Protokoll der Sitzung vom 03.03.2005

Unter diesen Gesamtzusammenhängen muss der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion diskutiert werden. Deswegen ist er für uns nicht nur ein Wahlprüfstein, wie Sie ihn beschrieben haben, Herr Höhn.

Die SPD-Fraktion beantragt die Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Kuppe. - Für die CDU-Fraktion erhält nun die Abgeordnete Frau Feußner das Wort. Bitte sehr, Frau Feußner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion zeugt wirklich nur von purem Populismus. Das ist jetzt noch einmal von Frau Kuppe und Herrn Dr. Volk bekräftigt worden.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sagt aus, dass die alte Fassung nach der Änderung des HRG eigentlich nur wiederhergestellt wird. Die Kompetenz, Studiengebühren zu erheben, liegt somit bei den Ländern.

Wir als Land sollten genau diese Kompetenz nutzen und unter bestimmten Prämissen eine Diskussion führen, und zwar sachlich. Es ist doch derzeit nicht der richtige Moment, da diese Diskussion bundesweit gerade erst in Gang gekommen ist, uns selbst Denkverbote auszusprechen.

(Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Eine solche Fundamentalmeinung wie die PDS hat bisher noch keine andere Partei eingenommen, da es erst einmal gilt, Vor- und Nachteile genau abzuwägen. Genau dies sollten wir tun, bevor wir zu einer abschließenden Bewertung kommen.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau Dr. Hüs- kens, FDP)

Dafür sind uns die Begründungen des PDS-Gesetzentwurfs einfach nicht ausreichend; sie zeugen aus unserer Sicht vielmehr nur von populistischer Angstmacherei.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Verehrte Anwesende! Fest steht, dass wir alle die Attraktivität des Studiums und der Studienstandorte unseres Landes weiter erhöhen wollen. Eine Chance dazu könnte auch die Einführung von Studiengebühren sein, vorausgesetzt, dass diese Mittel - das sage ich ganz bewusst noch einmal; meine Vorredner haben das auch betont - als zusätzliche Einnahmen zweckgebunden von den Hochschulen zur Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen verwendet werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Studierende könnten dadurch zu zahlenden Kunden werden - das lehnen wir nicht unbedingt ab -, die somit auch eine entsprechende Leistung in der Lehre einfordern können bzw. werden. Gleichzeitig wird ihnen durch diese Gebühr auch die Werthaltigkeit eines Studiums bewusster gemacht.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Ja, ganz bestimmt!)

Nun kommt es im Wesentlichen darauf an, wenn wir uns entschließend sollten, Studiengebühren zu erheben, welche Modelle man entwickelt, sodass diese auch sozialverträglich sind. Statt über die besten Modelle für moderate Studienbeiträge und ihre soziale Abfederung durch Darlehensverträge zu beraten, werden von der PDS Untergangsszenarien aufgebaut.

Was bedeutet denn soziale Gerechtigkeit bei der Studienfinanzierung? - Im Moment bezahlt der überwiegende Teil der Bevölkerung von Nichtakademikern über seine Steuern das Studium der Akademiker. Andererseits eröffnet aber ein abgeschlossenes Studium weitaus bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, nämlich bis zu 95 % Vermittlung, auch mit überdurchschnittlichem Gehalt, aber unterdurchschnittlichem Arbeitslosenrisiko. Jugendliche, deren Eltern zu den Geringverdienern gehören, sind während des Studiums weitgehend über das BAföG abgesichert, Jugendliche von besser verdienenden Eltern über ihre Eltern.

Aber wie ist es denn mit den Angehörigen der so genannten Mittelschicht, wenn sie nur geringfügig über der

Bafög-Bemessungsgrenze liegen? - Genau für diese Eltern ist es schwierig, ein Studium ihrer Kinder zu finanzieren. Deshalb sollte man in Gänze gerechtere Systeme schaffen, wie sie modellhaft auch in Deutschland bereits diskutiert und in anderen Länden, selbst in europäischen, erfolgreich praktiziert werden.

Nachlaufende Studienbeiträge und auch die Sicherung der Studien- und Lebenshaltungskosten auf Darlehensbasis sind eine äußerst gerechte Möglichkeit, ein Studium aufzunehmen, ohne vom Geldbeutel der Eltern abhängig zu sein. Das widerlegt die Aussage der PDS.

(Zustimmung bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Wir können Systeme schaffen, in denen junge Menschen ihr Studium aufnehmen können, ohne vom Geldbeutel der Eltern abhängig zu sein. Solche Modelle sind zumindest sozial gerechter als die derzeit existierenden, auch was die Belastung der Gesamtbevölkerung anbelangt.

Verehrte Anwesende! Wir werden uns als CDU-Fraktion an dieser Diskussion beteiligen, damit unsere Hochschulen auch im internationalen Wettbewerb mithalten können und jedem - ich betone: jedem - ein Studium ermöglicht werden kann, und zwar unabhängig von jeglichen Einkommensverhältnissen. Die CDU-geführten Länder halten dabei ein abgestimmtes Vorgehen für erforderlich. Das hat der Minister bereits gesagt. Wir sehen in einer intelligenten Vorgehensweise eine tragfähige Grundlage für die Verbesserung der Hochschulfinanzierung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Feußner. - Sehr geehrter Herr Höhn, jetzt haben Sie die Möglichkeit zu einem abschließenden Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, Herr Minister, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, zu der Diskussion, die Sie eingefordert haben, bevor wir einen Beschluss fassen. Sie können davon ausgehen, dass wir uns einer Diskussion nicht verweigern. Wir können im Ausschuss gern über all die Fassetten, die Sie aufgezählt haben, aus dem Anlass dieses Gesetzentwurfes diskutieren. Ich stehe einer Diskussion im Ausschuss zu diesen Fragen nicht entgegen. Ich verlange von Ihnen auch nicht heute eine Entscheidung zu diesem Thema; Sie wissen sehr gut, dass wir über Gesetzentwürfe erst entscheiden, wenn wir darüber diskutiert haben.

(Beifall bei der PDS - Frau Feußner, CDU: Aber doch nicht mit Ihrer lumpigen Begründung, die Sie mit dem Gesetzentwurf abgegeben haben! Das ist doch...!)

Eine Bemerkung noch zu dem, was Sie alle gebetsmühlenartig zu der Haushaltsfrage und zu der finanziellen Sicherheit der Hochschulen erzählt haben. Dazu sage ich Ihnen nach drei Jahren Landtagserfahrung: Das, was ich als erstes gelernt habe, ist, dass keine Zahl in diesem Landeshaushalt mit einer absoluten Sicherheit ver

sehen ist. Also, das Szenario, das Sie hier aufbauen, das ist dann nicht von dieser Welt, Herr Minister.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Was hatte ich denn gesagt? - Frau Feußner, CDU: Aber warum haben Sie dann zu den Zeiten, zu denen Sie mit- regiert haben, auch bei den Hochschulen ge- kürzt? Das widerspricht doch vollkommen Ihrer Aussage! - Zurufe von der PDS)

Meine Damen und Herren! Bevor hier eine allgemeine Kabbelei entsteht, würde ich vorschlagen, dies in der Pause auszudiskutieren und nunmehr Herrn Höhn fortfahren zu lassen. - Bitte sehr, Herr Höhn.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wenn Sie es mir gestatten, würde ich gern noch auf ein paar Argumente eingehen, die Sie in der Diskussion gebracht haben. Sie waren ja an einer Diskussion zu diesem Thema interessiert.

Erste Bemerkung, Herr Minister, zu dem, was Sie zu den Langzeitstudierenden gesagt haben. Sie wissen sehr genau, dass die Langzeitstudierenden nicht das Problem dieser Diskussion sind und dass der Anteil der Langzeitstudierenden nicht das Problem der Hochschulen in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus ist. Es ist eine schwierige Debatte, wenn Sie das sozusagen hier als Argument einbringen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Wir beschützen sie in Ihrem Gesetzentwurf! Das steht in Ihrem Gesetzentwurf! Ich habe ihn gelesen!)

Dann zu Ihrem Argument, dass die Kitas kostenpflichtig seien und es eigentlich keinen vernünftigen Grund gebe, dass die Hochschulen nicht auch kostenpflichtig seien. Ich fände es eine lohnenswerte Diskussion, Herr Minister, wenn wir uns einmal darüber verständigten, ob es sinnvoll ist, dass wir Bildung überhaupt kostenpflichtig machen, auch in der Kita. Warum beantworten Sie denn diese Diskussion mit dem Argument: Wenn es in der Kita etwas kostet, dann muss es überall etwas kosten. Lassen Sie uns doch mal darüber diskutieren, ob es in dieser Gesellschaft eine Möglichkeit gibt, dieses Prinzip umzukehren.

(Beifall bei der PDS)

Wenn ich mich recht erinnere, hat Frau Pieper so etwas Ähnliches schon einmal in der Debatte dazu gefordert.

(Minister Herr Dr. Daehre: Wir bezahlen alles!)

Herr Minister, eine weitere Bemerkung zu Ihrem wohlgesetzten Marx-Zitat und der Klassenfrage, die Sie hier aufgemacht haben. Ich bin begeistert, aber lassen Sie mich eines dazu sagen - wir hatten dieses Thema schon einmal an anderer Stelle -: Es geht bei dieser Frage nicht darum, ob Eltern, die es sich leisten können, ein Recht darauf haben, ihr Kind an eine Hochschule schicken zu können, sondern es geht um das Recht des Kindes, diese Bildung wahrzunehmen - unabhängig von seinem Status.

(Beifall bei der PDS)

Ich bin mir darüber im Klaren, dass Sie diese Diskussion schon bei den Kindertagesstätten nicht nachvoll

ziehen konnten, aber ich bleibe dabei, dass diese Herangehensweise die richtige ist.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ist sie auch ge- recht?)

Eine letzte Bemerkung zu dem, was Sie zum Studenten als Kunden gesagt haben. Herr Minister, Sie haben darauf abgehoben, dass die Studenten, wenn sie Gebühren zahlen, durchaus in die Situation kommen, ein gewisses Anrecht auf Intervention an den Hochschulen zu haben. Damit verbinden sich bei mir zwei Fragen. Erstens. Bei dem, was bisher in der öffentlichen Diskussion zur Höhe der Studiengebühren gesagt worden ist, kann ich nicht erkennen, dass der Anteil am Haushalt einer Hochschule so beträchtlich wäre, dass es überhaupt eine Interventionsmöglichkeit gäbe.

Zweitens. In welchen Gremien sollen die Studierenden dieses tun? Sie sind doch aus den entscheidenden Gremien, vor allen Dingen wenn es um die Haushalte geht, heraus. Sagen Sie mir bitte, wo diese Interventionsmöglichkeit für die Studierenden besteht. Schlicht aus der Tatsache, dass sie eine Gebühr bezahlt haben, besteht für sie noch keine Interventionsmöglichkeit an einer Hochschule.

(Beifall bei der PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantrage namens meiner Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft federführend und in den Ausschuss für Finanzen mitberatend. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Herr Höhn. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir treten in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/2045 ein. Beantragt wurde eine Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft federführend und in den Ausschuss für Finanzen mitberatend. Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass der Gesetzentwurf als überwiesen gilt, wenn mindestens 24 Abgeordnete zustimmen.

Wer der Überweisung des Gesetzentwurfes seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS-Fraktion und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der CDU-Fraktion und bei der FDP-Fraktion. Enthaltungen? - Keine. Damit haben mindestens 24 Abgeordnete zugestimmt und der Gesetzentwurf gilt als überwiesen.