Wenn das Ihre Vorstellung von Verkehrspolitik der nächsten Jahre ist, meine Damen und Herren, dann können wir Ihnen - das kann ich nur sagen - dabei im Interesse der Menschen in unserem Land, im Interesse der Tausenden von Arbeitnehmern bei der Deutschen Bahn und im Interesse von deren Familien nicht folgen. Das ist nicht unsere Auffassung von Verkehrspolitik.
Herr Präsident, ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Darf ich doch noch eine Bemerkung machen? - Den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP können wir mittragen, weil er richtig ist. Wir wären aber dankbar, wenn Sie den kleinen Zusatz, den Herr Dr. Köck vorgetragen hat, mit aufnehmen könnten. Dann können wir uns, so glaube ich, in den Ausschüssen über die weiteren Einzelheiten unterhalten. - Ich danke Ihnen für die Geduld.
Danke, Herr Dr. Heyer. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun Herrn Abgeordneten Schröder das Wort. Bitte sehr, Herr Schröder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gehofft, mich bei meiner Premiere im Landtag mit den Argumenten der anderen Fraktionen auseinander setzen zu können. Jetzt stehe ich aber vor folgendem Problem: Einerseits hat Herr Dr. Köck in seiner Rede eine Generalabrechnung zur Frage der sozialen Marktwirtschaft und zur Frage börsennotierter Unternehmen vorgenommen.
Andererseits hat der ehemalige Verkehrsminister versucht, eine Rechtfertigungsrede zu seinem damaligen Alleingang zu halten.
Trotzdem möchte ich versuchen, das Anliegen der Aktuellen Debatte und des Antrages der Fraktion der PDS ernst zu nehmen. Es ist das gute Recht der Opposition, die Landesregierung kritisch zu begleiten und dem Anliegen Betroffener auch parlamentarisch eine Stimme zu geben.
Meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich feststellen: Die Notwendigkeit von Streckenabbestellungen im Schienenpersonennahverkehr ist parteiübergreifend bekannt. Der seinerzeit von der PDS tolerierte Verkehrsminister Heyer hatte schon vor geraumer Zeit dafür den Anstoß gegeben. Er hat das hier auch noch einmal gesagt. Bis auf Verfahrenskritik - Anmahnung einer der Gesamtstrategie - hat er kein klares Nein zum Abbestellungsbeschluss formuliert. Das heißt, die PDS ist damit die einzige Fraktion, die heute hier im Landtag ein Signal für ein schuldenfinanziertes „Weiter so!“ im Bahnverkehr geben will. Dabei machen wir nicht mit!
Ich kenne niemanden in diesem Parlament - niemanden! -, der es sich leicht damit machen würde, die Reduzierung von Beförderungsleistungen mitzutragen. Ich möchte deswegen für die CDU-Landtagsfraktion und auch für die FDP-Fraktion - wir haben den Änderungsantrag ja gemeinsam eingebracht - klar formulieren: Ohne detaillierte Auslastungsuntersuchungen und ohne Ersatzlösungen würden auch wir die Streckenabbestellungen nicht mittragen.
Zum Glück liegt der Fall hier auch anders. Insofern, Herr Heyer, muss ich Ihnen widersprechen: Wir sind nicht unzufrieden mit dem derzeitigen Handeln der Landes
Lassen Sie mich kurz die entscheidenden Fakten zusammenfassen, um die Intention unseres Änderungsantrages zu erläutern.
Erstens. Der eigentliche Adressat Ihrer Kritik, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, ist nicht die Landesregierung, sondern die Bundesregierung. Erst die zurückgehende Zuweisung von Bundesmitteln - die Zahlen sind genannt worden, es sind allein 27 Millionen € - hat die Landesregierung vor die Wahl gestellt, entweder durch höhere Schulden mit eigenem Landesgeld für den Bund in die Bresche zu springen oder zu überprüfen und unrentable Strecken gegebenenfalls abzubestellen.
Ich sage an dieser Stelle in aller Deutlichkeit: Strecken mithilfe von höheren Landessschulden weiter zu bestellen, ohne auf deren Akzeptanz beim Bürger zu achten, ist mit uns nicht zu machen.
Die Bahnpolitik des Bundes darf sich nicht in eine Schuldenpolitik der Länder verwandeln. Auch wenn der alternative Weiterbetrieb der Strecken geprüft werden sollte - auch diesbezüglich stimme ich Ihnen zu -, darf dies nur unter der Bedingung geschehen - das ist wieder der Unterschied -, dass die notwendige Anpassung an die reduzierten Regionalisierungsmittel des Bundes nicht gefährdet wird.
Zweitens. Alle in Rede stehenden 13 Strecken rechtfertigen es, abbestellt zu werden. Die Fahrgäste tragen bei allen Strecken zum Teil deutlich weniger als 5 % zur Begleichung der Kosten bei. Teilweise existieren Parallelverkehre, und die jährlichen Zuschüsse stehen in keinem Verhältnis mehr zur tatsächlichen Nachfrage.
Bei allen Strecken kommt erschwerend hinzu, dass auch Investitionen zur Attraktivierung der Angebote an diesem Missverhältnis nichts Wesentliches ändern würden. Dabei müssen wir auf das vertrauen, was uns unabhängige Verkehrsexperten prognostiziert haben.
Aber nicht nur aus finanzpolitischer Sicht, auch aus verkehrspolitischer Sicht ist es sinnvoll, künftig für einen optimierten Einsatz vorhandener Mittel zu sorgen; denn wir haben gut ausgelastete attraktive Strecken im Schienenpersonennahverkehr, auf denen wir das Angebot verbessern wollen. Wenn wir dort Angebote verbessern und finanzieren wollen, dann brauchen wir den Verzicht auf Zuschüsse für unrentable Strecken, um Umschichtungen in diesem Bereich vornehmen zu können.
Drittens. Die Abbestellung von Zugverbindungen bedeutet nicht, dass Orte nur noch mit der Auto erreichbar sind und von der Außenwelt quasi abgekoppelt werden. Wer dies suggeriert, der kocht sein eigenes Süppchen.
Ich habe vorhin in der Rede von Herrn Köck von einer Streichorgie und massivem Widerstand gehört. Ich stelle fest, dass es beides nicht gibt.
In allen Fällen sollen die Landkreise oder die Nahverkehrsgesellschaft für Ersatzlösungen sorgen. Sie wissen auch, dass diesbezüglich bereits Gespräche vorbereitet werden. Und weil dies zügig geschehen muss, sind wir
ebenfalls sehr dafür, dass der Landtag dies mit einem Beschluss, auch als Aufforderung an die Landesregierung, noch einmal bekräftigt.
Als Ersatzlösung kann sich die CDU-Landtagsfraktion durchaus eine Verdichtung der Busverkehre durch vorhandene Linien oder zusätzliche Angebote vorstellen. Die entfallende Möglichkeit der kostenlosen Fahrradmitnahme in den Zügen ist in diesem Zusammenhang ein lösbares Problem. Der Verkehrsminister hat gestern dazu bereits öffentlich Aussagen getroffen. Auch Busse besitzen Beladungszonen, und der so genannte Nulltarif beim Transport von Fahrrädern kann auch organisiert werden.
Meine Damen und Herren! Noch einmal grundsätzlich: Wir alle in diesem Hause bekennen uns zu einer umweltfreundlichen Mobilität jenseits des Autos.
Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion und der FDPFraktion ist dennoch notwendig, weil uns grundsätzlich in der Sache etwas trennt. Ich meine Sie von der PDSFraktion. Sie halten eine Rede, in der es Gut und Böse gibt: auf der einen Seite die Verteidiger des Schienenpersonennahverkehrs, die Verteidiger des SPNV und auf der anderen Seite die, die die Streichorgie machen, die Infrastrukturplattmacher, die Abkoppler.
Die eigentliche Trennlinie, meine Damen und Herren, verläuft ganz woanders. Die eigentliche Trennlinie verläuft zwischen denen, die den Einsatz vorhandener Finanzmittel optimieren wollen, und denen, die über neue Schulden alles so lassen wollen, wie es jetzt ist.
Meine Damen und Herren Abgeordnete von der SPDFraktion, Sie können heute entscheiden, auf welche Seite Sie sich schlagen. Die Haltung der CDU- und der FDP-Fraktion ist klar.
Sollten die Befürchtungen der PDS-Fraktion wirklich zutreffen, dann würde auch unser Änderungsantrag die Landesregierung treffen; denn eine Abkopplung ohne eine Ersatzlösung, wie es befürchtet wird, schließen auch wir aus. Jedoch sichert nur der Beschluss unseres Änderungsantrages, dass wir auch künftig frei sind, vorhandene Mittel so einzusetzen, dass wir den Einsatz vor dem Steuerzahler auch in Zukunft noch vertreten können.
Eine bloße Aussetzung der Abbestellungsentscheidung, wie es die PDS-Fraktion fordert, brächte uns in der Sache keinen Schritt weiter. Ich bitte Sie deshalb recht herzlich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag ohne neuerliche Ergänzungen. - Ich bedanke mich.
Danke, Herr Schröder. - Meine Damen und Herren! Zuletzt hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Daehre um das Wort gebeten. Bitte, Herr Dr. Daehre.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister a. D. Heyer, ich habe mich nicht deshalb als Letzter zu Wort gemeldet, weil ich das Konzept
der Landesregierung nicht vorher vorstellen möchte, sondern ganz einfach deshalb, weil ich genau gewusst habe, dass ich zu dem eigentlichen Thema gar nicht komme. Das wollte ich mir ganz gern noch einmal anhören, und deshalb will ich dazu zunächst einmal antworten.
Da müssen wir ein paar Monate zurückblenden und in die Haushaltsberatungen des Jahres 2001 einsteigen. Alle damals und heute Anwesenden, Herr Dr. Köck, können sich sicher daran erinnern, dass wir beim Thema Haushalt für das Jahr 2002 folgende Situation hinsichtlich der Regionalisierungsmittel vorgefunden haben: Die CDU-Fraktion hatte gesagt, dass die Mittel im nächsten Jahr nicht reichen werden.
Zwei Gründe gibt es dafür. Der erste: 26,9 Millionen € - dankenswerterweise hat es Herr Schröder bereits gesagt - werden vom Bund weniger zugewiesen. Sie haben damals gesagt: Das steht noch nicht fest, warten wir einmal ab, und das kriegen wir irgendwie schon hin. - Das war der erste Punkt.
Der viel strittigere Punkt war dann, dass im Haushalt für das Jahr 2002 42 Millionen €, die für den Ausbildungsverkehr benötigt wurden, aus den Regionalisierungsmitteln genommen wurden. Das war im Landtag eine ganz strittige Diskussion, die letztlich auch dazu geführt hat, dass der GBD sich mit dem Thema beschäftigt hat. Der GBD hat dann gesagt, man kann es machen. Sie wissen, das wird auch in dem einen oder anderen Land gemacht.
Fakt ist, dass wir durch diese Entscheidung im Haushalt 2002 ein Defizit von 68 Millionen € hatten, und Sie haben dann nichts unternommen. Es sind keine Strecken abbestellt worden. Das heißt, das Kunststück, mit 68 Millionen € weniger die gleichen Strecken zu bedienen, ist nicht gelungen.
Dann haben Sie als Nächstes Folgendes gemacht: Sie haben gesagt, okay, damit das nicht ganz so schlimm wird, nehmen wir aus den investiven Mitteln 40 Millionen € für konsumtive Ausgaben. Das kann man sicher alles machen, meine Damen und Herren. Aber dann kommen wir eben dahin, dass wir nicht weiter investieren können. Dadurch blieb die Differenz nicht bei 68 Millionen €, sondern sie wurde um 40 Millionen € reduziert. Aber die 40 Millionen € fehlen für die Investitionen. Das ist erst einmal die nackte Tatsache.
Das Nächste ist, Herr Heyer, dass man im vergangenen Jahr berechtigterweise darüber nachdenken musste - dazu stehe ich auch -, welche Strecken rentabel oder nicht rentabel sind. Deshalb ist die Nasa beauftragt worden. Dann gab es das Papier - das ich den Abgeordneten schnell übergeben habe, meine Damen und Herren -, obwohl wir in den Ausschüssen immer gefragt hatten: Ist in irgendeiner Form etwas im Hinblick auf Abbestellungen bekannt? Herr Kasten hat Sie oft gefragt, ob es in irgendeiner Form Abbestellungen gäbe. Die Antwort lautete: Nein, machen wir nicht, wir arbeiten daran.