Dies war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Herzlichen Dank, Herr Bullerjahn. - Wir können damit diesen Tagesordnungspunkt verlassen.
Als Einbringer erteile ich dem Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Kley das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.
Danke sehr. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns wieder zu den originären Interessen des Landes zurückkehren. Durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. - -
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich hinzusetzen oder den Saal zu verlassen und Herrn Minister Kley die Einbringung vornehmen zu lassen.
Herr Präsident, ich danke Ihnen. - Aber da es die erste Lesung ist, besteht auch für jene, die den Saal verlassen, noch Gelegenheit, sich bis zur zweiten Lesung mit den Inhalten des Gesetzentwurfs vertraut zu machen. Es wäre vielleicht einfacher, hier zuzuhören, aber nichtsdestotrotz hat jeder seine eigene Art der Wissensaneignung.
Durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 wird das bisherige Sozialhilferecht des Bundes, soweit es sich nicht im Sozialgesetzbuch II wiederfindet, mit Wirkung vom 1. Januar 2005 als Zwölftes Buch in das Sozialgesetzbuch eingeordnet. Das Bundessozialhilfegesetz wird zum Jahresende aufgehoben. Ebenfalls aufgehoben wird das Grundsicherungsgesetz. Seine materiellrechtlichen Regelungen werden weitgehend in das Sozialgesetzbuch XII übernommen.
Die Regelungen des Sozialgesetzbuches XII enthalten neben einer grundlegenden systematischen Umstellung und zahlreichen materiell-rechtlichen Änderungen auch einige Landesrechtsvorbehalte. Die Neuordnung des Sozialhilferechts des Bundes erfordert eine Anpassung unseres Landesgesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes. Anstelle des bisherigen Ausführungsgesetzes sind neue landesrechtliche Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Da außerdem eine Reihe von Vorschriften unseres bisherigen Ausführungsgesetzes aufzuheben ist - durch frühere Änderungen von Bundesgesetzen sind die entsprechenden Korrespondenzregelungen entfallen -, liegt Ihnen mit dem Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Sozialhilferecht nunmehr eine vollständige Neufassung vor.
Erstens. Das Gesetz regelt die sachliche Zuständigkeit für sämtliche Hilfen nach dem künftigen Sozialgesetzbuch XII. Dabei wird die seit dem 1. Juli 2004 geltende Regelung beibehalten und lediglich redaktionell dem Wortlaut des Sozialgesetzbuches XII angepasst. Mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf werden also die Zuständigkeiten der Kommunen und des Landes bei der Sozialhilfe nicht verändert. Es bleibt bei dem Status quo.
Zweitens. Das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe erhält wie bei der bisherigen Sozialhilfe die Möglichkeit, bei der Durchführung seiner Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch XII die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen der so genannten Heranziehung zu beteiligen.
Anders als bisher wollen wir den Umfang der Heranziehung der Kreise und kreisfreien Städte für die Durchführung der Sozialhilfeaufgaben des Landes nicht in der Heranziehungsverordnung, sondern unmittelbar im Gesetz regeln. Zu diesem Zweck haben wir die entsprechenden Textpassagen aus der zum 1. Juli 2004 novellierten Heranziehungsverordnung in den Gesetzestext übernommen und lediglich redaktionell angepasst. Auch insoweit führt der vorliegende Gesetzentwurf also zu keiner zusätzlichen Belastung der Kommunen. Der Umfang der Aufgaben, die die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen der Heranziehung zu erledigen haben, wird durch das Gesetz nicht verändert.
Drittens. Ebenso erhalten die Landkreise als örtliche Träger der Sozialhilfe wie bei der bisherigen Regelung die Möglichkeit, zur Durchführung ihrer Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch XII per Satzung oder öffentlichrechtlichem Vertrag Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften heranzuziehen. Bei Wahrnehmung dieser Option werden die Landkreise aber verpflichtet, die Aufgaben genau zu beschreiben und eine Regelung zum Finanzausgleich für die Aufgabenübertragung festzulegen.
Viertens. Künftig entfällt die beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheides in Sozialhilfeangelegenheiten. Dieses dient der Entbürokratisierung und Verfahrensbeschleunigung, ohne die individuelle Rechtsstellung der Hilfesuchenden zu beeinträchtigen.
Fünftens. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält eine Verteilungsregelung für die dem Land für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 34 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes zufließenden Bundesmittel.
Eine wesentliche Neuerung ist die Verpflichtung zum Abschluss von Zielvereinbarungen zwischen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den herangezogenen Landkreisen und kreisfreien Städten. Soweit die Zielvereinbarungen das Budget betreffen, sollen sie mit Bonusregelungen kombiniert werden. Das heißt, wenn eine vom Land herangezogene Kommune gegenüber den im Haushaltsplan veranschlagten Beträgen Mehreinnahmen oder Minderausgaben erzielt, kann sie einen Teil davon als Bonus behalten. Mit diesem Steuerungsinstrument wird das Instrument der Fachaufsicht sinnvoll ergänzt.
Die Kommunen erhalten einen materiellen Anreiz, den im Sozialgesetzbuch XII vorgesehenen Vorrang der ambulanten Hilfeformen in der Praxis umzusetzen sowie Ansprüche gegen Dritte - seien es private Versicherungsgesellschaften, andere Sozialleistungsträger oder Unterhaltsschuldner - noch entschiedener als bisher durchzusetzen.
Der vorliegende Gesetzentwurf führt nicht zu zusätzlichen Ausgaben des Landes. Die Erstattung der Verwaltungskosten für die Heranziehung ist bereits im kommu
Auch die vorgesehene Kombination von Zielvereinbarungen mit einer Bonusregelung verursacht keine Mehrausgaben. Basis der Zielvereinbarungen sind jeweils die im Landeshaushalt veranschlagten Einnahmen und Ausgaben, die in den Zielvereinbarungen mit den einzelnen Landkreisen, auf diese heruntergebrochen, als Budget vereinbart werden.
Bonuszahlungen werden, wie schon erwähnt, nur für den Fall der Unterschreitung der veranschlagten Ausgaben oder der Überschreitung der veranschlagten Einnahmen vorgesehen. Zu Bonuszahlungen kommt es also nur, wenn ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt per saldo gegenüber dem Haushaltsansatz Einsparungen erreicht. Das Land und die Kommune profitieren in diesem Fall beide davon.
Da das Gesetz zugleich mit dem Sozialgesetzbuch XII am 1. Januar 2005 in Kraft treten soll, war die Frist für die Anhörung der Verbände Ende Oktober vergleichsweise knapp bemessen. Das hat den Städte- und Gemeindebund und die Liga der Freien Wohlfahrtspflege dazu bewogen, im Anhörungsverfahren keine Stellungnahme abzugeben und solche erst für das parlamentarische Verfahren anzukündigen. Ich bedauere dies, will aber darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf für die Städte und die Gemeinden sowie für die Freie Wohlfahrtspflege keine belastenden Neuerungen enthält.
Die Möglichkeit der Heranziehung von Gemeinden durch die Kreise als örtliche Träger der Sozialhilfe besteht schon nach dem derzeit geltenden Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz. Auch nach dem bisherigen Gesetz kann diese Heranziehung sowohl durch öffentlich-rechtlichen Vertrag als auch durch Satzung erfolgen. Materielle Regelungen, die sich auf die Klientel der Wohlfahrtsverbände auswirken könnten, enthält der vorliegende Gesetzentwurf nicht.
Ich bin zuversichtlich, dass es uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelingen wird, ein zukunftsfähiges Ausführungsgesetz für den Bereich der Sozialhilfe zu schaffen, das auch den geänderten Anforderungen an die Steuerung der Sozialhilfeaufgaben und der daraus resultierenden Ausgaben gerecht wird. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Einbringung. - Damit können wir in die Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion eintreten. Für die PDS-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Dr. Eckert das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Eckert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie der Minister ausführte, ist es ein Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch XII, beschlossen im Dezember 2003. Wir haben jetzt November 2004. Weiterhin wurde um eine zügige Beratung und Beschlussfassung gebeten. Ich halte das - gelinde gesagt; vorhin wurde schon der Einwand erhoben - nicht für gut, um das sehr zart zu sagen.
Das heißt also, wir haben wiederum nicht die Möglichkeit, inhaltlich richtig zu diskutieren. Das wäre vielleicht möglich; denn der Herr Minister hat eben den Eindruck erweckt: Das alles sind nur Ausführungsbestimmungen; es gibt kaum Probleme; alles bleibt, wie es ist. Aber beim genaueren Hinsehen stellt man fest, dass es eben nicht ganz so einfach ist. Ebenso könnte man die kurze Beratungszeit damit begründen, dass das Gesetz rund ist. Ich glaube, dass es das nicht ist.
Wir sehen einige Problemfelder. Das erste Problemfeld ist - der Herr Minister hat es angesprochen -: Wenn man im Dezember 2003 weiß, dass man ein Ausführungsgesetz benötigt, und dieses erst jetzt vorlegt, dann ist es nicht nur als ein Versehen anzusehen, wenn die Anhörungsfrist so kurz gestaltet wird. Man hätte auch die Möglichkeit gehabt zu sagen: Wir bringen den Gesetzentwurf im September in die Anhörung. Dann besteht auch die Möglichkeit, die Liga und die Spitzenverbände angemessen einzubeziehen. Aber nur zwei Arbeitstage lassen es nicht zu, darüber entsprechend zu beraten.
Dazu muss ich sagen: Es scheint langsam ein Trend zu werden, dass die Landesregierung auf die Sachkenntnis von Vereinen, Verbänden und anderen Organisationen verzichtet. Ich erinnere an das Schulgesetz, wo betroffenen Verbänden nur sehr zögerlich die Möglichkeit dazu gegeben wurde, oder auch an das ÖPNV-Gesetz, wo die Einladungsfrist ebenfalls sehr kurz war.
Ein zweites Problem ist die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe. Ich finde es gut, dass Sie die Einwände bei der Bildung des Landesverwaltungsamtes berücksichtigt haben und nunmehr die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe regeln.
Aber in § 4 Abs. 6 - Sie haben das selbst gesagt - ist eine wesentliche Neuerung, nämlich der Abschluss von Zielvereinbarungen, vorgesehen. Dazu gibt es natürlich einige Fragen. So ist es zwingend vorgeschrieben, Zielvereinbarungen abzuschließen. Gegenstand dieser Vereinbarungen sollen Leistungs-, Qualitäts- und Budgetziele sein. Dabei ergibt sich die Frage: Was genau ist damit gemeint? Welche Leistungen werden Gegenstand sein? Die Leistungen der Kreise beim Verwalten der Eingliederungshilfe oder das Vorgehen beim Kürzen der entsprechenden persönlichen Bezüge oder - wie auch immer - des Rechtsanspruchs? Also wofür wird es einen Bonus geben?
Ich stelle mir das nur einmal praktisch vor: Seit 1996 sind die Pflegesätze gedeckelt - maximal 2 % Aufwuchs im Jahr. Sie alle kennen die Tarifentwicklungen, Sie kennen die Entwicklungen bei den anderen Kosten, den Energiekosten usw. Dennoch wird vermutet, dass es noch Reserven gibt und dass man über Zielvereinbarungen eventuell noch Freiräume habe.
Die Frage ist natürlich - wenn das so ist, dann soll das natürlich nicht unter Beschränkung der persönlichen Ansprüche passieren; das steht extra darin -: Was bitte schön soll in den Zielvereinbarungen wirklich bewertet werden?
Zu diesem Punkt meldet auch die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Bedenken an. Für sie ist es - ich zitiere -
„... schon verwunderlich, dass in einem Fachgesetz fiskalische Steuerung im Vordergrund steht und nicht etwa, wie von uns erwartet, der Hilfesuchende selbst in den Mittelpunkt von gesetzlichen Regelungen genommen wird.“
Wir beobachten diese Angelegenheit sehr kritisch. Wir erwarten, dass im Ausschuss darauf eine Antwort gegeben wird.
Ein drittes Problemfeld aus unserer Sicht und aus der Sicht der Liga ist die Regelung des § 7, der eine Beteiligung sozial erfahrener Personen vor dem Erlass von Widerspruchsbescheiden gegen Sozialhilfebescheide ausschließt. Das in der Begründung dafür genannte Argument des Abbaus der Bürokratisierung ist wohl mehr als fragwürdig, könnte doch eine fachkundige Beratung vor dem Erlass von Bescheiden so manche Gerichtskosten sparen helfen. Wir reden hier über einen Umfang von jährlich 500 bis 700 Widersprüchen. Diese Zahl könnte man minimieren, wenn man sozial erfahrene Personen rechtzeitig zur Beratung über die entsprechenden Bescheide heranzieht und hinzuzieht.
Ein letztes Problemfeld. In den §§ 5 und 6 wird die Heranziehung durch die Landkreise geregelt. In der Satzung sollen insbesondere die Verwaltungskosten sowie die Erstattung von Aufwendungen geregelt werden. Keine Rolle spielt beispielsweise die notwendige Herstellung und die Stärkung der Fachlichkeit der Heranzuziehenden, der Verwaltungsgemeinschaften. Das heißt, es wäre tatsächlich wünschenswert, dass die Leistungen ortsnah, gemeindenah usw. erbracht werden. Aber wenn die Fachlichkeit nicht geregelt ist, dann kann man natürlich auch bestimmte andere Sachen nicht vornehmen.
Daher sehen wir erhebliche Problemkreise und haben erhebliche Bedenken, den Gesetzentwurf einfach ganz schnell durch den Landtag zu bringen. Wir erwarten trotz alledem eine ausführliche Beratung im Ausschuss. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Für die CDU-Fraktion gebe ich nun der Abgeordneten Frau Liebrecht das Wort. Bitte sehr, Frau Liebrecht.