Ich bin, wie gesagt, bereit, das zu akzeptieren, aber es muss mir zumindest gestattet sein, eine kritische Sicht auf diese Dinge deutlich zu machen.
Vor mehr als zehn Jahren hat mir ein Vertreter des Pädagogisch-Theologischen Instituts einmal gesagt, dass
man vorhat, mit diesem Religionsunterricht die Unterwanderstiefel anzuziehen. - Ich bitte Sie, wir sind doch nicht alle auf den Kopf gefallen.
Es bleibt dabei, ich halte einen missionierenden Religionsunterricht nicht unbedingt für hilfreich, allerdings auch einen ethischen Unterricht mit religionskundlichen Einlagen nicht. Auch das ist mir zu wenig.
Gerade das Kennenlernen der jeweils anderen Glaubensrichtungen - vor allem wenn man gar keiner angehört -, auch anderer europäischer und außereuropäischer Religionen ist in einer globalisierten Welt mit einem hohen informationellen Vernetzungsgrad von größter Bedeutung, und zwar für die Entwicklung von Toleranz und Akzeptanz individuell sehr unterschiedlicher Lebensentwürfe.
Die Tatsache, dass andere Religionen für viele fremd bleiben - der Minister hat schon darauf hingewiesen -, ist problematisch und ist häufig der Grund für zum Teil auch heute politisch geschürte Ängste und Vorbehalte, aus denen im schlimmsten Fall sogar Fremdenfeindlichkeit erwachsen kann.
Gerade darum sind wir auch bereit, über unsere eigenen Ressentiments hinwegzusehen. Für uns ist es wichtiger, dass es passiert, als dass wir am Ende Recht behalten.
Wir müssen endlich zu Stuhle kommen. Darum unterstützen wir den Antrag der SPD-Fraktion ausdrücklich. Ich denke jedoch, wir sollten ihn um den Passus erweitern, den der Minister schon angedeutet hat, nämlich dass wir uns darüber berichten lassen, inwieweit die in dieser Fächergruppe ausgebildeten Lehrer - es muss nicht ausschließlich sein - mit einer möglichst hohen Stundenzahl in diesen Fächern eingesetzt werden. Wir haben in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass an dieser Stelle Reserven vorhanden sind. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Dr. Hein. - Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort nun der Abgeordneten Frau Feußner. Bitte sehr, Frau Feußner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! - Ich muss erst einmal das Mikro höher stellen; gestern hat man mir gesagt, man hört es immer so schlecht.
Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Die CDU-Fraktion hält die grundsätzliche Intention des Antrags für begrüßenswert und wird diesen auch unterstützen.
Wertevermittlung und Werteorientierung sind ein wichtiges Anliegen in einer globalen Gesellschaft, in einer Ge
Werte und damit verbundene Normen stehen im Gegensatz zur Beliebigkeit. Insofern gibt der Antrag klar und deutlich zu verstehen, welche Zielsetzungen damit verfolgt werden sollen. Allerdings erweckt die Überschrift den Eindruck, also ob beliebig von ethischer und religiöser Bildung gesprochen werden dürfte.
Dies ist mitnichten der Fall, genau das Gegenteil muss gelten. Ansonsten droht eine Verwischung der Unterschiede zwischen dem Ethikunterricht und dem evangelischen und katholischen Religionsunterricht. Eine Differenzierung von ethischer und religiöser Bildung tut Not; denn nach Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes ist konfessionell gebundener Religionsunterricht das einzige Unterrichtsfach in Deutschland, das grundgesetzlich geschützt ist. Ethik als Unterrichtsfach ist es nicht.
Deshalb sollte eine sprachliche Klarstellung im Antrag erfolgen - die allerdings nicht mit einem Änderungsantrag von uns verbunden ist -, indem von Ethikunterricht und von evangelischem und katholischem Religionsunterricht die Rede sein sollte. Daraus folgt für uns: Einen Mischmasch aus Ethik und Religion kann es nicht geben. Frau Mittendorf, auch wenn es nur ansatzweise anklang, aber ein Unterrichtsfach LER, wie es zum Beispiel in anderen Ländern praktiziert wird, lehnen wir grundsätzlich ab. Ich weiß, dass das unsere Verfassung auch gar nicht zulässt.
Religion vermittelt immer ethische Aspekte, aber Ethik vermittelt keine religiösen Werte. Die Aufgabe des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts ist im Land Sachsen-Anhalt durch eine Unterversorgung gekennzeichnet. Das gilt insbesondere für den evangelischen und den katholischen Religionsunterricht.
Im Schuljahr 2002/2003 besuchten immerhin über 50 % der Schülerinnen und Schüler an Gymnasien den Ethikunterricht oder einen evangelischen oder katholischen Religionsunterricht. Das Gymnasium ist leider aber auch die einzige Schulform, an der es eine halbwegs zufriedenstellende Versorgung gibt. An anderen Schulformen ist die Lage wesentlich dramatischer, weil einfach die Lehrkräfte fehlen oder weil vielleicht die Bereitschaft nicht da ist, diese Fächer anzubieten. Zum Teil werden auch Gründe gesucht, dies zu behindern. Das hängt zum Teil mit Einstellungsfragen zusammen. Wir kennen alle selbst die Gründe und können sie im Ausschuss noch einmal analysieren. Handeln tut also wirklich Not.
Ein wichtiges Problem ist es aber, dass es nur einen konfessionell gebundenen Religionsunterricht geben kann. Die Lage ist aufgrund der Staatskirchenverträge und aufgrund des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl festgelegt. Die Situation erscheint aussichts- und auch hoffnungslos.
Wie können wir der Lage Herr werden und wie können wir das verbessern? - Seit einiger Zeit stehen wir in einem intensiven Gesprächaustausch mit beiden Kirchen über genau diese oben genannten Probleme bzw. zu der Frage, wie wir die beschriebene Situation verbessern können. Dabei ist uns sehr wohl bewusst, dass wir diese Problematik nicht sofort und von heute auf morgen lösen können. Meines Erachtens ist das nur durch ein beharrliches Auftreten der Politik und der Verantwortlichen in
den Schulen und gegenüber den Elternhäusern möglich, denn dort werden die ersten Weichen für eine werteorientierte Bildung gelegt.
Das verfassungsrechtliche und gesetzliche Institut, wonach ein 14-Jähriger selbständig und autonom entscheiden kann, ob er weiterhin am Religionsunterricht teilnimmt oder ob er überhaupt Mitglied einer Religionsgemeinschaft sein will, ist ein zusätzliches Hindernis auf dem Weg zu einer ethisch und religiös gebildeten Gesellschaft.
Nach meiner Auffassung muss die Attraktivität der Lehrfächer Ethik und evangelische sowie katholische Religion an den Hochschulen erhöht werden. Eine Reform der Lehramtsausbildung wäre zum Beispiel eine Chance, dies herbeizuführen. Wir werden eingehend prüfen, in welchem Rahmen dadurch ein stärkeres Augenmerk auf den Ethikunterricht und den Religionsunterricht gelenkt werden kann. Ich sagte bereits: Wertevermittlung fängt in den Elternhäusern an. Dort muss der Grundstein für Werte gelegt werden. Wenn nicht die Unterstützung aus dem Elternhaus kommt, ist die Schule auf verlorenem Posten.
Lassen Sie uns im Ausschuss gemeinsam über die Mittel und Wege nachdenken, ethischen und religiösen Werten in unserer ausfransenden Gesellschaft wieder mehr Gewicht zu verleihen. Ethik und Religion müssen als richtungsweisende Anker verstanden werden, der in dem Meer von Beliebigkeit Halt und Vertrauen schafft.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz sagen: Ich dachte, dass wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Eines verwundert mich aber schon, und zwar, dass genau diese Punkte, die wir in der Diskussion mit den Kirchen besprochen haben, die Intention Ihres Antrages sind. Es geht aber nicht um die Befindlichkeiten, die wir gegenseitig haben, sondern wir wollen das Problem gemeinsam lösen. - Vielen Dank.
Danke schön. - Frau Feußner, können Sie mir bitte erstens erklären, was die im Religionsunterricht vermittelte Werteerziehung von der im Ethikunterricht vermittelten Werteerziehung unterscheidet?
Zweitens. Können Sie mir erklären, warum aus Ihrer Sicht evangelischer und katholischer Religionsunterricht
Ich denke, dass das eine umfangreiche Problematik ist, die man nicht in zwei Sätzen beantworten kann; zumindest Ihre erste Frage nicht. Wenn Sie mir nicht böse sind, dann würde ich die Frage in der nächsten Ausschusssitzung beantworten. Die Beantwortung der Frage würde den Rahmen sprengen.
Die Kooperation lehnen wir nicht prinzipiell ab. Es gibt nur gewisse Unterschiede zwischen der evangelischen und der katholische Religion. Das ist Ihnen vielleicht bewusst oder auch nicht bewusst. Darüber, worin die speziellen Unterschiede bestehen, können wir uns gern im Ausschuss austauschen.