Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

Bei der Beurteilung des Gefahrengrades ist von Belang, dass in den von den deutschen Sicherheitsbehörden nach dem 11. September verbreiteten öffentlichen Erklärungen nicht von einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben die Rede ist. Diese Erklärungen hatten eher beschwichtigenden Charakter.

Da es rechtlich umstritten ist, ob nach dem 11. September eine gegenwärtige Gefahr vorliegt und diese noch anhält, ist das Instrument der präventiven Rasterfahndung auf eine zweifelsfreie gesetzliche Grundlage zu stellen. Ich habe bereits vorhin gesagt, dass aus meiner Sicht die präventive Rasterfahndung alternativlos ist. Die Kritiker müssten andere Vorschläge machen, wie wir solcher Täter im Vorfeld der Tatbegehung habhaft werden oder jedenfalls ihren Modus Operandi erkennen und entsprechende Warnungen herausgeben und Schutzmaßnahmen treffen können.

Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion löst das Problem, indem der Gefahrengrad von einer gegenwärtigen zu einer abstrakten Gefahr herabgestuft wird. Wir haben den Anwendungsbereich bewusst eng definiert. Es geht um eine Gefahr für Leib oder Leben bzw. den Bestand des Bundes und der Länder, die von einer internationalen terroristischen Vereinigung ausgeht. Wir wollen daran festhalten, dass die Rasterfahndung nur durch einen Richter angeordnet werden kann.

Meine Damen und Herren! In der Koalitionsvereinbarung, die CDU und FDP im Mai abgeschlossen haben, wird eine Novellierung des SOG angekündigt, mit der die präventive Rasterfahndung künftig zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung bei Anordnungsvorbehalt durch das Ministerium des Innern zulässig sein soll. Es soll demzufolge der Begriff der Gefahr völlig aus dem Tatbestand verschwinden und der Richtervorbehalt durch eine behördliche Anordnungsbefugnis, wenn auch einer obersten Landesbehörde, ersetzt werden.

Eine solche Ausweitung halten wir für falsch. Es wäre nicht richtig, aus Anlass der Bekämpfung des Terrorismus das Instrument der präventiven Rasterfahndung zu einem allgemein tauglichen Instrument zu erklären, mit dem ohne Einschränkung des Täterkreises, ohne Richtervorbehalt und ohne das Erfordernis einer Gefahr Straftaten von erheblicher Bedeutung bekämpft werden. Das ist ein ganzer Katalog von Straftaten - da gibt es wiederum eine Legaldefinition im SOG - und zu diesem Katalog „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ gehören nicht nur sämtliche Verbrechen, sondern auch qualifizierte Vergehen, zum Beispiel der Bandendiebstahl.

Wir reden hier, wohl gemerkt, von der präventiven Rasterfahndung, also noch bevor die Straftat, um die es geht, passiert ist, und die, die wir suchen, sind noch gar nicht Täter. Das ist auch das rechtsstaatlich Bedenkliche an dem ganzen Instrument. Für die Ermittlungen nach einer Straftat, wenn es also Täter gibt, nach denen wir

suchen, haben wir in der Strafprozessordnung eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage.

Meine Damen und Herren! Vor allem wollen wir am Richtervorbehalt festhalten. Der Herr Landtagspräsident hat vorgestern im Kloster Unser Lieben Frauen zum Entstehen der Verfassung vor zehn Jahren gesagt: „Wir wollten eine gewaltengeteilte Organisation unseres Staates gewährleisten.“ Es liegt mir fern, Herrn Professor Spotka für mein Anliegen vereinnahmen zu wollen, aber der Richtervorbehalt bei der polizeilichen Rasterfahndung ist zweifelsohne ein Beispiel für Gewaltenteilung.

Artikel 83 Abs. 2 unserer Landesverfassung lautet: „Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.“ Ich denke, wir erreichen durch die Einschaltung der Justiz ein höheres Maß an Rechtssicherheit und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung, als wenn eine Behörde entscheidet.

Richtervorbehalte werden üblicherweise dort geregelt, wo ein Grundrechtseingriff erheblich ist. Der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1983 anlässlich einer Volkszählung entwickelt hat, ist erheblich. Die Erheblichkeit ergibt sich bei der Rasterfahndung nicht aus der Eingriffstiefe in Bezug auf den einzelnen Bürger, sondern aus der Vielzahl von Eingriffen bei unbescholtenen Menschen, über die Daten gesammelt und abgeglichen werden. Es sind auch in Sachsen-Anhalt Tausende von Datensätzen erhoben worden.

Die Rolle des Datenschutzbeauftragten bei der Kontrolle der Rasterfahndung ist wichtig und nützlich, aber sie ist aus unserer Sicht kein Ersatz für den Richtervorbehalt. Übrigens hat die Mehrheit der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sich bei der Konferenz der Datenschutzbeauftragten Anfang März in Mainz für die Beibehaltung der Rasterfahndung ausgesprochen.

Meine Damen und Herren! Namens der SPD-Fraktion beantrage ich die Überweisung des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht und Verfassung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Wir treten in die Debatte ein. Zunächst spricht für die Landesregierung Herr Minister Jeziorsky.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine sehr schöne Einbringungsrede, Kollege Rothe. Zumindest vom Inhalt her erinnert sie mich an Einbringungsreden zu CDU-Anträgen zum Thema „Rasterfahndung“ aus dem Jahr 1998. Herr Rothe, all das, was Sie gesagt haben, wozu man die Rasterfahndung braucht, haben wir schon 1998 gesagt - vor dem 11. September 2001.

(Herr Gärtner, PDS: Das ist richtig!)

Also: Wir beschäftigen uns nicht zum ersten Mal im Landtag mit Vorschlägen zur Änderung der Regelungen über die präventive polizeiliche Rasterfahndung im SOG. Ich habe eben darauf hingewiesen, es gab 1998 und 2001 zwei Anträge der CDU-Fraktion, in denen wir die

Aufhebung des Richtervorbehalts und die Datenübermittlung zur Abwehr von Straftaten von erheblicher Bedeutung forderten.

Ich habe die Landtagssitzung vom 2. Februar 2002 noch in Erinnerung, als der damalige Innenminister Dr. Püchel bei der zweiten Beratung des CDU-Gesetzentwurfs aus dem Jahr 2001 auch im Hinblick auf die Regelung zur Ratserfahndung im Land keinen Bedarf zur Änderung des SOG sah und der Landtag den Antrag der CDUFraktion zur Änderung des SOG insgesamt und auch hinsichtlich der Ratserfahndung ablehnte. Seine ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetzentwurf der CDUFraktion begründete Dr. Püchel seinerzeit insbesondere damit, dass er auf der Ebene der Innenministerkonferenz angeregt habe, eine Gruppe von Polizeiexperten einzusetzen, die unter anderem die Erfahrungen mit der Rasterfahndung Länder übergreifend im Hinblick auf rechtliche Fragen und gesetzgeberischen Handlungsbedarf abklopfen sollte.

Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe liegen zwischenzeitlich vor. Die Innenministerkonferenz hat in ihrer Sitzung im vergangenen Monat diese Ergebnisse im Hinblick auf eine Vereinheitlichung der landesgesetzlichen Voraussetzungen der Rasterfahndung gebilligt. Nach den wesentlichen Positionen der Innenminister für eine Vereinheitlichung der entsprechenden Vorschriften ist die Befugnis zur Anordnung der Rasterfahndung gerade nicht zwingend einem Richter zu übertragen. Hinsichtlich der Einschreitensschwelle empfiehlt es sich nicht, in zeitlicher Hinsicht an die Gegenwärtigkeit einer Gefahrensituation anzuknüpfen.

Ich begrüße es, wenn nunmehr auch die SPD-Fraktion Änderungsbedarf im Hinblick auf die polizeiliche Befugnis zur Rasterfahndung erkennt. Es überrascht mich jedoch - auch nach den Ankündigungen des Kollegen Püchel -, dass die SPD-Fraktion einen Vorschlag unterbreitet, in dem die Ergebnisse der Innenministerkonferenz keine Berücksichtigung finden, zum Beispiel im Hinblick auf die Abschaffung des Richtervorbehalts.

Der Vorschlag der SPD greift auch zu kurz mit seiner Beschränkung auf Gefahren, die von einer internationalen terroristischen Vereinigung ausgehen sollen. Die Erfahrungen nach dem 11. September 2001 haben die Notwendigkeit verdeutlicht, ständig zu prüfen, ob die polizeilichen Befugnisse ausreichen, um die Menschen vor aktuellen Bedrohungen zu schützen.

Sie haben aufgezeigt, dass Raserfahndungen auf gefahrenabwehrrechtlicher Ermächtigungsgrundlage typischerweise bundesweit durchgeführt werden müssen und dass das Tatbestandsmerkmal der gegenwärtigen Gefahr zu hohe Anforderungen an die Anordnung einer Rasterfahndung knüpft, wenn Anwendungsfällen wie der Ermittlung terroristischer Strukturen im Vorfeld konkreter Anschlagsvorbereitungen Rechnung getragen werden soll. Der präventiven polizeilichen Rasterfahndung kommt jedoch angesichts der aktuellen und zukünftig zu erwartenden Bedrohungen durch international agierende Terroristen und Terrorgruppen sowie unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit frühzeitiger Erkenntnisgewinnung als wichtiges Instrument für eine effektive Bekämpfung des Terrorismus stärker als bisher die Bedeutung eines unverzichtbaren Mittels polizeilicher Arbeit zu.

Meine Damen und Herren! Bedrohungslagen entstehen keineswegs nur durch terroristische Netzwerke wie El

Kaida. Eine wesentliche Beeinträchtigung der inneren Sicherheit kann ebenso durch die organisierte Kriminalität entstehen. Organisierte Kriminalität ist kein abgrenzbarer Straftatbestand. Sie tritt nach außen in Erscheinung durch das Einschleusen von Rauschgift und die dadurch gestiegene Zahl von Drogendelikten, verbunden mit der Beschaffungskriminalität, oder durch Schutzgelderpressung. Weitgehend unbemerkt bleibt dagegen zum Beispiel die Geldwäsche, die der organisierten Kriminalität erst ihre besondere Bedeutung gibt. Es besteht daher die Notwendigkeit, die Möglichkeiten der Rasterfahndung auch zur wirkungsvollen Bekämpfung der organisierten Kriminalität und anderer schwerwiegender Straftaten zu nutzen.

Meine Damen und Herren! Bereits bei der ersten Beratung zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor häuslicher Gewalt der Fraktion der SPD im vergangenen Monat habe ich auf die Koalitionsvereinbarung der FDP und der CDU hingewiesen, die eine entsprechende Novellierung des SOG vorsieht. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung werden wir einen Gesetzentwurf vorlegen, der neben anderen Änderungen auch die Voraussetzungen der präventiven polizeilichen Rasterfahndung den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen einer effektiven Verbrechensbekämpfung anpasst und so regelt, dass der größtmögliche Schutz der Menschen vor aktuellen Bedrohungen sichergestellt wird.

Meine Damen und Herren! Im Zuge der Ausschussberatungen werden wir sorgfältig zu diskutieren und zu prüfen haben, wie wir dieses Ziel, über das wir uns wohl einig sind, am besten erreichen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Zunächst spricht für die CDU-Fraktion Herr Reichert. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Sachsen-Anhalt greift ein Anliegen der CDU auf. Die SPD beruft sich in ihrer Gesetzesbegründung darauf, dass die Ereignisse am 11. September 2001 in New York und am 11. April 2002 in einer Synagoge auf Djerba die Sicherheitslage weltweit verändert hätten. Daher sei jetzt eine Gesetzesänderung notwendig.

Bereits am 20. September 2001, also nur neun Tage nach den schrecklichen Ereignissen in den USA, hat die CDU-Landtagsfraktion in der Drs. 3/4958 einen umfangreichen Gesetzentwurf mit dem Ziel vorgelegt, deutlich auf die weltweit veränderte Sicherheitslage zu reagieren und die präventiv-polizeiliche Rasterfahndung in Sachsen-Anhalt unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen.

Im Januar 2002 führte der Innenausschuss hierzu eine Anhörung durch, in der Vertreter von vier anderen Bundesländern deutlich machten, dass der Vorschlag der CDU zur Novellierung unseres Polizeirechtes in die richtige Richtung weise. Dennoch haben SPD und PDS im Februar 2002 unseren Gesetzentwurf abgelehnt, ohne etwa Änderungsvorschläge zu unterbreiten.

Herr Abgeordneter Rothe erklärte, die SPD stehe notwendigen Änderungen des SOG nicht ablehnend gegenüber; der Gesetzentwurf der CDU komme allerdings zu früh. - Er kam auch damals nicht zu früh. Wir hätten jetzt schon ein derartiges Gesetz in Sachsen-Anhalt. Ich glaube, zwei Monate vor der Landtagswahl war dieses Betttuch noch nicht zerschnitten. Wir hatten dementsprechend hier die Möglichkeit, unsere Vorstellungen umzusetzen.

Nunmehr diskutieren wir wiederum über eine derartige Gesetzgebung. Die CDU ist bereit, in den zuständigen Ausschüssen fachlich und sachlich über die praktikable Änderung des SOG auch in diesem Punkt zu streiten. Der Herr Innenminister sagte ja bereits am 6. Juni 2002:

„Auf der Innenministerkonferenz in Bremerhaven wurde deutlich bekräftigt, dass die Rasterfahndung ein unentbehrliches Instrument zur Erkennung und zur Abwehr terroristischer Bedrohung ist und ihre zügige Durchführung unter Beteiligung aller Länder unverändert notwendig ist.“

Gegen den vorgelegten Gesetzentwurf der SPD ergeben sich jedoch inhaltliche Bedenken. Diskussionswürdig ist bereits die Feststellung, die Rasterfahndung bedürfe der Voraussetzung einer abstrakten Gefahr. Eine abstrakte Gefahr liegt vor, wenn aus Handlungen und/oder Zuständen nach den Gesetzen der Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit konkrete Gefahren einzutreten pflegen. Das SOG in seiner bisherigen Fassung verwendet den Begriff der abstrakten Gefahr nur an zwei Stellen. In § 3 Nr. 3 Buchstabe f SOG wird der Begriff definiert. Praktische Anwendung findet die abstrakte Gefahr nur in § 94 SOG als Voraussetzung für den Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen.

Im Gesetzentwurf der SPD erscheint ferner der unbestimmte Rechtsbegriff „internationale terroristische Vereinigung“ diskussionswürdig. Unklar bleibt weiter, was im Detail „hinreichende Erkenntnisse“ sind. Auch dieser unbestimmte Rechtsbegriff lässt nämlich einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum zu. Nach unserer Auffassung scheint der vorliegende Gesetzentwurf erhebliche praktische und juristische Fragen aufzuwerfen.

In Anbetracht der Tatsache, dass derzeit - wie im Koalitionsvertrag angekündigt - vom Innenministerium eine SOG-Novelle vorbereitet wird, empfiehlt die CDU-Fraktion, den Gesetzentwurf der SPD in die Ausschüsse für Inneres sowie für Recht und Verfassung zu überweisen, um dort den anstehenden Novellierungsbedarf fachkundig zu erörtern. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich danke Herrn Reichert. - Nun spricht für die PDSFraktion der Abgeordnete Herr Gärtner. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, dieser Gesetzentwurf der SPD-Fraktion hat in unserer Fraktion sowohl im Hinblick auf den Zeitpunkt seiner Einbringung und seine Inhalte als auch hinsichtlich seiner Form einige Verwunderung ausgelöst, zum Teil aus ähnlichen Gründen, wie sie von der CDU und dem Innenminister bereits erwähnt wurden, wenngleich mit vertauschten Vorzeichen.

Sie wissen, dass auch in der PDS angesichts der schrecklichen Ereignisse vom 11. September 2001 viele Fragen neu gestellt wurden und neue Antworten gefunden worden sind. Klar war und ist aber auch, dass die offene Gesellschaft, der diese Anschläge letztendlich galten, den Kampf gegen den Terrorismus nicht so führen kann, dass sie aufhört, eine offene Gesellschaft zu sein. Damit ist Ihre Frage nach der Alternative auch schon beantwortet, Herr Rothe.

Die Alternative wäre der Weg in die geschlossene Gesellschaft, aber das ist nicht der Weg, den wir gehen möchten. In diesem Sinne haben wir Maßnahmen, die nach dem 11. September 2001 ergriffen worden sind, sehr differenziert bewertet. Dazu gehörte und gehört auch das Mittel der Rasterfahndung. Diese Fahndungsmethode ist schon deshalb nicht unumstritten, da hierbei eine Unzahl von Daten Unbeteiligter und Unverdächtiger erfasst und gerastert werden, ohne dass das für den Einzelnen nachvollziehbar wäre. Der Eingriff in die Grundrechtssphäre des Einzelnen ist groß.

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass durch richterlichen Bescheid das Vorliegen der Voraussetzung einer gegenwärtigen Gefahr bejaht wurde und damit die Rasterfahndung in Sachsen-Anhalt stattfand. Die Effektivität dieser Methode bleibt insbesondere angesichts ihrer Ergebnisse, aber auch wegen der Argumentation im Hinblick auf die Grundrechte zweifelhaft. Dies ist bereits in den 70er-Jahren im Zuge der Diskussion über die Rasterfahndung und deren Einführung zu RAF-Zeiten festgestellt worden.

Nach welchen Kriterien wird gerade im Gefolge des 11. September 2001 gerastert? - Ein ausländischer Student oder eine ausländische Studentin, der bzw. die fleißig und ruhig ist und pünktlich die Miete zahlt.

Meine Damen und Herren! Ich sagte es bereits vor einiger Zeit in diesem Hause: Ich kenne eine Vielzahl solcher Menschen, unschuldiger Menschen, die dann in diesen Verdacht gerieten. Von Universitäten und von Datenschützern wurde das Vorgehen zum Teil scharf kritisiert. Selbst der damalige Innenminister und heutige Fraktionsvorsitzende der SPD Dr. Püchel sagte in der Landtagsdebatte am 11. Oktober 2001 zum CDUGesetzentwurf zur Verschärfung des Polizeigesetzes in diesem Punkt:

„Vorgeschlagen wird weiterhin, die polizeiliche Befugnis zur so genannten Rasterfahndung zu ändern. Die Vorschrift war 1991 auf Betreiben von Ihnen“

- der CDU -

„in unser SOG aufgenommen worden - einschließlich des Richtervorbehalts. Ich kann heute feststellen, dass sich diese Regelung bewährt hat.“

(Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Gerade angesichts dieser Äußerung überrascht der SPD-Entwurf. Sie wollen nunmehr aus einer gegenwärtigen eine abstrakte Gefahr machen, gleichzeitig aber den Richtervorbehalt belassen. An dieser Stelle kommt der Schlips ins Rad. Herr Rothe, Sie haben es selber gesagt: Wir wissen nicht genau, nach wem wir suchen; wir fangen aber erst einmal an. Jetzt soll das auch noch ein Amtsrichter in irgendeiner Weise bestätigen. Das funktioniert an dieser Stelle nicht. Deshalb sollten Sie konsequenterweise dem CDU-Entwurf folgen