: Nein! Wir haben es hier mehrfach erklärt! Bitte verstehen Sie mich nicht falsch!)
- Gut. Dann können Sie das sicherlich nachher noch richtig stellen, wenn ich da etwas falsch verstanden habe. Aber auch der Minister sagte ja schon. Ihr Stolz, die Hochschulreform in diesem Lande bisher verhindert zu haben, verbunden mit Ihrer strikten Ablehnung, über finanzielle Einsparungen im Hochschulbereich überhaupt nachzudenken,
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Frau Dr. Sitte, PDS: Unsinn! Sie wissen, dass das Blödsinn ist!)
Das ist natürlich auf der anderen Seite verwunderlich, weil sich, ich denke, in ganz Deutschland - da können wir jedes Bundesland nehmen, da können wir nach Berlin, nach Mecklenburg-Vorpommern schauen, wir können alle anderen Länder nehmen; Frau Dr. Sitte, vielleicht könnten Sie so freundlich sein und zuhören - Reformprozesse vollziehen, die sich sowohl finanziell und strukturell als auch, was den Rechtsrahmen betrifft, eindeutig dokumentieren lassen.
Ich verweise in dem Zusammenhang nur auf Folgendes. In diesen Tagen wird die Technische Universität Berlin, die damalige Hochschule Charlottenburg, 125 Jahre alt. Sie hat sich in einem schmerzhaften Prozess - das war unlängst auch in der Zeitung zu lesen - von der Lehrerbildung getrennt, die sozusagen immer auch profilbildend für diese Hochschule war. Man kann hieran sehen, wie auch unter anderen politischen Konstellationen ähnliche Prozesse ablaufen. Das beleuchtet Ihre Argumentation vielleicht noch ein wenig besser.
Zugleich, denke ich, sollten wir ein wenig mit der Mär aufräumen - ich werde morgen versuchen, das in der Beratung über den Nachtragshaushalt klarzumachen -, dass wir jetzt sozusagen dem Glauben mehr und mehr verfallen, wir müssen die Förderung einseitig auf die Hochschulen umlenken und die problematische Situation würde sich schlagartig ändern, wenn sich über die Hochschulen ein Finanzstrom ergießen würde.
Ich kann nur davor warnen, dass wir hier wieder diesen radikalen Schwenk von dem einen Extrem in das andere machen. Unlängst fand im Institut für Wirtschaftsforschung in Halle eine Tagung zu dem Thema statt. Da wurde eindeutig herausgearbeitet, dass es die Kombination aus Investitionen in Wissenschaft, Wirtschaftsförderung und Infrastruktur ist, die Erfolg bringend ist,
und nicht eine einseitige Propagierung in der Weise, dass man das Geld jetzt nur noch in die Hochschulen lenken müsste und dann würden sich alle Probleme gleichsam wie von selbst lösen.
Ich denke, wir sollten ein wenig ehrlicher mit uns umgehen und diese Punkte auch so dokumentieren. - Ich sehe, dass die rote Lampe leuchtet. Deswegen möchte ich meine Ausführungen zu der Thematik an diesem Punkt beenden. Ich möchte nur noch einen Punkt hinzufügen - auch das hat der Minister schon gesagt -: Wir hatten ja unlängst bei der Halbzeitbilanz eine schwierige Debatte. Ich freue mich, dass wir das ausräumen konnten; denn ich denke, gerade die Sozialdemokraten haben eine doch sehr stolze Tradition, auf die man zurückgehen kann.
Ich laufe jeden Tag auf dem Weg vom Bahnhof zum Landtag an dem Schild vorbei, auf dem steht, dass das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold hier in Magdeburg gegründet worden ist. Ich denke, das ist auch eine der Kernzeiten der Sozialdemokratie gewesen. Da kann ich uns alle nur dazu ermahnen, mit den historischen Vergleichen in Zukunft etwas sorgfältiger umzugehen. Das hilft uns allen. - In diesem Sinne vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordnete! Eigentlich müsste das, was Sie, Frau Sitte, in Ihrem Antrag verlangen, eine Selbstverständlichkeit sein. Es gibt ja sogar einen Beschluss des Landtages vom 6. Februar 2003, nach dem die Ausschüsse für Bildung und Wissenschaft sowie für Finanzen rechtzeitig vor dem Abschluss von Zielvereinbarungen zu beteiligen sind und deren Zustimmung einzuholen ist.
Für mich fallen die Ergänzungsverhandlungen zu den bestehenden Zielvereinbarungen entsprechend der Neufassung des Hochschulgesetzes unter diesen Beschluss. Mit Ihrem Änderungsantrag gehen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und von der FDP, hinter den bestehenden Landtagsbeschluss zurück. Das halte ich für bedenklich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Verkündung des Hochschulgesetzes wird die Achtwochenfrist bis zum Abschluss von Ergänzungsvereinbarungen zu den gültigen Zielvereinbarungen beginnen.
Während eines Gespräches des Rektorates der MartinLuther-Universität mit den Landtagsabgeordneten aus Halle am 15. April 2004, an dem auch der Fraktionsvorsitzende der CDU teilgenommen hat, stellte der Rektor Professor Dr. Grecksch den damaligen Stand der Strukturdiskussion zwischen der Universität und dem Ministerium dar.
Er forderte zu hochschulübergreifenden Strukturfragen nachdrücklich die Moderation des Kultusministeriums ein. Er sagte, nach dem erfolgreichem Abschluss der Expertengruppenarbeit zum Landwirtschaftsbereich stünden vergleichbare Beratungen zu anderen strittigen Bereichen noch aus. Genannt wurden die Ingenieurwissenschaften, die Wirtschaftswissenschaften, die Lehrerausbildung und die Musikausbildung. Die entsprechenden Beiräte für diese Gebiete waren zu diesem Zeitpunkt zum Teil noch gar nicht berufen, hatten noch gar nicht getagt oder hatten sich ergebnislos vertagt.
Deswegen wird die Berichterstattung des Ministers gerade zu diesen Komplexen, die ja Struktur- und damit auch Personalabgleiche zwischen mehreren Hochschulen erfordern, von besonderem Interesse sein.
Ähnliches gilt selbstverständlich auch hinsichtlich der Frage, ob und, wenn ja, wie die Ergebnisse des CHEHochschulrankings in den Strukturentscheidungen berücksichtigt werden. Nach unserer Einschätzung macht die Auswertung dieser aktuellen deutschlandweiten Vergleichsanalyse von Hochschulausbildungsgängen eine Korrektur der bisherigen Hochschulstrukturpläne des Kultusministers erforderlich.
Zu den Spitzenangeboten der Hochschulen in SachsenAnhalt gehört unter anderem das Studium der Erziehungswissenschaften an den Universitäten Halle und Magdeburg. Gerade hierbei sollen durch Verlagerung der Lehrerausbildung von Magdeburg nach Halle und durch drastische Kürzungen an der philosophischen Fakultät der Universität in Halle massive Eingriffe vorgenommen werden.
Spitzenleistungen werden auch der Hochschule Magdeburg/Stendal in den Studiengängen Architektur/Bauwesen und Chemie/Pharmatechnik bescheinigt.
Nach den Plänen des Ministers aber soll der Bereich Architektur abgekoppelt und nach Dessau verlagert und der Studiengang Chemie/Pharmatechnik in Magdeburg geschlossen werden. Das widerspricht auch der von Ihnen, Herr Minister, immer wieder vertretenen These, die Stärken stärken zu wollen. Das unterstütze ich wiederum nachdrücklich.
Des Weiteren würde ein funktionierender regionaler Cluster aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zerstört. Das ist schädlich für den Standort SachsenAnhalt. Ebenso negativ werden sich die zunehmenden Zulassungsbeschränkungen der Hochschulen - jüngst ist so etwas erst durch die Otto-von-Guericke-Universität für 41 Studiengänge bekannt gegeben worden - auf die Entwicklung Sachsen-Anhalts auswirken; denn der Hochschulbereich war bisher als einziger Sektor in SachsenAnhalt in der Lage, junge Menschen nach SachsenAnhalt zu holen mit all den positiven gesamtwirtschaftlichen Effekten, die in übergreifenden Studien des Institutes für Wirtschaftsforschung Halle, der Universität Magdeburg und der Hochschule Harz unter anderem auf der Tagung in Halle dargestellt wurden.
Diese Zusammenhänge, Herr Minister Olbertz, waren und sind Gegenstand unserer Kritik an Ihrer Hochschulpolitik. Das hat unser Fraktionsvorsitzender in seinem Brief auch unterstrichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 22. April 2004 ist zu lesen, dass die Förderung der Wissenschaft zu den wenigen Erfolgsgeschichten in Ostdeutschland gehört und Universitäten, Fachhochschulen und Forschungsbereiche gut vorangekommen seien.
Die „FAZ“ vom 28. April 2004 wird noch deutlicher. Ostdeutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden darin als Zentren des Aufbruchs bezeichnet. Abschließend gestatte ich mir daraus ein wörtliches Zitat:
„Die neu aufgeflammte Debatte um die besten Wege, den Osten aus seiner wirtschaftlichen Misere zu befreien, birgt für die Universitäten und Forschungseinrichtungen eine große Chance. Sie können sich als Keimzelle des Aufschwungs und als Therapeutikum gegen den Bevölkerungsschwund profilieren.
Zugleich aber ist der demografische Wandel eine große Gefahr für das junge Pflänzchen Ostforschung. Angesichts eines dramatischen Geburtenrückgangs sind die Landesregierungen in der Versuchung, weiter bei Hochschulen und Forschungsausgaben zu sparen mit der Begründung, dass von 2007 an die jungen Menschen fehlen werden. Der Cottbuser Forscher Hüttl fordert antizyklisches Denken. Wer jetzt an der Wissenschaft spart, der gräbt sich sein Grab, sagt er.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag beschäftigt sich mit einem aktuellen Entscheidungsprozess, den nicht nur Studenten, Hochschulangehörige und Hochschulpolitiker mit besonderem Interesse verfolgen.
Mit der Verabschiedung des Hochschulgesetzes in der letzten Sitzung dieses Hauses wurden die Hochschulen und die Landesregierung beauftragt, in einer festgelegten Frist über Ergänzungsvereinbarungen zu den jetzt laufenden Zielvereinbarungen zu verhandeln - Vereinbarungen, die unsere Hochschullandschaft strukturell den Erfordernissen der zukünftigen Entwicklung in unserem Land anpassen. Damit wird eine umfassende und kontroverse Diskussion zu einem vorläufigen Abschluss kommen - eine Diskussion, der wir uns in dieser Legislaturperiode nicht nur aus politischer Verantwortung heraus, sondern auch aus der Verantwortung für die zukünftige Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen gestellt haben.
Die Formulierung eines Entwicklungskorridors und die Suche des Ausgleichs zwischen den Interessen der Hochschulen und denen des Landes ist eigentlich eine ständige Aufgabe. Aber gerade hierin lag die Schwäche der Hochschulpolitik in den Jahren 1994 bis 2002: Es wurde kein Instrumentarium für eine langfristige Ausgestaltung leistungsfähiger Hochschulen geschaffen. Es konnte keine wirklich tragfähige Lösung gefunden werden.
Die vor einem Jahr in Gang gesetzte und jetzt vor dem Abschluss stehende Diskussion zeigt aber deren Notwendigkeit. Sie zeigt nebenbei auch, dass die Interessen von Land und Hochschulen im Grunde genommen sehr nah beieinander liegen.
Meine Damen und Herren! Es gehört zu unseren ureigensten Aufgaben als Parlamentarier, die Regierungsarbeit zu begleiten, zu kontrollieren und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen. Vor diesem Hintergrund sollte die Landesregierung im zuständigen Fachausschuss über den Verlauf der Verhandlungen über die Zielvereinbarungen berichten. Damit wird das Bild der Information nur vollständiger; denn wir als Hochschulpolitiker informieren uns ständig über die Pläne, Einschätzungen und Sichtweisen der Universitäten und Fachhochschulen. So findet der Teil des Antrags, der von der Landesregierung einen Bericht verlangt, unsere Zustimmung, auch wenn er eigentlich nur den Ablauf der Arbeit im Bildungsausschuss manifestiert.
Problematischer wird es jedoch wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen Antragsteller, auf eine Veränderung der Verhandlungsgrundlage abzielen. Wir sind alle erfahren genug, um zu wissen, dass solche umfassenden und sensiblen Verhandlungen wie die über Zielvereinbarungen auf einer breiten Grundlage stattfinden. Dabei sind einzelne Schwerpunkte sicherlich von besonderem Interesse, müssen aber im Gesamtkontext betrachtet werden. Ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse sowohl der Beratungen im Bildungs- und im Wirtschaftsausschuss als auch die der damit im Zusammenhang stehenden Anhörungen im Wirtschaftsministerium entsprechende Berücksichtigung finden.
Ebenso sehe ich den Einfluss des aktuellen CHE-Rankings, das originär ein Studienführer ist und jungen Menschen die Entscheidung hinsichtlich ihres Studienwunsches erleichtern soll. So sehr es mir zusagt, wenn Studiengänge in Sachsen-Anhalt empfohlen werden, so kritisch muss man sich mit negativen Voten auseinander setzen. Aber dieses Ranking steht nicht allein, sondern ist im Gesamtkomplex einer Reihe von derartigen Studien zu sehen.