Die erste Beratung fand in der 48. Sitzung des Landtages am 15. Oktober 2004 statt. Ich bitte zunächst Herrn Kosmehl, als Berichterstatter des Ausschuss für Inneres das Wort zu nehmen. Bitte schön, Herr Kosmehl.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es sehr schade, dass das Thema Finanzausgleichsgesetz so wenig Anteilnahme im Parlament findet, insbesondere in den ganz leeren Reihen der Opposition.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, nach der Empfehlung des Ausschusses für Inneres zukünftig Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes genannt, wurde in der 48. Sitzung des Landtages am 15. Oktober 2004 erstmals behandelt und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen.
Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesnovelle stand ein im Ausschuss für Inneres sowie im Ausschuss für Finanzen zur Beratung anstehender Selbstbefassungsantrag der SPD-Fraktion. Es wurde beantragt, eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zur Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen aufgrund der Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt sowie zwischen Bund und Kommunen aufgrund des Hartz-IVGesetzes durchzuführen mit dem Ziel, einen Gesamtüberblick über alle Veränderungen und deren Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu erhalten.
Die gemeinsame Anhörung des Ausschusses für Inneres und des Ausschusses für Finanzen fand am 21. Oktober 2004 statt. Die kommunalen Spitzenverbände wurden gebeten, sich im Rahmen dieser Anhörung zugleich auch zu der nun hier zur Beschlussfassung anstehenden Novelle zum Finanzausgleichsgesetz zu äußern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres empfahl in seiner vorläufigen Beschlussempfehlung mit 7 : 3 : 2 Stimmen dem mitberatenden Finanzausschuss die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfes. Dieser Beschlussempfehlung stimmte der Ausschuss für Finanzen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zu. Die Oppositionsfraktionen votierten dagegen.
Zur abschließenden Beratung im Ausschuss für Inneres am 6. Dezember 2004 lagen neben der Empfehlung des mitberatenden Ausschusses für Finanzen materiellrecht
liche Anmerkungen sowie rechtsförmliche Hinweise des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu diesem Gesetzentwurf vor, die auch Gegenstand der Beratung im Ausschuss für Inneres waren.
Ebenfalls wurde noch einmal ein bereits bei der ersten Beratung im Ausschuss für Inneres eingebrachter Änderungsantrag der SPD-Fraktion bezüglich des Dünnbesiedelungszuschlages der Landkreise beraten. Dieser Antrag der SPD-Fraktion wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Es gab allerdings einen auch auf den Dünnbesiedlungszuschlag ausgerichteten Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der eine stufenweise Umstellung vorsah, betreffend sowohl eine Streckung in den Jahresscheiben 2005, 2006 und 2007 als auch eine nochmalige Änderung der Höhe des Zuschlags selbst von 2,5 % auf 1,75 %.
Keine Mehrheit fand in der zweiten Beratung im Ausschuss für Inneres auch ein SPD-Antrag, unter Nr. 5 in § 11a - Investitionshilfen - Absatz 2 zu streichen.
Es wurden weitere Änderungsantrage der Koalitionsfraktionen hinsichtlich dieses § 11a angenommen. So wird eine stufenweise Umschichtung zugunsten der Landkreise - im nächsten Jahr um 5 % und ab dem Jahr 2006 um 10 % - und zulasten der Gemeinden beschlossen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschuss für Inneres. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Bevor ich Herrn Minister Jeziorsky das Wort erteile, habe ich die Freude, auf der Südtribüne Damen und Herren vom Ländlichen Bildungszentrum aus dem schönen Bördestädtchen Wanzleben begrüßen zu dürfen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem gerade der Haushalt und damit auch die Summe beschlossen wurde, die für den kommunalen Bereich zur Verfügung steht, geht es jetzt um die Aufteilung der Mittel innerhalb unserer kommunalen Familie.
Ich habe bereits in der Einbringungsrede am 15. Oktober 2004 darauf hingewiesen, dass das Finanzausgleichsgesetz, das in seiner Grundkonzeption die mit den vorangegangenen Gemeindefinanzierungsgesetzen begonnene Entwicklung fortsetzt, lediglich einer Anpassung bedarf. Die konzeptionelle Ausrichtung des Gesetzes hat sich bewährt und soll beibehalten werden.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich meine Ausführungen auf die Änderungen beschränke, die sich aufgrund der Ausschussberatungen ergeben haben.
Erstens. Das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit bewirkt eine interkommunale Aufgabenverlagerung von den Landkreisen auf die kreisangehörigen Gemeinden, für die ein finanzieller Aus
gleich, auch wenn er sich nur im Bereich eines Zehntelprozentpunktes bewegt, geboten ist. Dies ist das Ergebnis der Rechtsprechung unseres Landesverfassungsgerichts, das bereits mehrfach, zuletzt in seiner Entscheidung vom 14. September 2004 zu Artikel 4 des ersten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen, darauf hingewiesen hat, dass einer Aufgabenzuweisung im Sinne des Artikels 84 Abs. 3 Satz 1 der Landesverfassung eine Kostendeckungsregelung folgen muss.
Die Ermittlung der hier auszugleichenden Finanzlast ist während der Ausschussberatungen abgeschlossen worden, sodass auf Antrag der Koalitionsfraktionen die Quotierung der allgemeinen Zuweisungen angepasst werden konnte. Aus dem für die allgemeinen Zuweisungen bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsmasse sind danach rund 0,4 Prozentpunkte zugunsten der kreisangehörigen Gemeinden umzuschichten. Dieser Quotierung liegt eine zu verschiebende Finanzmasse von rund 453 000 € zugrunde, die auch einmalige Umstellungs- und Sachkosten beinhaltet.
Ab dem Jahr 2006 verringert sich die zu verschiebende Finanzmasse auf rund 276 000 € und damit auf rund 0,2 Prozentpunkte des für die allgemeinen Zuweisungen bereitgestellten Teils der Finanzausgleichsmasse.
Meine Damen und Herren! Ein zweiter Schwerpunkt der Ausschussberatungen lag, vereinfacht ausgedrückt, in der nunmehr veränderten Bedeutung der Einwohnerzahl für die Gewichtung der Gemeinden, aber auch für die Landkreise. Hierzu heißt das Stichwort Dünnbesiedlungszuschlag. Mit der Überarbeitung der Vorschrift zur Berechnung der Bedarfsmesszahl für die Größenklassenstaffel für die kreisangehörigen Gemeinden wurde das FAG an die durch das Gesetz zur Fortentwicklung und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit neu festgesetzten Mindestgrößen angepasst.
Für die aus der Zentralitätsfunktion, also Grund- und Mittelzentrum, erwachsenen weiteren Aufgaben sieht die Beschlussempfehlung eine Gewichtungssteigerung von 4 % bzw. 8 % für betroffene Gemeinden vor. Diese Trennung erhöht die Transparenz der Bedarfsermittlung.
Nicht minder im Fokus der politischen Diskussionen stand die Umstellung von der auf Flächenanteilen beruhenden Bemessung der allgemeinen Zuweisungen für Landkreise auf den durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Dünnbesiedlungsfaktor. Die Umstellung auf den Dünnbesiedlungsfaktor führt zu einer moderaten Umschichtung innerhalb der Gruppe der Landkreise.
Auf Vorschlag der Regierungskoalition ist jetzt eine Übergangsregelung vorgesehen, um über zwei Jahre eine stufenweise Anpassung vorzunehmen. Für das Jahr 2005 beträgt der Dünnbesiedlungszuschlag danach 2,5 %, für das Jahr 2006 1,75 %.
Meine Damen und Herren! Zu den inhaltlichen Schwerpunkten zählt auch die Neuverteilung der Investitionszuweisungen. Unverändert bleibt der Vorwegabzug in Höhe von 10 Millionen € jährlich zur Kofinanzierung von kommunalen Eigenanteilen bei nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz geförderten Straßenbaumaßnahmen.
Der Gesetzgeber schafft mit dieser Regelung die Voraussetzung dafür, dem ansonsten drohenden Verlust wertvoller Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz entgegenzuwirken. Von den verbleibenden Investitionshilfen sollen die kreisangehörigen
Gemeinden im Jahr 2005 60 % und damit fünf Prozentpunkte weniger als 2004 sowie ab 2006 55 % erhalten. Diese Umverteilung von Investitionsmitteln in Höhe von zehn Prozentpunkten auf die Landkreise soll in einem Zweijahreszeitraum erfolgen.
Die aus meiner Sicht interessanteste Diskussion wurde allerdings zur Einführung der Finanzausgleichsabgabe geführt. Zur Erinnerung: Einige Gemeinden sind so steuerstark, dass ihre Finanzkraft deutlich den Finanzbedarf übersteigt. Herausragend steuerstarke Gemeinden sollen - darauf liegt die Betonung - einen Teil ihrer Mehreinnahmen abführen. Besonders vor dem Hintergrund der angespannten kommunalen Finanzlage gebietet dies die interkommunale Solidarität; denn die Mittel aus der Finanzausgleichsumlage sollen dem Ausgleichsstock zugeführt werden, sodass das Geld den besonders bedürftigen Gemeinden zukommt.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir heute eine Anmerkung, die, zumindest nach meiner Erinnerung, in der bisherigen Diskussion vernachlässigt wurde. Auf welche herausragende eigene Maßnahme ist denn der Erfolg, in diesem Falle in Form von Steuereinnahmen, die den Bedarf einer Gemeinde mit 250 Einwohnern um ein Vielfaches übersteigen, zurückzuführen? Auf die gemeindlichen Anstrengungen bezüglich der Planung, des Baus und der Finanzierung der Infrastruktur? Oder ist es zum Teil auf die Festsetzung des gewerbesteuerlichen Mindesthebesatzes, verbunden mit der Zufälligkeit der günstigen Lage zurückzuführen?
Vor diesen Hintergrund stelle ich die Diskussion über die Abschöpfung eines Teiles des Betrages, der das Eineinhalbfache des Bedarfs dieser Gemeinde übersteigt. Dass es auch Gemeinden gibt, die durch eigene Anstrengungen dazu beitragen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, ist unstrittig. Aber auch dabei gilt, dass die Schaffung der günstigen Rahmenbedingungen auch ein Verdienst der Allgemeinheit ist.
Fördermittel, die in bevorzugte Regionen fließen, stehen anderen Gemeinden damit nicht zur Verfügung. Deshalb ist es auch hierbei legitim, Finanzüberschüsse teilweise abzuschöpfen und den Gemeinden zuzuführen, die aufgrund ihrer weniger begünstigten Lage geringere oder keine Steuereinnahmen erzielen können. Hier dürfen und müssen wir die interkommunale Solidarität einfordern.
Mit der klarstellenden Ergänzung des Regierungsentwurfes dahin gehend, den Gemeinden, deren Verschuldung das Eineinhalbfache der durchschnittlichen Verschuldung der entsprechenden Gemeindegrößenklasse übersteigt, von vornherein von der Abführung einer Finanzausgleichsumlage auszunehmen, wird eine übermäßige Belastung ausgeschlossen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte in meiner Einbringungsrede den Wunsch nach einer zügigen und erfolgreichen Beratung auch im wohlverstandenen Interesse unserer Kommunen ausgesprochen. Heute kann ich mich ganz besonders bei den Mitgliedern des Ausschusses für Inneres und an erster Stelle bei dessen Vorsitzendem Herrn Dr. Polte für die Koordinierung der vielen Termine, die auch parallel zu den Haushaltsberatungen erforderlich waren, bedanken. Herzlichen Dank, dass Sie diesem Anliegen und diesem Wunsch entsprochen haben.
Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Ich erteile Frau Dr. Weiher das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten Beratung des federführenden Ausschusses für Inneres ergaben sich, wie Herr Kosmehl berichtet hat, einige gravierende Änderungen. So sind zum Beispiel die Übergangszeiten der ebenfalls neuen prozentualen Verteilung von allgemeinen Zuweisungen und Investitionshilfen verlängert worden. Die prozentuale Neuverteilung resultiert aus einer Verschiebung in der Höhe der allgemeinen Zuweisungen zugunsten der Landkreise und aus einer im nächsten Jahr noch höheren Zuweisung der Investitionshilfen zugunsten der Gemeinden. Man kann also von einer ausgleichenden Gerechtigkeit sprechen.
Auch die Einzahlung in die Finanzausgleichsumlage wurde offensichtlich aufgrund des Druckes der Kommunen eingeschränkt, was auch sinnvoll ist. Wie sollen auch Kommunen ihre eigenen, teilweise hohen Schulden abbauen können, wenn sie bei deutlich höheren Steuereinnahmen diese abführen müssen, um anderen finanzschwachen Kommunen zu helfen? An sich ist der solidarische Gedanken zu begrüßen, aber es muss für die Kommunen auch die Chance bestehen, sich aus eigener Kraft zu entschulden. An unserer bei der Einführung dargestellten grundsätzlichen Kritik am Finanzausgleichsgesetz ändert das allerdings nicht wirklich etwas.
Ich habe im Oktober den Vergleich mit der Bettdecke gewählt. Sie können sich auch eine Mutter mit vielen hungrigen Kindern vorstellen, denen Kuchenstücke zugeteilt werden sollen. Egal wie das Messer angesetzt wird, immer schreien einige „Mehr!“. Wenn dann erneut einige Kuchenkrümel aufgeteilt werden, schreien die anderen „Mehr!“. Aber reichen tut es so und so nicht. Der Kuchen ist einfach zu klein. Nach den Haushaltsberatungen ist der Kuchen FAG noch ein ganzes Stück kleiner geworden, was alle Kommunen besonders im Jahr 2006 spüren werden.
Wir hatten sowohl bei der Einbringung als auch in den Beratungen einige Änderungen des jetzt geltenden FAG kritisch hinterfragt und sehen dort auch heute Änderungsbedarf.
Das betrifft in hohem Maße § 11a Abs. 2, den Vorwegabzug von 10 Millionen € für die Kofinanzierung des GVFG. Statt, wie seit langem von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert, die Zweckzuweisungen deutlich einzuschränken und dafür mehr allgemeine Zuweisungen an die kommunale Ebene zu geben, passiert hier genau das Gegenteil. 10 Millionen €, die aufgeteilt nach den entsprechenden Ansätzen allen - ich betone: allen - Kommunen des Landes zur Verfügung stehen würden, werden nun wenigen, auf der Prioritätenliste des Landes ganz oben stehenden Gemeinden mit der alleinigen Zweckverwendung zugeteilt.
- Der Betrag steht tatsächlich an der entsprechen Haushaltstelle im Haushalt des Landes - das können wir uns nachher gern anschauen - mit der alleinigen Verwendung für den Straßenbau - nicht etwa für Schulen, marode Freizeiteinrichtungen oder Schwimmbäder, nein, der goldene Zügel des Landes heißt Straßenbau.