Die Personalserviceagenturen floppten schon bei der Installation, was bei der gegenwärtigen Wirtschaftssituation vorauszusehen war. Das Thema Minijobs bzw. Hinzuverdienstmöglichkeiten haben wir schon zur Genüge diskutiert. Das scheitert am Arbeitsmarktproblem der neuen Bundesländer. Dies alles erschwerend liegt uns nun eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vor, die den Bundestag bereits passiert hat. Wir können unsere Landesregierung nur nachdrücklich auffordern, dieser Beschlussempfehlung nicht zuzustimmen und sich für eine Verschiebung der In-Kraft-Setzung stark zu machen.
Ich fasse die Gründe noch einmal kurz zusammen. Erstens. Die Zeitschiene bis zu der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe am 1. Januar 2005 ist nicht zu halten. Zweitens. Die administrative Umsetzung steht infrage und birgt die Gefahr, die Betroffenen zu Opfern eines Umsetzungschaos zu machen. Drittens. Die bisherigen Beratungen über die komplexen Finanzströme zwischen der Bundesanstalt, den Ländern und den Kommunen zeigen keine hinreichende Transparenz und sind nach dem derzeitigen Stand nicht ausreichend für die ostdeutschen Kommunen. Viertens - das ist der wichtigste Punkt. In den neuen Bundesländern bestehen aufgrund der wirtschaftlichen Situation kaum Möglichkeiten für die Betroffenen, etwas hinzuzuverdienen.
Lassen Sie mich meine Ausführungen mit einem Gedanken zu diesem Thema beenden, der in der „Süddeutschen Zeitung“ formuliert worden ist:
„Es mangelt uns am Nötigsten, an Arbeitsplätzen. Wir haben uns verstärkt um die Erwerbsfähigkeit der Arbeitslosen gekümmert, ohne uns in gleicher Intensität um neue Arbeitsplätze zu bemühen - ein immanenter Fehler des Konzeptes.“
Frau Fischer, nur eine Klarstellung. Dieses Hartz-IVGesetz ist in seiner jetzigen Form ein Kompromiss zwischen CDU und SPD. Beide haben es zu verantworten, die SPD in erster Linie deswegen, weil sie in der Bundesregierung die Verantwortung dafür trägt, die CDU deswegen, weil sie es inhaltlich mitgestaltet hat. Wir kritisieren heute den politischen Konsens zwischen diesen beiden Parteien. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel gelassen.
Deswegen frage ich Sie nach Ihrer Rede genauso wie Ihre Vorgängerin, Frau Fischer: Wie haben die CDUBundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt bei diesem Gesetz gestimmt und welche Beschlusslage gibt es in Ihrer Landespartei zu dieser Reform?
- Herr Bergner war dagegen. Es war halb und halb. Es gab eine Vielzahl von Enthaltungen. Es gab Zustimmung. Aber noch einmal zu dem - -
(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Herr Scharf, CDU: Wer hat denn von der SPD dage- gen gestimmt?)
(Herr Gallert, PDS: Herr Scharf, es ist bezeich- nend, dass hier nicht Sie sprechen, sondern Frau Fischer! Nun lassen Sie sie wenigstens aus- reden! - Herr Dr. Sobetzko, CDU: Was soll denn das?)
Frau Abgeordnete Fischer, bitte warten Sie einen Moment. - Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte der Frau Fischer gern wieder das Wort erteilen.
Herr Gallert, ich hatte es meinem Fraktionschef angeboten, mein Fraktionschef meinte, ich sei so qualifiziert, dass ich das auch schaffe.
Herr Gallert, ich muss es noch einmal wiederholen. Es gab ein Paket, das verabschiedet worden ist. Zu diesem Paket gab es dann Ausführungsgesetze. In diesen Ausführungsgesetzen sind Schwierigkeiten hochgespült worden, die wir in ihrer Konsequenz eigentlich erst im Verlauf der Gesetzesberatungen mitbekommen haben.
Unsere Reaktion ist jetzt, die Möglichkeit bzw. die Chance zu ergreifen, hierbei noch einmal etwas zu verändern. Deshalb heute dieses Abstimmungsverhalten.
Frau Fischer, wie schätzen Sie die arbeitsmarktpolitischen Effekte von solchen Vorschlägen ein: zum Beispiel der Wegfall eines Feiertages in Sachsen-Anhalt, die Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche, der Wegfall einer Woche Urlaub im Jahr oder - das haben wir bei uns haushaltsmäßig - ein drastisches Streichen von Mitteln für Leistungen Dritter?
Ich denke, bei der wirtschaftlichen Situation, nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern auch in Deutschland, muss jede Möglichkeit geprüft werden, wie wir wieder zu Wachstum kommen, wie wir wieder zu Arbeitsplätzen kommen, wie wir eine Vorwärtsentwicklung in der Wirtschaft in Gang bekommen. Deshalb muss ich sagen: Ich lehne von vornherein nichts ab, sondern versuche zu prüfen.
Was die Feiertage angeht, muss ich einfach sagen: Wir leisten uns zu viel. Es ist auch berechnet worden, dass es, wenn bestimmte Feiertage entfielen bzw. weniger Urlaubstage vorgesehen würden - ich weiß, ich begebe mich jetzt aufs Glatteis -, schon eine Menge bringen könnte. Ich lehne es im Moment noch nicht ab. Ich stimme aber auch noch nicht voll zu, bevor die Punkte nicht durchgeprüft worden sind.
Mit der längeren Arbeitszeit - das muss ich ehrlich sagen - habe ich meine Probleme. Zu 40 Stunden sage ich Ja. Die Sinnhaftigkeit der Erhöhung der Stundenanzahl darüber hinaus würde ich hinterfragen. Man hat zu wenige Jobs und will längere Arbeitszeiten. Ich denke, die Arbeitsplätze, die wir jetzt haben, werden dadurch sicherlich sicher. Aber ich bezweifle, dass es dadurch neue Arbeitsplätze geben wird. Aber, wie gesagt, ich bin in der Diskussion für alles offen. Uns geht es wirtschaftlich einfach zu schlecht.
Frau Dr. Kuppe und Frau Dirlich möchten noch eine Frage stellen. Sie sind bereit, darauf zu antworten?
Frau Kollegin Fischer, ich habe verstanden, dass Sie sich von der Paketlösung vom Dezember 2003 verabschieden und dass sich die CDU-Fraktion in SachsenAnhalt auch von dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses der vergangenen Woche verabschiedet, das von der Mehrheit der CDU-regierten Länder mitgetragen wird. Davon gehe ich aus.
Meine Frage an Sie ist: Was sind Ihre Lösungsvorschläge, die Sie in einer neuen Verhandlungsrunde, die Sie mit Ihrem Nein heute im Bundesrat provozieren wollen - so hat es Herr Minister dargestellt -, auf den Tisch lagen wollen? Welche konkreten Vorstellungen haben Sie bezüglich der Lösung des vorhandenen Problems?
Wir verabschieden uns nicht von dieser Paketlösung. Wenn das jetzt so zum Ausdruck gekommen ist, dann habe ich zehn Minuten lang eigentlich umsonst geredet. Das wollte ich damit nicht rüberbringen.
(Zustimmung bei der CDU - Frau Dr. Kuppe, SPD: Das ist in der Tat so! - Herr Tullner, CDU: Das ist ja wohl billig!)
Ich denke, ich habe es auch klar gesagt. Schon im ersten Satz, in dem ich Frau Fischer angesprochen habe, habe ich gesagt, dass es uns nicht um Ja oder Nein geht. Es geht uns nur darum, noch einmal Zeit zu bekommen, um Druck zu machen. Bei den Aspekten, die ich unter den Punkten 1, 2, 3 und 4 aufgeführt habe - die
Zeitschiene, die administrative Umsetzung, die komplexen Finanzströme -, wollen wir Klarheit erreichen, damit sie nicht in irgendwelchen Protokollen als Protokollnotiz am Rand erscheinen.
Wir wollen das festgezurrt haben. Dafür brauchen wir noch etwas Zeit. Wir hoffen, dass wir so viele ablehnende Stimmen zusammenbekommen, dass uns diese Zeit noch einmal gegeben wird. - Die Paketlösung ist für uns in Ordnung. Ich möchte das an der Stelle noch einmal sagen.
(Frau Dr. Kuppe, SPD: Sie spielen ein scheinhei- liges Spiel, Frau Fischer! Das ist nicht zu fassen! - Herr Tullner, CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)