Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

Damit ist die Debatte mit dem Redebeitrag des Finanzministers - - Herr Abgeordneter Dr. Püchel, bitte.

Herr Minister, Sie kündigten eben für den Entwurf des Haushaltsplanes 2003 tiefgreifende strukturelle Veränderungen an. Könnten Sie mir ganz, ganz vorsichtig andeuten, in welche Richtung dieses gehen könnte?

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Dr. Püchel, ich bewundere den Charme, mit dem Sie solche Fragen vortragen. Sie haben als erfahrener Parlamentarier sicherlich großes Verständnis dafür, dass ich Ihnen die Antwort zu diesem Punkt an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt schuldig bleibe.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Dr. Püchel, SPD: Dafür habe ich eben leider kein Verständnis! - Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Finanzminister. - Aufgrund des Redebeitrages der Landesregierung ist die Debatte wieder eröffnet.

Bevor wir wieder in die Debatte eintreten, begrüßen wir recht herzlich Damen und Herren der Konrad-AdenauerStiftung Schloss Wendgräben. Ich heiße Sie sehr herzlich willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich eröffne noch einmal die Aussprache über den Nachtragshaushalt. Ich war zunächst der Meinung, dass eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion angemessen wäre. Inzwischen ist die Angemessenheit von zehn Minuten signalisiert worden. Ich lasse eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zu, bitte aber alle Redner, sich so zu disziplinieren, dass nicht auch die zusätzliche Redezeit noch überschritten wird.

Welche der Fraktionen wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Bullerjahn von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nichts gesagt, wenn nicht der Minister am Ende der Debatte gesprochen hätte. Das Thema ist im Ältestenrat angesprochen worden. Deshalb muss die Reaktion noch einmal sein.

Ich habe zwei Bemerkungen vorweg. Zu Herrn Lukowitz - der gerade nicht im Saal ist - und dem Thema Sommer/Winter: Wenn Sie das Protokoll richtig gelesen und dann auch richtig verstanden haben, dann müssen Sie feststellen, dass ich die Äußerung auf die Wahl bezogen habe. Wir gönnen es Ihnen, sich im Sommer dem Gefühl des Wahlsiegers hinzugeben,

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

hoffen aber darauf, aufgrund der von Ihnen gebrochenen Wahlversprechen im Winter dann die Ernte einfahren zu können. Das hat mit dem Haushalt erst einmal gar nichts zu tun.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Wir haben Ihnen doch auch zugehört.

Meine zweite Bemerkung ist - Herr Scharf, wir kennen uns lange genug -: Es ist schwierig, wenn Sie immer mit solchen Unterstellungen, Halbwahrheiten und Unterlassungen agieren. Das ist schon am Rande der Seriosität. Ich werde auf einzelne Punkte noch eingehen. Ich habe jetzt zum Beispiel Begrifflichkeiten wie „Blut, Schweiß und Tränen“ gehört. Von „Bilanzbetrug“, Herr Gürth, habe ich in diesen Tagen gelesen. Darüber wird noch zu reden sein.

(Herr El-Khalil, CDU: Konkursverschleppung!)

Man spricht über Verschiebebahnhöfe und über Fahrlässigkeiten. All das stellen Sie in den Raum, ohne dass Sie im Detail untermauern, wie Sie diese Aussagen belegen können. Ich bitte einfach, sich in Zukunft etwas zurückzunehmen. Sie reden dabei schließlich über Leute.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Ich weiß selbst als parlamentarischer Geschäftsführer, dass man in dieser Hinsicht ein dickes Fell entwickeln muss. Ich denke aber schon, dass man die Dinge auch belegen muss.

Ich weiß noch, wie Herr Scharf immer sagte, dass die Personalkostenansätze nicht reichen werden. Das hat er am Anfang und in der Mitte gesagt. Am Ende haben wir ihm dann nachgewiesen, dass es doch gereicht hat. Dazu gab es dann aber keine Pressemitteilung. Immer wieder kamen die gleichen Unterstellungen. Deshalb bitte ich, wenigstens ein bisschen seriös zu bleiben.

Ein Weiteres. Wenn ich keine Ahnung von Finanzen hätte, dann müsste ich eigentlich einen Änderungsantrag einbringen, damit Ihnen ein Denkmal errichtet wird.

(Zustimmung von Frau Ferchland, PDS)

Was ich alles gehört habe, wie heroisch Sie dieses Land vor dem Abgrund bewahren und wie heroisch Sie diesen Haushalt aufgestellt und gegen den erbitterten Wider

stand - von wem auch immer - durchgebracht und somit Flagge gezeigt haben!

(Herr El-Khalil, CDU: Schön, dass Sie das er- kannt haben!)

Da ich aber nun Finanzpolitiker bin, weiß ich genau, was Sie gemacht haben. Sie haben das gemacht, was erfahrene Finanzpolitiker in fünf Minuten hinbekommen hätten. Sie haben alles zusammengerechnet, was Sie irgendwo in der Schublade hatten und haben einen Strich darunter gezogen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Ich kann das deswegen so offen sagen, weil Herr Rehberger nämlich genau das im Wirtschaftsausschuss vorgerechnet hat. Sie haben dann festgestellt, dass Sie damit außerhalb der Verfassungsmäßigkeit liegen und ausgerufen, dass sich das Land in einer Schieflage befinde.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Nun könnte man darüber streiten, ob es wirklich so ist, und auch über die Frage, wie leichtfertig sie eine solche Verfassungsdiskussion vom Zaun brechen. Denn das ist dass, was ich Ihnen vorwerfe: wie leichtfertig Sie eine solche Diskussion in den Raum stellen.

Nun spinnen wir das einmal weiter. Mein Vorteil gegenüber Ihren Studenten, Herr Paqué, ist: Ich muss Ihnen das nicht alles glauben, weil Sie mir keine Note geben können.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Wenn es stimmt, dass es diese Schieflage gibt - diese Frage habe ich Ihnen auch schon im Ausschuss gestellt -, wie wollen Sie es hinbekommen, diese Schieflage in drei Monaten zu beseitigen? Die Einsparungen werden Sie im nächsten Haushaltsplanentwurf vornehmen. Das haben Sie heute zehnmal erklärt. Das hieße logischerweise, dass Sie diese Schieflage in drei Monaten beseitigen müssten.

Übrigens zu Ihrem zweiten Argument, Sie müssten die Leute langsam vorbereiten. Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Aber jede Fraktion, die hier die Regierung gestellt hat, hat den Leuten - allein schon aufgrund der Haushaltsplanentwürfe - erklären müssen, sie müssten sparen. Aber was Sie jetzt machen - natürlich im Zuge der Bundestagswahl -, ist Folgendes: Sie stellen sich auf ein großes Rollfeld; denn Sie müssen nicht genau sagen, wohin Sie dann greifen werden.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Es ist sehr abstrakt: Wir werden alle gemeinsam sparen - und nach der Bundestagswahl sagen wir Ihnen, wer genau sparen muss.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Herr Paqué, das ist doch nichts Neues. Sie tun so, als ob mit Ihrer Regierungszeit etwas völlig Neues eingekehrt wäre. Jede Regierung hätte sparen müssen.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Jede Regierung hat bisher auch gespart.

(Frau Feußner, CDU: Das haben wir doch ge- macht!)

Wenn ich solche hochtrabenden Begriffe wie „Strukturwandel“, „strukturelle Veränderungen im Haushalt“ hö

re - - Es gibt ganz wenige Hauptgruppen, Herr Paqué. Das müssten Sie auch schon gesehen haben.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Das meine ich nicht böse. Aber ich habe heute zum zehnten Mal gehört, mit welcher Überheblichkeit Sie diesen Nachtragshaushalt verkaufen wollen, der nur eine Aufsummierung ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Hauptgruppen können Sie doch durchgehen. Die Einnahmen, haben Sie gesagt, würden Sie zurückschrauben. - Waren es nicht gerade CDU und FDP, die im Bundestag mehr Steuergeschenke machen wollten, indem sie die Steuersätze senken wollten?

(Zuruf von Frau Pieper, FDP)

Das war nicht Rot-Grün. Unter diesem Aspekt könnte man sich fast wünschen, dass Sie die Bundestagswahl gewinnen.