An dieser Stelle muss man sagen: Schreiben wir einmal nur diese 30 % fort und gehen nicht davon aus, dass das noch mehr wird, dann werden von diesen 971 Millionen € 60 Millionen € im Endeffekt nicht investiv eingesetzt. Damit liegen wir schon deutlich unter der Neuverschuldung. Damit haben wir die verfassungsmäßige Grenze wieder nicht eingehalten.
Das sind alles solche Dinge. Ob man diese politisch mit vernünftigen Diskussionen, mit vernünftigen Einsparmaßnahmen wirklich verhindern könnte, weiß ich nicht. Aber man darf sich nicht hinstellen und sagen: Wir haben das alles eingehalten; wir sind die großen Sieger. Denn man weiß eigentlich ganz genau, dass die Situation am Jahresende anders sein wird. Dann wird die Verfassungsgrenze wieder nicht eingehalten sein. Das gehört einfach zur Ehrlichkeit dazu.
Ich will zu einem nächsten Thema kommen, das heute hier schon eine Reihe von Diskussionen ausgelöst hat. Ich will einmal zwei Dinge miteinander in Zusammenhang bringen, die bisher noch nicht im Zusammenhang diskutiert worden sind. Das ist auf der einen Seite die Entscheidung zur DHL, also zur Investition für die Erweiterung des Flughafens Halle-Leipzig und auf der anderen Seite die Entscheidung, die zur Kinderbetreuung ansteht.
Der eine oder andere von Ihnen wird fragen: Was haben diese beiden Dinge miteinander zu tun? - Ich will es Ihnen sagen. Bei der DHL - die Zahlen sind hier genannt worden - haben wir es damit zu tun, dass wir als Anteilseigner am Flughafen Halle-Leipzig im Interesse der Möglichkeit der Schaffung neuer Arbeitsplätze - man muss dazu sagen, die Tausende von Arbeitsplätzen werden nicht nur in Sachsen-Anhalt zu Buche schlagen, sondern natürlich in allen drei Ländern, die daran beteiligt sind, also Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt -, im Interesse der Ansiedlung von DHL in Halle/Leipzig eine Erweiterungsinvestition brauchen. Wir müssen diese mittragen.
Im Gegensatz zu Herrn Scharf hat der Finanzminister ausdrücklich gesagt: Das ist eine der wesentlichen Ur
sachen für die Erhöhung der Neuverschuldung. - Okay. Dazu sagen wir: Das ist sogar richtig; das ist in Ordnung; das müssen wir im Interesse des Arbeitsplatzangebots dort unten machen.
Wir haben im Finanzausschuss ein bisschen provokant die Frage gestellt: Haben wir denn eigentlich damit zu rechnen, dass wir als Gesellschafter in Zukunft aus dieser Gesellschaftszuführung eine Gewinnabführung in den Landeshaushalt erhalten? - Müdes Lächeln auf der Seite der Vertreter des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums. Natürlich nicht. Wir können froh sein, wenn wir weiterhin ohne Zuschüsse in diesem Bereich laufen.
Was haben wir gemacht? - Wir haben also in dem Wissen darum, dass es eine Mehrausgabe ist, für die wir keine Einnahmen im Landeshaushalt zu erwarten haben, zugestimmt mit der Begründung: Es werden Arbeitsplätze geschaffen, das ist uns wichtig, das machen wir; alle Fraktionen tragen das mit.
Nun komme ich einmal zu dem Bereich der Kinderbetreuung. Auch im Bereich der Kinderbetreuung geht es - neben allen anderen Argumenten, die hier im Vordergrund stehen - um Arbeitsplätze. Wer sich allerdings traut, das auszusprechen, der muss sich sofort anhören: Sie machen Lobbypolitik für Kindergärtnerinnen; Sie machen gewerkschaftliche Lobbypolitik. Es geht hierbei auch um Arbeitsplätze. Ich habe allerdings einen Verdacht: Es gibt eine sehr unterschiedliche Bewertung, die sich darin begründet, ob es Arbeitsplätze für Männer oder Arbeitsplätze für Frauen sind.
(Beifall bei der PDS - Oh! bei der CDU und bei der FDP - Herr Dr. Schrader, FDP: Frechheit! - Herr Kosmehl, FDP: Ach, hören Sie doch auf! - Starke Unruhe bei der CDU und bei der FDP)
Also: Wer im Kontext der Kinderbetreuung über Arbeitsplätze diskutiert, der hat sich diskreditiert. Wer im Kontext von DHL über Arbeitsplätze diskutiert, der kann sich einen Orden anheften. - Dazu muss ich sagen: Diese Differenzierung ist so nicht zu tragen.
(Herr Gürth, CDU: Das ist ein großer Unter- schied! Das eine wird vom Steuerzahler finanziert und das andere nicht! - Frau Feußner, CDU: Das gibt es doch wohl gar nicht!)
Ich sage Ihnen ganz deutlich auf die Frage: Was ist der Unterschied? - Das eine scheint verlorene Arbeit zu sein und das andere scheint wertbringende Arbeit zu sein.
Das ist offensichtlich der Unterschied in der öffentlichen Wahrnehmung. Dazu sage ich: Natürlich sind wir dafür, dass die Mittel für DHL bereitgestellt werden. Aber dann nehmen wir uns auch das Recht heraus, für die Kinderbetreuung diese Mittel aus dem öffentlichen Bereich darzustellen.
(Beifall bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Eben spricht er noch über die Verschuldung! Das ist typisch für die PDS! Das ist unehrlich!)
Ich habe dafür plädiert, eine realistische Sicht auf die Dinge zu nehmen. Ich hätte mir das alles ersparen können, wenn wir hier nicht gerade an diesem Rednerpult einen Sonnenkönig hätten aufmarschieren sehen.
Ich komme am Ende noch zu einem weiteren Problem, das wir in diesem Landeshaushalt mit zu berücksichtigen haben. Wenn wir unter der Überschrift „Zukunftsinvestitionen für dieses Land“ diskutieren, dann haben wir auch im Auge, welche demografische Entwicklung sich im Land Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren vollzogen hat.
Wir hatten hier vor nicht allzu langer Zeit eine Konferenz, die zu dem Thema „Bevölkerungsbewusste Politik in Sachsen-Anhalt, im Osten Deutschlands“ getagt hat. Allerdings wurden dort auch Vergleiche zu anderen Regionen in Europa gezogen, die von Abwanderung betroffen sind. Es wurde ein Maßnahmenkatalog vorgelegt, dem zu entnehmen ist, wie man mit Abwanderung umgeht, zum Teil auch wie man Abwanderung wieder etwas entgegensetzt.
Logischerweise und interessanterweise hat die Landesregierung genau den einen Punkt aufgegriffen, der ohnehin in ihr politisches Konzept gepasst hat, nämlich die Förderung von Wohneigentum. Wir haben das im Finanzausschuss gehört. Wenn ich mich richtig erinnere, sollen im Jahr 2006, glaube ich, dafür Mittel in Höhe von 2 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. Man kann sich in etwa vorstellen, welche Erfolge man damit hat.
Aber diese Dinge sollen nicht ignoriert werden. Auch wir haben zwei Anträge dazu gestellt. Der eine Antrag läuft darauf hinaus, dass das Land die Einführung kommunaler Familienpässe unterstützt. Dafür wollen wir Mittel in Höhe von etwa 1,5 Millionen € bereitstellen. Diese Mittel können bereitgestellt werden; die Finanzierungsquellen sind ausführlich erläutert worden. Als eine Deckungsquelle sind die Ausgaben im Bereich der sonstigen Pressearbeit des Sozialministers angeführt worden.
Darüber hinaus haben wir einen Antrag erarbeitet, der das demografische Problem aufgreift, nämlich einerseits die hohe Zahl von Schülern, die jetzt die Schule, auch im gymnasialen Bereich, verlassen, und andererseits die relative Verknappung der Zahl der Studienplätze durch die bereits vorhin erwähnte 10-prozentige Einschränkung des Budgets bei den Hochschulen. Dieses Problem, die hohe Zahl der Schulabgänger und gleichzeitig das Einschnüren der Hochschulbudgets, vier Jahre bevor wir es angesichts der demografischen Entwicklung hätten machen dürfen, führt entweder zu der Situation, dass man Studienbewerber ablehnen muss, oder dazu, dass die Qualität sinkt.
Weil es zu viele Studenten und zu wenige Lehrkräfte gibt, haben wir einen Antrag gestellt, der darauf hinausläuft, gerade den Hochschulen, die sich dieser demografischen Herausforderung gestellt haben und in dieser Situation neue Studienplätze geschaffen haben, einen extra Zuschuss zukommen zu lassen, sodass ihr Einsatz für die Schaffung von mehr Studienplätzen sozusagen nicht dadurch bestraft wird, dass die Qualität an den Hochschulen sinkt. - Diese beiden Änderungsanträge werden wir heute hier noch stellen.
Ein letzter inhaltlicher Punkt, den ich anführen möchte. Auch in dieser Haushaltsdebatte darf gerade vor dem
Hintergrund der sächsischen Erfahrungen ein Thema nicht fehlen. Das ist die Auseinandersetzung auch dieses Hauses mit dem Thema Rechtsextremismus. Wir werden dazu morgen eine Aktuelle Debatte durchführen.
Ich will an dieser Stelle ausdrücklich nicht nur für ein ostdeutsches Selbstbewusstsein, sondern für ein Selbstbewusstsein von Sachsen-Anhalt sprechen, ein Selbstbewusstsein, das sich vor allen Dingen dann herausbildet, wenn man die politische Situation in dieser Frage in Sachsen-Anhalt mit der von Sachsen vergleicht.
Die Botschaften, die vor allen Dingen aus dem Landtag von Sachsen kommen, sind überhaupt nicht ermutigend. Dazu muss man einfach sagen: Da sind wir in SachsenAnhalt besser. Als Herr Biedenkopf noch gesagt hat, wir haben kein Problem mit dem Rechtsextremismus in Sachsen, haben wir uns in diesem Landtag mit der DVU auseinander gesetzt. Offensichtlich haben wir das ganz erfolgreich getan. Wir haben hier zudem unter anderem mit dem Verein „Miteinander“ Aufklärung in der Bevölkerung erreicht, die man offensichtlich in Sachsen nicht in der Lage ist zu erreichen.
Wir wollen ausdrücklich, dass die Tradition, die uns in Sachsen-Anhalt positiv von Sachsen abhebt, weitergeführt wird, dass diese Dinge bei uns auch weiter politischer Konsens bleiben. Wir haben die schwierige Situation, dass die Höhe der dafür in den Landeshaushalt eingestellten Mittel bis zum Ende der Legislaturperiode von etwa 1 Million € auf 600 000 € reduziert wird. Aber wir wollen darauf hinwirken - das ist die Bitte an die Exekutive in diesem Haus -, dass zumindest diese Gelder wirklich abfließen. Wir haben es an dieser Stelle mit einem Kofinanzierungsproblem zu tun.
Ich sage einmal, wenn ich mir den Bauminister angucke und es Kofinanzierungsprobleme bei der Landesregierung gibt, dann gibt es Möglichkeiten, die zu lösen - GVFG-Mittel. Wenn es dabei möglich ist, dann sollte es auch bei den Mitteln möglich sein, die im Kampf gegen den Rechtsextremismus eingesetzt werden.
Also die inständige Bitte an die Koalition und an die Exekutive, das weiterhin so zu machen und es nicht zu solchen Zuständen kommen zu lassen, wie sie in Sachsen inzwischen gang und gäbe sind.
Ich will am Ende etwas zum Ausblick sagen. Die Legislaturperiode dauert noch weit länger als ein Jahr, ein Jahr und vier Monate. Trotzdem haben wir hier in gewisser Weise den haushalterischen Abschluss - zumindest glaubt das die Koalition; ich glaube das nicht. Ich sage, mit mindestens zwei Nachtragshaushalten werden wir uns hier noch beschäftigen: der eine nach dem Volksentscheid und der andere Ende des nächsten Jahres.
Diese Dinge, die Sie vorgelegt haben, brechen natürlich mit Ihren eigenen Erwartungshaltungen, die Sie hier angesetzt haben, als Sie zu Beginn der Legislaturperiode hereingekommen sind. Insofern verstehe ich den Ministerpräsidenten ausdrücklich, dass er sich heute für einen anderen Termin entschieden hat.
Wir als PDS werden sowohl als konstruktive als auch als entschiedene Opposition Zukunftsmodelle entwickeln für dieses Land, die wir auch mit in die nächste Legislaturperiode tragen werden. Wir werden uns nicht darauf festlegen, die führende Regierungspartei in der nächsten
aber wir versprechen Ihnen, mit realistischen und machbaren Zukunftsmodellen Sachsen-Anhalt zu begleiten, und zwar sowohl als entschiedene als auch als konstruktive Opposition. - Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Gallert. - Für die FDP-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens sprechen.
Ich möchte Sie zwar nicht dazu ermutigen, die Redezeit zu überziehen, sage Ihnen aber der Fairness halber, dass eine Oppositionsfraktion über drei Minuten länger geredet hat und ich das zugelassen habe. Sie haben ohnehin ein begrenztes Kontingent.
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Als Liberale kann man auch in kurzen Reden das sagen, was man rüberbringen möchte.
(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Herrn Gallert, PDS - Herr Bullerjahn, SPD: Wenn man nichts zu sagen hat!)
Bevor ich zu meinen Ausführungen über den Haushalt komme - ich werde auch tatsächlich über den Haushalt dieses Landes reden -, möchte ich eingangs eine Bemerkung los werden: Herr Gallert, ich bin völlig bei Ihnen, wenn Sie sagen, man müsse die Interessen unseres Bundeslandes selbstbewusst vertreten. Das ist etwas, was jeder von uns tun sollte. Ich glaube, es ist einer der fatalen Fehler gerade der Regierung vor uns gewesen, dass sie das nicht getan hat, sondern relativ häufig das kleine, arme Ostbundesland gegeben hat, das dringend Hilfe braucht.
Das gibt sich irgendwann und war wohl auch nicht wirklich konstruktiv. Aber auch wenn Ministerpräsident Böhmer unser Bundesland wirklich selbstbewusst vertritt, wissen wir alle doch, dass ich nicht jemandem vors Schienbein treten und ihm dann sagen kann: Gib Geld. Das wird er selten tun. Das heißt, ich muss schon erklären, wofür ich das Geld verwende. Die Ausführungen von Herrn Eichel - die auch ich mit Interesse gelesen habe - zeigen, dass wir künftig stärker erklären müssen, wofür wir die Steuergelder einsetzen;