Ich komme nun zum Schluss, meine Damen und Herren. Diese heute zu beratende und morgen zu beschließende Änderung der Landesverfassung ist ein Höhepunkt der Arbeit des Landtages der vierten Wahlperiode. Ich bin mir sicher, dass die morgige Aussprache der Fraktionsvorsitzenden hier fortsetzt.
Die zu beschließenden Änderungen gehen auf langjährige Verhandlungen zurück, greifen zurückhaltend in die geltende Verfassung ein, sind einvernehmlich eingebracht und im Interesse der Gewährleistung eines breiten politischen Konsenses im Gesetzgebungsverfahren einvernehmlich geändert worden.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir können uns glücklich schätzen, dass wir eine solche Landesverfassung haben. Sie hat der Demokratie in unserem Land Stabilität verliehen, sie ist das wichtigste politische Fundament unseres Landes und deshalb verdient sie einen breiten Konsens.
Ich bitte Sie, diesen breiten Konsens am morgigen Tag durch eine breite Zustimmung zu den behutsamen Änderungen zum Abschluss zu bringen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Landtagspräsident, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Eingangs hatte ich das weitere Verfahren erläutert, sodass wir jetzt unmittelbar zur Abstimmung kommen können.
Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag in der Drs. 4/1891 ab. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle. Stimmt jemand dagegen? - Keine Gegenstimme. Enthält sich jemand der Stimme? - Keine Enthaltungen. Damit ist dieser Änderungsantrag einstimmig angenommen worden.
Nun stimmen wir über die so geänderte Beschlussempfehlung ab. Wünscht jemand getrennte Abstimmung? - Da das nicht der Fall ist, stimmen wir insgesamt darüber ab. Wer stimmt zu? - Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Dann ist auch dies einstimmig angenommen worden.
Die Landtagsverwaltung wird sogleich den Auftrag erhalten, die soeben beschlossene Textfassung des Gesetzentwurfes für eine neue Drucksache zu erfassen, damit diese morgen rechtzeitig zur Beratung vorliegt.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, habe ich die Freude, auf der Südtribüne Schülerinnen und Schü
a) Entwurf eines Gesetzes über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung (Land- tagsinformationsgesetz - LIG)
b) Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung gemäß Artikel 62 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Landtagsinformationsvereinbarung - LIV)
Ich bitte Herrn Gürth, als Einbringer der beiden Beschlussempfehlungen das Wort zu nehmen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben soeben die zweite Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesverfassung absolviert und damit den Weg für die erste Verabschiedung einer Verfassungsänderung am morgigen Tag frei gemacht.
Jetzt steht die zweite Lesung von zwei Vorlagen an, die ebenfalls im Rahmen der Parlamentsreformdiskussion zwischen allen Fraktionen verhandelt, schließlich von den Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP am 18. Juni 2004 in das Haus eingebracht und an den Ältestenrat zur Beratung überwiesen worden sind. Der Ältestenrat hatte die Vorlagen auf die Tagesordnungen seiner Sitzungen am 1. Juli, am 7. Oktober und am 4. November 2004 gesetzt. Die Vorgeschichte des heute zu beschließenden Landtagsinformationsgesetzes und der auf dieser Grundlage zwischen Landesregierung und Landtag abzuschließenden Informationsvereinbarung reicht jedoch wesentlich weiter zurück.
Erinnern möchte ich Sie zunächst an die Arbeiten des Verfassungsausschusses des Landtages der ersten Wahlperiode. Er hat mit seinen Verhandlungen über eine Bestimmung, die eine umfassende Information des Landtages gewährleisten soll, die Grundlagen für unsere heute zu verabschiedenden Initiativen gelegt. Mit Artikel 62 der Landesverfassung ist am 15. Juli 1992 eine Norm beschlossen worden, die einen recht umfassenden Anspruch des Landtages auf rechtzeitige Information durch die Landesregierung gewährleistet. Es geht dabei vor allem um grundlegende Richtungsbestimmungen des Staates Sachsen-Anhalt, die von der Landesregierung vorzubereiten und letztlich zu entscheiden und zu verantworten sind.
Seit dem In-Kraft-Treten der Landesverfassung haben wir inzwischen mehr als zehn Jahre Erfahrungen in der Informationspraxis und auch in der Praxis als Gesetz
geber gesammelt. Den Auftrag der Verfassung an den Gesetzgeber in Artikel 62 Abs. 3, die Parlamentsinformationen materiell und prozedural einfachgesetzlich näher auszugestalten, haben wir bislang jedoch nicht umgesetzt.
Dass die Erledigung dieses Verfassungsauftrages ein ganzes Jahrzehnt auf sich warten ließ, ist kein Versäumnis der Landespolitik. Vielmehr war der zurückhaltende Umgang mit der Ermächtigung an den Gesetzgeber vor allem der Tatsache geschuldet, dass man staatspraktische Erfahrungen sammeln wollte, ehe an das Formulieren eines Gesetzentwurfes herangegangen werden sollte.
Erinnern möchte ich daran, dass die Frage eines Parlamentsinformationsgesetzes und einer Parlamentsinformationsvereinbarung auch den Landtag der dritten Wahlperiode und seine Ausschüsse, hier insbesondere den Ausschuss für Recht und Verfassung, sowie den Ältestenrat im Rahmen der umfassenden Parlamentsreformdiskussion beschäftigt hat. Letztlich entstand die Vereinbarung zwischen den Fraktionen, das Projekt in der vierten Wahlperiode anzugehen. Das haben wir nun getan und bringen es jetzt zum Abschluss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nunmehr auf ausgewählte Einzelfragen des Gesetzgebungsvorhabens eingehen.
Wie Sie den Beschlussempfehlungen in den Drs. 4/1882 sowie 4/1883 entnehmen können, empfiehlt Ihnen der Ältestenrat, an der durch die Initianten gewählten Grundstruktur der Regelungen, der Aufspaltung der Materie in ein Parlamentsinformationsgesetz und eine umfassende Informationsvereinbarung, festzuhalten.
Die Fraktionen haben sich davon leiten lassen, dass das ein sowohl dem Verfassungstext als auch ein dem Zusammenwirken von Verfassungsorganen angemessenes Verfahren sein könnte. Wir sind so zum Abschluss der Vereinbarung einfachgesetzlich ermächtigt und Landtag wie Landesregierung können kontinuierlich auf dem Weg der vergangenen Jahre fortfahren, den Informationsaustausch gleichberechtigt zu vereinbaren.
Dieses Verfahren war allerdings nie völlig unumstritten. Die Kritiker wandten ein, dass eine Beschränkung des Gesetzesinhalts im Wesentlichen auf die deklaratorische Bekräftigung von Verfassungsgrundsätzen und die Ermächtigung zum Abschluss einer Informationsvereinbarung, welche Verfahren und Informationsinhalte detailliert beschreibt, ein Gesetzgebungsverfahren nicht hinreichend rechtfertigen. Kurzzeitig stand auch die Frage, ob man sich, um diesen Verfassungsauftrag umzusetzen, an dem Land Baden-Württemberg orientieren sollte, das diese Materie in einer Verfassungsänderung geregelt hat.
Damit komme ich zu einer zweiten Abwägung, die dieses Projekt von Anfang an begleitet hat, zur Ausgestaltung eines interorganfreundlichen Zusammenwirkens zwischen zwei Verfassungsorganen, denen die Verfassung in Ausgestaltung des Prinzips der Trennung der staatlichen Gewalten Kernbereiche des eigenverantwortlichen Wirkens garantiert.
Es dürfte auf der Hand liegen: Artikel 62 der Landesverfassung und das Landtagsinformationsgesetz sowie die Landtagsinformationsvereinbarung stärken den Landtag
in der Wahrnehmung seiner Kompetenzen - dies vor allem deshalb, weil sie gerade Informationen auf jenen Politikfeldern sichern sollen, auf denen die Landesregierung aufgrund anderer Verfassungsbestimmungen, zum Beispiel des Bundesratsprinzips des Grundgesetzes, im Vorteil ist.
Um nicht missverstanden zu werden: Es geht nicht darum, den Kernbereich der Exekutive einzuschränken. Auch geht es nicht darum, Macht zu beschränken. Vielmehr geht es darum, ein grundlegendes Verfassungsprinzip, nämlich dass die Staatsleitung Regierung und Parlament quasi zur gesamten Hand übereignet sind, wie es Montesquieu einmal ausdrückte, fair auszugestalten - dies um sich im besten Sinne in einer rechtsstaatlich verfassten parlamentarischen Demokratie in exekutiver und legislativer Verantwortung für das Gemeinwesen zu engagieren.
Dass die Verfassung die Regierung zur Information verpflichtet und dem Landtag einen Informationsanspruch einräumt, zeigt, was wir alle in Opposition oder Koalition aus dem parlamentarischen Alltag kennen: dass die Regierung natürlich einen durch einen Landtag nie auszugleichenden Vorsprung an Informationen besitzt. Dieser Vorsprung ist aber gerade auf Feldern auszugleichen, auf denen es um grundlegende politische Richtungsbestimmungen in unserem Lande geht. Das ist das Ziel der Verfassung und auch das Ziel des nunmehr zu beschließenden Landtagsinformationsgesetzes und der dazu gehörenden Vereinbarung.
Natürlich sind hiervon handfeste Interessen, aber auch Fragen der Praktikabilität und der Opportunität berührt. Festgemacht haben sich diese Fragen vor allem an § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs, der die Landesregierung verpflichtet, Stellungnahmen des Landtages zu bestimmten, seine Kompetenzen betreffenden Fragen maßgeblich zu berücksichtigen. Dies betrifft die Vorbereitung von Gesetzen, wichtige Angelegenheiten der Landesplanung und den geplanten Abschluss von Staatsverträgen sowie - soweit sie für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind - Bundesratsangelegenheiten, beabsichtigte Verwaltungsabkommen, die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Regionen, anderen Staaten und zwischenstaatlichen Einrichtungen und Angelegenheiten der Europäischen Union.
Ich halte das für einen natürlichen Anspruch eines Parlaments, das sich selbst ernst nimmt und auch ernst genommen werden will. Aber die Stellungnahmen sind kein Selbstzweck; denn das Parlament kann etwas Einzigartiges bieten. Die rechtzeitige Information, die Stellungnahme des Landtages zu ausgewählten Fragen in Begleitung des Regierungshandelns und die damit verbundene Parlamentarisierung von existierender Politikverflechtung können durchaus einen Zuwachs an allgemeiner Legitimation und Akzeptanz von Regierungshandeln bewirken.
Durch rechtzeitige Information wird nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, den Bürgerwillen, repräsentiert von den gewählten Abgeordneten des Landtages, in den Meinungsbildungsprozess der Regierung frühzeitig einfließen zu lassen.
Gerade auch in Angelegenheiten der Europäischen Union und in der interregionalen Zusammenarbeit halte ich das für wünschenswert. Auch das sich nach dem EUVerfassungsvertrag abzeichnende Verfahren der Subsidiaritätskontrolle und die mögliche Beteiligung des Landtages am innerstaatlichen Frühwarnsystem zwingen Lan
desregierung und Landtag nachgerade bereits jetzt, das partnerschaftliche Zusammenwirken zu vertiefen.
Dass es bei der Ausgestaltung des Verfassungsauftrages aus dem Jahr 1992, Informationsrechte und -pflichten zwischen Parlament und Regierung gesetzlich zu regeln, unterschiedliche Interessen und Rechtsauffassungen gab, liegt in der Natur der Sache. Dabei galt es am Ende auch, die unterschiedliche Interessenlage der Opposition und der regierungstragenden Koalitionsfraktionen zu berücksichtigen.
Einen längeren Diskurs, der in sehr langwierigen Gesprächen zwischen der Regierung und dem Parlament ausgetragen wurde, gab es betreffend § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfes. Am Wortlaut von § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfes gemessen, war es nicht immer nachvollziehbar, wie in dieser Bestimmung eine verfassungswidrige Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung und, vermittelt über Artikel 28 des Grundgesetzes, eine Verletzung der Ewigkeitsgarantie des Artikels 79 Abs. 3 des Grundgesetzes erblickt werden konnte. Nach meinem Eindruck stellten vielmehr sowohl die Norm selbst als auch die Begründung ganz klar, dass eine rechtlich zwingende Bindung der Landesregierung an maßgeblich zu berücksichtigende Stellungnahmen des Landtages damit gerade nicht verbunden sein sollte. Hierbei ging es letztlich um die Frage, ob das gewählte Verfahren, gewollt oder ungewollt, Regierungshandeln lähmen oder Rechtsstreitigkeiten fördern könnte.
Uns sollte dieses Beispiel stets dazu anhalten, sowohl mit fachlichen Äußerungen aus den eigenen parlamentarischen Reihen als auch mit amtlichen Stellungnahmen von außerhalb des Hauses verantwortungsbewusst umzugehen und verfassungspolitische Debatten auch vor allem verfassungspolitisch und nicht verfassungsdogmatisch zu führen. Letztlich wird damit auch immer das Selbstverständnis und der Wert unserer Landesverfassung mit in die Waagschale geworfen.
Wie ernst es den die Initiative tragenden Fraktionen mit einer möglichst einvernehmlich mit der Landesregierung vereinbarten Vorlage ist, zeigt Ihnen die Änderungsempfehlung zu § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfes, die durch die Fraktionen der CDU, der FDP und der SPD in die Beratungen des Ältestenrats eingebracht worden ist und Ihnen heute zur Beschlussfassung vorliegt. Sie soll eine möglichst große Rechtsklarheit gewährleisten. Es mag durchaus sein, dass sich die Kunst des Gesetzgebers hierbei nicht jedem und nicht jedem auf den ersten Blick offenbart. Es war vielmehr auch der angestrebte politische Kompromiss, der von zentraler Bedeutung war. Der Ältestenrat hat diese Einzeländerung bei fünf Stimmenthaltungen einstimmig beschlossen.
Ich möchte damit zu einer dritten Abwägung kommen, die sowohl die Verhandlungen auf dem Weg zu den Initiativen als auch die Verhandlungen in Begleitung der Ausschussberatungen geprägt hat: die Frage der Effizienz des nunmehr gewählten Informationsverfahrens.
Wir müssen berücksichtigen, dass die zur Information erforderlichen Handlungen der Exekutive verhältnismäßig sind. Das zu gewährleisten ist Teil der politischen Gesamtverantwortung des Parlaments. Es liegt nicht im Interesse des Landes, wenn die Landesregierung unverhältnismäßig viel Aufwand betreiben muss, um stets Informationspflichten abzuwägen und diesen gerecht zu werden, und dabei das Regierungshandeln gelähmt wird. Deswegen wird dem Parlament und der Regierung mit dem nun zu beschließenden LIG sowie der LIV die