Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Eine besondere Problematik entfaltet diese Regelung dadurch, dass erstens sozial erfahrene Personen faktisch erst zum Schluss des Verfahrens, also erst nach dem Erlass von Widerspruchsbescheiden, einbezogen werden sollen und zweitens das Land ein völlig neues,

für die betroffenen Menschen kaum nachvollziehbares und sehr kompliziertes Vergütungssystem plant.

Allein die Zuordnung behinderter Menschen zu den so genannten Hilfebedarfsgruppen ist ein Abwägungsprozess mit Kürzungsmöglichkeiten bei der Förderung und Betreuung behinderter Menschen. Dieses Vorhaben wird auch auf Bundesebene mit Sorge betrachtet.

Fast alle Landkreise haben keinen ausgeglichenen Haushalt. Der im Bundesrat eingebrachte Vorschlag, die Eingliederungshilfe in Abhängigkeit von der Finanzkraft der öffentlichen Haushalte erbringen zu können, ist Besorgnis erregend. Diese Befürchtungen - verstärkt durch das Verwaltungshandeln des Sozialministeriums; ein Teil dieses Verwaltungshandels steht morgen zur Debatte - begründen die Ablehnung des Gesetzentwurfes durch einen Teil der Abgeordneten der PDS-Fraktion. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit können wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/1920 eintreten.

Ich schlage Ihnen zunächst wieder vor, dass wir über die selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit abstimmen. Oder verlangt jemand an irgendeiner Stelle eine getrennte Abstimmung? - Das ist nicht der Fall.

Wer den selbständigen Bestimmungen dieses Gesetzentwurfes in ihrer Gesamtheit die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Vier Gegenstimmen bei der PDS-Fraktion. Enthaltungen? - Eine erhebliche Anzahl von Enthaltungen bei der PDS-Fraktion. Damit ist den selbständigen Bestimmungen mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Wir stimmen nun über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet: Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (AG SGB XII). Wer dieser Gesetzesüberschrift seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der PDS.

Wir stimmen über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer diesem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Einige Gegenstimmen bei der PDS-Fraktion. Enthaltungen? - Einige Enthaltungen bei der PDS-Fraktion. Damit ist diesem Gesetz mit Mehrheit zugestimmt worden und somit der Tagesordnungspunkt 9 abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Wir treten nun in die Behandlung des Tagesordnungspunktes 10 ein:

Zweite Beratung

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1868

Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1889

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen - Drs. 4/1921

Die erste Beratung fand in der 49. Sitzung des Landtages am 11. November 2004 statt. Berichterstatterin für den Ausschuss ist die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens. Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Finanzausschuss hat sich in seiner 66. Sitzung am 19. November 2004 mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Ministergesetzes befasst.

Die Veränderung des § 13 Abs. 2, der die Regelungen des Versorgungsänderungsgesetzes des Bundes nachvollzieht, war im Ausschuss unstrittig.

Kontrovers diskutiert wurde dagegen die Regelung des § 9, der die Entschädigung regelt, die Ministern gezahlt wird, wenn eine doppelte Haushaltsführung erforderlich ist. Der Ausschuss war dabei in der Mehrheit der Auffassung, dass die Formulierung noch weiter präzisiert werden solle, um Fehlinterpretationen in Zukunft auszuschließen. Dabei wurde die Verbindung zu den beamtenrechtlichen Regelungen in das Gesetz aufgenommen, sodass zukünftig als Entscheidungsrahmen ein ausgeurteilter Rechtsbereich zur Verfügung steht.

Zukünftig steht Ministern eine Entschädigung in Höhe von 255 € zu - ich zitiere -:

„... falls ihnen sowohl die Aufgabe des bisherigen Hausstandes aufgrund von Hinderungsgründen im Sinne des § 2 der Trennungsgeldverordnung als auch die tägliche Rückkehr an den Ort des Hausstandes unzumutbar ist.“

Der Vorschlag der PDS, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 völlig zu streichen, wurde im Ausschuss abgelehnt. Das Argument, die Ministervergütung sei in der Höhe ausreichend, um alle Kosten abzudecken, wurde von den Abgeordneten zwar vom Grunde her geteilt, allerdings ließ sich die Ausschussmehrheit bei ihrer Entscheidung davon leiten, dass das Ministergesetz eben eng mit den beamtenrechtlichen Regelungen verbunden sei. Es folge dem Alimentationsprinzip, das nicht eine Summe für eine Leistung vorsehe, sondern eine Vergütung, die stark von den persönlichen Lebensumständen abhängig sei.

Der Ausschuss schlägt dem Landtag mit 7 : 3 : 2 Stimmen vor, dem Gesetz in der geänderten Fassung zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP, von Herrn Tullner, CDU, und von Frau Wybrands, CDU)

Vielen herzlichen Dank, Frau Dr. Hüskens, für die Berichterstattung. - Damit können wir in die Debatte eintreten. Es sind fünf Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die SPD-Fraktion erhält als Erster der Abgeordnete Herr Bischoff das Wort. Bitte sehr, Herr Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Einbringung sind die wichtigsten Punkte von meinem Kollegen Bernward Rothe bereits genannt worden. Der Minis

terpräsident hatte die Einbringung ja verlesen. Ein großer Teil der Regelungen ist eine Anpassung an bundesgesetzliche Regelungen und für uns auch unstrittig. Der einzige politische Punkt ist schon von Frau Dr. Hüskens genannt worden. Es sind die Gelder für die doppelte Haushaltsführung von Ministern und Ministerinnen. Hierzu hatte der MP eigentlich eingeräumt, dass er auch mit einer Ablehnung leben könne. Das hätten wir uns eigentlich auch gewünscht.

Der Finanzausschuss - das wird man ja wenigstens zugeben - hat sich immerhin bemüht - jetzt habe ich eine Formulierung von Bernward Rothe -, „tatbestandliche Voraussetzungen für die Gewährung der Entschädigungsleistung zu modifizieren“. So heißt es in dieser Sprache. Uns reicht dies aber nicht. Eine völlige Streichung wäre angemessen.

Nun kann man sagen: 255 € - was ist das schon? Vielleicht ein bisschen mehr als ein Parteibeitrag, obwohl ich nicht genau weiß, was die Einzelnen so zahlen. Vielleicht ist es bei den Freien Demokraten ein bisschen mehr. Aber ich denke, gegenüber den vielen Menschen, die wie selbstverständlich dorthin gehen, wo Arbeit ist, und sich dort auch ein Zimmer unter anderen Umständen leisten müssen, ohne dafür einen Ausgleich zu kriegen, wäre das mehr als eine Geste des guten Willens.

Ein Beharren auf diesem Nachteilsausgleich macht eher deutlich, wie Sie generell mit dem Problem umgehen. Ich will keine alten Kamellen zitieren, aber es gab einmal eine Gruppe von Menschen, die behindert waren, deren Nachteilsausgleich wir ganz schnell gestrichen haben. Also: Es wäre wirklich eine Geste des guten Willens gewesen. Da Sie dazu nicht fähig waren, lehnen wir dieses Ministergesetz ab.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Bischoff. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun der Abgeordneten Frau Rotzsch das Wort. Bitte sehr, Frau Rotzsch.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes, der zahlreiche Änderungen im Bereich der Besoldung und Versorgung der Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Landesregierung zur Folge hat.

Wir haben uns bereits in der Sitzung des Landtages am 11. November 2004 erstmalig mit dem Gesetzentwurf befasst. Der Ausschuss für Finanzen hat sich sehr ausführlich mit der Thematik beschäftigt und die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung beschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke der Berichterstatterin Frau Dr. Hüskens, die den Beratungsgegenstand ausführlich dargestellt und die Knackpunkte des Gesetzes, die sich aus der Beratung ergeben haben, umfassend erläutert hat.

Gleichwohl möchte ich kurz auf die im Ausschuss für Finanzen vorgenommene Änderung der Regelung zur Gewährung einer Entschädigung für doppelte Haushaltsführung eingehen. Nach meiner Interpretation handelt es sich bei der Änderung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 um eine einschränkende rechtliche Klarstellung, die eine bisher

recht weite Interpretationsmöglichkeit bei der Gewährung einer Entschädigung für doppelte Haushaltsführung verhindern soll. Es liegt nun bei den Anwendern dieses Gesetzes, es so anzuwenden, dass kein politischer Schaden entsteht. Im Hinblick auf die öffentliche Diskussion über diese Zahlung, die auch für Leitungspersonal in Unternehmen nicht selbstverständlich ist, ist diese Einschränkung sinnvoll und sachgerecht.

Da sich im Beratungsgang keine weiteren Änderungen ergeben haben, möchte ich im Übrigen auf meine Rede vom 11. November 2004 verweisen und bitte um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Ebenfalls vielen Dank Ihnen, Frau Rotzsch. - Für die PDS-Fraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Dr. Thiel das Wort. Bitte, Herr Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDSFraktion bleibt natürlich bei ihrer grundsätzlichen Kritik am Gesetzentwurf und verlangt, die Trennungsgeldregelung für Minister abzuschaffen.

(Zustimmung bei der PDS)

Es ist für uns nach wie vor ein wesentliches politisches Signal, das einer der höchsten Landesbeamten aussendet, wenn er - aus welchen Gründen auch immer - seinen Wohnsitz nicht an den Dienstort Magdeburg verlegt und ihm dafür auch noch eine Zusatzgratifikation zusteht. Genauso ist es schwer vermittelbar und politisch instinktlos, in der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man auch nicht gedenke seinen Lebensmittelpunkt nach Sachsen-Anhalt zu verlegen.

Der Präsident des Landesrechnungshofes Herr Seibicke hat in seinem „Volksstimme“-Interview vom 11. Dezember 2004 kritisiert, dass die großzügige Trennungsgeldentschädigung des Landes falsche Botschaften vermittelt und solche Sonderregelungen nicht vermittelbar sind.

(Zustimmung von Herrn Gallert, PDS)

Minister Paqué hat heute früh die umstrittene Trennungsgeldregelung im Haushaltsbegleitgesetz begründet. Das zu zahlende Trennungsgeld, so seine Begründung, solle vor allem einen Motivationsschub hinsichtlich der Leistungsbereitschaft und Flexibilität gerade für untere Einkommensgruppen bewirken. Im Umkehrschluss würde das also bedeuten, dass die hier zu behandelnde Regelung auch für die höchsten Einkommensgruppen gilt. Für diese ist offenbar ebenfalls ein so genannter Motivationsschub notwendig, und das nicht nur, wie es das Bundesgesetz vorsieht, für maximal drei Monate und nicht, wie es im Haushaltsbegleitgesetz steht, für maximal zwei Jahre, sondern offenbar über den gesamten Berufungszeitraum hinweg.

Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wird sichtbar, dass unsere Kritik berechtigt war, was den Regelungsbedarf betrifft. Deshalb bleiben wir bei unserer Auffassung: Wer Minister in diesem Land werden will, der sollte auch seinen Hausstand nach Sachsen-Anhalt verlegen - und das in einer zumutbaren Entfernung vom Amtssitz - und sollte auch hier seine

Steuern entrichten. Besondere Hinderungsgründe kann es immer geben, in einer Übergangsphase davon Abstand zu nehmen,

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

aber der vorliegende Gesetzentwurf stellt mit seiner Sowohl-als-auch-Formulierung die Unbefristetheit von Zahlungen in Aussicht. Das halten wir für das falsche Signal und deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.