Lieber Herr Polte, ich weiß, wie sehr Sie emotional hinter der deutschen Einheit stehen. Deshalb würde ich gern wissen, wie Sie in der Gesamtheit diese Politik im Nachhinein historisch beurteilen.
Herr Minister, zunächst bedanke ich mich dafür, dass Sie zu Protokoll gegeben haben, dass Sie mich schätzen. Das höre ich das erste Mal.
Als es darum ging, ob ich noch einmal als Oberbürgermeister antrete, da habe ich anderes von Ihnen gehört.
Aber das, was Sie auch gesagt haben, stimmt. Wenn es um die deutsche Einheit geht, dann kämpfe ich wie ein Löwe,
weil ich sage, sie ist das schönste und bedeutendste Geschenk der Geschichte im letzten Jahrhundert. Das lasse ich mir nicht abhandeln.
Ich habe immer gegen die gewettert, die die Frage der Einheit aus der Position einer Krämerseele heraus zu lösen versuchten. Das war nicht mein Ansatz.
Aber ich habe neulich erst einen Fernsehbericht gesehen. Da ging es um die Finanzen des Bundes. Die immer höher werdende Verschuldung des Bundes begann Anfang 70er-Jahre, hat sich dann beschleunigt und dann hat sie sich unter Kanzler Kohl deutlich erhöht
und dann hat es in der Tat nach dem Jahr 1990 noch einmal ein erhebliches Mehr gegeben; das ist wohl wahr.
Aber wie auch immer diese Schulden zustande gekommen sind, in einem sind wir uns doch wohl einig: Wenn man politisch handlungsfähig sein will, dann muss man auch wieder finanzielle Spielräume haben. Und vor dieser Frage stand im Jahre 1998 der Kanzler Schröder. Deswegen fand ich es richtig, was der Sparkommissar oder wie Sie ihn nennen, der Eichel, gemacht hat. Er hat gesagt: Wir müssen die Verschuldung zurückführen. Wir müssen wieder politische Handlungsspielräume gewinnen, wie auch immer.
Man kann sich darüber streiten, ob das optimal gelaufen ist. Das ist doch auch Ihr Thema. Aber Sie können es doch der Bundesregierung nicht vorwerfen, wenn sie sich bemüht und wenn sie zum Beispiel die Steuer auf 35 % heruntersetzt und es kommt weniger herein, dass dann auch weniger zum Verteilen da ist.
Mir gefällt das auch nicht. Ich habe immer gesagt, auch als ich noch im Präsidium des Deutschen Städtetages war, wir brauchen auch eine kommunale Steuerreform. Die steht ja auch an. Aber wir wissen nicht, wann die kommt. Das wird noch Jahre dauern. Hier liegt die wahre
Herr Dr. Polte, ich habe keine Frage an Sie, sondern eine Bemerkung. Ich habe die Liste vorliegen, die eine Übersicht über die Nettokreditaufnahme des Bundes in den Jahren von 1962 bis 2001 enthält. Die kann ich Ihnen gern überreichen. Sie werden daraus erkennen können, dass die Nettokreditaufnahme im Jahr 1981 bei 37,4 Milliarden DM und im Jahr 1989 bei 19,2 Milliarden DM lag. Deswegen kann ich Ihre Interpretation, dass unter Helmut Kohl in den 80er-Jahren die Verschuldung enorm angestiegen sei, nicht bestätigen.
Die Regierungszeit des Kanzlers Kohl umfasste 16 Jahre. Davon entfielen acht Jahre auf die Zeit nach der deutschen Einheit. In den acht Jahren davor regierte er nur im alten Bundesgebiet. Nun betrachten Sie einmal die Entwicklung der entsprechenden Nettokreditaufnahmen. Das ist insgesamt für den Bund schlecht und schlimm. Ich unterstütze deswegen auch jedes bundesdeutsche Bemühen, dass das reduziert wird.
Darum hat sich auch die Regierung in Berlin bemüht. Das sollten wir doch auch anerkennen, weil wir vor derselben Aufgabe stehen. Das wird schlimm und schwer genug. Wenn der Herr Minister Professor Paqué seinen Haushaltsentwurf für das Jahr 2003 vorlegt, dann wird das Heulen und Zähneklappern einsetzen; denn jeder wird versuchen, für seinen Bereich das Meiste herauszuholen, und überall müssen wir die Wahrheit sagen: Die Spielräume sind nicht mehr so da. - Das ist keine leichte Aufgabe.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, versuchen Sie dabei nicht die Opposition sozusagen draußen vor der Tür stehen zu lassen, abzumeiern und mit entsprechender Arroganz in den Ausschusssitzungen die Arbeit zu machen, sondern versuchen Sie im Interesse des Landes auch Konsens zu finden. Die Demokratie lebt vom Kompromiss. Wenn wir dazu nicht fähig sind, dann werden wir die Aufgabe, wegen der wir alle im Landtag sitzen, nicht 100-prozentig erfüllen können.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS, von Minister Herrn Dr. Daehre und von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)
Meine Damen und Herren! Wir treten damit in das Abstimmungsverfahren ein, das dreigeteilt ist. Zunächst stimmen wir über die Beschlussempfehlung in der Drs. 4/75 ab. Abschnitt I der Beschlussempfehlung enthält den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss vorgelegten Fassung. Über diesen ist zunächst abzustimmen. Dann ist abzustimmen über den in Abschnitt II der Beschlussempfehlung enthaltenen Entschließungsantrag und schließlich über den von der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag in der Drs. 4/67.
Zunächst stimmen wir über alle selbständigen Bestimmungen des Abschnitts I der Beschlussempfehlung ab, das heißt über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung. Dieser Gesetzentwurf besteht aus neun Artikeln. Ich schlage Ihnen vor, eine zusammengefasste Abstimmung über alle neun Artikel inklusive der Überschriften vorzunehmen, es sei denn, ein anwesendes Mitglied des Landtages verlangt an irgendeiner Stelle eine getrennte Abstimmung. - Das ist nicht der Fall.
Dann können wir zunächst über die neun Artikel in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung einschließlich der Artikelüberschriften abstimmen. Wer diesen Artikeln einschließlich der Überschriften die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Diese Artikel wurden bei Gegenstimmen aus der PDS- und der SPD-Fraktion mit den Stimmen von CDU und FDP angenommen.
Als Nächstes kommen wir zur Abstimmung über die Gesetzesüberschrift. Sie lautet: Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. - Wer dieser Gesetzesüberschrift die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist auch diese Gesetzesüberschrift mit Mehrheit beschlossen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung über das Gesetz in seiner Gesamtheit. Seitens der PDS-Fraktion wurde namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Abgeordnete Frau Schmidt, den Namensaufruf vorzunehmen.
Frau von Angern Nein Herr Becker Ja Herr Bischoff Nein Herr Bönisch Ja Herr Borgwardt Ja Frau Brakebusch Ja Herr Brumme Ja Frau Budde Nein Frau Bull Nein Herr Bullerjahn Nein Herr Czeke Nein Herr Dr. Daehre Ja Herr Daldrup Ja Frau Dirlich -
Herr Doege Nein Herr Dr. Eckert Nein Herr El-Khalil Ja Herr Ernst Ja Herr Felke Nein Frau Ferchland Nein Frau Feußner Ja Herr Dr. Fikentscher Nein Frau Fischer (Naumburg) Nein Frau Fischer (Merseburg) Ja Frau Fischer (Leuna) Nein Herr Gallert - Herr Gärtner Nein Herr Gebhardt Nein Herr Geisthardt Ja Frau Grimm-Benne Nein Herr Grünert Nein Herr Gurke Ja Herr Gürth Ja Herr Hacke Ja Frau Hajek Nein Herr Hauser Ja Frau Dr. Hein Nein Herr Dr. Heyer Nein Herr Höhn Nein Herr Dr. Höppner Nein Frau Dr. Hüskens Ja Frau Jahr Nein Herr Jantos Ja Frau Kachel Nein Herr Kasten - Herr Kehl Ja Frau Dr. Klein Nein Herr Kley Ja Frau Knöfler Nein Herr Koch Ja Herr Dr. Köck Nein Herr Kolze Ja Herr Kosmehl Ja Herr Krause Nein Herr Kühn Nein Frau Dr. Kuppe Nein Herr Kurze Ja Herr Laaß Ja Frau Liebrecht Ja Herr Lienau Ja Herr Lukowitz Ja Herr Madl Ja Herr Maertens Ja Herr Metke Nein Frau Mittendorf - Herr Oleikiewitz Nein Herr Prof. Dr. Paqué Ja Frau Dr. Paschke Nein Frau Pieper Ja
Herr Dr. Polte Nein Herr Poser Ja Herr Dr. Püchel Nein Herr Qual Ja Herr Radke Ja Herr Radschunat Nein Herr Rauls Ja Herr Reck Nein Herr Dr. Rehberger Ja Herr Reichert Ja Frau Röder Ja Frau Rogée Nein Herr Rothe Nein Frau Rotzsch Ja Herr Ruden Ja Herr Sänger Ja Herr Scharf Ja Herr Dr. Schellenberger Ja Herr Scheurell Ja Herr Schlaak Ja Frau Schmidt Nein Herr Schomburg Ja Herr Dr. Schrader Ja Herr Schröder Ja Herr Schulz Ja Herr Schwenke - Frau Seifert Ja Frau Dr. Sitte Nein Herr Dr. Sobetzko Ja Herr Prof. Dr. Spotka Ja Herr Stadelmann - Herr Stahlknecht Ja Herr Steinecke Ja Frau Theil Nein Herr Dr. Thiel Nein Frau Tiedge Nein Herr Tögel Nein Herr Tullner Ja Frau Vogel Ja Herr Dr. Volk Ja Frau Dr. Weiher Nein Frau Weiß Ja Frau Wernicke Ja Herr Wolpert Ja Frau Wybrands Ja Herr Zimmer Ja
Meine Damen und Herren, ich frage Sie zum Schluss des Namensaufrufes: Ist jemand im Saal, der bisher sein Votum nicht abgegeben hat? - Bitte, Frau Mittendorf.
Weitere Abgeordnete? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die namentliche Abstimmung ab. Wir treten in den Auszählungsprozess ein. Ich bitte Sie, trotzdem