Aber ich möchte den Blick noch einmal auf die Frage richten, wie es aus unserer Sicht zu diesem Antrag kam. Wir, die SPD-Fraktion, haben während der Beratungen zum Haushaltsplan 2004 - das ist nichts Neues - im Herbst des vergangenen Jahres im Finanzausschuss eine ausführliche Diskussion zur Gründung des Landesbetriebes Limsa geführt. - Vielleicht könnte auch die FDP-Fraktion zuhören.
Der Ausschuss stand bei dieser Diskussion unter einem enormen Zeitdruck, da die Gründung des Limsa - daran gab es ein großes Interesse - bereits am 1. Januar 2004 erfolgen sollte und zu diesem Zeitpunkt eine ganze Reihe von Fragen ungeklärt war, zum Beispiel Fragen der Struktur, des Wirtschaftsplanes und der Geschäftsleitung bzw. der Geschäftsführung des Limsa. Wir haben uns trotzdem ausreichend Zeit genommen und das Thema mehrmals auf die Tagesordnung gesetzt. Ich spreche das Thema deshalb an, weil es in dem Gesamtthema der Beraterverträge ein bisschen unterzugehen droht.
Die Zweifel meiner Fraktion daran, dass die Gründung des Landesbetriebes innerhalb so kurzer Zeit ganz ohne externe Beraterleistungen möglich sein sollte, konnten vom Finanzministerium nie ganz aus der Welt geschaffen werden. Die uns gegenüber vom Ministerium der Finanzen gemachten Aussagen, dass der Aufbau des Limsa mit den im Landesdienst verfügbaren Kräften erfolgen könne, mussten wir akzeptieren. Eine offene und ehrliche Stellungnahme der Hausspitze des Finanzministeriums zu diesem Zeitpunkt und zu diesem Sachverhalt hätte aus meiner Sicht die nachfolgende politische Zuspitzung unnötig gemacht.
Im Verlauf des Jahres hat sich aber entgegen den Beteuerungen des Ministeriums der Finanzen herausgestellt, dass es doch Gründe dafür gegeben haben
muss, externe Berater hinzuzuziehen. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht bewerten, inwieweit das sachlich erforderlich war. Dies werden wir im Ausschuss zu ergründen und bewerten haben. Dazu gibt es haushaltsrechtliche, vergaberechtliche und politische Fragen zu klären.
Herr Sänger, auch an dieser Stelle irren Sie sich. Auch hierbei wäre es gut, wenn Sie mit Ihrer Fraktionsspitze noch einmal darüber reden, speziell mit Herrn Gürth. Die Frage, ob es zulässig ist zu bewerten, ob Disziplinarmaßnahmen gegen Mitarbeiter in den Behörden notwendig sind, ist ein Thema, das Sie ohnehin nicht einfangen können.
Sie werden niemandem verbieten können, seine Auffassung zu äußern. Aber es würde gut tun - sicherlich auch Ihnen -, wenn Sie einmal in die Protokolle früherer Untersuchungsausschüsse hineinschauen. Dies war ein Punkt, der immer wieder Anlass zur Kritik gab, weil es sich keine Fraktion hat nehmen lassen - je nachdem, welche Rolle sie im Ausschuss spielte -, dann auch Forderungen aufzustellen. Meistens ist die jeweilige Landesregierung dem nicht gefolgt. Das muss man dazu auch sagen.
Ich meine auch, man muss unterscheiden, ob ich fordere, dass ein Minister oder ein Staatssekretär zurücktritt, oder ob ich darauf hoffe bzw. darauf poche, dass innerhalb der Verwaltung bestimmte Disziplinarmaßnahmen greifen. Hierbei gibt es sicherlich Punkte, an denen Parlamentarier nicht weiterkommen. Aber davon auszugehen, dass wir diese Diskussion nicht führen werden, ist nicht realistisch, Herr Sänger. Das wird nicht passieren. Das glaube ich nicht.
Warum das alles am Finanzausschuss und vorgeblich auch an der Hausspitze des Ministeriums vorbei in enger zeitlicher Nähe zu den Beratungen im Finanzausschuss zum Haushalt 2004, wo man all diese haushaltsrechtlichen, vergaberechtlichen und politischen Fragen hätte klären können, erfolgt ist, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.
Auch aus den auf einen Antrag von uns hin dem Finanzausschuss vorgelegten Akten zu diesen Vorgängen lassen sich auf diese Fragen kein schlüssigen Antworten finden. Deshalb gibt es für uns nach wie vor folgende Fragen:
Zweitens. Welche Rolle hat die Gründung des Limsa in der interministeriellen Lenkungsgruppe Verwaltungsreform gespielt?
Drittens. Welche Aktivitäten gab es im Finanzministerium in Vorbereitung der Kabinettsentscheidung zur Gründung des Limsa und waren bereits in diesem Prozess Externe engagiert?
Fünftens. Wer war zu welchem Zeitpunkt über die Anbahnung, den Vertragsabschluss, die Durchführung und die Resultate von externen Beratungsleistungen informiert?
Sechstens. Wurde in diesem Zusammenhang gegen haushalts- und vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen und, wenn ja, gegen welche Bestimmungen, von wem und auf welche Weise?
Der Vollständigkeit halber möchte ich nur sagen, dass diese Fragen den anderen Fraktionen bei den Kompromissgesprächen vorgelegen haben.
Ich will an dieser Stelle für das Protokoll deutlich machen: Ich bin mir mit den Vertretern der anderen Fraktionen darüber einig, dass diese Fragestellungen vom Untersuchungsauftrag umfasst sind. Misstrauen ist vielleicht angebracht. Ich habe mich vorhin vielleicht, wie gesagt, verhört.
Dabei ist allen Beteiligten klar: Die Beantwortung dieser Fragen im Untersuchungsausschuss berührt am Ende sowohl im Zusammenhang mit dem Limsa als auch bei allen anderen Untersuchungsgegenständen Verantwortlichkeiten von handelnden Personen.
Infolge der bundesweiten Diskussion über Beraterverträge, die im Land am Beispiel der Vorgänge um die Gründung des Limsa ihre erste Zuspitzung erfuhr, hat sich zu Recht auch die Öffentlichkeit des Themas angenommen. Die Antworten auf die nachfolgenden Kleinen Anfragen zu Beraterverträgen von meinem Fraktionsvorsitzenden und auch von Frau Hüskens haben breiten Niederschlag in der öffentlichen Diskussion gefunden.
All die dann folgenden Berichte in der Presse zu einzelnen Beraterverträgen möchte ich jetzt nicht kommentieren. Ich will mich auch nicht an Spekulationen darüber beteiligen, ob diese Sachverhalte im Einzelfall der einen oder anderen Person oder auch der einen oder anderen Partei schaden oder nützen. Die Diskussionen zeigen aber eines: Es besteht dringender Aufklärungsbedarf.
Meine Fraktion wird deshalb diesem Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zustimmen.
Vielen Dank, Herr Bullerjahn. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die FDP-Fraktion Frau Dr. Hüskens. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn gleich sagen: Dienstleistungen Dritter und Beraterverträge waren und sind vom Grunde her für die Verwaltung erforderlich. Aufgaben, die nur zeitlich befristet anfallen und von der Landesverwaltung weder quantitativ noch qualitativ selbst bewältigt werden können, müssen an Externe vergeben werden. Ich akzeptiere auch die Notwendigkeit, dass eine Hausleitung sich in dem einen oder anderen Fall extern politisch beraten lässt.
Aber die Vergabe von Beraterverträgen erfolgt in öffentlichen Haushalten nach strengen Kriterien, und das nicht erst seit dem Fall von Florian Gerster über Beraterverträge der Bundesanstalt für Arbeit. Dabei ist es das Ziel dieser Vorschriften, einerseits den Wettbewerb aufseiten der Anbieter zu gewährleisten und andererseits für die Verwaltung die wirtschaftlichste Variante zu finden. Die Regeln, die zu diesen Ergebnissen führen sollen, sind durchaus kompliziert und auch zeitaufwendig; aber die Kollegen, die diese Regeln anwenden, sind dafür ausgebildet und im Umgang damit erfahren.
Trotzdem hat es in den vergangenen Jahren Verstöße gegen die Vergaberegeln gegeben. Das heißt, Aufträge
wurden - selbst bei größerem Auftragvolumen - vergeben, ohne die erforderlichen Ausschreibungen durchzuführen. Das ist nicht die Regel. Im Gegenteil: Die Mehrzahl der Aufträge, die Sie in der Antwort auf die Kleinen Anfragen von Dr. Püchel und mir finden, sind ordentlich ausgeschrieben und abgewickelt worden. Aber es gibt vor allem bei einigen Aufträgen mit Folgeaufträgen und bei IT-Aufträgen Auffälligkeiten.
Deshalb haben wir zwei dieser Auftragsblöcke zum Gegenstand des parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemacht. Mit diesen beiden Blöcken wollen wir sehr unterschiedliche Sachverhalte prüfen. Im Fall Schnell & Partner geht es uns darum festzustellen, wie es dazu kommen konnte, dass sich ein Referatsleiter sogar nach der Weisung seines Ministers über die Vergabevorschrift hinweggesetzt hat und einer Firma Aufträge in Höhe von mehreren Millionen Euro erteilen konnte. Hierbei haben offenbar Kontrollmechanismen nicht funktioniert. Wir wollen aufklären, wie das möglich war.
Im zweiten Fall - Hamissa - geht es um den Bereich der Vergabe von IT-Aufträgen. Auch hierbei wurde bei der Auftragsvergabe auf eine Ausschreibung verzichtet.
Allerdings gehe ich davon aus, dass in diesen Fällen die Hausspitze des Finanzministeriums darüber informiert war; denn Hamissa ist nicht irgendein Projekt der Arbeitsebene, sondern es ist d a s Haushaltsaufstellungs- und Mittelbewirtschaftungssystem der Landesverwaltung. Darüber ist nicht nur in den Amtsstuben oder in der Cafeteria diskutiert worden, sondern dies geschah zwischen den Hausleitungen ausführlich und relativ häufig. Da es auch bei der technischen Umsetzung das eine oder andere Problem gab, halte ich es für ausgesprochen unwahrscheinlich, dass das alles ohne Kenntnis der Hausleitungen über die Bühne gegangen sein soll.
Auch in diesen Fällen interessiert uns, wie es zu einem derartigen Verfahren gekommen ist und warum auf Ausschreibungen verzichtet wurde. Insbesondere bei Hamissa will die FDP der Frage nachgehen, ob dem Land aufgrund des gewählten Verfahrens Schaden entstanden ist oder nicht.
Natürlich interessiert uns auch, ob es im Finanzministerium überhaupt noch ein Problembewusstsein gegeben hat, wenn man auf Ausschreibungen verzichtet hat. Man hat bei der Durchsicht des Vorgangs manchmal den Eindruck, dass das zumindest bei dem einen oder anderen Kollegen inzwischen abhanden gekommen ist.
Exemplarisch für Probleme rund um die Vergabe von komplexen Aufgaben, wie es die Einführung einer Spezialsoftware wie Hamissa für die gesamte Landesverwaltung ist, ist dieser Vorgang: Nach dem Beginn mit einem kleinen Auftrag wächst das Volumen, neue Anforderungen kommen hinzu und führen schließlich dazu, dass erheblich mehr Aufwendungen als ursprünglich geplant entstehen. Manchmal hat man bei der Durchsicht der Akten den Eindruck, dass nicht mehr die Verwaltung das Verfahren leiten würde, sondern dass der Auftragnehmer mehr oder weniger vorschlägt, was zu tun ist. So darf es zukünftig nicht mehr sein.
Meine Damen und Herren! Bei allem Interesse an der Aufhellung der Vergangenheit - es muss auch Aufgabe des Parlaments sein, nach Vorlage der Informationen Regelungen zu finden, die uns zukünftig vor derartigen Vorfällen bewahren. In diesem Punkt stimme ich Herrn
Gallert völlig zu. Ich begrüße es sehr, dass die Landesregierung hierfür bereits erste Maßnahmen getroffen hat und dass der Landesrechnungshof Hinweise zur Änderung vergaberechtlicher Regelungen geben möchte.
Aber auch der Landtag als Haushaltsgesetzgeber muss sich mit dieser Frage befassen. Wir müssen uns fragen, welche Regelungen wir treffen müssen, um zukünftig solche Vorfälle zu vermeiden.
Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass ich mir eine jährliche Vorlage der entsprechenden Unterlagen im Landtag vorstellen kann, aus denen nicht der Name der Firma, gleichwohl aber die Vertragsgegenstände, die Vertragssummen und die angewendete Vergaberichtlinie ersichtlich sind. Das halte ich für einen zeitlich wenig aufwendigen Vorgang. Weiterer Regelungsbedarf wird sich dann vielleicht aus unseren Ermittlungen im Untersuchungsausschuss ergeben.
Abschließend möchte ich mich bei meinen Kollegen von allen Fraktionen dafür bedanken, dass wir uns auf einen schlanken Ausschuss haben verständigen können. Das ist durchaus nicht allen leicht gefallen. Aber wenn wir zu Ergebnissen kommen wollen, dann müssen wir uns auf wesentliche Komplexe begrenzen; denn sonst haben wir über Jahre hinweg einen Ausschuss, der irgendwann einmal darüber geredet hat, aber nicht zu wirklichen Konsequenzen geführt hat.
Ich halte den vorliegenden Einsetzungsbeschluss für einen vernünftigen Weg, rechtswidrige Vorgänge in der Landesverwaltung zu klären und die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen, ohne alle Mitarbeiter der Landesverwaltung unter Generalverdacht zu stellen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen zunächst über den Antrag zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Drs. 4/1568 ab. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden.
Nun stimmen wir über den Antrag zur Besetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Drs. 4/1569 neu ab. Wer stimmt zu? - Das ist offensichtlich das gleiche Abstimmungsergebnis. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Gibt es auch nicht. Somit ist auch dieser Antrag einstimmig angenommen worden.
Mit diesen beiden Beschlüssen ist der Untersuchungsausschuss eingesetzt und hat damit sein Mandat erhalten. Gemäß § 5 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes haben mit der Bestätigung durch den Landtag die Mitglieder des Untersuchungsausschusses ihre Rechtsstellung erworben. Ich darf ergänzend hinzufügen, dass es sich hierbei um den neunten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der Geschichte des Landtages von Sachsen-Anhalt handelt. Der Tagesordnungspunkt 20 ist damit erledigt.
Es liegen zwölf Kleine Anfragen vor. Ich darf daran erinnern, dass die Fragestunde 60 Minuten dauert. Wenn der Landtag diese Zeit nicht verlängert, werden die Fragen, die bis dahin nicht beantwortet worden sind, zu Protokoll gegeben.
Wir kommen zur Frage 1. Der erste Fragesteller ist der Abgeordnete Wolfgang Rauls von der FDP-Fraktion. Es geht um ein Sonderprogramm zur Einstellung schwerbehinderter Menschen. Bitte schön.
Mit der Pressemitteilung vom 28. März 2003 hat das Ministerium für Gesundheit und Soziales die Aufstockung des Sonderprogramms zur Förderung der Einstellung schwerbehinderter Bürger unseres Landes in den ersten Arbeitsmarkt um 5 Millionen € und die Verlängerung des Programms bis zum 31. Oktober 2006 verkündet.