Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

(Frau Budde, SPD: Ist das eine neue Erkenntnis, Herr Scharf? - Zurufe von Frau Feußner, CDU, und von Herrn Kühn, SPD)

- Das ist keine neue Erkenntnis.

(Unruhe bei der SPD)

Nur, ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn innerhalb von wenigen Wochen eine neue Landesregierung gezwungen wird - auch die Fraktionen haben es gefordert -, einen Nachtragshaushalt vorzulegen, dann ist natürlich nicht jeder Titel bis zum Abschluss so genau durchzuberaten, dass ich als Parlamentarier an dieser Stelle die Landesregierung auf jeden Tausendmarkschein festlegen möchte, dass er nicht auch anders erwirtschaftbar wäre.

Deshalb bin ich dafür, dass die Landesregierung ihre Freiheit im Vollzug behält, damit sie auch tatsächlich das Klassenziel zum Jahresende erfüllen kann und uns mit der Vorlage der Haushaltsrechnung 2002 auch nachweisen kann, dass die globalen Minderausgaben tatsächlich erwirtschaftet worden sind. Das wird noch knüppelhart für die Ministerien.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Das ist wohl wahr!)

Und da hat der Finanzminister - -

Herr Scharf, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gleich. - Da wird sich der Finanzminister bei den anderen Kabinettskollegen auch noch viel Unmut zuziehen. Aber das ist sein Job. Ich denke, das wird er auch durchziehen. - Jetzt kann gefragt werden.

Herr Abgeordneter Doege, Ihre Zwischenfrage.

Herr Scharf, wir haben bei der Behandlung des Einzelplans 02 feststellen müssen, dass der Haushaltssachbearbeiter konkret nur drei Titel nannte, bei denen die Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe überhaupt möglich ist. Der Landesrechnungshof hat das so bewertet, dass nach der Landeshaushaltsordnung dann die Einstellung der drei Titel zwingend erforderlich gewesen wäre. Stimmen Sie mir zu, dass Sie dieses eigentlich im Haupthaushalt so hätten umsetzen müssen?

Ich bin im Allgemeinen ein Freund des Landesrechnungshofs. Ich stimme ihm aber nicht in jedem Detail zu. Das ist so.

(Zustimmung von Herrn Kolze, CDU)

Ich glaube, die Landesregierung braucht aus den von mir erläuterten Gründen die allgemeine Flexibilisierung der Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe.

Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Es steht auch im Einzelplan 13 noch ein Teilbetrag zur Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe. Es weiß noch kein Minister, ob er noch einmal einen Treffer abbekommt. Sie brauchen die Freiheit, um die globalen Minderausgaben insgesamt erwirtschaften zu können. Abgerechnet wird zum Schluss. Ich will dem Finanzminister an dieser Stelle das Handeln nicht erschweren. Er wird es im Laufe des Jahres noch schwer genug haben.

(Herr Bullerjahn, SPD: Da haben Sie sicherlich Recht!)

Ich komme zum kommunalen Darlehensprogramm. Die CDU-Fraktion hat während der Beratungen zum Haushalt 2002 gefordert, dass eine kommunale Investitionspauschale gewährt werden muss, damit wir angesichts der katastrophalen allgemeinen Entwicklung der Kommunalfinanzen wenigstens dort Erleichterungen schaffen, wo es möglich ist.

Ich bin sehr froh, dass es im Rahmen der Haushaltsberatungen gelungen ist, dieses unglückliche kommunale Investitionsprogramm, das Sie dann aufgelegt haben, so zu modifizieren, dass wir jetzt den Kommunen tatsächlich so etwas wie eine kommunale Investitionspauschale in die Hand geben können, damit sie wissen, dass sie, wenn sie jetzt investieren, ab dem Jahr 2006 von den Tilgungen befreit sind. Das haben sie bei Ihrem Haushaltsplan 2002 beklagt.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Nur zur Kofinanzierung!)

Das haben Sie bewusst in Ihrem Programm, das Sie aufgelegt haben, offen gelassen, sodass die Kommunen nicht wussten, was ab dem Jahr 2006 auf sie zukommt. Jetzt besteht diesbezüglich auf der kommunalen Ebene Klarheit.

Ich hoffe, dass dieses Programm sehr schnell durch das Landesförderinstitut umgesetzt wird. Ich hoffe, dass sich dieses Programm im zweiten Halbjahr noch einmal als ein kleines Turbo-Programm für Investitionen in den Kommunen erweist. Im Investitionsbereich können die Kommunen noch einmal handeln. In diesem Bereich haben sie noch einmal von der Landesregierung und vom Parlament Freiheit bekommen.

Zur Verschuldungssituation des Landes Sachsen-Anhalt: Die Verschuldung steigt auf über 15 Milliarden €; eine

fürchterliche Zahl, von der ich glaube, dass diese sich die meisten Leute im Land Sachsen-Anhalt überhaupt nicht vorstellen können. Wir können den Menschen immer nur anhand von Beispielen klar machen, welche große Belastung in den nächsten Jahren auf allen liegt und dass wir es nur durch eine konsequente Haushaltspolitik verhindern können, dass das Land SachsenAnhalt in die Gestaltungsunfähigkeit schlittert.

Die Nettoneuverschuldung soll ab dem Jahr 2006 auf annähernd null gebracht werden. Das ist eine riesige Aufgabe. Das erfordert einen schrittweisen Rückgang des Haushaltsvolumens um ungefähr 300 bis 400 Millionen € jährlich. Das sind gewaltige Dimensionen. Der Finanzminister hat eine Herkules-Aufgabe vor sich, wenn er uns mit der Vorlage des Haushaltsplans 2003 die ersten Schritte in diese Richtung zeigt.

Wir haben das Ziel der deutlichen Senkung der Nettoneuverschuldung nicht aufgegeben, wie uns mancher aus den Reihen der SPD-Fraktion immer wieder weismachen möchte. Wir unterscheiden uns auch von der PDS-Fraktion, indem wir sagen: Das ist ein volkswirtschaftlich eminent wichtiges Ziel.

Herr Gallert, es ist nicht nebensächlich, wenn wir dieses Ziel aus dem Auge verlieren. Wir müssen alle Kraft dafür verwenden, unseren Landeshaushalt mittelfristig wieder der Gesundung zuzuführen.

(Herr Gallert, PDS: Das wollen wir auch! Dann können wir die Einnahmen erhöhen!)

- Wir können die Einnahmen nicht beliebig erhöhen. Wir sind natürlich auch auf die Rahmenbedingungen angewiesen, die der Bund uns setzt.

(Herr Gallert, PDS: Wollen Sie sie nun verbes- sern oder nicht?)

- Wir wollen das verbessern, insbesondere indem wir gesagt haben - ich stehe zu der Aussage, die ich bereits in der ersten Lesung vorgetragen habe -, dass bei den Steuerrechtsänderungsgesetzen der Bundesregierung in der letzten Zeit einiges falsch gelaufen ist. Wenn Großkonzerne im Moment beim Finanzamt Geld abholen und nicht Geld einzahlen, dann stimmt in Deutschland etwas nicht. An dieser Stelle muss gegengesteuert werden. Das ist die Politik der CDU, und ich hoffe, dass diese Politik ab dem 22. September 2002 umgesetzt werden kann.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von Minister Herrn Becker)

Der Haushaltplan 2003 wird ein Schlüsselhaushalt für die nächsten Jahre werden. Wir werden mit großer Ernsthaftigkeit - aber ich vermute einmal, auch mit großer Betroffenheit - in diese Beratungen hineingehen. Dafür nehmen wir uns ausreichend Zeit. Das ist hinreichend deutlich besprochen worden. Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion werden aber die Notwendigkeit einer Haushaltssanierung nicht scheuen.

Deshalb ist das Gerede, wir würden vor dem 22. September keine Wahrheiten auf den Tisch packen, einfach Quatsch. Wir haben immer gesagt, wo es hingehen muss - auch wenn es schwierig wird.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Was kommt denn da?)

- Sie wissen doch ganz genau, dass das Initiativrecht für die Vorlage des Haushaltsplans allein bei der Landes

regierung liegt. Dieser Haushaltsplan wird im Herbst eingebracht.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Aha!)

Dann kommt noch das Gesamtpaket auf den Tisch.

(Herr Dr. Püchel, SPD, winkt ab)

Wir tun uns alle Mann nichts Gutes, wenn Sie jetzt versuchen, mich eklektisch zu locken, das eine oder das andere zu philosophieren, das man machen könnte. Diese knüppelharte Aufgabe wird der Bevölkerung nur dann erklärbar sein, wenn das gesamte Paket stimmig ist.

(Herr Gallert, PDS: Nach der Bundestagswahl!)

Deshalb wäre es verheerend,

(Herr Gallert, PDS: Vor der Bundestagswahl!)

wenn Sie versuchten, dem einen oder anderen kleine Einzelheiten aus der Nase zu ziehen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Ich lese das Protokoll nach! Das was Sie eben gesagt haben!)

- Wie bitte?

(Herr Dr. Püchel, SPD: Ich lese das im Protokoll nach, was Sie eben gesagt haben: Dass auf die Bürger etwas zukommt, müssen sie wissen!)

- Klar müssen sie das wissen. Ich habe hier doch gesagt, in welchen Riesenschritten wir demnächst Einsparungen vornehmen müssen. Das ist schon eine Wahrheit. Wer das hören kann, denke ich, kann vernünftig damit umgehen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Oh! Herr Scharf!)

Ich will ganz einfach sagen, dass wir leider nicht die Erblast der viel zu hohen Verschuldungen der bisherigen Regierungsperiode los werden. Insofern können wir uns davon nicht befreien. Ein Staat kann sich nicht einfach von dem lösen, was die Vorgängerregierung gemacht hat.

Aber, meine Damen und Herren, wir schaffen mit der Vorlage des Nachtragshaushalts eines: Indem wir die Beratungen über den Nachtragshaushalt 2002 jetzt abgeschlossen haben, bekommen wir den Kopf frei, uns ganz auf die Beratungen des Haushalts 2003 zu konzentrieren. Wir bekommen den Kopf frei für die Aufgaben, die dann gelöst werden müssen. Das ist viel wichtiger und richtiger, als wenn wir die Beratungen für den Haushalt 2002 bis in den Herbst hinein mitschleppten und vielleicht sogar mit den Beratungen für das Haushaltsjahr 2003 vermischten. Das wäre ein Beratungswirrwarr, das wir alle uns nicht antun sollten.