Protokoll der Sitzung vom 18.06.2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne hiermit die 42. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt in der vierten Wahlperiode, begrüße Sie alle herzlich und stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Wir setzen nunmehr die 22. Sitzungsperiode fort und wir beginnen vereinbarungsgemäß mit den Tagesordnungspunkten 1 und 2.

Der Ältestenrat hat aus gutem Grund den Tagesordnungspunkt 1 heute an die erste Stelle der Beratung gesetzt, weil es sich dabei um ein verfassungsänderndes Gesetz, um eine Änderung unserer Landesverfassung handelt. Ich darf daran erinnern, dass es nunmehr fast zwölf Jahre her ist, seit wir am 15. Juli 1992 unsere Landesverfassung verabschiedet und seither nie etwas geändert haben. Es ist also ein ganz besonderer Tagesordnungspunkt, der jetzt folgt. Ich glaube, wenn schon die Allgemeinheit nicht in dem entsprechenden Maße daran Anteil nimmt, sollte wenigstens der Landtag diesen Punkt so ernst nehmen, wie er gemeint ist und wie er es tatsächlich ist.

Wir beginnen also mit dem Tagesordnungspunkt 1:

Erste Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD, der PDS und der FDP - Drs. 4/1634

b) Entwurf eines Gesetzes über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung (Land- tagsinformationsgesetz - LIG)

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP - Drs. 4/1628

c) Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung gemäß Artikel 62 der Verfassung des Landes SachsenAnhalt (Landtagsinformationsvereinbarung - LIV)

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP - Drs. 4/1629

Ich bitte nun - auch das eine Besonderheit - den Herrn Landtagspräsidenten, als Einbringer das Wort zu nehmen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Landtag von Sachsen-Anhalt liegt heute mit den Drs. 4/1634 und 4/1628 ein interfraktionelles Antragspaket vor, mit dem beabsichtigt ist, wesentliche verfassungsrechtliche Vorschriften des Parlamentsrechts in Sachsen-Anhalt zu ändern und den Auftrag des Artikels 62 Abs. 3 unserer Landesverfassung umzusetzen, wonach die Informationsbeziehungen zwischen dem Landtag und der Landesregierung durch Gesetz geregelt werden sollen.

Zum ersten Mal seit der Verabschiedung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt im Juli 1992 wird nun dem Hohen Hause ein Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem alle Fraktionen beantragen, die Landesverfassung zu ändern. In der Vergangenheit gab es zwar einzelne Vorstöße, bestimmte Vorschriften der Verfassung zu ändern bzw. neue Vorschriften in die Verfassung aufzunehmen, doch diese waren nicht erfolgreich.

Die Änderung der Verfassung, also des Gesetzes, das im wahrsten Sinne des Wortes das Grundgesetz einer Gemeinschaft für ihr Funktionieren darstellt, ist eben keine alltägliche Sache. Auch deshalb habe ich mich als Landtagspräsident auf eine Bitte der Fraktionen hin gern bereit erklärt, diesen Gesetzentwurf einzubringen. Es ist ja, wie Sie wissen, nicht unbedingt üblich, dass Gesetzentwürfe durch den Präsidenten des Parlaments eingebracht werden.

Eine Verfassung, meine Damen und Herren, soll nach ihrer allgemeinen Definition ordnungsstiftend und programmatisch wirken. Sie gibt dem Gemeinwesen in einer konkreten geschichtlichen Situation seine rechtlichen Grundlagen und stellt den Grundkonsens der politischen Kräfte einer Gesellschaft dar. Verfassungen besitzen im Regelfall immer Kompromisscharakter, jedenfalls wenn es sich um ein demokratisches Staatswesen handelt. Schließlich enthalten Verfassungen die Regeln für das Aushandeln und Ausgleichen der Belange und Interessen innerhalb einer Gesellschaft.

Eine Verfassung bildet also praktisch das Grundgerüst der wesentlichen Vorschriften über die Organisation und Ausübung der Staatsgewalt. Sie soll auch immer bei der Ausübung von Macht mäßigend und im politischen Prozess disziplinierend wirken. Dazu sind regelmäßig auch justiziable Maßstäbe für die richterliche Kontrolle der Ausübung öffentlicher Gewalt geregelt.

Schließlich ist für die Verabschiedung einer Verfassung, aber auch zu ihrer Änderung ein breiter Konsens in Gesellschaft und Politik erforderlich. Ihre Beschlussfassung erfolgt regelmäßig in einem gesonderten Verfahren und bedarf der besonders hohen Zustimmung der Mitglieder des beschließenden Gremiums - in diesem Falle des Landtages -, im Regelfall einer Zweidrittelmehrheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt wurde im Juli 1992 mit der erforderlichen Mehrheit der Stimmen von zwei Dritteln der Mitglieder des ersten Landtages von SachsenAnhalt, der zugleich auch verfassungsgebende Versammlung war, beschlossen.

Sehe ich mich heute in diesem Hause um, entdecke ich noch einige Abgeordnete, die an der Erarbeitung unserer Landesverfassung in der ersten Wahlperiode aktiv mitgewirkt haben. Insbesondere diese werden sich erinnern, dass die Tinte unter der Verfassungsurkunde noch nicht trocken war, als schon die Diskussion zur Änderung der Landesverfassung begann.

Mit den Vorschlägen der Enquetekommission zur Verwaltungsreform, die sich auch mit Fragen der Parlamentsreform befasste, wurden erste Anregungen zu künftigen Änderungen gegeben. Die Diskussionen über eine Parlamentsreform, bei der auch immer Änderungen der Verfassung mitgedacht werden mussten, regten maßgebend meine Vorgänger im Amt, die Herren Dr. Keitel und Wolfgang Schaefer, an.

Dr. Keitel griff die Reformthematik erstmals in der Festveranstaltung des Landtages zum fünften Jahrestag der Verkündung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt auf und äußerste sich in der Folgezeit regelmäßig zu diesen Fragen. Insbesondere mein unmittelbarer Vorgänger im Amt, Herr Schaefer, griff die Reformdiskussion seines Vorgängers auf und unterbreitete weitergehende Vorschläge. Er regte unter anderem an, die Wahlperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern.

Unmittelbar nach der Konstituierung des Landtages der laufenden Wahlperiode stand also vor uns die Frage, ob der Landtag dem Beispiel anderer Parlamente folgen und eine Enquetekommission für die Bearbeitung der Fragen einer Parlamentsreform einsetzen sollte. In persönlichen Gesprächen mit den Vorsitzenden der Fraktionen wurde zwar die Einrichtung einer Enquetekommission nicht befürwortet, jedoch der Vorschlag, dann eben eine Arbeitsgruppe des Ältestenrates einzurichten, begrüßt. Diese Arbeitsgruppe setzte der Ältestenrat in seiner Sitzung am 5. Dezember 2002 ein. Mitglieder dieser Arbeitsgruppe unter meiner Leitung waren die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen.

Zunächst wurden die Themen, über die im Rahmen einer Parlamentsreform gesprochen werden sollte, zusammengetragen. Die Arbeitsgruppe nahm ihre Arbeit im Mai 2003 auf und traf sich zu insgesamt sieben Sitzungen. Zunächst wurden die für eine Parlamentsreform infrage kommenden Themen ausgelotet. In vielfältigen Gesprächen, auch außerhalb der Arbeitsgruppe, wurde nach Gemeinsamkeiten und mehrheitsfähigen Kompromissen gesucht. Das Dialogschema war das des schrittweisen Herantastens und Aufeinanderzubewegens beim Finden einer gemeinsamen Schnittmenge.

Das Ergebnis dieses Prozesses, meine Damen und Herren, liegt Ihnen heute als Gesetzentwurf zur ersten Lesung vor. Dieser Gesetzentwurf wird von allen vier im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam eingebracht. Er zeigt die Kompromissbereitschaft der im Hause vertretenen politischen Kräfte und macht zugleich den breiten Konsens über Fraktions- und Parteigrenzen hinaus deutlich.

Unterzieht man diesen Fakt einer Wertung, dann stellt man fest, die eingebrachte Verfassungsänderung steht auf einer breiteren Grundlage als die Verfassung selbst bei ihrer Verabschiedung vor zwölf Jahren. Auch diejenigen - ob als Fraktion oder als einzelner Abgeordneter -, die bei der Verabschiedung im Jahr 1992 der Verfassung nicht zustimmen konnten, sind heute Miteinbringer des Gesetzentwurfes und waren an der Kompromisssuche für den vorliegenden Entwurf aktiv beteiligt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nun auf die wesentlichen Inhalte des vorliegenden Vorschlages eingehen.

Erstens soll die Wahlperiode von bisher vier auf fünf Jahre verlängert werden. Diese Änderung soll bereits für den nächsten Landtag gelten. Zweitens sollen die Quoren für eine Volksinitiative und für ein Volksbegehren, der demografischen Entwicklung folgend, gesenkt und teilweise von absoluten Zahlen in Vom-Hundert-Sätze überführt werden. Drittens soll die Stellung des Landtages im Verhältnis zur Landesregierung dadurch weiter gestärkt werden, dass die Ernennung der durch den Landtag gewählten Amtsinhaber durch den Präsidenten des Landtages vorgenommen wird.

Mit dem Vorschlag zur Verlängerung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre folgen wir der Entscheidung anderer Bundesländer. In zwölf der 16 Bundesländer beträgt die Wahlperiode bereits fünf Jahre. Lediglich in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen-Anhalt sowie in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg beträgt diese noch vier Jahre.

Bei dem Vorschlag zur Verlängerung der Wahlperiode haben wir insbesondere zwei Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen muss der Zeitraum einer Wahlperiode so bemessen sein, dass das Parlament seiner Aufgabe und Funktion als zentrales Verfassungsorgan gerecht werden kann.

Gesetzgebung, Kontrolle gegenüber der Exekutive sowie die Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten können in einer längeren Wahlperiode effizienter wahrgenommen werden. Durch häufige Neuwahlen könnte die Wahrnehmung dieser Aufgaben behindert werden. Deshalb spricht einiges für eine Verlängerung der Wahlperiode.

Insbesondere aber spricht dafür, dass das Parlament nach Auffassung der Befürworter wirksamer und kontinuierlicher agieren kann. Neu in das Parlament gewählte Abgeordnete benötigen regelmäßig ca. ein Jahr, um mit ihrem Politikfeld vertraut zu werden. Das letzte Jahr einer Wahlperiode wird regelmäßig bereits vom Wahlkampf bestimmt. Damit bleiben ungefähr zwei Jahre für eine effektive parlamentarische Arbeit. Größere Reformvorhaben haben unter diesen Bedingungen nur geringe Chancen, verwirklicht zu werden.

Zum anderen muss beachtet werden, dass es notwendig ist, die demokratische Legitimation des Parlaments durch Wahlen regelmäßig zu erneuern. Deshalb wird gegen eine Verlängerung der Wahlperiode vor allem ins Feld geführt, dass der Wahlbürger weiter an Einfluss auf die Politik verliert, wenn er lediglich alle fünf Jahre von seinem Wahlrecht Gebrauch machen kann.

Schließlich ist aber auch davon auszugehen - dies zeigt sich in anderen Ländern, die dies bereits eingeführt haben -, dass mit einer Verlängerung der Wahlperiode, über eine längere Sicht betrachtet, sowohl bei der öffentlichen Hand als auch in der übrigen Gesellschaft, etwa bei Parteien, Medien etc., erhebliche Einspareffekte erzielt werden können.

Die Gründe für und gegen eine Verlängerung der Wahlperiode wurden in der Arbeitsgruppe ausführlich, teilweise zunächst kontrovers diskutiert. Schließlich verständigten sich die Vertreter der Fraktionen einvernehmlich darauf, dem Landtag vorzuschlagen, die Wahlperiode mit Wirkung ab der fünften Wahlperiode auf fünf Jahre zu verlängern.

Wesentlicher Teil dieses Kompromisses für die soeben erläuterte Verlängerung der Wahlperiode, meine Damen und Herren, ist auch die Senkung und Umwandlung der Quoren bei den plebiszitären Elementen entsprechend der demografischen Entwicklung in SachsenAnhalt. Ausgehend von der permanent sinkenden Zahl der Wahlberechtigten im Land Sachsen-Anhalt seit 1990, haben sich die Quoren für eine Volksinitiative und für ein Volksbegehren aufgrund der absoluten Zahlen relativ erhöht.

Dieser Entwicklung soll mit der Änderung der Artikel 80 und 81 der Landesverfassung begegnet werden. Künftig sollen für eine Volksinitiative nach Artikel 80 Abs. 2 nicht

mehr die Unterschriften von 35 000 Wahlberechtigten erforderlich sein, sondern nur noch die Unterschriften von 30 000. Die absolute Zahl von 250 000 Wahlberechtigten, die ein Volksbegehren nach Artikel 81 Abs. 1 unterstützen müssen, soll in einen Prozentsatz umgewandelt werden. Dieser soll 11 % betragen. Damit wird das Quorum sowohl relativ als auch absolut gegenüber dem Zeitpunkt der Verabschiedung der Verfassung gesenkt.

Künftig werden, gemessen an der Zahl der Wahlberechtigten zum Zeitpunkt der Wahl des Landtages im Jahr 2002, nicht mehr 250 000, sondern nur noch 232 000 Wahlberechtigte ein Volksbegehren unterstützen müssen. Damit wird also das mit der demografischen Entwicklung in Sachsen-Anhalt zusammenhängende Problem der Quoren weitgehend entschärft.

Der dritte Komplex der Änderung der Verfassung, meine Damen und Herren, betrifft die weitere Ausgestaltung des Ernennungsrechts des Landtagspräsidenten, das aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht nur einer Neuordnung bedarf, sondern auch durch eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung konstitutiv zuzuweisen ist.

Der Landtag entscheidet in einer Reihe von Fällen über die Besetzung von Ämtern durch Wahlen. Diese Kreationsfunktion soll in Artikel 41 zusammenfassend dargestellt werden. Die neue Regelung erfasst solche Ämter, die mit eigenen verfassungsrechtlichen Befugnissen ausgestattet sind. Neben dem Ministerpräsidenten betrifft dies die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Landesverfassungsgerichts, den Präsidenten des Landesrechnungshofes sowie den Landesbeauftragten für den Datenschutz. Für diese Amtsinhaber soll nach dem Vorschlag zu Artikel 49 Abs. 4 das Ernennungs- und Entlassungsrecht künftig der Präsident des Landtages ausüben.

Der Vorschlag zur Neuregelung der Artikel 41 und 49 hat auch das Ziel, die Institutionen in organisatorischer Hinsicht aus denkbaren Abhängigkeiten von der Regierung zu lösen. So besteht zum Beispiel die wenn nicht ausschließliche, so doch ganz vorrangige Aufgabe des Landesrechnungshofes und seiner Mitglieder in einer Kontrolle der Landesregierung mit der Folge, dass sie jedenfalls der Sache nach auch Hilfsorgane des Landtages sind. Unter diesem Aspekt erscheint es wenig sachgerecht, gerade dem der Kontrolle des Landesrechnungshofes primär unterworfenen Staatsorgan auch die Ernennungsbefugnis zuzuordnen.

Wegen seiner besonderen Bedeutung für den Landtag sollen schließlich auch der Landeswahlleiter sowie dessen Vertreter künftig durch den Präsidenten des Landtages ernannt und entlassen werden. Bisher erfolgte die Berufung des Landeswahlleiters auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 des Wahlgesetzes des Landes SachsenAnhalt durch das Ministerium des Innern. Der Landeswahlleiter hat weitgehende Befugnisse für die Gestaltung und Abwicklung des Verfahrens zur Zusammensetzung des Landtages. Diese Befugnisse sind nach der gegenwärtigen Rechtslage in die Hände der Landesregierung und damit eines Organs gelegt, das selbst durch den Landtag bestellt wird. Diese Rechtslage soll für die Zukunft also auch geändert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Landesverfassung darf ich Ihnen als zweites wesentliches Ergebnis der zwischen den Fraktionen im Rahmen der Parlamentsreformdiskussion geführten Verhandlungen den

Entwurf eines Landtagsinformationsgesetzes, vorliegend in der Drs. 4/1628, vorstellen.

Gleichzeitig haben wir einen interfraktionellen Antrag vorliegen, der die Landesregierung auffordert, mit dem Landtag eine Vereinbarung zu treffen, die dann das relativ knappe Landtagsinformationsgesetz im Einzelnen ausfüllt. Der Entwurf wird durch die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP unterstützt. Die PDS-Fraktion wird sicherlich in der nachfolgenden Debatte auch zu den Gründen sprechen, die sie veranlasst haben, aus den Verhandlungen über das Landtagsinformationsgesetz und über die Landtagsinformationsvereinbarung auszusteigen.

Landtagsinformationsgesetz und Landtagsinformationsvereinbarung bilden eine Einheit. Ihren verfassungsrechtlichen Rahmen finden beide Entwürfe in Artikel 62 der Landesverfassung.

Bei seinen Beratungen hat sich der Verfassungsausschuss des Landtages der ersten Wahlperiode davon leiten lassen, dass staatsleitende, die grundsätzliche Richtungsbestimmung des Landes betreffende Akte Parlament und Regierung zur gesamten Hand übertragen sind, und er gestaltete dieses Prinzip durch ein ausgewogenes System einzelner Rechte und Pflichten beider Verfassungsorgane näher aus.

Aus diesem Grunde folgte er auch dem Vorbild der Anfang der 90er-Jahre für viele verfassungspolitische Debatten beispielgebenden Novellierung der Landesverfassung Schleswig-Holsteins vom 13. Juni 1990 und empfahl dem Landtag - übrigens auf der Grundlage einer entsprechenden Bestimmung im SPD-Verfassungsentwurf, der eine Norm im Landesverfassungsentwurf des Runden Tisches vorausging -, einen umfassenden Anspruch des Landtages auf Information in die Verfassung aufzunehmen.

So erlegt Artikel 62 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt der Landesregierung die verfassungsrechtliche Pflicht auf, den Landtag über Vorhaben in bestimmten, durch die Verfassung in Satz 1 abschließend, in Satz 2 beispielhaft aufgeführten Fallgruppen zu unterrichten, ohne dass es hierzu einer gesonderten Aufforderung des Landtages oder einer parlamentarischen Anfrage bedarf.

Diese umfassende Informationspflicht, von der sich die Landesregierung nur in engem Rahmen exkulpieren kann, trägt der Tatsache Rechnung, dass Entscheidungen des Landtages zunehmend durch Vorbereitungshandlungen der Regierung so vorgeprägt sein können, dass das Parlament eine eigenständige Politikgestaltung in vielen Fragen kaum mehr entfalten kann und parlamentarische Entscheidungen mitunter nur noch als Ratifizierung exekutiver Vorentscheidungen erscheinen.