Protokoll der Sitzung vom 09.07.2004

(Herr Tullner, CDU: Hört, hört!)

Das ist aber auch das Einzige, was positiv zu erwähnen ist.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Zu ergänzen ist, dass bei künftigen Reformen nicht wieder ganz unten angefangen wird, sondern dass im Rahmen einer Kreisstrukturreform die Frage aufgeworfen werden muss, ob wir im Land künftig wirklich noch sechs Polizeidirektionen brauchen. Hier ist meines Achtens ein Einsparpotenzial vorhanden.

(Zustimmung von Frau Tiedge, PDS)

Zum Stellenabbau und zur Privatisierung. Insgesamt ist von der Landesregierung vorgesehen, bei der Polizei ca. 2 700 Stellen abzubauen. Davon sollen allein im Vollzug 1 400 Stellen wegfallen. Mit einer willkürlichen Veränderung der zu erreichenden Polizeidichte von ursprünglich 1 : 340 auf 1 : 365 ist dieses Zahl errechnet worden.

(Herr Tullner, CDU: Was ist denn daran willkür- lich?)

- Dem liegen einzig und allein fiskalische Argumente zugrunde.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Die Umsetzung dieses Planes führt einerseits zu einer Einschränkung der Flächenpräsenz der Polizei und andererseits durch einen sehr eng gehaltenen Einstellungskorridor zu einer massiven Überalterung der Polizei im Land Sachsen-Anhalt.

Das wird durch die Einstellungen nicht kompensiert. Geplant sind landesweit, wie der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, 70 Einstellungen pro Jahr. Das reicht bei Weitem nicht aus.

(Herr Tullner, CDU: Ist aber mehr als vorher!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: In der letzten Legislaturperiode hat der Kollege Becker von der CDU das Bild von der so genannten Opa-Polizei geprägt, ein nicht unbedingt schönes Bild. Ja, leider kommen wir in eine solche Situation. Im Jahr 2013 werden wir im Land noch ganze 2 825 Personen bis zu einem Alter von 45 Jahren im Personalkörper haben. Im Jahr 2008 werden es noch 4 289 Personen sein. Das ist dramatisch; hierbei muss eine Veränderung erfolgen.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Durch Privatisierung sollen insbesondere Stellen im Verwaltungsbereich eingespart werden. So steht etwa das Leasing von Kraftfahrzeugen ins Haus. Die ersten 38 Leasingverträge wurden unterzeichnet. Pro Jahr darf ein Kfz 45 000 km fahren. Das bedeutet ungefähr 123 km pro Tag. Bei drei Schichten bedeutet das, dass ein Kfz 41 km pro Schicht fahren kann. Bezüglich der praktischen Umsetzung dieses Vorhabens gibt vor Ort große Skepsis. Eine diesbezügliche Kosten-Nutzen-Rechnung ist ebenfalls nicht vorhanden. Oftmals entsteht vor Ort der Eindruck, dass diese Fahrzeuge nur ungern genutzt werden.

Ähnliches ist bei der Privatisierungspolitik zu verzeichnen. Outsourcing in verschiedenen Bereichen ist aus unserer Sicht in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern bereits gescheitert. Inwiefern dieses System für die Polizeiarbeit sinnvoll ist, bleibt völlig offen.

Gestatten Sie eine Zwischenfragen, Herr Abgeordneter?

Eine Zwischenfrage nicht; ich würde diese zum Schluss beantworten.

Das Prinzip der Budgetierung in den Polizeidirektionen wurde mit dem Ziel eingeführt, dass die einzelnen Direktionen über einen Gesamthaushalt flexibel verfügen können. Allerdings sage ich: Wenn man das Budget immer weiter einschränkt, ist dieses Prinzip der Budgetierung, Mittel zu erarbeiten, um sie woanders einzusetzen, nicht mehr in dem Umfang sinnvoll, wie wir meinen, das Budgetierung gehandhabt werden müsste.

(Herr Tullner, CDU: Das stimmt überhaupt nicht!)

- Sie nehmen regelmäßig Kürzungen vor. Insofern macht Budgetierung einfach keinen Sinn mehr.

(Herr Tullner, CDU: Budgetierung ermöglicht ein- fach den flexibleren Umgang!)

Es lohnt sich einfach nicht mehr, etwas einzusparen, weil der Polizei am Ende die eingesparten Mittel wieder weggenommen und dem Finanzminister zur Verfügung gestellt werden und somit nicht für das in der Polizeiarbeit Benötigte zur Verfügung gestellt werden können.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Unter Punkt 8.1 kommt die Landesregierung bei der Frage nach möglichen polizeirechtlichen Änderungen zu der Schlussfolgerung, dass man zurzeit prüfe und dann dem Landtag einen Gesetzentwurf zuleiten werde. Vor einiger Zeit wurde das dann konkret: Man wolle die Möglichkeiten der DNA-Speicherung und der Schleierfahndung erweitern.

Ich sage aus der Sicht der PDS ganz deutlich: Lassen Sie solche Ablenkungsmanöver. Wir werden solche Pläne nicht unterstützen. Die Polizei hat zurzeit ganz andere Probleme. Sorgen Sie dafür, dass diese gelöst werden und dass der Polizei ausreichend finanzielle Mittel für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt werden.

Zusammenfassend bleibt für die PDS-Fraktion festzustellen: Erstens. Die PDS steht auch weiterhin für das Prinzip der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit ohne weitere Einschränkung von Grundrechten.

Zweitens. Die PDS fordert ein Personalentwicklungskonzept bei der Polizei, welches die Flächenpräsenz der Polizei erhält und ausbaut.

Drittens. Die PDS spricht sich gegen die Privatisierung von öffentlicher Sicherheit aus.

Viertens. In den Haushaltsverhandlungen wird die PDSFraktion - das haben wir bereits in den jetzigen Nachtragshaushaltsverhandlungen deutlich gemacht - für eine finanzielle Ausstattung der Polizei eintreten, die zu keiner Einschränkung der Polizeiarbeit führt.

(Herr Tullner, CDU: Das habe ich aber nicht ge- sehen! Wo war denn das?)

- Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Wir waren diejenigen, die beantragt haben, dass erstens die Kürzungen zurückgenommen werden und das zweitens 400 000 € draufgelegt werden,

(Herr Tullner, CDU: Ach, Sie waren das! Interes- sant!)

damit in diesem Bereich etwas passieren kann. Wir haben auch Deckungsquellen dafür aufgeführt. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der PDS)

Also, nun wird es hier langsam unseriös.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Fünftens und Letztens. Die PDS fordert die Landesregierung auf, ein klares Konzept für eine bedarfsgerechte Einstellung von Polizistinnen und Polizisten im Land Sachsen-Anhalt vorzulegen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Kosmehl, die Frage.

Zunächst eine Vorbemerkung: Herr Kollege Gärtner, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gerade gesagt haben, Sie

hätten Deckungsvorschläge vorgelegt, aber nicht behauptet haben, diese seien auch seriös gewesen. Denn das waren sie nämlich nicht und deswegen konnte man sie auch nicht mittragen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Natürlich waren die seri- ös! Das haben sogar Ihre eigenen Leute gesagt! - Herr Tullner, CDU: Das ist nicht wahr!)

- Also, der Vorschlag der Erhöhung der Einnahmen aus dem Katasterwesen war seriös?

(Zurufe von Frau Dr. Weiher, PDS, und von Herrn Tullner, CDU)

Das sagen Sie, obwohl Sie auch darauf achten, wie hoch der Mittelabfluss ist? Das ist unglaublich.

Aber das ist nicht meine Frage, meine Frage ist folgende: Es geht um die Kilometerlaufleistung der Fahrzeuge. Da haben Sie 41 km pro Schicht ausgerechnet. Wenn Sie meine Kleine Anfrage zu den Laufleistungen der Fahrzeuge ausgewertet haben, müsste Ihnen aufgefallen sein, dass die Laufleistungen der Fahrzeuge deutlich unter den in den Leasingverträgen vereinbarten Jahreslaufzeiten liegen. Würde das bedeuten, dass die Fahrzeuge, die wir jetzt haben, noch weniger Kilometer pro Schicht fahren, oder haben Sie sich einfach nur verrechnet?

Sehr geehrter Herr Kosmehl, ich habe Ihre Anfrage mit großen Interesse gelesen und habe mich auch vor Ort kundig gemacht. Daher gibt es noch sehr viel Nachfragebedarf, der auch noch irgendwann verwirklicht werden wird. Denn was Ihre Anfrage anbetrifft, habe ich vor Ort gehört, dass die Kilometerlaufleistung über lange Zeit überhaupt nicht aufgezeichnet worden ist bzw. nicht in einer solchen Form dokumentiert worden ist. Man ist vor Ort sehr skeptisch, was die Zahlen anbetrifft, und sieht es nicht so, wie es in Ihrer Anfrage steht.

Darüber können wir uns noch einmal austauschen, wenn wir unsere Nachfragen stellen. Wie gesagt, ich habe das auch mit großem Interesse gelesen. Ich habe Rückfragen gestellt und habe daraufhin sehr unterschiedliche Angaben bekommen. Wir können uns dann, wenn ich das ausgewertet habe, darüber unterhalten. Insofern bin ich dann vielleicht auch bereit, mich zu korrigieren.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke, Herr Gärtner. - Für die CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Reichert sprechen.