- Der Minister hatte sich als letzter Redner angemeldet. Aber wenn Sie vor Herrn Dr. Eckert sprechen wollen, bitte sehr, Herr Minister. - Herr Minister Dr. Daehre spricht in Vertretung des Ministers für Soziales Herrn Gerry Kley.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte es doch nutzen, dass ich als Vertreter des Sozialministers einmal am Rednerpult stehen darf, weil es mich doch etwas erstaunt hat, dass die Fraktionen, auch die Regierungsfraktionen, ihre verkehrs- oder wohnungspolitischen Sprecher haben sprechen lassen für den Bereich. Das Gleiche gilt auch natürlich auch für die SPD-Fraktion. Das muss ich schon sagen.
Deshalb zunächst einmal Folgendes: Ich bin der Meinung, dass das Reduzieren des Themas auf die Bauordnung, was durch die Redner nicht erfolgt ist, zu kurz greift. Was wir brauchen, ist zunächst einmal ein gesellschaftlicher Konsens darüber, dass wir die in Rede stehenden Probleme lösen wollen.
- Moment, ich komme gleich darauf. Herr Eckert, Sie haben gesagt, das koste alles nicht mehr Geld. Darin stimme ich mit Ihnen nicht überein. Wir können einen Maßnahmenkatalog erarbeiten. Dieser wird abgearbeitet werden und das wird zusätzliches Geld kosten. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass alles das, was wir machen, Euros kostet. Das sollten wir den Leuten auch sagen. Dann muss die Gesellschaft entscheiden, ob dieser Schwerpunkt gesetzt werden soll. Die erforder
Als nächstes ist die Frage zu stellen, welcher Kreistag bzw. welches Stadtparlament sich in der Vergangenheit mit diesem Thema beschäftigt hat.
- Das ist eine Ausnahme. Wir können sicherlich noch ein paar mehr aufzählen. Aber wir haben 1 356 Kommunen. Das ist in dem Bereich zu wenig.
Ich könnte versuchen, einen Konsens herzustellen. Herr Kollege Püchel, ich könnte natürlich auch auf die acht Jahre Ihrer Regierungszeit hinweisen. Das tue ich nicht. Da hätte ein solcher Maßnahmenkatalog schon gemacht werden können. Das hätte alles schon auf den Weg gebracht werden können.
Ich sage nur eines, Herr Eckert - das ist die Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit auf diesem Sektor -: Sie haben im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit von Skandal gesprochen. Ich kann Ihnen erzählen, wie es 1989 war und wie Behinderte in der DDR transportiert und untergebracht worden sind. Ich will es nicht immer wieder sagen. Aber lassen Sie bitte das Wort „Skandal“ in dem Zusammenhang weg, wenn wir uns alle bemühen, für die Behinderten in diesem Lande etwas zu bewegen.
Ich will Ihnen ein Weiteres sagen: Ich bin viel bei den Behindertenverbänden. Die Behindertenverbände gebrauchen dieses Vokabular nicht. Sie sind natürlich kritisch. Aber sie sind dankbar dafür, dass sich etwas bewegt. Wenn wir anfangen, das als skandalös zu bezeichnen, dann fallen mir unheimlich viele Beispiele ein, die ich anführen könnte, um deutlich zu machen, was wirklich ein Skandal ist.
Wir haben natürlich die Situation vorgefunden, dass wir Maßnahmen im Bereich des ÖPNV und vieles andere noch auf den Weg bringen müssen. Dabei geht es nicht nur um Behinderungen, sondern um Mobilitätseinschränkungen. Wir dürfen nicht nur von den Behinderten reden, sondern wir müssen von den Mobilitätseingeschränkten reden. Die Menschen werden immer älter und darauf müssen wir uns einstellen.
Wir müssen aber auch an die Wohnungsunternehmen appellieren. Ich sehe es bei 100 000 leer stehenden Wohnungen überhaupt nicht ein, dass der Staat die Wohnungsunternehmen auffordern sollte, etwas für die Barrierefreiheit zu tun. Die Unternehmen müssen von sich aus einmal handeln: Hier ist eine Klientel. Da muss ich dafür sorgen, dass die Wohnungen entsprechend ausgebaut werden.
Das kann nicht alles immer noch zentralistisch geregelt werden. Alles nur über Fördermittel zu machen, ist nicht der richtige Weg. Wir haben in Sachsen-Anhalt keinen Wohnungsnotstand mehr, sondern - im Gegenteil - einen Wohnungsüberhang. Diejenigen, die Mieter suchen, sollen einmal selbst etwas bewegen.
Ich habe die Studie von Herrn Hoffmann gelesen. Ich habe mir wirklich die Mühe gemacht und mir das angeschaut. Ich erkenne an, dass er sich damit sehr viel Mühe gemacht hat. Aber man muss, was die Studie an
geht, differenzieren. Darin kritisiert Herr Hoffmann zum Beispiel den Landesrechnungshof in Dessau wegen des nicht barrierefreien Zugangs zum Landesrechnungshof. Nun haben mich meine Experten gefragt, wie hoch die Zahl der Besucher mit Behinderungen beim Landesrechnungshof ist.
- Nein. Wir sind dicht beieinander. Wir müssen erst einmal sehen - da stimme ich mit Ihnen wieder überein -, dass wir Schwerpunkte setzen und schauen, wo Publikumsverkehr ist und noch keine Barrierefreiheit besteht. Wir dürfen nicht bei den Extremfällen anfangen, etwas zu tun. Das ist ein langer Prozess, den wir gemeinsam durchstehen müssen.
Eines aber möchte ich hervorheben: Wenn wir das Problem Geld ausklammern, dann wecken wir Hoffnungen, die wir alle nicht erfüllen können. Es sollte also nicht immer nur auf die Bauordnung geschaut werden. Es bringt nichts, wenn diese mehrmals novelliert wird und wir letztlich das machen, was wir schon haben.
Darüber hinaus muss ein gesamtgesellschaftlicher Konsens darüber hergestellt werden, dass es Schritt für Schritt vorangehen muss und dass es keine Stagnation geben darf. Da, denke ich, sind wir nah beieinander.
Ich habe die Hoffnung, dass viele Kommunen bis 2005 erkannt haben, dass sie sich hieran beteiligen müssen. Die Zeitschiene ist bis 2005 verlängert worden. Ich habe die Hoffnung, dass die Kommunen erkennen, dass es auch um einen Wettbewerb für die Bürger in SachsenAnhalt geht und dass sie deshalb bestimmte Angebote vorhalten.
Wie gesagt, es geht alles nur Schritt für Schritt. Ich denke, das, was von 1990 bis 2004 durch alle Landesregierungen und die Bundesregierungen auf diesem Gebiet erreicht worden ist, kann sich sehen lassen. Wenn man die Situation bei uns - das darf ich jetzt, noch etwas übermüdet und aus einem anderen Kulturkreis kommend, sagen - mit der Situation dort vergleicht, woher ich komme, dann sind unsere Probleme ganz, ganz klein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Dr. Eckert, Sie können jetzt den Schlussakzent setzen. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was heißt „Schlussakzent setzen“? Das Problem ist, dass man anscheinend nicht verstehen will, was hier angedacht ist. Öffentliches Programm bedeutet nicht immer Förderprogramm. Ein Förderprogramm habe ich auch nicht beantragt, sondern ein Programm zur Offensive, damit endlich einmal etwas passiert.
Ich muss auch deutlich sagen: Gerade die unteren Baubehörden - oder wie sie heißen; ich meine die Ämter dort - sind eben nicht in der Lage, entsprechende Bewertungen und Beurteilungen durchzuführen. Sie lassen daher bestimmte Dinge zu. Jetzt ist für mich die Frage, wie man das in die Köpfe hineinbekommt. Sie sagen, jede einzelne Kommune stellt das dar und wir probieren das einmal. Das heißt, wir brauchen einen Dialog. Richtig.
Es wird gesagt, dass man Maßnahmen zur Barrierefreiheit will, wenn sie möglich und notwendig sind. Ich sage Ihnen, dass das in jedem Neubau notwendig ist; denn irgendwann wird es so viele Leute geben, die da nicht mehr hineinkommen, dass wir ein Problem haben werden. Deshalb kann ich überhaupt nicht verstehen, dass man das in Zweifel zieht. Normalerweise müssten laut Bauordnung alle neu gebauten Gebäude entsprechend ausgestattet sein.
Damit komme ich zum nächsten Punkt. Es ist ja gesagt worden, wir sollten keine Verengung zulassen. Die Realität ist aber die Verengung. Wir haben tatsächlich keine Barrierefreiheit, sondern wir haben nur die Rollstuhlfreiheit geschaffen, und das auch noch nicht einmal überall, wo es möglich gewesen wäre.
Sie haben ja Recht, dass sehr viel neu gebaut worden ist. Aber ich frage Sie, ob tatsächlich alle Möglichkeiten, Barrierefreiheit zu schaffen, genutzt werden. Ich sage Ihnen: Nein. Da wurde also Geld verschenkt. Es wurden auch Möglichkeiten verschenkt, entsprechend zu handeln.
Das Problem ist doch, dass bislang jedes einzelne Ressort mehr oder weniger etwas macht. Manche machen das richtig geheim. Das Kultusministerium zum Beispiel hat bestimmte Maßnahmen ergriffen, von denen niemand etwas weiß. Das Problem ist, dass es keine Koordinierung zwischen den einzelnen Ressorts gibt. Diese Koordinierung, die auch zu Synergieeffekten führen würde, ist notwendig. Insofern weise ich noch einmal darauf hin, dass leider Gottes auch die Barriere in den Köpfen der Verantwortungsträger noch sehr hoch ist.
Herr Minister, Sie zwingen mich zu weiteren Untersuchungen, durch die der Nachweis erbracht wird, dass das, was gebaut worden ist, tatsächlich nicht entsprechend der Bauordnung gebaut worden ist. Wenn Zuwendungen des Landes geflossen sind, wenn eine müde Mark an Landesmitteln dorthin gegangen ist, dann - das muss ich Ihnen sagen - werde ich klagen müssen; denn dann haben Sie nicht nachgeprüft, ob die Mittel ordentlich verwendet worden sind. So bewerte ich das, wenn da Landesmittel drin sind.
Insofern freue ich mich schon darauf, dass wir das in einem halben oder dreiviertel Jahr mit ganz konkreten Beispielen auf die Tagesordnung bringen können. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in den Abstimmungsprozess ein. Einen Überweisungsantrag habe ich nicht vernommen. Wir stimmen also direkt ab. Herr Dr. Eckert hat den Vorschlag unterbreitet, den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in den Antrag der PDS-Fraktion aufzunehmen. Ist dazu Bereitschaft vorhanden?
- Nein. - Damit stimmen wir zunächst über den Antrag der PDS-Fraktion in der Drs. 4/1564 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir stimmen nun über den Alternativantrag in der Drs. 4/1583 ab. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der SPD-, bei der CDU-, bei der FDP- und vereinzelt bei der PDS-Fraktion. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Überwiegend bei der PDS-Fraktion. Damit ist dieser Alternativantrag mehrheitlich angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 19 ist somit abgeschlossen.
Wahl der Vertrauensleute und deren Stellvertreter für den beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zu bestellenden Ausschuss gemäß § 7 Abs. 6 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AG VwGO LSA)
Meine Damen und Herren! Auch wenn wir damit zum letzten Tagesordnungspunkt kommen und uns im Vorfeld darauf verständigt haben, hierzu keine Debatte zu führen, so betrifft dieser Tagesordnungspunkt doch ein, wie ich meine, nicht unwichtiges Thema. Es geht um die Wahl der Vertrauensleute für die Wahl der ehrenamtlichen Richter.
Das Oberverwaltungsgericht entscheidet in bestimmten Verfahren mit ehrenamtlichen Richtern. Diese wiederum in ihr Amt zu bringen, ist ein etwas kompliziertes Verfah
ren. Sie werden nicht direkt gewählt; nach den gesetzlichen Vorschriften sind dafür Vertrauensleute erforderlich, die wiederum vom Landtag gewählt werden müssen.
Das Gesetz lässt dafür zwei Möglichkeiten zu: Entweder erfolgt die Wahl der Vertrauensleute im Plenum oder wir beauftragen den Ausschuss für Recht und Verfassung, dies zu tun.
In dem interfraktionellen Antrag ist die Empfehlung enthalten, den Ausschuss für Recht und Verfassung damit zu beauftragen. In der Vergangenheit ist dieses Verfahren bereits mehrfach praktiziert worden. Ich denke, das Plenum kann dem vorgelegten Antrag folgen. Insofern bitte ich um Ihre Zustimmung.